Projektive Ebene

Eine projektive Ebene ist in der Geometrie eine Punkte und Geraden umfassende Inzidenzstruktur. Eine projektive Ebene über einem Körper K besteht aus den 1-dimensionalen Unterräumen des 3-dimensionalen Vektorraumes K^{3} als „Punkten“ und den 2-dimensionalen Unterräumen von K^{3} als „Geraden“. Abstrakt kann man projektive Ebenen im Wesentlichen durch zwei Forderungen charakterisieren, nämlich dass je zwei Geraden einen (eindeutigen) Schnittpunkt und je zwei Punkte eine (eindeutige) Verbindungsgerade besitzen.

Motivation

Lehrsätze zur Geometrie der aus der Schule bekannten (affinen) Ebene, in denen Geraden vorkommen, müssen in ihren Formulierungen fast immer zwischen parallelen und sich schneidenden Geraden unterscheiden. Die Konstruktion der projektiven Ebene soll die affine Ebene so erweitern, dass diese Unterscheidung nicht mehr notwendig wird, weil alle Geraden sich schneiden. Für diesen Zweck nimmt man „Punkte im Unendlichen“ als Schnittpunkte paralleler Geraden zur Ebene hinzu, und zwar einen Punkt im Unendlichen für jede Menge paralleler Geraden (jede „Richtung“).

Man kann dies wie folgt mathematisch realisieren. Man bette die affine Ebene \mathbb {R} ^{2} mittels

j\colon \mathbb {R} ^{2}\to \mathbb {R} ^{3},(x,y)\mapsto (x,y,1)

in den 3-dimensionalen euklidischen Raum \mathbb {R} ^{3} ein. Dann gibt es durch jeden Punkt der Bildebene eine eindeutige Ursprungsgerade (Gerade durch den Nullpunkt). Allerdings schneiden nicht alle Ursprungsgeraden die Bildebene, nämlich die in der Ebene \left\{(x,y,0)\in \mathbb {R} ^{3}\right\} liegenden Geraden tun dies nicht.

Nun sollten die „Punkte im Unendlichen“ gerade den Mengen paralleler Geraden im \mathbb {R} ^{2} entsprechen und diese wiederum entsprechen eineindeutig den Ursprungsgeraden im \mathbb {R} ^{2} (jede Gerade ist zu einer eindeutigen Ursprungsgerade parallel) oder, was dasselbe ist, in \left\{(x,y,0)\in \mathbb {R} ^{3}\right\}. Wir stellen also fest, dass die „Punkte im Unendlichen“ eindeutig den in der Ebene \left\{(x,y,0)\in \mathbb {R} ^{3}\right\} liegenden Geraden und die Punkte im \mathbb {R} ^{2} bzw., was dasselbe ist, in der Ebene \left\{(x,y,1)\in \mathbb {R} ^{3}\right\} eindeutig den nicht in der Ebene \left\{(x,y,0)\in \mathbb {R} ^{3}\right\} liegenden Ursprungsgeraden entsprechen.

Daraus ergibt sich die Definition der (reellen) projektiven Ebene als Menge der Ursprungsgeraden im \mathbb {R} ^{3}. Die so definierte projektive Ebene enthält sowohl die affine Ebene als auch die „Punkte im Unendlichen“ (Äquivalenzklassen paralleler Geraden) der Ebene. (Eine analoge Definition kann man über beliebigen Körpern K statt \mathbb {R} durchführen.)

Formal kann man dies definieren als (\mathbb {R} ^{3}\setminus \left\{(0,0,0)\right\})/\sim , wobei zwei Vektoren v_{1},v_{2}\in \mathbb {R} ^{3}\setminus \left\{(0,0,0)\right\} als äquivalent angesehen werden, wenn sie linear abhängig sind, also v_{2}=kv_{1} für eine reelle Zahl k gilt. Man notiert den einem Punkt (x,y,z)\in \mathbb {R} ^{3} entsprechenden Punkt der projektiven Ebene mit \left[x:y:z\right]. Es gilt dann also

\left[kx:ky:kz\right]=\left[x:y:z\right]

für alle k\in \mathbb {R} \setminus \left\{0\right\}. Einen Punkt \left[0:0:0\right] gibt es nicht, weil (0,0,0) keine Ursprungsgerade definiert.

