Endlicher Körper
In der Algebra, einem Teilgebiet der Mathematik, ist ein endlicher Körper oder Galoiskörper eine Menge mit einer endlichen Anzahl von Elementen, auf der die Grundoperationen Addition und Multiplikation definiert sind und die alle Eigenschaften eines Körpers erfüllt. Zu Ehren von Évariste Galois, der bereits mit gewissen imaginären Zahlen modulo p gerechnet hat, prägte wohl Eliakim Hastings Moore 1893 den englischen Begriff Galois field.
Der Satz von Wedderburn sagt aus, dass die Multiplikation in einem endlichen Schiefkörper notwendig kommutativ ist. Das heißt, dass endliche Schiefkörper stets endliche Körper sind.
Für jede Primzahl
und jede positive natürliche Zahl
existiert (bis auf Isomorphie) genau ein Körper mit
Elementen, der mit
oder
bezeichnet wird.
ist der Körper der Restklassen
ganzer Zahlen modulo
.
Endliche Körper spielen eine wichtige Rolle in der
Kryptographie und der Codierungstheorie
(Vorwärtsfehlerkorrektur,
zum Beispiel Reed-Solomon-Code).
Daneben sind sie grundlegend für das Studium der Primideale im Ring der ganzen
Zahlen einer endlichen Körpererweiterung von
im Rahmen der algebraischen
Zahlentheorie. Man vergleiche hierzu den Abschnitt über Dedekindringe im
Artikel „Verzweigung“.
Außerdem sind endliche Körper in der Geometrie als Koordinatenbereiche endlicher Geometrien von Bedeutung. Sie sind allgemeiner Koordinatenbereiche von Ebenen und Räumen in der synthetischen Geometrie. Mit Hilfe der Addition und Multiplikation in einem endlichen Körper werden hier Verknüpfungen mit schwächeren algebraischen Eigenschaften definiert, die aus dem Körper z.B. einen Ternärkörper- oder Quasikörper machen. Auf diesen verallgemeinerten Körpern können dann projektive und affine Ebenen konstruiert werden.
Beispiel: Der Körper mit 2 Elementen
Die Restklassen modulo 2 bilden
den Körper
mit zwei Elementen.
repräsentiere die Restklasse
der geraden Zahlen,
die Restklasse
der ungeraden Zahlen. Für die Addition gilt:
Für die Multiplikation gilt:
und
Klassifikation endlicher Körper
Ist
ein endlicher Körper, so ist der Kern
des Ringhomomorphismus
stets von der Form
,
d.h., er besteht aus allen Vielfachen einer gewissen Primzahl
.
Dabei beachte man, dass 1 keine Primzahl ist. Diese Primzahl
heißt die Charakteristik
von
.
Das Bild von
ist nach dem Homomorphiesatz
für Ringe isomorph zum Restklassenkörper
und heißt der Primkörper
von
.
Als endlicher Erweiterungskörper ist
zugleich ein
-dimensionaler
Vektorraum über seinem Primkörper. Somit hat
genau
Elemente.
In einem Körper
mit Charakteristik
ist
ein Homomorphismus additiver Gruppen, denn
Die übrigen nach der binomischen
Formel auf der rechten Seite auftretenden Summanden fallen wegen
für
fort.
trägt zu Ehren Ferdinand Georg Frobenius’ den Namen Frobeniushomomorphismus.
Der Primkörper wird durch
punktweise fixiert (in der Tat ist z.B.
ein Vielfaches von 7). Ebenso ist
auf jedem Körper mit
Elementen. Andererseits besitzt
als Polynom vom Grad
höchstens
verschiedene Nullstellen. Diese sind alle durch die Elemente von
erfasst.
Hieraus lässt sich folgern:
- Es gibt bis auf Isomorphie genau einen Körper
mit
Elementen. (Für jede Primzahl
und jede natürliche Zahl
)
- Dieser stellt eine Galois-Erweiterung seines Primkörpers dar.
- Die Galoisgruppe
ist zyklisch
von Ordnung
und wird von
erzeugt.
