Exponentialfunktion
In der Mathematik bezeichnet man
als Exponentialfunktion eine Funktion
der Form
mit einer reellen Zahl
als Basis (Grundzahl). In der gebräuchlichsten Form sind dabei für den Exponenten
die reellen
Zahlen zugelassen. Im Gegensatz zu den Potenzfunktionen,
bei denen die Basis
die unabhängige
Größe (Variable) und der Exponent fest vorgegeben ist, ist bei
Exponentialfunktionen der Exponent (auch Hochzahl) des Potenzausdrucks die
Variable und die Basis fest vorgegeben. Darauf bezieht sich auch die
Namensgebung. Exponentialfunktionen haben in den Naturwissenschaften,
z.B. bei der mathematischen Beschreibung von Wachstumsvorgängen,
eine herausragende Bedeutung.
Als natürliche Exponentialfunktion oder e-Funktion bezeichnet
man die Exponentialfunktion
mit der eulerschen
Zahl
als Basis; gebräuchlich hierfür ist auch die Schreibweise
. Diese Funktion hat gegenüber den anderen Exponentialfunktionen besondere
Eigenschaften. Unter Verwendung des natürlichen Logarithmus
lässt sich mit der Gleichung
jede Exponentialfunktion auf eine solche zur Basis
zurückführen. Deshalb befasst sich dieser Artikel im Wesentlichen mit der
Exponentialfunktion zur Basis
.
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Definition
Die Exponentialfunktion zu der Basis
kann auf den reellen
Zahlen auf verschiedene Weisen definiert werden.
Eine Möglichkeit ist die Definition als Potenzreihe, die sogenannte Exponentialreihe
,
wobei
die Fakultät
von
bezeichnet.
Eine weitere Möglichkeit ist die Definition als Grenzwert einer Folge
mit :
Beide Arten sind auch zur Definition der komplexen
Exponentialfunktion
auf den komplexen Zahlen geeignet (s. weiter unten).
Die reelle Exponentialfunktion
ist positiv, stetig, streng monoton
wachsend und surjektiv.
Dabei bezeichnet
die Menge der positiven reellen Zahlen.
Sie ist folglich bijektiv.
Deshalb existiert ihre Umkehrfunktion,
der natürliche Logarithmus
.
Daraus erklärt sich auch die Bezeichnung Antilogarithmus für die Exponentialfunktion.
Konvergenz der Reihe, Stetigkeit
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Die punktweise Konvergenz der für die Definition der Exponentialfunktion verwendeten Reihe
- IMG class="text" style="width: 49.09ex; height: 6.84ex; vertical-align: -3ex;" alt="\exp(x)=\sum _{{n=0}}^{{\infty }}{\frac {x^{n}}{n!}}=1+x+{\frac {x^{2}}{2!}}+{\frac {x^{3}}{3!}}+{\frac {x^{4}}{4!}}+\cdots " src="/svg/f4a1fc022274f96cc01585bb0278719e466ac275.svg">
lässt sich für alle reellen und komplexen
einfach mit dem Quotientenkriterium
zeigen; daraus folgt sogar absolute
Konvergenz. Der Konvergenzradius
der Potenzreihe ist also unendlich. Da Potenzreihen an jedem inneren Punkt ihres
Konvergenzbereiches analytisch
sind,
ist die Exponentialfunktion also in jedem reellen und komplexen Punkt
trivialerweise auch stetig.
Rechenregeln
Da die Exponentialfunktion die Funktionalgleichung
erfüllt, kann man mit ihrer Hilfe das Potenzieren
auf reelle und komplexe Exponenten verallgemeinern, indem man definiert:
für alle
und alle reellen oder komplexen
.
Generell gilt diese Umformung von
auch für beliebige andere Werte
als neue Basis:
Solche Funktionen heißen exponentielle Funktionen und „verwandeln“ Multiplikation in Addition. Genauer zeigen das die folgenden Gesetze:
und
Diese Gesetze gelten für alle positiven reellen
und
und alle reellen
und
.