Die Punkte der projektiven Ebene entsprechen also den Ursprungsgeraden im \mathbb {R} ^{3}, die Geraden der projektiven Ebene entsprechen den Ursprungsebenen im \mathbb {R} ^{3}. Man kann zeigen, dass je zwei (unterschiedliche) Geraden der projektiven Ebene sich in genau einem Punkt schneiden (und dass es zu je zwei unterschiedlichen Punkten der projektiven Ebene genau eine durch diese Punkte verlaufende Gerade gibt). Die in der affinen Ebene bestehende Sonderrolle paralleler Geraden ist also in der projektiven Ebene aufgehoben, alle Punkte und Geraden sind gleichberechtigt.

Projektive Ebene über einem Körper

Es sei K ein Körper. Die projektive Ebene KP^{2} ist die Menge aller Geraden durch den Nullpunkt im K^{{3}}. Formal definiert man dies wie folgt.

Auf K^{3}\setminus \{0\} sei die Äquivalenzrelation

x\sim y\Leftrightarrow \exists \lambda \in K\setminus \{0\}\colon x=\lambda y

definiert. In Worten heißt dies, dass x genau dann äquivalent zu y ist, wenn es ein \lambda \in K^{*}:=K\setminus \{0\} gibt, so dass x=\lambda y gilt. Alle Punkte auf einer Geraden durch den Ursprung – der Ursprung ist nicht enthalten – werden also miteinander identifiziert und nicht mehr unterschieden. Der Quotientenraum \left(K^{3}\setminus \{0\}\right)/\sim wird projektive Ebene genannt und mit KP^{2} notiert.

Geraden im K^{3} entsprechen also Punkten der projektiven Ebene, Ebenen im K^{3} entsprechen Geraden der projektiven Ebene. Punkte und Geraden der projektiven Ebene bilden eine Inzidenzstruktur. Zu je zwei Punkten x,y\in KP^{2} gibt es eine eindeutige Gerade {\overline {xy}}, zu je zwei Geraden gibt es einen eindeutigen Schnittpunkt.

Falls der Körper K aus dem Kontext klar ist, wird die projektive Ebene häufig auch nur mit P^{2} oder P bezeichnet.

Homogene Koordinaten

Jeder Punkt der projektiven Ebene kann in homogenen Koordinaten als

\left[x:y:z\right]

mit x,y,z\in K,(x,y,z)\not =(0,0,0) dargestellt werden, wobei \left[x:y:z\right]=\left[\lambda x:\lambda y:\lambda z\right] für alle \lambda \in K\setminus \{0\} gilt und diese Darstellung ansonsten aber eindeutig ist.

Gerade im Unendlichen

Die affine Ebene K^{2} sitzt auf natürliche Weise in der projektiven Ebene als Menge aller 1-dimensionalen Unterräume, die nicht in der x-y-Ebene enthalten sind, also als

K^{2}\simeq \left\{\left[x:y:1\right]\in KP^{2}\right\}.

Ihr Komplement bildet die sogenannte projektive Gerade im Unendlichen

KP^{1}\simeq \left\{\left[x:y:0\right]\in KP^{2}\right\}.

Analog kann man auch zu jedem anderen 2-dimensionalen Unterraum E\subset K^{3} eine Zerlegung KP^{2}=E\cup P(E) konstruieren. Die entsprechende Teilmenge E\subset KP^{2} heißt affine Karte.

Automorphismen

Die Gruppe der projektiven Transformationen ist die projektive lineare Gruppe PGL(3,K). Zu je zwei geordneten 4-Tupeln von Punkten in KP^{2} gibt es eine eindeutige projektive Transformation, welche das eine 4-Tupel in das andere überführt.

Im Fall K=\mathbb {R} hat man einen Isomorphismus PGL(3,\mathbb {R} )=SL(3,\mathbb {R} ).

Duale Ebene

Für einen fest gewählten Körper K bezeichnen wir mit P^{*} den Raum der Geraden in der projektiven Ebene P (also der 2-dimensionalen Unterräume in K^{3}). Die Inzidenzrelation auf P^{*} ordnet zwei Geraden ihren eindeutigen Schnittpunkt zu.

Eine Dualitätsabbildung ist eine projektiv-lineare Abbildung von P auf P^{*}, also ein Homöomorphismus, der kollineare Punkte auf sich schneidende Geraden abbildet. Jede Dualität \Delta \colon P\to P^{*} induziert eine duale Abbildung \Delta ^{*}\colon P^{*}\to P vermittels \Delta ^{*}({\overline {pq}})=\Delta (p)\cap \Delta (q). Eine Dualitätsabbildung vertauscht insbesondere die Begriffe „Punkt“ und „Gerade“ in P: Sie bildet Punkte von P auf Punkte in P^{*}, also Geraden in P ab und ist vertraglich mit den Inzidenzrelationen.

