Fourier-Transformation
Die Fourier-Transformation (genauer die kontinuierliche Fourier-Transformation; Aussprache: [fuʁie]) ist eine mathematische Methode aus dem Bereich der Fourier-Analysis, mit der aperiodische Signale in ein kontinuierliches Spektrum zerlegt werden. Die Funktion, die dieses Spektrum beschreibt, nennt man auch Fourier-Transformierte oder Spektralfunktion. Es handelt sich dabei um eine Integraltransformation, die nach dem Mathematiker Jean Baptiste Joseph Fourier benannt ist. Fourier führte im Jahr 1822 die Fourier-Reihe ein, die jedoch nur für periodische Signale definiert ist und zu einem diskreten Frequenzspektrum führt.
Definition
Sei
eine integrierbare Funktion. Die (kontinuierliche) Fourier-Transformierte
von
ist definiert durch
und die zugehörige inverse Transformation lautet:
Dabei gilt:
und
sind
-dimensionale
Volumenelemente,
die imaginäre
Einheit und
das Standardskalarprodukt
der Vektoren
und
.
Die Normierungskonstante ist in der Literatur nicht einheitlich. In der
Theorie der Pseudodifferentialoperatoren und in der Signalverarbeitung ist es
üblich, den Faktor
in der Transformation wegzulassen, sodass stattdessen die Rücktransformation den
Vorfaktor
erhält. Die Transformation lautet dann:
Dies hat den Nachteil, dass im Satz
von Parseval ein Vorfaktor auftaucht, was bedeutet, dass die
Fouriertransformation dann keine unitäre
Abbildung mehr auf
ist. Mit anderen Worten: Die Signalleistung
ändert sich dann durch die Fouriertransformation. In der Literatur zu
Signalverarbeitung und Systemtheorie findet man auch folgende Konvention, die
ohne Vorfaktoren auskommt:
Die reelle Form der Fourier-Transformation wird als Hartley-Transformation
bezeichnet. Für reelle Funktionen
kann die Fourier-Transformation durch die
Sinus-
und Kosinus-Transformation substituiert werden.
Anwendungsfall
Einen besonderen Anwendungsfall gibt es in der Akustik:
Der reine Kammerton
ist eine Sinuswelle mit der Frequenz 440 Hz, also 440 Schwingungen pro
Sekunde. Eine ideale Stimmgabel gibt genau dieses Sinussignal ab. Der gleiche
Ton gespielt mit einem anderen Musikinstrument (nicht-ideale Stimmgabel), ist
eine Zusammensetzung/Überlagerung aus Wellen verschiedener Wellenlängen. Diese
sind bezüglich ihrer Frequenz normalerweise ganzzahlige Vielfache der Frequenz
des Grundtons. Die Zusammensetzung und jeweilige Amplitude dieser Wellen ist
Bestimmend für die Klangfarbe
jedes Musikinstruments. Nur die Welle mit der größten Wellenlänge, der Grundton des Signals, hat
dabei die Frequenz 440 Hz. Die anderen Wellen, die Obertöne, haben höhere
Frequenzen. Wellen höherer Frequenz können nur bis zu einer dem Alter des
Menschen entsprechenden Grenzfrequenz von bis zu 20 kHz auditiv
wahrgenommen werden.
An der Fouriertransformierten des Tonsignals kann man direkt die verschiedenen Frequenzen/Wellenlängen der Wellenzusammensetzung ablesen. Diese Eigenschaft kann man beispielsweise für die automatische Erkennung von Tonhöhen und Musikinstrumenten in einem Tonsignal ausnutzen. Für analoge Tonsignale wird die kontinuierliche Fourier-Transformation verwendet. Für digitale Tonsignale, wie mp3-Audiodateien, wird die diskrete Fourier-Transformation herangezogen. Von Letzterer gibt es auch laufzeitoptimierte Varianten.
Die Schwingungen des Tonsignals eines Instruments können durch ein Mikrophon in Verbindung mit einem Oszilloskop bildlich dargestellt werden.