Ausdrücke mit Brüchen und Wurzeln können oft mit Hilfe der Exponentialfunktion
vereinfacht werden:
Siehe auch Rechenregeln für Logarithmus.
Ableitung
Die große Bedeutung der e-Funktion, eben die Exponentialfunktion mit Basis
,
beruht auf der Tatsache, dass ihre Ableitung
wieder die Funktion selbst ergibt:
Wenn man zusätzlich
fordert, ist die e-Funktion sogar die einzige Funktion ,
die dies leistet. Somit kann man die e-Funktion auch als Lösung dieser
Differentialgleichung f'(x) = f(x) mit dieser Anfangsbedingung f(0) = 1
definieren.
Allgemeiner folgt für reelles
aus
und der Kettenregel die Ableitung beliebiger Exponentialfunktionen:
In dieser Formel kann der natürliche Logarithmus nicht durch einen Logarithmus zu einer anderen Basis ersetzt werden; die Zahl e kommt also in der Differentialrechnung auf „natürliche“ Weise ins Spiel.
Stammfunktion
Aus den Ergebnissen über die Ableitung ergibt sich die Stammfunktion der e-Funktion:
.
Für beliebige Exponentialfunktionen mit
und
gilt:
.
Exponentialfunktion auf den komplexen Zahlen
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Mit Hilfe der Reihendarstellung
lässt sich die Exponentialfunktion für komplexe Zahlen
definieren. Die Reihe konvergiert für alle
absolut.
Die Exponentialfunktion behält für alle komplexen Zahlen ,
folgende wichtige Eigenschaften:
Die Exponentialfunktion ist somit ein surjektiver, aber nicht injektiver Gruppenhomomorphismus
von der abelschen Gruppe
auf die abelsche Gruppe
,
also von der additiven auf die multiplikative Gruppe des Körpers
.
In
hat die Exponentialfunktion eine wesentliche
Singularität, ansonsten ist sie holomorph,
d.h., sie ist eine ganze
Funktion. Die komplexe Exponentialfunktion ist periodisch mit der
komplexen Periode
,
es gilt also
Beschränkt man ihren Definitionsbereich auf einen Streifen
mit ,
dann besitzt sie eine wohldefinierte Umkehrfunktion, den komplexen
Logarithmus.
Die Exponentialfunktion kann zur Definition der trigonometrischen Funktionen für komplexe Zahlen verwendet werden:
Dies ist äquivalent zur eulerschen Formel
.
Daraus abgeleitet ergibt sich speziell die Gleichung
der in Physik und Technik wichtigen komplexen Exponentialschwingung mit der
Kreisfrequenz
und der Frequenz
.
Ebenso kann die Exponentialfunktion zur Definition der hyperbolischen Funktionen verwendet werden:
Man kann auch im Komplexen eine allgemeine Potenz definieren:
mit
.
Die Werte der Potenzfunktion sind dabei abhängig von der Wahl des Einblättrigkeitsbereichs des Logarithmus, siehe auch Riemannsche Fläche. Dessen Mehrdeutigkeit wird ja durch die Periodizität seiner Umkehrfunktion, eben der Exponentialfunktion, verursacht. Deren grundlegende Gleichung
entspringt der Periodizität der Exponentialfunktion
mit reellem Argument
.
Deren Periodenlänge ist genau der Kreisumfang
des Einheitskreises, den die Sinus- und Kosinusfunktionen wegen der Eulerschen Formel
beschreiben. Die Exponential-, die Sinus- und die Kosinusfunktion sind nämlich
nur Teile derselben (auf komplexe Zahlen verallgemeinerten) Exponentialfunktion,
was im Reellen nicht offensichtlich ist.