Eine Polarität ist eine von einem Skalarprodukt auf K^{3} induzierte Dualitätsabbildung: Jedem 1-dimensionalen Unterraum l\subset K^{3} ordnet man den bzgl. des Skalarproduktes orthogonalen 2-dimensionalen Unterraum e\subset K^{3} zu, dies definiert eine Abbildung \Delta \colon P\to P^{*}.

Projektive Ebenen in Topologie, Differentialgeometrie und endlicher Geometrie

Reelle projektive Ebene

Die reelle projektive Ebene als Quotientenmenge einer Sphäre

In mancher Hinsicht, insbesondere was die Topologie angeht, kann man eine reelle projektive Ebene auffassen als das, was man erhält, wenn man auf einer Sphäre (Oberfläche einer Kugel im 3-dimensionalen Raum) jeweils Antipoden, also Punkte der Sphäre, die an beiden Enden eines Durchmessers liegen, „gleichsetzt“. Genauer ausgedrückt heißt das: Man nimmt als Punkte der projektiven Ebene jeweils Antipodenpaare und als Geraden derselben die Großkreise, also die Kreise, die Schnitt der Sphäre mit einer durch den Sphärenmittelpunkt gehenden gewöhnlichen Ebene sind. Damit wird die reelle projektive Ebene auch topologisch zur Quotiententopologie der Kugel.

Das projektive Tangentialbündel P(T\mathbb {R} P^{2}) der projektiven Ebene P=\mathbb {R} P^{2} ist die Fahnenmannigfaltigkeit

Flag(R^{3})=\left\{(l,e)\in P\times P^{*}\colon l\in e\right\}.

Mittels der durch ein Skalarprodukt definierten Polarität kann man Ebenen in V=\mathbb {R} ^{3} als 1-Formen e\in P(V^{*}) auffassen und das projektive Tangentialbündel dann auch definieren als

Flag(\mathbb {R} ^{3})=\left\{(l,e)\in P(V)\times P(V^{*})\colon e(l)=0\right\}.

Die reelle projektive Ebene als nicht-orientierbare Fläche

Durch die angegebene Identifizierung der Seiten erhält man die reelle projektive Ebene.

Die Sphäre selbst ist eine orientierbare Fläche, die durch diesen Prozess der Quotientenbildung entstehende projektive Ebene ist es nicht mehr, da die Antipodenabbildung als Spiegelung um den Mittelpunkt keine Drehung und damit keine orientierungs-erhaltende Abbildung ist.

Die reelle projektive Ebene (in diesem Zusammenhang meist nur als projektive Ebene bezeichnet) ist das einfachste Beispiel einer nicht-orientierbaren Fläche, sie ist die nicht-orientierbare Fläche vom Geschlecht 1. Jede andere nicht-orientierbare Fläche erhält man als zusammenhängende Summe der (in diesem Zusammenhang auch als Kreuzhaube bezeichneten) projektiven Ebene mit einer Anzahl von Tori - das folgt aus der Klassifikation der Flächen.

Die Zerlegung \mathbb {R} P^{2}=\mathbb {R} ^{2}\cup P(\mathbb {R} ^{2})=\mathbb {R} ^{2}\cup \mathbb {R} P^{1}=\mathbb {R} ^{2}\cup \mathbb {R} ^{1}\cup \mathbb {R} ^{0} liefert eine Zerlegung von \mathbb {R} P^{2} als CW-Komplex mit jeweils einer Zelle in Dimensionen 2,1,0. Mit dieser Zerlegung lassen sich die Homologiegruppen berechnen, man erhält:

H_{0}(\mathbb {R} P^{2})=\mathbb {Z} ,H_{1}(\mathbb {R} P^{2})=\mathbb {Z} /2\mathbb {Z} ,H_{2}(\mathbb {R} P^{2})=0.

Immersionen der reellen projektiven Ebene in den 3-dimensionalen Raum

Bryant-Kusner-Parametrisierung der Boyschen Fläche

Die reelle projektive Ebene kann als Fläche im dreidimensionalen Raum bildlich dargestellt werden. Beispiele hierfür sind die Boysche Fläche und die römische Fläche. Genau wie bei der ebenfalls nicht-orientierbaren Kleinschen Flasche ist eine Einbettung der projektiven Ebene in den dreidimensionalen Raum ohne Selbstdurchdringung nicht möglich.

