Abzählbarkeitsaxiom
Im mathematischen Teilgebiet der Topologie gibt es zwei Endlichkeitsbedingungen an die betrachteten Räume, die als erstes bzw. zweites Abzählbarkeitsaxiom bezeichnet werden. Räume, die ein Abzählbarkeitsaxiom erfüllen, können aus topologischer Sicht als „klein“ gelten.
Eingeführt wurden diese beiden Abzählbarkeitseigenschaften von Felix Hausdorff in seiner Monografie Grundzüge der Mengenlehre aus dem Jahr 1914.
Erstes Abzählbarkeitsaxiom
Das erste Abzählbarkeitsaxiom besagt:
- Jeder Punkt hat eine höchstens abzählbare Umgebungsbasis.
Das bedeutet: Ist
ein topologischer
Raum und
ein Punkt, so gibt es eine höchstens
abzählbare Menge
von Umgebungen
von
,
so dass es zu jeder Umgebung
von
einen Index
gibt, so dass
gilt. Ein Raum, der das erste Abzählbarkeitsaxiom erfüllt, wird erstabzählbar
genannt.
Eigenschaften
Das erste Abzählbarkeitsaxiom ist eine lokale Forderung, d.h., ist
eine offene Überdeckung
von
,
so dass die Räume
mit der Teilraumtopologie
das erste Abzählbarkeitsaxiom erfüllen, dann gilt das erste Abzählbarkeitsaxiom
auch für
.
Konvergente
Folgen sind in Räumen, die das erste Abzählbarkeitsaxiom nicht erfüllen,
sehr viel weniger nützlich. Beispielsweise ist in derartigen Räumen ein Punkt
des Abschlusses
einer Teilmenge
nicht notwendigerweise Grenzwert einer Folge von Elementen aus
.
Um abgeschlossene Mengen durch Grenzwerte zu beschreiben, müssen in solchen
Räumen Moore-Smith-Folgen
(Netze) oder Filter
betrachtet werden.
Zweites Abzählbarkeitsaxiom
Das zweite Abzählbarkeitsaxiom besagt:
- Der Raum hat eine höchstens abzählbare Basis der Topologie.
Das bedeutet: Ist
ein topologischer Raum, der das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt, so gibt es
eine höchstens abzählbare Menge
von offenen Teilmengen, die zu jedem Punkt eine Umgebungsbasis enthält,
d.h., zu jedem Punkt
und jeder Umgebung
von
gibt es einen Index
,
so dass
gilt. Ein Raum, der das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt, wird zweitabzählbar
genannt.
Eigenschaften
- Das zweite Abzählbarkeitsaxiom impliziert das erste. In einem topologischen Raum, der das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt, kann jede offene Menge als (höchstens abzählbare) Vereinigung von Mengen aus der Basis dargestellt werden.
- Jeder zweitabzählbare topologische Raum ist automatisch separabel, d.h., er besitzt eine höchstens abzählbare dichte Teilmenge. Diese kann man konstruieren, indem man aus jeder (nichtleeren) Basismenge ein Element auswählt.
- Das zweite Abzählbarkeitsaxiom überträgt sich auf beliebige Teilmengen, d.h., jede Teilmenge eines zweitabzählbaren Raumes wird mit der induzierten Topologie wieder ein zweitabzählbarer topologischer Raum. Man beachte, dass Teilmengen separabler Räume im Allgemeinen nicht separabel sein müssen.
- Abzählbare Produkte zweitabzählbarer topologischer Räume sind bezüglich der Produkttopologie wieder zweitabzählbar.
- Jeder zweitabzählbare topologische Raum ist ein Lindelöf-Raum.
- Ein topologischer Raum ist genau dann zweitabzählbar, wenn er eine abzählbare Subbasis besitzt.
Beispiele
- Jeder (pseudo-)metrische Raum
erfüllt das erste Abzählbarkeitsaxiom, da zu jedem Punkt die
-Umgebungen mit
eine abzählbare Umgebungsbasis bilden.
- Ein (pseudo-)metrischer Raum erfüllt genau dann das zweite Abzählbarkeitsaxiom, wenn er separabel ist.
- Die Menge der reellen Zahlen und alle endlichdimensionalen reellen Vektorräume mit ihrer üblichen Topologie (als normierte Räume) erfüllen beide Abzählbarkeitsaxiome, eine abzählbare Basis der Topologie bilden zum Beispiel die Kugeln mit rationalen Mittelpunktskoordinaten und rationalem Durchmesser.
- Jeder diskrete Raum erfüllt das erste Abzählbarkeitsaxiom, da jeder Punkt eine Umgebungsbasis bestehend aus einer einzigen einelementigen Menge besitzt. Eine überabzählbare Menge versehen mit der diskreten Topologie erfüllt das zweite Abzählbarkeitsaxiom nicht.
- Ein topologischer Raum mit der indiskreten Topologie erfüllt beide Abzählbarkeitsaxiome.
- Die Sorgenfrey-Gerade erfüllt das erste Abzählbarkeitsaxiom und ist separabel, erfüllt aber nicht das zweite Abzählbarkeitsaxiom.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 02.10. 2022