Beispiel
Als Beispiel soll das Frequenzspektrum einer gedämpften Schwingung mit ausreichend schwacher Dämpfung untersucht werden. Diese kann durch folgende Funktion beschrieben werden:
oder in komplexer Schreibweise:
Hier ist
die Amplitude und
die Kreisfrequenz der
Schwingung,
die Zeit, in der die Amplitude um den Faktor
abfällt, und
die Heaviside-Funktion.
Das heißt, die Funktion ist nur für positive Zeiten nicht null.
Man erhält
Eigenschaften
Linearität
Die Fourier-Transformation
ist ein linearer
Operator. Das heißt, es gilt
.
Stetigkeit
Die Fourier-Transformation ist ein stetiger Operator vom Raum der integrierbaren
Funktionen
in den Raum der Funktionen
,
die im Unendlichen verschwinden. Mit
ist die Menge der stetigen Funktionen bezeichnet, welche für
verschwinden. Die Tatsache, dass die Fourier-Transformierten im Unendlichen
verschwinden, ist auch als Lemma
von Riemann-Lebesgue bekannt. Außerdem gilt die Ungleichung
.
Differentiationsregeln
Sei
eine Schwartz-Funktion und
ein Multiindex. Dann gilt
und
.
.
Fixpunkt
Die Dichtefunktion
mit
der (
-dimensionalen)
Gauß’schen Normalverteilung
ist ein Fixpunkt
der Fourier-Transformation. Das heißt, es gilt für alle
die Gleichung
.
Insbesondere ist also
eine Eigenfunktion
der Fourier-Transformation zum Eigenwert
.
Mit Hilfe des Residuensatzes
oder mit Hilfe partieller
Integration und Lösen einer gewöhnlichen Differentialgleichung kann in
diesem Fall das Fourier-Integral
bestimmt werden.
Spiegelsymmetrie
Für
gilt für alle
die Gleichung
.
Äquivalent lässt sich dies auf dem Schwartzraum
als Operatorgleichung
schreiben, wobei
den Paritätsoperator bezeichnet.
Rücktransformationsformel
Sei
eine integrierbare Funktion derart, dass auch
gilt. Dann gilt die Rücktransformation
Diese wird auch Fouriersynthese
genannt. Auf dem Schwartz-Raum
ist die Fouriertransformation ein Automorphismus.
Faltungstheorem
Das Faltungstheorem
für die Fourier-Transformation besagt, dass die Faltung zweier
Funktionen durch die Fourier-Transformation in ihrem Bildraum in eine
Multiplikation reeller Zahlen überführt wird. Für
gilt also
.
Die Umkehrung des Faltungssatzes besagt
.
Fourier-Transformation von L2-Funktionen
Definition
Für eine Funktion
ist die Fouriertransformation mittels eines Dichtheitsargumentes definiert durch
.
Die Konvergenz ist im Sinne von
zu verstehen und
ist die Kugel um den Ursprung mit Radius
.
Für Funktionen
stimmt diese Definition mit der aus dem ersten Abschnitt überein. Da die
Fouriertransformation bezüglich des
-Skalarproduktes
unitär ist (s. u.) und
in
dicht liegt, folgt, dass die Fouriertransformation ein isometrischer
Automorphismus des
ist. Dies ist die Aussage des Satzes
von Plancherel.
Hausdorff-Young-Ungleichung
Seien
und
.
Für
ist
und es gilt
.
Die Fourier-Transformation
hat also eine Fortsetzung
zu einem stetigen Operator
,
der durch
beschrieben wird. Der Grenzwert ist hier im Sinne von
zu verstehen.
Differentiationsregel
Falls die Funktion
schwach differenzierbar ist, gibt es eine Differentiationsregel analog zu denen
für Schwarzfunktionen. Sei also
eine k-mal
schwach differenzierbare L2-Funktion und
ein Multiindex mit
.
Dann gilt
.
Unitäre Abbildung
Die Fourier-Transformation ist bezüglich des komplexen -Skalarproduktes
ein unitärer
Operator, das heißt, es gilt
Damit liegt das Spektrum
der Fourier-Transformation auf der Einheitskreislinie.
Im eindimensionalen Fall ()
bilden ferner die Hermite-Funktionen
im Raum
ein vollständiges
Orthonormalsystem von Eigenfunktionen
zu den Eigenwerten
.
