Frobeniusnorm
Die Frobeniusnorm oder Schurnorm (benannt nach Ferdinand Georg Frobenius bzw. Issai Schur) ist in der Mathematik eine auf der euklidischen Norm basierende Matrixnorm. Sie ist definiert als die Wurzel aus der Summe der Betragsquadrate aller Matrixelemente. Für die Frobeniusnorm gibt es noch eine Reihe weiterer Darstellungen, beispielsweise über eine Spur, über ein Skalarprodukt, über eine Singulärwertzerlegung oder über eine Schur-Zerlegung. Die Frobeniusnorm ist submultiplikativ, mit der euklidischen Vektornorm verträglich und invariant unter unitären Transformationen, sie ist aber keine Operatornorm. Sie wird beispielsweise in der numerischen linearen Algebra aufgrund ihrer einfacheren Berechenbarkeit zur Abschätzung der Spektralnorm verwendet und bei der Lösung linearer Ausgleichsprobleme mittels der Moore-Penrose-Inverse eingesetzt.
Definition
Die Frobeniusnorm
einer reellen oder komplexen (m ×
n)-Matrix
mit
als dem Körper
der reellen oder komplexen Zahlen ist definiert als
,
also die Wurzel
aus der Summe
der Betragsquadrate
aller Matrixelemente .
Die Frobeniusnorm entspricht damit der euklidischen
Norm eines Vektors der Länge
,
in dem alle Einträge der Matrix untereinander notiert sind. Im reellen Fall
können die Betragsstriche in der Definition auch weggelassen werden, im
komplexen Fall jedoch nicht.
Die Frobeniusnorm ist nach dem deutschen Mathematiker Ferdinand Georg Frobenius benannt. Sie heißt nach seinem Schüler Issai Schur auch Schurnorm und wird manchmal auch Hilbert-Schmidt-Norm genannt (nach David Hilbert und Erhard Schmidt), wobei letzterer Name meist bei der Untersuchung bestimmter linearer Abbildungen auf (möglicherweise unendlichdimensionalen) Hilberträumen verwendet wird, siehe Hilbert-Schmidt-Operator.
Beispiele
Reelle Matrix
Die Frobeniusnorm der reellen (3 × 3)-Matrix
ist gegeben als
.
Komplexe Matrix
Die Frobeniusnorm der komplexen (2 × 2)-Matrix
ist gegeben als
.
Weitere Darstellungen
Darstellung über eine Spur
Ist
die adjungierte
Matrix (im reellen Fall transponierte
Matrix) von
,
dann gilt für die Spur
(die Summe der Diagonaleinträge) des Matrizenprodukts
.
Somit besitzt die Frobeniusnorm die Darstellung
wobei die mittlere Gleichung daraus folgt, dass unter der Spur Matrizen zyklisch vertauscht werden dürfen. Die Frobeniusnorm ist damit selbstadjungiert.
Darstellung über ein Skalarprodukt
Auf dem Matrizenraum
der reellen oder komplexen (m × n)-Matrizen definiert für
ein Skalarprodukt, das auch Frobenius-Skalarprodukt genannt wird. Somit ist die Frobeniusnorm die von dem Frobenius-Skalarprodukt induzierte Norm
.
Der Raum der reellen oder komplexen Matrizen ist mit diesem Skalarprodukt ein Hilbertraum und mit der Frobeniusnorm ein Banachraum.
Darstellung über eine Singulärwertzerlegung
Betrachtet man eine Singulärwertzerlegung
der Matrix
in eine unitäre
Matrix ,
eine reelle Diagonalmatrix
und eine adjungierte unitäre Matrix
,
dann gilt
,
wobei
mit
die positiven Einträge der Diagonalmatrix
sind. Diese Einträge sind die Singulärwerte von
und gleich den Quadratwurzeln der Eigenwerte
von
.
Somit hat die Frobeniusnorm die Darstellung
,
womit sie der euklidischen Norm des Vektors der Singulärwerte und damit der Schatten-2-Norm entspricht.
Darstellung über eine Schur-Zerlegung
Betrachtet man weiterhin eine Schur-Zerlegung
einer quadratischen Matrix
in eine unitäre Matrix ,
eine obere
Dreiecksmatrix
und die zu
adjungierte Matrix
,
dann gilt
.
Zerlegt man nun die Matrix
in ihre Hauptdiagonale
bestehend aus den Eigenwerten
von
und eine strikt
obere Dreiecksmatrix
,
dann gilt für die Frobeniusnorm von
,
wobei die Frobeniusnorm von
genau dann Null
ist, wenn
eine normale
Matrix ist. Ist
nicht normal, dann stellt
ein Maß für die Abweichung von der Normalität dar.