Unter den Immersionen der projektiven Ebene in den \mathbb {R} ^{3} realisiert die Bryant-Kusner-Parametrisierung die Immersion minimaler Willmore-Energie.

Komplexe projektive Ebene

Die komplexe projektive Ebene ist von grundlegender Bedeutung in algebraischer Geometrie und algebraischer Topologie.

Durch ein homogenes Polynom P\in \mathbb {C} \left[x,y,z\right] definierte Teilmengen

V(P)=\left\{\left[x:y:z\right]\in \mathbb {C} P^{2}\colon P(x,y,z)=0\right\}

heissen Algebraische Kurven, sie sind Riemannsche Flächen und die einfachsten Beispiele Algebraischer Varietäten.

Die Zerlegung \mathbb {C} P^{2}=\mathbb {C} ^{2}\cup P(\mathbb {C} ^{2})=\mathbb {C} ^{2}\cup \mathbb {C} P^{1}=\mathbb {C} ^{2}\cup \mathbb {C} ^{1}\cup \mathbb {C} ^{0} liefert eine Zerlegung von \mathbb {C} P^{2} als CW-Komplex mit jeweils einer Zelle in Dimensionen 4,2,0. Mit dieser Zerlegung lassen sich die Homologiegruppen berechnen, man erhält:

H_{0}(\mathbb {C} P^{2})=\mathbb {Z} ,H_{1}(\mathbb {C} P^{2})=0,H_{2}(\mathbb {C} P^{2})=\mathbb {Z} ,H_{3}(\mathbb {C} P^{2})=0,H_{4}(\mathbb {C} P^{2})=\mathbb {Z} .

Die zweite Homologiegruppe H_{2}(\mathbb {C} P^{2}) ist isomorph zu den ganzen Zahlen \mathbb {Z} und die von einer glatten algebraischen Kurve definierte Homologeklasse entspricht unter diesem Isomorphismus dem Grad des definierenden Polynoms. Das Geschlecht einer durch ein Polynom vom Grad d definierten Riemannschen Fläche ist g={\frac {1}{2}}(d-1)(d-2). Die mittels Seiberg-Witten-Theorie bewiesene Thom-Vermutung besagt, dass algebraische Kurven die Flächen minimalen Geschlechts in ihren Homologieklassen sind.

Die komplexe projektive Ebene ist von Bedeutung in der Kobordismustheorie und der Theorie charakteristischer Klassen. Für den orientierbaren Kobordismusring \Omega _{*}^{SO} gilt

\Omega _{*}^{SO}\otimes \mathbb {Q} =\mathbb {Q} \left[\mathbb {C} P^{2i}\colon i\geq 1\right],

insbesondere wird die 4-dimensionale orientierte Kobordismusgruppe von \mathbb {C} P^{2} erzeugt.

Die Hopf-Faserung realisiert die komplexe projektive Ebene als Basis eines Faserbündels

S^{1}\to S^{5}\to \mathbb {C} P^{2}.

Die komplexe projektive Ebene ist ein homogener Raum U(3)/(U(1)\times U(2))> und sogar ein Hermitescher Symmetrischer Raum mit der Fubini-Study-Metrik. Die Kähler-Form dieser Metrik ist \omega =i\partial {\overline {\partial }}\log |\mathbf {Z} |^{2}. Die Schnittkrümmung erfüllt die Ungleichung 1\leq K\leq 4, dabei wird die maximale Schnittkrümmung von komplexen Unterräumen \mathbb {C} P^{1}\subset \mathbb {C} P^{2} und die minimale Schnittkrümmung von total-reellen Unterräumen \mathbb {R} P^{2}\subset \mathbb {C} P^{2} realisiert.

Projektive Ebene über einem endlichen Körper

Es sei F_{q} ein endlicher Körper mit q Elementen, dann hat die projektive Ebene q^{2}+q+1 Punkte und ebenso viele Geraden. Jede Gerade hat q+1 Punkte und jeder Punkt liegt auf q+1 Geraden. Die projektive Ebene über F_{q} ist also ein 2-(q^{2}+q+1,q+1,1)-Blockplan.

Ein Beispiel ist die Fano-Ebene, die man für q=2 erhält.

