Kegel (Lineare Algebra)
In der linearen Algebra ist ein (linearer) Kegel eine Teilmenge eines Vektorraums, die abgeschlossen bzgl. Multiplikation mit positiven Skalaren ist.
Definition
Sei
ein geordneter
Körper, beispielsweise die reellen oder auch die rationalen
Zahlen. Eine Teilmenge
eines
-Vektorraums
heiße (linearer) Kegel, wenn für jedes Element
und jeden nicht-negativen
Skalar
auch
ist.
Eine gleichwertige Charakterisierung lautet: Eine Teilmenge
eines Vektorraums
ist genau dann ein (linearer) Kegel, wenn für jeden nicht-negativen Skalar
gilt. Manchmal wird dies auch als
geschrieben.
Abweichende Definitionen
- Manchmal wird nur gefordert, dass für jedes
und echt positives
auch
ist. Dies führt dann zu dem unten besprochenen Begriff des punktierten Kegels.
- Gelegentlich wird auch gefordert, dass ein Kegel auch abgeschlossen gegenüber Addition sein soll. Dies führt zum stärkeren Begriff des konvexen Kegels.
Arten von Kegeln
Spitze und stumpfe Kegel
Ein Kegel
heißt spitz, wenn er keine Gerade enthält, das heißt
,
andernfalls stumpf.
Punktierter Kegel
Manche Autoren schränken obige Definition auf die Abgeschlossenheit unter der
Multiplikation mit echt positiven Skalaren ein. In diesem Fall lassen
sich punktierte Kegel (d.h. die
ist nicht enthalten) und Kegel mit 0 unterscheiden.
Konvexer Kegel
Ein konvexer Kegel ist ein Kegel, der konvex
ist. Das Konvexitätskriterium für Mengen reduziert sich für Kegel zur
Abgeschlossenheit bezüglich der Addition. Der Kegel
ist also genau dann ein konvexer Kegel, wenn für alle
gilt, dass
.
Konvexe Kegel spielen eine wichtige Rolle in der linearen
Optimierung.
Echter Kegel
Ein Kegel wird ein echter Kegel genannt, wenn er konvex, spitz und abgeschlossen ist
sowie ein nichtleeres
Inneres hat. Echte Kegel im
entsprechen dem intuitiven Kegelbegriff am ehesten.
Affiner Kegel
Wenn
für ein
und
ein Kegel ist, so nennt man
(affinen) Kegel mit Spitze
.
Anschaulich wird also ein (linearer) Kegel entlang des Ortsvektors
verschoben.
Beispiele
- Die Halbgerade
- ist ein Kegel im
. Allgemeiner ist jeder Strahl, der von Null ausgeht, ein Kegel.
-
- ist ein konvexer Kegel, da Summen von Vektoren mit positiven Einträgen
wieder positive Einträge haben und er daher abgeschlossen bezüglich Addition
ist. Außerdem ist er spitz (er enthält keine Gerade), hat ein nichtleeres
Inneres (zum Beispiel liegt der Punkt
in seinem Inneren) und ist abgeschlossen. Somit ist er ein echter Kegel. Er ist sogar ein polyedrischer Kegel, da ein Vektor
in
liegt, genau dann, wenn
ist.
- Die offene rechte Halbebene
- ist ein punktierter Kegel, da sie den Nullpunkt nicht enthält, aber abgeschlossen bezüglich der Multiplikation mit echt positiven Skalaren ist.
- Die abgeschlossene rechte Halbebene
- ist ein konvexer Kegel mit null, aber nicht spitz, da er als Gerade
enthält mit
.
Abgesehen von den hier aufgeführten „anschaulichen“ Kegeln gibt es Beispiele für Kegel auch in beliebigen Vektorräumen. Beispiele wären:
- Über dem Vektorraum der stetigen Funktionen bilden die konvexen Funktionen
einen konvexen Kegel. Er ist nicht spitz, da es Funktionen gibt, für die
sowohl
als auch
konvex sind, dies sind die linearen Funktionen. Auch die konkaven Funktionen bilden einen Kegel.
- Die Posynomialfunktionen
bilden einen konvexen Kegel im Vektorraum aller Funktionen
, die Monomialfunktionen immerhin noch einen (punktierten) Unterkegel, der aber nicht konvex ist.
