Projektive lineare Gruppe
Die projektiven linearen Gruppen sind in der Mathematik untersuchte Gruppen,
die aus der allgemeinen
linearen Gruppe konstruiert werden. Ist der zugrunde liegende Körper endlich,
so erhält man wichtige endliche
Gruppen; ist der Körper
oder
,
erhält man auf diese Weise Lie-Gruppen.
Eng verwandt sind die speziellen projektiven Gruppen, die zu einer
unendlichen Reihe einfacher
Gruppen führen.
Definitionen
Es sei
ein Vektorraum über dem Körper
.
Die allgemeine lineare Gruppe
ist die Gruppe der linearen Isomorphismen
.
Das Zentrum
dieser Gruppe ist die Menge der von 0 verschiedenen skalaren Vielfachen
der identischen
Abbildung
,
das heißt
.
Da das Zentrum ein Normalteiler ist, kann man die Faktorgruppe
bilden. Diese Gruppe heißt die projektive lineare Gruppe auf
.
Ist
ein n-dimensionaler
Vektorraum über
,
also
,
so schreibt man
oder
für
.
Ist
der bis auf Isomorphie
eindeutig bestimmte endliche
Körper mit
,
Primzahl,
Elementen, so schreibt man
oder
für
.
Im Falle endlichdimensionaler Vektorräume
ist die Determinantenfunktion
ein Gruppenhomomorphismus
.
Den Kern
dieses Homomorphismus nennt man die spezielle
lineare Gruppe. Schränkt man die oben beschriebene Konstruktion auf diese
ein, so erhält man
,
die sogenannte projektive spezielle lineare Gruppe, oder kürzer die projektive spezielle oder spezielle projektive Gruppe. Dabei ist das Zentrum
,
wobei
die Menge der
-ten
Einheitswurzeln von
ist. Ist
wieder der Körper mit
Elementen, so schreibt man
oder
für
.
Namensherkunft
Es sei
der
-dimensionale
Vektorraum über dem Körper
.
Bekanntlich nennt man die Menge aller eindimensionalen Unterräume den projektiven Raum
.
Jede Matrix aus
bildet eindimensionale Unterräume wieder auf solche ab, dabei ist diese
Operation zweier Matrizen auf
dieselbe, wenn sich die Matrizen nur um ein skalares Vielfaches, also um ein
Element aus dem Zentrum
,
unterscheiden. Das gilt auch umgekehrt, denn wenn zwei Matrizen
die eindimensionalen Unterräume in gleicher Weise permutieren, so lässt
alle eindimensionalen Unterräume fest, das heißt, jeder Vektor ist ein Eigenvektor von
.
Daher ist
der einzige Eigenraum zu einem Eigenwert
und man hat
.
Daraus folgt, dass
auf dem projektiven Raum treu
operiert. Das legt die Bezeichnung projektive lineare Gruppe
nahe.
Endliche Gruppen
Im Folgenden sei
ein Körper mit
,
Primzahl, Elementen. Bekanntlich gibt es bis auf Isomorphie nur einen solchen
Körper und jeder endliche Körper ist von dieser Art. Aus der Endlichkeit des
Körpers ergibt sich die Endlichkeit von
,
denn es gibt ja nur
Matrizen mit
Spalten und Zeilen über
,
und damit folgt auch die Endlichkeit der projektiven linearen Gruppe
und der speziellen projektiven Gruppe
.
Eine genauere Betrachtung zeigt:
hat
Elemente.
hat
Elemente.
Beachte, dass man für den Körper
mit 2 Elementen nicht zwischen
und
unterscheiden muss, da die Determinante in diesem Fall der triviale
Gruppenhomomorphismus ist. Auch das Zentrum
ist in diesem Fall nur einelementig, und man hat
.
Einfachheit
Die wichtigste Eigenschaft der speziellen projektiven Gruppen ist deren Einfachheit:
- Mit Ausnahme von
und
sind die Gruppen
einfach.
Die speziellen projektiven Gruppen bilden damit eine der Serien einfacher
Gruppen aus dem Klassifikationssatz
endlicher einfacher Gruppen. Genauer handelt es sich um die Serie einfacher
Gruppen
vom Lie-Typ An, es ist .
Isomorphismen
Unter den kleinen speziellen projektiven Gruppen und den symmetrischen
Gruppen
und alternierenden
Gruppe
bestehen folgende Isomorphismen:
Weitere Isomorphismen zwischen den speziellen projektiven, symmetrischen und alternierenden Gruppen bestehen nicht.
Die kleinste unter diesen einfachen Gruppen, die nicht alternierend ist, ist
demnach die ,
eine Gruppe mit 168 Elementen. Sie ist tatsächlich hinter
die zweitkleinste nichtabelsche einfache Gruppe.
Wie
hat auch
Elemente, ist aber nicht isomorph zu
.
Gebrochen lineare Transformationen
Im zweidimensionalen Fall
kann man die Elemente der Gruppe als gebrochen lineare Transformationen
auffassen. Ist
mit Determinante
,
so betrachte man dazu die gebrochen lineare Transformation
.
Die Menge der gebrochen linearen Transformationen bildet bzgl. der Hintereinanderausführung als Verknüpfung eine Gruppe und obige Zuordnung
ist ein Homomorphismus von
auf die Gruppe der gebrochen linearen Transformationen, dessen Kern das Zentrum
ist. Daher kann die Gruppe
alternativ als Gruppe gebrochen linearer Transformationen angesehen werden.
Die Determinantenbedingung
kann dahingehend abgeschwächt werden, dass
ein Quadrat ist, was im Körper
stets der Fall ist. Ist nämlich
,
so ist
,
denn es handelt sich ja um die Determinante einer invertierbaren Matrix, und
.
Die Matrix
wird offenbar auf dieselbe gebrochen lineare Transformation abgebildet.
Erweitert man
durch
zur projektiven
Geraden
,
deren Elemente die eindimensionalen Unterräume
und
sind, und definiert man bei den gebrochen linearen Transformationen wie üblich
eine Division durch 0 als
und eine Division durch
als 0, so entspricht die Operation der
auf
der Operation der gebrochen linearen Transformationen auf
.
Lie-Gruppen
Ist
oder
so erhält man Lie-Gruppen
bzw.
und die speziellen Gruppen
bzw.
.
Letztere sind für
die Lie-Gruppen zur Lie-Algebra
vom Typ
An-1.
Die Beschreibung als gebrochen lineare Transformation nennt man auch
Möbiustransformation.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 18.12. 2019