Projektive Ebenen als Inzidenzstruktur

Definition

Eine Inzidenzstruktur heißt projektive Ebene, falls gilt:

Beispiele

Das Minimalmodell einer projektiven Ebene: die Fano-Ebene

Anmerkungen

Dualitätsprinzip

Man kann zeigen, dass es in einer projektiven Ebene stets vier Geraden gibt, von denen keine drei durch denselben Punkt gehen. Hieraus und aus der symmetrischen Formulierung der beiden ersten Axiome ist ersichtlich, dass man durch Vertauschen der Bezeichnungen Punkt und Gerade wieder eine projektive Ebene erhält. Die Punkte und Geraden von {\mathfrak {P}} bilden die Geraden und Punkte der zu {\mathfrak {P}} dualen Ebene {\mathfrak {P}}^{\star }. Als Dualitätsprinzip bezeichnet man die Tatsache, dass universelle Aussagen über projektive Ebenen auch dann richtig bleiben, wenn man in ihren Formulierungen die Rollen von Punkten und Geraden vertauscht.

Zusammenhang mit affinen Ebenen

Nimmt man bei einer affinen Ebene {\mathfrak {A}}=\langle P,{\mathcal {L}},{\textbf {F}}\rangle für jede Schar paralleler Geraden einen weiteren uneigentlichen Punkt zu P hinzu, welcher mit genau den Geraden seiner Schar inzidieren soll, und erweitert man {\mathcal {L}} um die uneigentliche Gerade W, die genau diese Punkte enthält, so bekommt man eine projektive Ebene, den projektiven Abschluss {\overline {\mathfrak {A}}} von {\mathfrak {A}}. Umgekehrt erhält man einen affinen Anteil {\mathfrak {P}}^{W} einer projektiven Ebene {\mathfrak {P}} durch Streichen einer beliebigen Geraden W mit allen ihren Punkten. Dabei ist zu beachten:

  1. Die durch Streichen von zwei unterschiedlichen Geraden aus einer projektiven Ebene entstehenden affinen Ebenen müssen nicht zueinander isomorph sein.
  2. Insbesondere liefert der Abschluss einer affinen Ebene durch eine Ferngerade und anschließendes Streichen einer anderen Geraden (auch Schlitzen längs einer Geraden genannt) in der so gebildeten projektiven Ebene stets eine neue affine Ebene, die aber nicht unbedingt zur ursprünglichen affinen Ebene isomorph ist.

Die projektiven Ebenen, bei denen alle geschlitzten Ausschnitte doch zueinander isomorphe affine Ebenen sind, sind genau die Moufangebenen.

Endliche projektive Ebenen

Wie das oben beschriebene Minimalmodell zeigt, können projektive Ebenen endlich sein, d. h. nur endlich viele Punkte und Geraden enthalten. Enthält eine Gerade n+1 Punkte, so enthalten alle Geraden n+1 Punkte, durch jeden Punkt gehen n+1 Geraden und insgesamt gibt es {\displaystyle n^{2}+n+1} Geraden und {\displaystyle n^{2}+n+1} Punkte. n heißt in diesem Fall die Ordnung der Ebene. Eine endliche projektive Ebene der Ordnung n lässt sich kombinatorisch als ein symmetrischer 2-\left(n^{2}+n+1,n+1,1\right)-Blockplan auffassen. Die kleinstmögliche Ordnung einer endlichen projektiven Ebene ist zwei. Für jede Ordnung, die eine Primzahlpotenz p^{n}\,(n\geq 1) ist, lässt sich eine endliche projektive Ebene als projektive Ebene über dem endlichen Körper der entsprechenden Ordnung konstruieren. Ob es eine solche Ebene gibt, deren Ordnung keine Primzahlpotenz ist, ist ein ungelöstes Problem. Teilresultate: Die Nichtexistenz einer projektiven Ebene der Ordnung 10 wurde mit großem Computereinsatz bewiesen. Der Satz von Bruck-Ryser-Chowla besagt: Ist die Ordnung einer projektiven Ebene {\displaystyle n=4k+1} oder {\displaystyle 4k+2}, so ist n Summe zweier ganzer Quadratzahlen. Danach gibt es keine projektiven Ebenen der Ordnungen 6, 14, 21, 22, 30, 33, 38, 42, 46,.... Ob es solche der Ordnungen 12, 15, 18, 20, 24, 28,... gibt, ist unbekannt.

