Adjungierte Matrix
Die adjungierte Matrix, hermitesch transponierte Matrix oder transponiert-konjugierte Matrix ist in der Mathematik diejenige Matrix, die durch Transponierung und Konjugation einer gegebenen komplexen Matrix entsteht. Anschaulich ergibt sich die adjungierte Matrix durch Spiegelung der Ausgangsmatrix an ihrer Hauptdiagonale und anschließende komplexe Konjugation aller Matrixeinträge. Die Umwandlung einer Matrix in ihre adjungierte Matrix wird Adjungierung der Matrix genannt.
Die Adjungierungsabbildung, die einer Matrix ihre Adjungierte zuordnet, ist stets bijektiv, linear und selbstinvers. Bezüglich der Matrizenaddition stellt sie einen Isomorphismus dar, bezüglich der Matrizenmultiplikation hingegen einen Antiisomorphismus, das heißt, die Reihenfolge bei der Multiplikation von Matrizen kehrt sich nach Adjungierung um. Viele Kenngrößen adjungierter Matrizen, wie Spur, Determinante und Eigenwerte, sind gerade die komplex Konjugierten der jeweiligen Kenngrößen der Ausgangsmatrizen.
In der linearen Algebra wird die adjungierte Matrix unter anderem zur Charakterisierung spezieller Klassen von Matrizen und bei Matrixzerlegungen eingesetzt. Die adjungierte Matrix ist auch die Abbildungsmatrix der adjungierten Abbildung zwischen zwei endlichdimensionalen komplexen Skalarprodukträumen bezüglich der jeweiligen Orthonormalbasen.
Definition
Ist
eine komplexe Matrix, dann ist
die zugehörige adjungierte Matrix
definiert als
,
wobei
die transponierte
Matrix und
die konjugierte
Matrix von
sind. Die adjungierte Matrix
ergibt sich also dadurch, dass die Rollen von Zeilen und
Spalten der Ausgangsmatrix
vertauscht werden und alle Einträge komplex konjugiert
werden. Die Reihenfolge, in der transponiert und konjugiert wird, ist dabei
unerheblich.
Notation
Das hochgestellte
in der Notation
steht für den Nachnamen des französischen Mathematikers Charles Hermite.
Hermite beschäftigte sich im Jahr 1855 mit Matrizen, die gleich ihrer
Adjungierten sind, sogenannten hermiteschen
Matrizen, und zeigte, dass solche Matrizen viele Eigenschaften mit reellen
symmetrischen
Matrizen gemeinsam haben.
Andere Schreibweisen für die adjungierte Matrix sind ,
,
und
.
Die Notation
ist jedoch nicht eindeutig, da sie auch für die Adjunkte
verwendet wird. Mit
wird gelegentlich auch die konjugierte
Matrix bezeichnet und
steht auch für die Pseudoinverse.
Die Notation
wird vor allem in der Physik, insbesondere in der Quantenmechanik,
verwendet.
Beispiele
Durch Adjungierung einer -Matrix
(eines Zeilenvektors)
entsteht eine
-Matrix
(ein Spaltenvektor)
und umgekehrt, jeweils mit komplex konjugierten Einträgen:
Durch Adjungierung einer -Matrix
entsteht eine
-Matrix,
bei der die erste Zeile der ersten Spalte der Ausgangsmatrix und die zweite
Zeile der zweiten Spalte der Ausgangsmatrix jeweils nach komplexer Konjugation
entspricht:
Für eine komplexe Matrix mit ausschließlich reellen Einträgen ist die Adjungierte gerade die Transponierte.
Eigenschaften
Die nachfolgenden Eigenschaften sind direkte Folgerungen aus den entsprechenden Eigenschaften transponierter und konjugierter Matrizen.
Summe
Für die Adjungierte der Summe
zweier Matrizen
gleicher Größe gilt
.
Allgemein ergibt sich die Summe von
Matrizen
gleicher Größe zu
.
Die Adjungierte einer Summe von Matrizen ist demnach gleich der Summe der Adjungierten.
Skalarmultiplikation
Für die Adjungierte des Produkts
einer Matrix
mit einem Skalar
gilt
.
Die Adjungierte des Produkts einer Matrix mit einem Skalar ist also gleich dem Produkt des konjugierten Skalars mit der adjungierten Matrix.
Zweifache Adjungierung
Für die Adjungierte der Adjungierten einer Matrix
gilt
.
Durch zweifache Adjungierung ergibt sich demnach stets wieder die Ausgangsmatrix.
Produkt
Für die Adjungierte des Produkts
einer Matrix
mit einer Matrix
gilt
.
Allgemein ergibt sich für das Produkt von
Matrizen
passender Größe
.
Die Adjungierte eines Produkts von Matrizen ist demnach gleich dem Produkt der Adjungierten, jedoch in umgekehrter Reihenfolge.
Inverse
Die Adjungierte einer regulären
Matrix
ist ebenfalls stets regulär. Für die Adjungierte der Inversen einer regulären
Matrix gilt dabei
.
Die Adjungierte der inversen Matrix ist demnach gleich der Inversen der
adjungierten Matrix. Diese Matrix wird gelegentlich auch mit
bezeichnet.
Exponential und Logarithmus
Für das Matrixexponential
der Adjungierten einer quadratischen Matrix
gilt
.
Entsprechend gilt für den Matrixlogarithmus der Adjungierten einer regulären komplexen Matrix
.
Adjungierungsabbildung
Die Abbildung
,
die einer Matrix ihre Adjungierte zuordnet, besitzt aufgrund der vorstehenden Gesetzmäßigkeiten die folgenden Eigenschaften:
- Die Adjungierungsabbildung ist stets bijektiv, konjugiert linear und selbstinvers.