Eigenschaften
Normeigenschaften
Da die Summe
zweier Matrizen
und die Multiplikation
einer Matrix mit einem Skalar
komponentenweise definiert sind, folgen die Normeigenschaften Definitheit, absolute Homogenität
und Subadditivität
direkt aus den entsprechenden Eigenschaften der euklidischen Norm. Insbesondere
folgt die Gültigkeit der Dreiecksungleichung
aus der Cauchy-Schwarz-Ungleichung über
,
wobei
obiges Skalarprodukt auf Matrizen ist und
den Realteil der komplexen Zahl angibt.
Submultiplikativität
Die Frobeniusnorm ist submultiplikativ,
das heißt für Matrizen
und
gilt
,
wie ebenfalls mit Hilfe der Cauchy-Schwarz-Ungleichung durch
gezeigt werden kann. Hierbei ist
die i-te Zeile von
,
die k-te Spalte von
,
das Standardskalarprodukt
auf Vektoren und
die euklidische Vektornorm.
Verträglichkeit mit der euklidischen Norm
Die Frobeniusnorm ist mit der euklidischen Norm verträglich,
das heißt für eine Matrix
und einen Vektor
gilt die Ungleichung
,
was wiederum über die Cauchy-Schwarz-Ungleichung aus
folgt und was lediglich den Spezialfall der Submultiplikativität für
darstellt.
Unitäre Invarianz
Die Frobeniusnorm ist invariant unterunitären Transformationen (im reellen Fall orthogonalen Transformationen), das heißt
für alle unitären
Matrizen
und
.
Dies folgt direkt über die Spurdarstellung aus
.
Durch diese Invarianz ändert sich auch die Kondition einer Matrix bezüglich der Frobeniusnorm nach einer Multiplikation mit einer unitären Matrix von links oder rechts nicht.
Nichtdarstellbarkeit als Operatornorm
Die Frobeniusnorm ist keine Operatornorm
und damit keine natürliche
Matrixnorm, das heißt, es gibt keine Vektornorm ,
sodass
gilt, da jede Operatornorm für die Einheitsmatrix
den Wert Eins
besitzen muss, jedoch
für
einen Wert größer als Eins ergibt. Selbst eine entsprechend skalierte Version
der Frobeniusnorm ist keine Operatornorm, da diese Norm dann nicht
submultiplikativ ist, was eine weitere Eigenschaft jeder Operatornorm ist.
Spezialfälle
Normale Matrizen
Ist die Matrix
normal mit Eigenwerten
,
dann gilt
.
Die Frobeniusnorm entspricht damit der euklidischen Norm des Vektors der Eigenwerte der Matrix.
Unitäre Matrizen
Ist die Matrix
unitär (im reellen Fall orthogonal), dann gilt
.
Die Frobeniusnorm hängt in diesem Fall also nur von der Größe der Matrix ab.
Rang-Eins-Matrizen
Besitzt die Matrix
den Rang
null oder eins, das heißt
mit
und
,
dann gilt
,
wobei
wieder die euklidische Vektornorm ist.
Anwendungen
Abschätzung der Spektralnorm
Die Frobeniusnorm wird in der numerischen linearen Algebra aufgrund ihrer einfacheren Berechenbarkeit häufig zur Abschätzung der Spektralnorm eingesetzt, denn es gilt
.
Gleichheit gilt dabei genau dann, wenn der Rang der Matrix null oder eins ist. Diese beiden Abschätzungen folgen aus der Darstellung der Frobeniusnorm über die Singulärwertzerlegung aus
,
wobei
mit
die Singulärwerte von
sind und
der maximale Singulärwert von
ist, der gerade der Spektralnorm entspricht. Die Summe der Quadrate der
Singulärwerte wird dabei durch das Quadrat des größten Singulärwerts nach unten
und durch das r-fache des Quadrats des größten Singulärwerts nach oben
abgeschätzt.
Lineare Ausgleichsprobleme
Ist
eine singuläre
oder nichtquadratische Matrix, so stellt sich oft die Frage nach ihrer
näherungsweisen Inversen,
also einer Matrix
,
sodass
.
mit
als der Einheitsmatrix gilt. Die Moore-Penrose-Inverse
ist eine wichtige solche Pseudoinverse und definiert als diejenige Matrix, für
die die Abweichung in der Frobeniusnorm
minimal wird. Sie hat mittels einer Singulärwertzerlegung von
die Darstellung
,
wobei
aus der Diagonalmatrix
dadurch entsteht, dass die von Null verschiedenen Elemente invertiert werden.
Über eine Pseudoinverse lassen sich beispielsweise Matrixgleichungen
durch
näherungsweise lösen, wobei die Näherungslösung über die Moore-Penrose-Inverse dann den Fehler
in der Frobeniusnorm im Sinne der Methode der kleinsten Quadrate minimiert.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 11.02. 2023