Exponentialfunktion auf beliebigen Banachalgebren
Die Exponentialfunktion lässt sich auf Banachalgebren, zum Beispiel Matrix-Algebren mit einer Operatornorm, verallgemeinern. Sie ist dort ebenfalls über die Reihe
definiert, die für alle beschränkten Argumente aus der jeweils betrachteten Banachalgebra absolut konvergiert.
Die wesentliche Eigenschaft der reellen (und komplexen) Exponentialfunktion
ist in dieser Allgemeinheit allerdings nur noch gültig für Werte
und
,
die kommutieren,
also für Werte mit
(dies ist in den reellen oder komplexen Zahlen natürlich immer erfüllt, da die
Multiplikation dort kommutativ ist). Einige Rechenregeln dieser Art für die
Exponentiale von linearen
Operatoren auf einem Banachraum
liefern die Baker-Campbell-Hausdorff-Formeln.
Eine wichtige Anwendung dieser verallgemeinerten Exponentialfunktion findet
sich beim Lösen von linearen Differentialgleichungssystemen der Form
mit konstanten Koeffizienten. In diesem Fall ist die Banachalgebra die Menge der
-Matrizen
mit komplexen Einträgen. Mittels der jordanschen
Normalform lässt sich eine Basis bzw. Ähnlichkeitstransformation
finden, in welcher die Exponentialmatrix eine endliche Berechnungsvorschrift
hat. Genauer gesagt, man findet eine reguläre Matrix
,
so dass
,
wobei
eine Diagonalmatrix
und
eine nilpotente
Matrix sind, welche miteinander kommutieren. Es gilt damit
Das Exponential einer Diagonalmatrix ist die Diagonalmatrix der Exponentiale,
das Exponential der nilpotenten Matrix ist ein matrixwertiges Polynom mit einem Grad, der
kleiner als die Dimension
der Matrix
ist.
Numerische Berechnungsmöglichkeiten
Als fundamentale Funktion der Analysis wurde viel über Möglichkeiten zur effizienten Berechnung der Exponentialfunktion bis zu einer gewünschten Genauigkeit nachgedacht. Dabei wird stets die Berechnung auf die Auswertung der Exponentialfunktion in einer kleinen Umgebung der Null reduziert und mit dem Anfang der Potenzreihe gearbeitet. In der Analyse ist die durch die Reduktion notwendige Arbeitsgenauigkeit gegen die Anzahl der notwendigen Multiplikationen von Hochpräzisionsdaten abzuwägen.
Der Rest der -ten
Partialsumme
hat eine einfache Abschätzung gegen die geometrische
Reihe, welche auf
bei
für alle
mit
führt.
Die einfachste Reduktion benutzt die Identität
, d.h. zu gegebenem
wird
bestimmt, wobei
nach den Genauigkeitsbetrachtungen gewählt wird. Damit wird nun, in einer
gewissen Arbeitsgenauigkeit,
berechnet und
-fach
quadriert:
.
wird nun auf die gewünschte Genauigkeit reduziert und als
zurückgegeben.
Effizientere Verfahren setzen voraus, dass ,
besser zusätzlich
und
(Arnold Schönhage) in beliebiger (nach Spezifikation auftretender)
Arbeitsgenauigkeit verfügbar sind. Dann können die Identitäten
oder
benutzt werden, um
auf ein
aus dem Intervall
oder einem wesentlich kleineren Intervall zu transformieren und damit das
aufwändigere Quadrieren zu reduzieren oder ganz zu vermeiden.
Bei Implementierung in Hardware werden für deren Belange geeignete Verfahren genutzt, zum Beispiel:
- BKM-Algorithmus
- CORDIC
Hintergründe und Beweise
Motivation
Auf die Exponentialfunktion stößt man, wenn man versucht, das Potenzieren auf
beliebige reelle Exponenten zu verallgemeinern. Man geht dabei von der
Rechenregel
aus und sucht daher eine Lösung der Funktionalgleichung
mit
.
