Geordneter Körper
In der Algebra, einer Teildisziplin
der Mathematik, ist ein
geordneter Körper (auch angeordneter Körper genannt) ein Körper zusammen
mit einer totalen
Ordnung „“,
die mit Addition und Multiplikation verträglich ist. Das bekannteste Beispiel
ist der Körper der reellen
Zahlen. Ein wichtiges Beispiel für einen Körper, der nicht
strukturverträglich angeordnet werden kann, ist der Körper der komplexen Zahlen.
Definition
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Ein Körper
,
auf dem eine totale
Ordnung
definiert ist, heißt geordneter Körper (oder auch angeordneter
Körper), wenn die Ordnung mit den Körperoperationen verträglich ist, d.h.
wenn für alle
aus
die folgenden Anordnungsaxiome gelten:
- Aus
folgt
.
- Aus
und
folgt
.
Statt der zweiten Bedingung kann äquivalent auch gefordert werden:
- Aus
und
folgt
.
Elemente, die größer oder gleich
sind, heißen positiv, Elemente kleiner oder gleich
heißen negativ.
Den Positivbereich
definiert man dann als Menge aller positiver Elemente, d.h.:
.
Man kann zeigen, dass für
äquivalent ist zu
,
die Anordnung ist also eineindeutig durch ihren Positivbereich bestimmt.
Ein Positivbereich erfüllt die Eigenschaften
,
(Abgeschlossenheit bzgl. Addition und Multiplikation)
Eine Präordnung
ist eine Teilmenge
,
welche
,
(Abgeschlossenheit bzgl. Addition und Multiplikation)
erfüllt.
Eine Präordnung ist also schwächer als eine Ordnung und legt nur eine partielle Relation auf dem Körper fest.
Eigenschaften
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Aus den Axiomen folgen unter anderem diese Eigenschaften (für alle ):
- Das Negative eines positiven Elements ist negativ und das Negative eines
negativen Elements ist positiv: Für jedes
mit
gilt entweder
oder
.
- Man darf Ungleichungen addieren: Aus
und
folgt
.
- Man darf Ungleichungen mit positiven Elementen multiplizieren: Aus
und
folgt
. (Alternativ kann dies auch, wie oben darstellt, als Axiom gefordert werden.)
- Quadratzahlen sind nichtnegativ:
. Ebenso ist jede endliche Summe von Quadraten positiv. Insbesondere ist
.
- Durch Induktion
kann man folgern, dass jede endliche Summe von Einsen positiv ist:
.
Strukturaussagen
Jeder geordnete Körper hat die Charakteristik
.
Dies folgt unmittelbar aus der letztgenannten Eigenschaft
.
Jeder Teilkörper eines geordneten Körpers ist geordnet. Wie für jeden Körper
der Charakteristik 0 ist der kleinste enthaltene Körper isomorph zu den rationalen Zahlen, und
die Ordnung auf diesem Teilkörper ist dieselbe wie die natürliche Anordnung auf
.
Wenn jedes Element eines angeordneten Körpers zwischen zwei rationalen Zahlen liegt, dann heißt der Körper archimedisch geordnet (wenn es also zu jedem Element eine größere und eine kleinere rationale Zahl gibt). Zum Beispiel sind die reellen Zahlen archimedisch, jedoch sind die hyperreellen Zahlen nicht-archimedisch. Die Eigenschaft eines geordneten Körpers, archimedisch geordnet zu sein, bezeichnet man auch als archimedisches Axiom.
Geordnete Körper und reelle Zahlen
Jeder archimedisch geordnete Körper ist (als geordneter Körper) zu einem
eindeutig bestimmten Teilkörper von
isomorph. In diesem Sinn bilden die reellen Zahlen
den „größten“ archimedisch geordneten Körper.
Die Ordnung auf einem geordneten Körper
induziert eine Topologie,
die Ordnungstopologie
auf
,
die durch die offenen Intervalle
und
als Subbasis erzeugt wird und
Addition und Multiplikation sind bezüglich dieser Topologie stetig.