Fourier-Transformation im Raum der temperierten Distributionen
Sei
eine temperierte Distribution, die Fourier-Transformierte
ist für alle
definiert durch
.
Stattet man den Raum
mit der Schwach-*-Topologie
aus, dann ist die Fourier-Transformation eine stetige, bijektive Abbildung auf
.
Ihre Umkehrabbildung lautet
.
Fourier-Transformation von Maßen
Die Fourier-Transformation wird allgemein für endliche Borel-Maße auf
definiert:
heißt inverse Fourier-Transformierte des Maßes. Die charakteristische Funktion ist dann die inverse Fourier-Transformierte einer Wahrscheinlichkeitsverteilung.
Partielle Differentialgleichungen
In der Theorie der partiellen Differentialgleichungen spielt die Fourier-Transformation eine wichtige Rolle. Mit ihrer Hilfe kann man Lösungen bestimmter Differentialgleichungen finden. Die Differentiationsregel und das Faltungstheorem sind dabei von essentieller Bedeutung. Am Beispiel der Wärmeleitungsgleichung wird nun gezeigt, wie man mit der Fourier-Transformation eine partielle Differentialgleichung löst. Das Anfangswertproblem der Wärmegleichung lautet
Hierbei bezeichnet
den Laplace-Operator,
der nur auf die
-Variablen
wirkt. Anwenden der Fourier-Transformation auf beide Gleichungen bezüglich der
-Variablen
und Anwenden der Differentiationsregel ergibt
Hierbei handelt es sich nun um eine gewöhnliche Differentialgleichung, die die Lösung
hat. Daraus folgt
und aufgrund des Faltungstheorems gilt
mit
Daraus folgt
Das ist die Fundamentallösung der Wärmegleichung. Die Lösung des hier betrachteten Anfangswertproblems hat daher die Darstellung
Tabelle wichtiger Fourier-Transformations-Paare
In diesem Kapitel folgt eine Zusammenstellung wichtiger Fourier-Transformations-Paare.
Signal | Fouriertransformierte Kreisfrequenz |
Fouriertransformierte Frequenz |
Hinweise |
---|---|---|---|
Zeitverschiebung | |||
Frequenzverschiebung | |||
Frequenzskalierung | |||
Hier ist |
Quadratisch integrierbare Funktionen
Signal | Fouriertransformierte Kreisfrequenz |
Fouriertransformierte Frequenz |
Hinweise |
---|---|---|---|
Die Gaußsche Funktion | |||
Die Rechteckfunktion
und die sinc-Funktion
( | |||
Die Rechteckfunktion ist ein idealisierter Tiefpassfilter, und die si-Funktion ist die akausale Stoßantwort eines solchen Filters. | |||
Distributionen
Signal | Fouriertransformierte Kreisfrequenz |
Fouriertransformierte Frequenz |
Hinweise |
---|---|---|---|
Hier ist | |||
Das Signal heißt Dirac-Kamm. |
Siehe auch
- Diskrete Fourier-Transformation
- Fouriertransformation für zeitdiskrete Signale
- Schnelle Fourier-Transformation
- Inverse schnelle Fourier-Transformation
Literatur
- Rolf Brigola: Fourier-Analysis und Distributionen. edition swk, Hamburg 2013, ISBN 978-3-8495-2892-8.
- Otto Föllinger: Laplace-, Fourier- und z-Transformation. Bearbeitet von Mathias Kluwe. 8. überarbeitete Auflage. Hüthig, Heidelberg 2003, ISBN 3-7785-2911-0 (Studium).
- Burkhard Lenze: Einführung in die Fourier-Analysis. 3. durchgesehene Auflage. Logos Verlag, Berlin 2010, ISBN 3-931216-46-2.
- Herbert Sager: Fourier-Transformation. 1. Auflage. vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Zürich 2012, ISBN 978-3-7281-3393-9.
- Jörg Lange, Tatjana Lange: Fourier-Transformation zur Signal- und Systembeschreibung. Kompakt, visuell, intuitiv verständlich. Springer Vieweg, 2019, ISBN 978-3-658-24849-9.



© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.12. 2022