Nimmt man nun zunächst einmal an, dass eine Lösung tatsächlich existiert, und
berechnet deren Ableitung,
so stößt man auf den Ausdruck
Was bedeutet nun ?
Nennt man diesen Grenzwert
,
so gilt für die durch
definierte Zahl
(bzw.
,
muss dann also der Logarithmus zur Basis
sein) nach der Kettenregel formal
erfüllt dann vermutlich
Wie kann man diese Zahl
berechnen? Setzt man rein formal
und löst die Gleichung
, dann erhält man
. Für die Zahl
ist also zu vermuten, dass
gilt.
Für
erhält man mit
auch rein formal die Darstellung
also die eine Definition der Exponentialfunktion.
Taylorreihe
Alternativ kann man auch versuchen, die Funktion
in eine Taylorreihe zu entwickeln. Da per Induktion auch
gelten muss, also ,
erhält man für die Taylorreihe an der Stelle
also genau die andere Definition der Exponentialfunktion. Im Weiteren ist dann zu zeigen, dass die so definierte Exponentialfunktion tatsächlich die gewünschten Eigenschaften hat. Diese Taylorreihe lässt sich auch als Kettenbruch darstellen:
Konvergenz der Folgendarstellung
Die für die Definition der Exponentialfunktion verwendete Folge
ist für reelle
punktweise
konvergent, da sie erstens ab einem gewissen Index monoton
steigend und zweitens nach
oben beschränkt ist.
Beweis der Monotonie
Aus der Ungleichung
vom arithmetischen und geometrischen Mittel folgt für
die Folge ist daher für fast alle
monoton steigend.
Beweis der Beschränktheit
Aus der Ungleichung
vom harmonischen und geometrischen Mittel folgt für
Für
und
ist die Folge daher für alle
beschränkt:
Für
und
gilt offensichtlich die Schranke
Funktionalgleichung
Da
und
konvergieren, konvergiert auch deren Produkt
Ist nun ,
so liefert die bernoullische
Ungleichung für hinreichend große
;
für
erhält man aus der einfach zu zeigenden Ungleichung
für
und ebenfalls der bernoullischen Ungleichung für hinreichend große
die Exponentialfunktion erfüllt also tatsächlich die Funktionalgleichung
.
Ungleichungen
Abschätzung nach unten
Für reelle
lässt sich die Exponentialfunktion mit
nach unten abschätzen. Der Beweis ergibt sich aus der Definition
und der Tatsache, dass
für hinreichend große
.
Da die Folge monoton wachsend ist, ist der Grenzwert daher echt größer Null.
Diese Abschätzung lässt sich zur wichtigen Ungleichung
verschärfen. Für
folgt sie aus
,
für
ergibt sich der Beweis beispielsweise, indem man die bernoullische
Ungleichung auf die Definition
anwendet. Eine Anwendung dieser Ungleichung ist der Polya-Beweis der Ungleichung
vom arithmetischen und geometrischen Mittel. Allerdings erleichtert die
Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel die Untersuchung der
Folge
sehr; um daher einen Zirkelschluss
zu vermeiden, benötigt der Polya-Beweis Herleitungen der Exponentialfunktion,
die ohne Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel auskommen.
Abschätzung nach oben
Setzt man in der Abschätzung
nach unten
statt
ein und verwendet
,
so erhält man durch Umstellen der Ungleichung die für alle
gültige Abschätzung nach oben
.
Ableitung der Exponentialfunktion
Die wichtigste Anwendung dieser beiden Abschätzungen ist die Berechnung der Ableitung der Exponentialfunktion an der Stelle 0:
Gemeinsam mit der Funktionalgleichung
folgt daraus die Ableitung der Exponentialfunktion für beliebige reelle Zahlen:
Wachstum der e-Funktion im Vergleich zu Polynomfunktionen
Oft wird die Aussage benötigt, dass die Exponentialfunktion wesentlich stärker wächst als jede Potenzfunktion, d.h.