Weitere Eigenschaften endlicher Körper:
- Alle Elemente außer 0 der additiven Gruppe eines endlichen Körpers der
Charakteristik
haben Ordnung
- Wie bei jeder endlichen separablen
Körpererweiterung gibt es stets ein primitives
Element, also ein
derart, dass der Erweiterungskörper durch Adjunktion nur dieses einen Elements entsteht. Ist
das Minimalpolynom von
, so hat
den Grad
und
. Ferner ist
stets bereits der Zerfällungskörper von
, d.h.,
zerfällt über
bereits vollständig in Linearfaktoren.
- Ist
ein Teiler von
, so ist
eine Galois-Erweiterung vom Grad
. Die zugehörige Galois-Gruppe ist ebenfalls zyklisch und wird von der
-ten Potenz
des Frobenius-Homomorphismus erzeugt.
Multiplikative Gruppe und diskreter Logarithmus
Die multiplikative Gruppe
des endlichen Körpers
besteht aus allen Elementen des Körpers mit Ausnahme der Null. Die
Gruppenoperation ist die Multiplikation des Körpers.
Die multiplikative Gruppe ist eine zyklische
Gruppe mit
Elementen. Da deshalb für alle Elemente
dieser Gruppe
gilt, ist jedes Element eine
-te
Einheitswurzel des
Körpers. Diejenigen Einheitswurzeln, die Erzeuger der multiplikativen Gruppe
sind, werden als primitive
Einheitswurzeln oder Primitivwurzeln bezeichnet. Es sind dies die
verschiedenen Nullstellen des
-ten
Kreisteilungspolynoms.
(
bezeichnet die eulersche
φ-Funktion.)
Ist
eine Primitivwurzel der multiplikativen Gruppe
,
dann lässt sich die multiplikative Gruppe als Menge
darstellen. Ein solches
wird daher auch als Erzeuger oder Generator bezeichnet. Für jedes Element
gibt es eine eindeutig bestimmte Zahl
mit
.
Diese Zahl
heißt diskreter
Logarithmus von
zur Basis
.
Obwohl sich
für jedes
problemlos berechnen lässt, ist die Aufgabe, zu gegebenem
den diskreten Logarithmus
zu finden, nach gegenwärtigem Wissensstand für große Zahlen
ein extrem rechenaufwändiger Vorgang. Deshalb findet der diskrete Logarithmus
Anwendung in der Kryptographie,
etwa beim Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch.
Weitere Beispiele
Der Körper mit 49 Elementen
Im Primkörper
ist –1 kein Quadrat. Dies folgt aus dem 1. Ergänzungssatz zum
Quadratischen
Reziprozitätsgesetz von Carl Friedrich Gauß oder – bei einer derart kleinen Primzahl – durch explizites
Quadrieren aller sechs Elemente der multiplikativen Gruppe. So wie die komplexen Zahlen
aus den reellen
Zahlen durch Adjunktion einer Zahl
mit
entstehen, lässt sich auch
aus
durch Adjunktion einer „Zahl“
mit
gewinnen; formal korrekt als
.
Gleichzeitig ist
auch ein Faktorring des Rings der ganzen Gaußschen
Zahlen.
Der Körper mit 25 Elementen
In Charakteristik 5 ist -1 stets ein Quadrat: .
Keine Quadrate modulo 5 sind jedoch die Zahlen 2 und 3. (In Charakteristik
mit
sind stets genau die Hälfte der Elemente der multiplikativen Gruppe
Quadrate bzw. Nichtquadrate.) Man kann also den Körper mit 25 Elementen als
,
also durch Adjunktion von
erhalten.
Zur historischen Entwicklung
Dass man mit Zahlen modulo einer Primzahl „wie mit rationalen Zahlen“ rechnen
kann, hatte bereits Gauß gezeigt.
Galois führte in die Rechnung modulo p imaginäre Zahlgrößen ein, ganz so wie die
imaginäre Einheit
in den komplexen Zahlen. Damit hat er wohl als erster Körpererweiterungen von
betrachtet – wenn auch der abstrakte Körperbegriff erst 1895 durch Heinrich Weber eingeführt wurde und Frobenius als Erster diesen 1896 auf endliche
Strukturen ausdehnte. Daneben bzw. zuvor hat offenbar Eliakim Hastings Moore
1893 bereits endliche Körper studiert und den Namen Galois field
eingeführt.



© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 31.07. 2022