- Zwischen den Matrizenräumen
und
stellt die Adjungierungsabbildung einen Isomorphismus dar.
- In der allgemeinen
linearen Gruppe
und im Matrizenring
stellt die Adjungierungsabbildung (für
) einen Antiautomorphismus dar.
Blockmatrizen
Die Adjungierte einer Blockmatrix
mit
Zeilen- und
Spaltenpartitionen ist durch
gegeben. Sie entsteht durch Spiegelung aller Blöcke an der Hauptdiagonale und nachfolgende Adjungierung jedes Blocks.
Kenngrößen
Rang
Für eine Matrix
ist der Rang
der adjungierten Matrix gleich dem der Ausgangsmatrix, das heißt
.
Das Bild
der Abbildung
wird dabei von den Spaltenvektoren von
aufgespannt, während
das Bild der Abbildung
von den Zeilenvektoren von
aufgespannt wird. Die Dimensionen
dieser beiden Bilder stimmen stets überein.
Spur
Für eine quadratische Matrix
ist die Spur
(die Summe der Hauptdiagonalelemente)
der adjungierten Matrix gleich der konjugierten Spur der Ausgangsmatrix, das
heißt
,
denn die Diagonalelemente der adjungierten Matrix stimmen mit denen der Ausgangsmatrix bis auf komplexe Konjugation überein.
Determinante
Für eine quadratische Matrix
ist die Determinante
der adjungierten Matrix gleich der konjugierten Determinante der Ausgangsmatrix,
das heißt
.
Dies folgt aus der Leibniz-Formel für Determinanten über
,
wobei die Summe über alle Permutationen
der symmetrischen
Gruppe
läuft und
das Vorzeichen
der Permutation
bezeichnet.
Spektrum
Für eine quadratische Matrix
stimmt aufgrund der vorstehenden Determinantenformel auch das charakteristische
Polynom der adjungierten Matrix mit dem der Ausgangsmatrix bis auf komplexe
Konjugation überein, denn
.
Die Eigenwerte
von
sind demnach gerade die komplex Konjugierten der Eigenwerte von
.
Auch die zugehörigen Eigenvektoren
können komplex konjugiert gewählt werden.
Normen
Die euklidische
Norm eines komplexen Vektors
ist durch
gegeben. Für die Frobeniusnorm
und die Spektralnorm
der Adjungierten einer Matrix
gilt
und
.
Die Zeilensummen- und die Spaltensummennorm der Adjungierten und der Ausgangsmatrix stehen folgendermaßen in Beziehung:
und
.
Skalarprodukte
Das Standardskalarprodukt
zweier komplexer Vektoren
ist durch
gegeben. Bezüglich des Standardskalarprodukts weisen eine Matrix
und ihre Adjungierte die Verschiebungseigenschaft
für alle Vektoren
und
auf. Hierbei steht auf der linken Seite das Standardskalarprodukt im
und auf der rechten Seite das Standardskalarprodukt im
.
Für das Frobenius-Skalarprodukt
zweier Matrizen
gilt
,
da Matrizen unter der Spur zyklisch vertauschbar sind.
Verwendung
Spezielle Matrizen
Die adjungierte Matrix wird in der linearen Algebra unter anderem bei folgenden Definitionen verwendet:
- Eine hermitesche
Matrix ist eine komplexe quadratische Matrix, die gleich ihrer
Adjungierten ist, das heißt
. Solche Matrizen werden auch als selbstadjungiert bezeichnet.
- Eine schiefhermitesche
Matrix ist eine komplexe quadratische Matrix, die gleich ihrer negativen
Adjungierten ist, das heißt
.
- Eine unitäre
Matrix ist eine komplexe quadratische Matrix, deren Adjungierte gleich
ihrer Inversen ist, das heißt
.
- Eine (komplexe) normale
Matrix ist eine komplexe quadratische Matrix, die mit ihrer Adjungierten
kommutiert,
das heißt
.
- Für eine beliebige komplexe Matrix sind die beiden Gram-Matrizen
und
stets hermitesch und positiv semidefinit.
- Eine komplexe Matrix besitzt genau dann ausschließlich reelle Einträge, wenn
ihre Adjungierte gleich ihrer Transponierten ist, das heißt wenn
gilt.
Matrixzerlegungen
Die adjungierte Matrix wird auch bei der Schur-Zerlegung
einer quadratischen Matrix
in eine unitäre Matrix ,
eine obere Dreiecksmatrix
und die Adjungierte von
sowie bei der Singulärwertzerlegung
einer Matrix
in eine unitäre Matrix ,
eine reelle Diagonalmatrix
und die Adjungierte einer unitären Matrix
verwendet.
Adjungierte Abbildungen
Sind
und
endlichdimensionale komplexe Skalarprodukträume,
dann wird die zu einer gegebenen linearen Abbildung
zugehörige adjungierte
Abbildung
durch die Beziehung
für alle
und
charakterisiert. Ist weiter
eine Orthonormalbasis
von
,
eine Orthonormalbasis von
und
die Abbildungsmatrix von
bezüglich dieser Basen, dann ist die Abbildungsmatrix
von
bezüglich dieser Basen durch
gegeben. Die Abbildungsmatrix der adjungierten Abbildung ist also gerade die Adjungierte der Abbildungsmatrix der Ausgangsabbildung. In der Funktionalanalysis wird dieses Konzept auf adjungierte Operatoren zwischen unendlichdimensionalen Hilberträumen verallgemeinert.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 27.12. 2020