Für
ist dies klar, für
kann entweder induktiv die Regel von
de l’Hospital benutzt werden, oder auch elegant abgeschätzt werden:
Zunächst gilt
Wegen
gilt
Dies konvergiert gegen
und somit der obige Grenzwert gegen 0.
Basiswechsel
Wie bereits zuvor erwähnt, gilt
Beweis: Nach Definition des Logarithmus ist
äquivalent zu
,
woraus die Identität
folgt. Ersetzen von
durch
liefert
wobei im zweiten Schritt die Logarithmus-Rechenregel für Potenzen angewendet wurde.
Die Differentialgleichung der Exponentialfunktion
Will man die einfache Differentialgleichung:
lösen und setzt noch
voraus, so erhält man daraus eine Definition von
.
Umkehrfunktion
Setzt man
nicht voraus, so benutzt man die Umkehrfunktion
von
Denn ,
und nach den Eigenschaften der Logarithmusfunktion
ist
und man kann die Umkehrfunktion bilden und erhält
Da die untere
Grenze gleich 1 ist, ist
und bei der Umkehrfunktion
nach Eigenschaft der Umkehrfunktion:
.
Differentialgleichung
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Erweitert man die Differentialgleichung
auf
für
und löst sie, so erhält man für
die Form
Speziell für
ist
Ist dann
eine Lösung und
,
dann ist
und nach Voraussetzung
Für beliebiges
führen wir
ein. Es ergibt sich
und nach Voraussetzung wieder
Man besitzt nun ein Instrument zur Beschreibung von Vorgängen in
verschiedenen Bereichen der Wissenschaft, in denen man mittels eines Ansatzes
vom Typ
ein Ergebnis der Form
erhält, welches auf der Exponentialfunktion basiert.
Beispiele für Exponentialfunktionen
Physik
Als Beispiele für das häufige Auftreten der Exponentialfunktion in der Physik seien genannt:
- der radioaktive Zerfall von Teilchen
- der Luftdruckverlauf in der Atmosphäre siehe barometrische Höhenformel
- zeitliche Ladungskurven eines elektrischen Kondensators
- zeitliche Energiekurve beim Einschaltvorgang einer Spule durch Selbstinduktion
- Thermodynamik und Statistik: Boltzmann-Faktor, Fermi-Dirac-Statistik, Bose-Einstein-Statistik
- die Abkühlung und Erwärmung eines Körpers
Chemie
Als ein Beispiel in der Chemie sei hier eine einfache chemische Reaktion skizziert. Es wird angenommen, dass wir die Lösung eines Stoffes vorliegen haben, etwa Rohrzucker in Wasser. Der Rohrzucker werde nun durch einen Katalysator zu Invertzucker umgewandelt (hydrolysiert). Bei dieser einfachen chemischen Reaktion wird man das Geschwindigkeitsgesetz (unter Vernachlässigung der Rückreaktion) wie folgt formulieren:
- Die Reaktionsgeschwindigkeit als Funktion der Zeit ist proportional zur noch vorhandenen Menge der sich umwandelnden Substanz.
Bezeichnen wir die Menge des zur Zeit
noch nicht umgewandelten Rohrzuckers mit
,
so ist die Reaktionsgeschwindigkeit
,
und nach dem oben formulierten Geschwindigkeitsgesetz gilt die Gleichung
mit einer reaktionsspezifischen Geschwindigkeitskonstante .
Aus diesem Momentangesetz erhält man nach obiger Differentialgleichung ein
Integralgesetz, welches uns die Menge
des übriggebliebenen Rohrzuckers als Funktion der Zeit liefert:
wobei die Konstante
die zur Zeit
vorhandene Menge bezeichnet. Die chemische Reaktion nähert sich also asymptotisch ihrem Endzustand
an, der völligen Umwandlung von Rohrzucker in Invertzucker. (Die
Vernachlässigung der Rückreaktion ist hier akzeptabel, da das chemische
Gleichgewicht der Rohrzucker-Hydrolyse sehr stark auf Seiten des
Invertzuckers liegt).