Eine besondere Klasse von endlichen projektiven Ebenen der Ordnung n lässt sich durch eine Menge von nur n+1 natürlichen Zahlen vollständig beschreiben: Die Ebenen, die von einer Differenzenmenge abstammen. Bekannt ist, dass jede desarguessche endliche Ebene dieser Klasse angehört und es wird vermutet, dass jede Ebene dieser Klasse desarguessch ist.

Klassifikation

Schließungssätze

Naheliegend ist eine Klassifikation der projektiven Ebenen rein aufgrund des Begriffes der Inzidenz. Dies geschieht durch die Feststellung, ob bestimmte geometrische Sätze der Form „wenn eine bestimmte Konfiguration von Inzidenzen vorliegt, so gilt auch eine weitere Inzidenz“ in einer Ebene gelten. Beispiele für solche Schließungssätze sind die aus der reellen Ebene bekannten (und dort gültigen) Sätze von Desargues und Pappos (manchmal auch Satz von Pappos-Pascal genannt). Ebenen, in denen die genannten Sätze gelten, werden als Desarguessche Ebenen bzw. Pappossche Ebenen bezeichnet. Eine Ebene in der der kleine projektive Satz von Desargues allgemeingültig ist, heißt Moufangebene. Jede pappossche Ebene ist desarguesch und jede desarguesche Ebene eine Moufangebene.

Koordinatisierung

Hauptartikel: Ternärkörper

Zur Nutzbarmachung von Methoden der Algebra ist ein weiteres in der Geometrie übliches Verfahren die Einführung von Koordinaten. Diese stellen einen Zusammenhang zwischen der geometrischen Struktur der Ebene und der algebraischen eines zugrundegelegten Koordinatenbereichs her. In jeder projektiven Ebene können Koordinaten eingeführt werden: Dazu wird eine projektive Punktbasis in der Ebene ausgewählt, die eine Gerade zur Ferngeraden bestimmt (→ siehe Projektives Koordinatensystem). Dann kann auf der affinen Ebene, die durch Ausschneiden dieser Ferngeraden entsteht, als Koordinatenmenge ein Ternärkörper mit einer Ternärverknüpfung, die sich rein geometrisch beschreiben lässt, konstruiert werden. Die Rechenregeln in einem Körper gelten im zugehörigen Koordinatenbereich, dem Ternärkörper, im Allgemeinen nicht.

Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der geometrischen Struktur der Ebene und der algebraischen des Koordinatenbereichs, welcher in gewisser Weise die Ebenen charakterisiert. Die Moufangebenen sind z. B. genau die projektiven Ebenen, deren Koordinatenbereich ein Alternativkörper ist, die desarguesschen Ebenen sind genau die, die einen Schiefkörper als Koordinatenbereich haben. Ist der Koordinatenbereich ein kommutativer Körper, dann ist die Ebene pappossch. In diesem Fall verwendet man meist homogene Koordinaten (→ siehe den Hauptartikel Homogene Koordinaten). Aus dem Satz von Wedderburn ergibt sich, dass endliche desarguessche Ebenen immer pappossch sind. Ruth Moufang gelang der Beweis, dass sogar jede endliche Moufangebene pappossch ist.

Kollineationen

Hauptartikel: Klassifikation projektiver Ebenen

Die geradentreuen Bijektionen sind die strukturerhaltenden Abbildungen (oder Isomorphismen) zwischen projektiven Ebenen. Eine solche Bijektion bildet die Punkte auf die Punkte und die Geraden auf die Geraden in der Weise ab, dass die Inzidenz erhalten bleibt. Die Kollineationen, das sind die geradentreuen Bijektionen einer projektiven Ebene auf sich selbst, bilden eine Gruppe, die sogenannte Kollineationsgruppe der Ebene. Beispiele für Kollineationen, die in der geschlitzten projektiven Ebene, also als affine Kollineationen operieren, sind Translationen oder Drehungen und allgemeiner Affinitäten.

Auf der projektiven Ebene selbst ist die Gruppe der Projektivitäten eine Untergruppe der Kollineationsgruppe. Diese Untergruppe wird in der synthetischen Geometrie definiert als Erzeugnis der Teilmenge der Perspektivitäten in der Kollineationsgruppe, Die Untersuchung der Operationen bestimmter Untergruppen der Kollineationsgruppe auf der Ebene stellt eine weitere Möglichkeit der Klassifikation dar.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 09.04. 2023