Reguläre Darstellung
In der Mathematik definiert man für verschiedenartige mathematische Strukturen die linksreguläre und die rechtsreguläre Darstellung. Diese sind von besonderer Bedeutung in der Darstellungstheorie, einschließlich der harmonischen Analyse und der Darstellungstheorie von Banachalgebren in der Funktionalanalysis. Sie lassen sich dabei unabhängig von konkreten Eigenschaften einer Struktur explizit auf einfache Weise aus den Operationen der Struktur konstruieren und sichern damit die Existenz reichhaltiger, nicht-trivialer Darstellungen im allgemeinen Fall.
Darstellung einer Algebra
Sei
eine assoziative
Algebra
über einem Körper. Die linksreguläre Darstellung (oder auch nur reguläre
Darstellung) ist dann eine Darstellung
auf dem Vektorraum
,
die durch Multiplikation von links wirkt, das heißt
.
Die rechtsreguläre Darstellung
wirkt analog dazu von rechts:
Dabei handelt es sich um einen Antihomomorphismus,
im Allgemeinen ist sie also keine Darstellung von ,
sondern eine Rechtsoperation
und somit Darstellung der entgegengesetzten
Algebra
.
Die rechtsreguläre Darstellung ist nichts anderes als die linksreguläre
Darstellung von
und stimmt für kommutatives
mit der linksregulären von
überein.
Besitzt die Algebra ein neutrales
Element bezüglich der Multiplikation, so sind diese beiden Darstellungen injektiv.
Im Allgemeinen muss dies nicht der Fall sein, für eine Algebra mit der
Multiplikation
etwa sind diese Darstellungen gleich der Nullabbildung.
Fasst man Darstellungen von
als
-Moduln
auf, so ist die linksreguläre Darstellung nichts anderes als
als Linksmodul
über
aufgefasst.
Darstellung einer Banachalgebra
Sei nun
eine (assoziative) Banachalgebra.
Die links- und die rechtsreguläre Darstellung sind dann ebenso wie im
algebraischen Fall definiert, wobei der einem Element der Algebra zugeordnete
lineare Endomorphismus
nun sogar stetig
ist bezüglich der Norm der Algebra. Denn durch
ist der Operator
beschränkt
und seine Operatornorm
ist maximal
.
Daher ist auch die Darstellung selbst stetig und sogar eine Kontraktion,
wenn man die Definitionsmenge mit der Norm der Algebra und die Zielmenge mit der
Operatornorm ausstattet.
Für die rechtsreguläre Darstellung gilt dies ebenso, da sie sich als
linksreguläre der entgegengesetzten Banachalgebra auffassen lässt.
Besitzt die Banachalgebra eine Approximation
der Eins, was etwa für jede C*-Algebra
der Fall ist, so ist die (links)reguläre Darstellung injektiv, denn andernfalls
enthielte der Kern der Darstellung ein Element verschieden von ,
das somit multipliziert mit jedem anderen Element der Algebra, einschließlich
der Elementen der approximativen Eins,
ergäbe.
Darstellung einer Gruppe und der Gruppenalgebra
Sei nun
eine Gruppe
und
ein beliebiger Körper.
Die links- und die rechtsreguläre Darstellung werden nun auf dem
-Vektorraum
,
der frei von der Menge der
Gruppenelemente erzeugt wird, das heißt jedes Gruppenelement wird mit einem
Vektor identifiziert, sodass alle zusammen eine Basis von
bilden. Die linksreguläre Darstellung ist dann definiert als
,
wobei mittels
eine Abbildung nur für die Basiselemente definiert ist und zu einer linearen
Abbildung auf
fortzusetzen ist. Diese lineare Abbildung ist invertierbar,
da sie die Fortsetzung
von
auf
als Inverse besitzt. Analog ist die rechtsreguläre Darstellung definiert als
,
welche ebenfalls eine Darstellung ist. Fasst man die Elemente von
als Funktionen
mit endlichem
Träger
auf (dies liefert eine explizite Konstruktion des freien Objekts), so ist die
Wirkung der beiden Darstellungen durch
gegeben.