Biologie, Epidemien
Beschreibung des exponentiellen Wachstums in der Anfangszeit einer Population von z.B. Mikroorganismen, Ausbreitung von Infektionen im Rahmen einer Epidemie und Fortpflanzung von Lebewesen, siehe r-Strategie oder SIR-Modell.
Stochastik
- Gleiche Anzahl von Münzen und Empfängern
Wie groß sind die Wahrscheinlichkeiten, zufällig
keine, eine oder mehr Münzen zu erhalten, wenn
Münzen zufällig auf
Empfänger verteilt werden und
sehr groß ist?
Die Definitionsformel für die Exponentialfunktion
,
die daraus abgeleitete Näherungsformel
und die eulersche
Zahl
erlauben eine einfache Abschätzung.
Die Wahrscheinlichkeit, bei der ersten Verteilung eine Münze zu erhalten,
beträgt
und
,
keine Münze zu erhalten. Die Wahrscheinlichkeit, zweimal keine Münze zu
erhalten, beträgt:
.
Folglich ist die Wahrscheinlichkeit,
-mal
erfolglos zu sein:
Die Wahrscheinlichkeit, nur einmal Erfolg zu haben, ist das Produkt aus
Misserfolgen, Erfolg und der Kombinationsmöglichkeiten ,
wann sich der Erfolg einstellt (beim ersten Mal, oder zweiten oder dritten …):
Die Wahrscheinlichkeit, mehr als eine Münze zu erhalten, lautet entsprechend:
- Mehr Münzen als Empfänger
Wie viele Münzen
müssen es sein, um die Wahrscheinlichkeit
,
keine zu erhalten, zu verringern, beispielsweise auf 0,1 statt 0,37? Aus obiger
Näherungsformel folgt:
Oder anders gefragt: Wie viele Münzen
müssen es mehr sein als Empfänger
?
Damit im Mittel nur 10 % der Empfänger leer ausgehen, ist die 2,3-fache Menge an Münzen erforderlich, bei 1 % fast die 5-fache Anzahl.
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Wirtschaft
- Stetige Verzinsung
- Die Stückelung folgt üblicherweise einer exponentiellen Gesetzmäßigkeit beim Anstieg des Wertes. Am Beispiel des Euro ist zu den Punkten für jede Münze oder Banknote eine Ausgleichsgerade dargestellt. Die geringen Abweichungen von dieser Geraden folgen aus der Forderung nach „runden“ Zahlen, die mit nur einer signifikanten Stelle exakt anzugeben sind (nicht zu verwechseln mit glatten Zahlen).
Verallgemeinerungen
Wenn
eine Größe ist, deren Potenzen
für beliebiges nicht-negatives ganzzahliges
existieren, und wenn der Grenzwert existiert, ist es sinnvoll, die abstrakte
Größe
durch die oben angegebene Exponentialreihe zu definieren. Ähnliches gilt für
Operatoren
,
die, einschließlich ihrer Potenzen, eine lineare Abbildung eines
Definitionsbereichs
eines abstrakten Raumes
(mit Elementen
)
in einen Wertebereich
der reellen Zahlen ergeben: Hier ist es sogar für alle reellen
sinnvoll, in ganz
(genauer: im zugehörigen Abschlussbereich) Exponentialoperatoren
durch den Ausdruck
zu definieren, wobei die Konvergenz dieses Ausdrucks zunächst offenbleibt.
Iteration der Exponentiation führt auf die Verallgemeinerte Exponentialfunktion, die in der Gleitkomma-Arithmetik verwendet wird.
Siehe auch
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

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 16.04. 2024