Eigenschaften
- Der Schnitt einer Familie von Kegeln ist ein Kegel. Somit bilden die Kegel ein Hüllensystem, der zugehörige Hüllenoperator ist die Kegelhülle.
- Die Vereinigung einer Familie von Kegeln ist wieder ein Kegel.
- Das Komplement eines Kegels ist wieder ein Kegel.
- Für zwei Kegel
sind
und die Summe
jeweils Kegel.
- Für zwei Kegel
ist das direkte Produkt
wieder ein Kegel im jeweiligen Produktraum.
- Ist der Kegel konvex, abgeschlossen und hat ein nichtleeres Inneres, so definiert er eine Halbordnung. Diese führt dann zu verallgemeinerten Ungleichungen und zur Definition von K-konvexen Funktionen, die konvexe Funktionen verallgemeinern.
Operatoren
Kegelhülle
Die Kegelhülle
ordnet einer beliebigen Teilmenge
den kleinsten Kegel, der
ganz enthält, zu. Sie ist definiert als
.
Dualer Kegel und Polarer Kegel
Der duale Kegel und der mit ihm eng verwandte polare Kegel lassen sich für jeden Kegel definieren und bilden die Menge aller Vektoren, die mit dem Kegel einen Winkel von weniger als neunzig Grad (im Falle des polaren Kegels mit mehr als neunzig Grad) einschließen. Sie werden meist über das Skalarprodukt definiert, können aber auch allgemeiner über die duale Paarung definiert werden.
Konische Hülle
Jeder Teilmenge eines Vektorraumes lässt sich ein kleinster konvexer Kegel zuordnen, der diese Menge enthält. Dieser Kegel wird die konische Hülle der Menge genannt.
Wichtige Kegel
Positiver Orthant
Der positive Orthant ist die Menge aller
Vektoren im ,
die nur positive Einträge haben.
.
Er ist ein echter Kegel, der von den Einheitsvektoren endlich erzeugt wird, und ist selbstdual bezüglich des Standardskalarproduktes. Insbesondere ist die von ihm erzeugte verallgemeinerte Ungleichung das "komponentenweise Kleinergleich".
Norm-Kegel
Der Norm-Kegel im
ist definiert durch
.
Sein dualer Kegel ist wieder ein Norm-Kegel, aber bezüglich der dualen Norm.
Lorentz-Kegel
ist
die Euklidische
Norm, so heißt er der Norm-Kegel auch Lorentz-Kegel oder quadratischer
Kegel, manchmal auch wie im englischen second order cone bzw.
ice-cream cone:
.
Er ist ein echter, selbstdualer Kegel, der bei der Formulierung von SOCPs verwendet wird.
Euklidischer Kegel
Für einen Winkel
ist der euklidische Kegel die Menge aller Vektoren in
,
die mit einem vorgegebenen Vektor
einen Winkel kleiner als
einschließen:
.
Er entsteht durch (nichtsinguläre) lineare Transformation des Lorentz-Kegels.
Positiv Semidefiniter Kegel
Auf dem Vektorraum
der symmetrischen reellen -Matrizen
bilden die positiv semidefiniten Matrizen einen Kegel
,
den sogenannten positiv semidefiniten Kegel oder gelegentlich auch nur
semidefiniten Kegel. Er ist konvex und selbstdual bezüglich des Frobenius-Skalarproduktes.
Er spielt eine wichtige Rolle in der semidefiniten
Optimierung, da er als Ordnungskegel
eine Halbordnung auf dem
definiert, die Loewner-Halbordnung.
Sphärischer Schnitt
Ist der Vektorraum
durch
normiert,
so lässt sich die Zentralprojektion
eines Kegels
auf den Einheitskreis
betrachten. Diese ist durch
erklärt. Ihr Bild
ist offenbar gleich dem Schnitt
des Kegels mit dem Einheitskreis.
Ein Kegel wird durch seinen Kreisschnitt vollständig beschrieben, denn es gilt:
Siehe auch
- Kegel (Geometrie)
- Geordneter Vektorraum
- Tangentialkegel und Normalkegel
- Linearisierter Tangentialkegel
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 05.07. 2021