Der Raum
lässt sich mit einer Multiplikation ausstatten, wodurch er zur sogenannten Gruppenalgebra
wird. Jede Darstellung einer Gruppe lässt sich eindeutig zu einer Darstellung
der Gruppenalgebra fortsetzen (unter Identifikation der Gruppenelemente mit
Basisvektoren). Im Falle der linksregulären Darstellung ist diese durch
gegeben, das heißt, es handelt sich um die oben definierte linksreguläre
Darstellung der Gruppenalgebra. Die rechtsreguläre Darstellung einer Gruppe
lässt sich auch als Homomorphismus auf der entgegengesetzten
Gruppe
auffassen, als
,
wobei die Multiplikation auf der rechten Seite in
zu lesen ist. Hierfür verkette man einfach den Gruppenisomorphismus
mit der rechtsregulären Darstellung im obigen Sinne. Diese Darstellung lässt
sich dann auf
fortsetzen und man erhält die rechtsreguläre Darstellung im obigen Sinne als
Homomorphismus
.
Unitäre Darstellung einer topologischen Gruppe
In der harmonischen
Analyse betrachtet man unitäre Darstellungen von lokalkompakten topologischen
Gruppen in Hilberträume. Eine solche Gruppe
lässt sich mit einem linken Haarmaß
ausstatten, der Raum der quadratintegrablen Funktionen auf der Gruppe bezüglich
dieses Maßes
ist dann ein Hilbertraum, auf dem sich die linksreguläre Darstellung wie oben
definieren lässt als
.
ist ein wohldefinierter Operator auf
,
da aufgrund der Invarianz des Haarmaßes bis auf Nullmengen
gleiche Funktionen wiederum auf bis auf Nullmengen gleiche Funktionen abgebildet
werden. Die Darstellung ist unitär, das heißt
ist stets ein unitärer
Operator, da dieser aufgrund der Invarianz isometrisch
ist und
als Inverse besitzt. Zudem ist sie stetig, wenn man
mit der schwachen
Operatortopologie ausstattet. Hierfür genügt es zu zeigen, dass die
Abbildung
für stetige Funktionen mit kompaktem
Träger
stetig im neutralen Element der Gruppe ist, was daraus folgt, dass stetige
Funktionen mit kompaktem Träger stets gleichmäßig
stetig sind.
Die rechtsreguläre Darstellung wird auf dem Raum
mit dem zu
gehörigen rechten Haarmaß
definiert (für messbare Mengen
gelte
):
Äquivalent dazu lässt sich die Darstellung unter Verwendung der Modularfunktion
als
definieren. Für unimodulare
Gruppen ist die Modularfunktion gleich
und
und die rechtsreguläre Darstellung ist somit in diesem Fall einfach
.
In jedem Fall sind die linksreguläre und die rechtsreguläre Darstellung unitär
äquivalent mittels des unitären Vertauschungsoperators
.
Die links- und die rechtsreguläre Darstellung sind injektiv.
Physikalisches Beispiel
Die reguläre Darstellung des
(üblicherweise
oder
)
erlaubt in einfachen Fällen der Quantenmechanik
(Raum für ein Teilchen, ohne Spin)
und auch klassischen Feldtheorien
die Beschreibung der Symmetrie des Raumes unter Translationen:
Quantenmechanische Zustände oder auch klassische Felder können als
quadratintegrable Funktionen aufgefasst werden, Verschiebungen des Raumes wirken
auf diesen als unitäre Operatoren.
Gruppenalgebra L1
Für jede lokalkompakte topologische Gruppe mit einem linken Haarmaß
definiert man die Gruppenalgebra
mit der Faltung
als Produkt. Diese bildet eine Banachalgebra mit approximativer Eins und mit
einer passenden Involution
sogar eine Banach-*-Algebra. Nach der Faltungsungleichung
von Young sind für
sowohl
als auch
quadratintegrabel, aus ihr folgt auch, dass die Abbildung
bezüglich der
-Norm
beschränkt ist. Es lässt sich somit die Hilbertraum-Darstellung
definieren, genannt linksreguläre Darstellung. Diese ist nach der
Faltungsungleichung von Young und wie jeder *-Homomorphismus einer
Banach-*-Algebra in eine C*-Algebra
eine Kontraktion. Für kompaktes
ist
ein (zweiseitiges) Ideal
der Gruppenalgebra
und es handelt sich einfach um die Einschränkung der linksregulären Darstellung
einer Banachalgebra im obigen Sinne auf
unter Wechsel der Norm.
Andererseits lässt sich die linksreguläre (unitäre) Darstellung der Gruppe
zu einer Darstellung
der Gruppenalgebra so „fortsetzen“, dass für
im
schwachen Sinne
gilt, d.h. für
ist
.
Diese „Fortsetzung“ ist gerade die obige Darstellung ,
was die identische Bezeichnung rechtfertigt.