Ein geordneter Körper heißt ordnungsvollständig, wenn jede beschränkte Teilmenge des Körpers ein Infimum und Supremum hat.
Der Körper der reellen Zahlen lässt sich (bis auf Isomorphie) durch folgende Eigenschaft charakterisieren:
ist ein ordnungsvollständiger geordneter Körper.
Da im Körper der reellen Zahlen genau die nichtnegativen Zahlen
Quadrate sind – es gilt also dort
genau dann, wenn eine reelle Zahl
existiert mit
– ist die Menge der positiven reellen Zahlen und damit die Anordnung aller
reellen Zahlen algebraisch festgelegt (durch die Multiplikation). Die rationalen
Zahlen, die einen dichten Teilkörper der reellen Zahlen bilden, lassen keinen
Automorphismus außer der Identität zu, daher gilt dies auch für die reellen
Zahlen. Zwischen zwei Modellen der reellen Zahlen gibt es also stets genau einen
Ringisomorphismus und dieser ist stets ein ordnungserhaltender
Körperautomorphismus. Der Artikel „Reelle
Zahl“ beschreibt unterschiedliche Möglichkeiten, solche Modelle zu
konstruieren.
→ Allgemeiner sind Körper, die aus dem hier genannten Grund nur eine Körperordnung zulassen, euklidische Körper.
Formal reelle Körper
Ein Körper heißt formal reell (oder nur reell ),
wenn
sich nicht als endliche Summe von Quadraten schreiben lässt. Man kann zeigen,
dass dies genau dann der Fall ist, wenn die 0 nur in trivialer Weise als
endliche Summe von Quadraten dargestellt werden kann.
Jeder angeordnete Körper ist also ein formal reeller Körper. Umgekehrt lässt sich auf jedem formal reellen Körper eine Ordnung einführen, die diesen zu einem angeordneten Körper macht. Formal reelle Körper lassen sich zu reell abgeschlossenen Körpern erweitern.
Beispiele und Gegenbeispiele
- Die ganzen Zahlen und die natürlichen Zahlen erfüllen zwar die Anordnungsaxiome, aber nicht die Körperaxiome. Die ganzen Zahlen bilden lediglich einen geordneten Integritätsring.
- Die rationalen
Zahlen
bilden in dem Sinne den kleinsten angeordneten Körper, dass sie Teilkörper jedes geordneten Körpers sind und selbst keine echten Teilkörper enthalten.
- Die reellen
Zahlen
und jeder Teilkörper von
sind angeordnete Körper.
- Jeder reell abgeschlossene Körper und allgemeiner jeder euklidische Körper lässt wie die reellen Zahlen nur eine durch seine algebraische Struktur eindeutig bestimmte Anordnung zu.
- Die hyperreellen Zahlen sind reell abgeschlossen und damit ein angeordneter Körper, der nur eine Anordnung zulässt.
- Die surrealen Zahlen bilden zwar eine echte Klasse und keine Menge, erfüllen aber ansonsten alle Axiome eines angeordneten Körpers. Jeder angeordnete Körper kann in die surrealen Zahlen eingebettet werden.
- Endliche Körper können nicht angeordnet werden.
- Die komplexen
Zahlen können nicht angeordnet werden, da die Eigenschaft
durch die imaginäre Einheit
wegen
verletzt wird.
-
- Allgemeiner und aus dem gleichen Grund kann ein algebraisch abgeschlossener Körper niemals angeordnet werden.
- Die
-adischen Zahlen können nicht angeordnet werden, da sie für
eine Quadratwurzel von
und für
eine Quadratwurzel von
enthalten.
Siehe auch
In der synthetischen Geometrie werden im Kontext der Bestimmung möglicher Seiteneinteilungen der affinen Ebene über einem formal reellen Körper auch alle denkbaren Anordnungen solcher Körper durch bestimmte nichttriviale quadratische Charaktere des Körpers klassifiziert.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 28.09. 2020