Ist die Gruppe
endlich und ihre Topologie diskret,
so entspricht dies gerade obiger Fortsetzung der linksregulären Darstellung
einer Gruppe auf die algebraische Gruppenalgebra
.
Ist die Gruppe unimodular, lässt sich auch die allgemeine „Fortsetzung“ der
rechtsregulären Darstellung mit
wie im algebraischen Fall identifizieren. In jedem Fall ist diese „Fortsetzung“
unitär äquivalent zur linksregulären Darstellung der Gruppenalgebra
.
Zweiseitige reguläre Darstellung
Für eine lokalkompakte topologische Gruppe definiert man zudem die
zweiseitige reguläre Darstellung, welche als zweiseitige
Gruppenoperation aufgefasst werden kann, auf dem Raum
durch Verkettung der links- und der rechtsregulären Darstellung:
Teildarstellungen und Zerlegungen
Die Frage nach Verallgemeinerungen der Fouriertransformation und des Satzes von Plancherel in der harmonischen Analyse ist eng verbunden mit der Zerlegung der links-, der rechts- und der zweiseitig regulären Darstellung in irreduzible Darstellungen.
Die irreduziblen Teildarstellungen
der linksregulären Darstellung bilden die sogenannte diskrete
Serie. Eine irreduzible Darstellung
gehört genau dann zur diskreten Serie, wenn sie einen nichttrivialen
quadratintegrablen Matrixkoeffizienten
besitzt, das heißt, es existieren Vektoren
aus dem Darstellungsraum von
,
sodass die Funktion
quadratintegrabel bezüglich eines linken Haarmaßes ist. Im unimodularen Fall
sind dann bereits alle Matrixkoeffizienten quadratintegrabel,
allgemein zumindest für
aus einem dichten
Untervektorraum und
beliebig. Spannen die quadratintegrablen Matrixkoeffizienten der Elemente der
diskreten Serie einen dichten Untervektorraum von
auf, so lässt sich die zweiseitige Darstellung als direkte
Summe
zerlegen, wobei bezüglich unitärer Äquivalenz jeweils nur ein Vertreter
solcher irreduzibler Teildarstellungen in der Summe gewählt werde und
das äußere
Tensorprodukt und
die kontragrediente
Darstellung bezeichnen. Insbesondere für kompakte Gruppen ist jede
irreduzible Darstellung Element der diskreten Serie und ihre Multiplizität,
mit der sie in der linksregulären Darstellung enthalten ist, ist gleich der
endlichen Dimension
ihres Darstellungsraumes, siehe für diesen speziellen Fall Satz von
Peter-Weyl.
Dagegen besitzt die linksreguläre Darstellung nicht kompakter abelscher Gruppen keine irreduziblen Teildarstellungen. Hier und in anderen Fällen ist jedoch eine Zerlegung der zweiseitigen Darstellung in Irreduzible als direktes integral möglich. Für jede das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllende, unimodulare Typ-1-Gruppe ist die zweiseitige reguläre Darstellung unitär äquivalent zum direkten Integral
,
wobei
ein Stellvertretersystem der irreduziblen Darstellungen von
und
das Plancherel-Maß bezeichnen.
liegt genau dann in der diskreten Serie, wenn
,
daher der Name. Die unitären Vertauschungsoperatoren zwischen jenen direkten
Summen bzw. Integralen sind gerade die verallgemeinerten Fouriertransformationen
und ihre Umkehrungen, welche als Diagonalisierung der zweiseitigen Darstellung
verstanden werden kann. Unter genannten Voraussetzungen lassen sich dann auch
links- und rechtsreguläre Darstellung als direkte Integrale zerlegen:
Dabei bezeichne
die triviale
Darstellung.
Beispielsweise ergibt sich die reguläre Darstellung des
als direktes Integral über alle irreduziblen Darstellungen, welche gerade den Charakteren
entsprechen, bezüglich des Lebesgue-Maßes
mit einem Skalierungsfaktor.
Siehe auch
- Eine Darstellung als reguläre Permutationsgruppe ist in der Theorie endlicher Gruppen eine Darstellung der Gruppe als Gruppe von Permutationen einer endlichen Menge M, mit der zusätzlichen Forderung, dass außer dem Einselement kein Gruppenelement bei der betrachteten Operation ein Fixelement in M haben darf (regulär). Für Einzelheiten siehe Permutationsgruppe#Links- und rechtsreguläre Darstellung.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 09.11. 2020