Spur (Mathematik)
Die Spur (Spurfunktion, Spurabbildung) ist ein Konzept in den mathematischen Teilgebieten der Linearen Algebra sowie der Funktionalanalysis und wird auch in der Theorie der Körper und Körpererweiterungen verwendet.
Die Spur in der linearen Algebra
Definition
In der linearen Algebra bezeichnet man als die Spur einer quadratischen
-Matrix
über einem Körper
die Summe der Hauptdiagonalelemente
dieser Matrix. Für die Matrix
ist also
Gilt ,
so bezeichnet man die Matrix
als spurfrei.
Statt
sind auch die Schreibweisen
,
,
oder
oder vom englischen Begriff trace abgeleitet auch
,
,
oder
gebräuchlich.
Eigenschaften
- Die Spur einer diagonalisierbaren Matrix ist die Summe ihrer Eigenwerte (mit Vielfachheit). Im charakteristischen Polynom tritt sie als zweithöchster Koeffizient auf.
- Für eine
-Matrix
ist ihre Spur gleich der ihrer transponierten Matrix, das heißt es gilt
- Die Spur ist eine lineare
Abbildung, das heißt, für
-Matrizen
und
sowie
gilt
- Unter der Spur dürfen Matrizen
und
vertauscht werden, das heißt
- Aus der letzten Eigenschaft folgt die Invarianz der Spur unter zyklischen
Vertauschungen, also für
-Matrizen
,
und
- Weiter folgt hieraus, dass die Spur invariant unter Basistransformationen
ist. Für eine
-Matrix
und eine invertierbare
-Matrix
gilt
- Sind
und
-Matrizen, wobei
positiv definit und
nicht negativ ist, so gilt
- Ist
symmetrisch und
anti-symmetrisch, so gilt
- Die Spur einer reellen oder komplexen idempotenten
Matrix
ist gleich ihrem Rang, das heißt, es gilt
(Für Matrizen mit Einträgen aus einem anderen Körper gilt diese Identität nur modulo der Charakteristik des Körpers.)
- Für alle reellen oder komplexen
-Matrizen
gilt
wobeidas Matrixexponential von
bezeichnet.
- Umgekehrt gilt für jede diagonalisierbare reelle Matrix
(Die Identität beruht darauf, dass man Funktionen diagonalisierbarer Matrizen – hier den natürlichen Logarithmus – über die Eigenwerte definieren kann.)
- Mittels
lässt sich das Frobenius-Skalarprodukt auf den (reellen oder komplexen)
-Matrizen definieren, so dass wegen der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung gilt
Spur eines Endomorphismus
Ist
ein endlichdimensionaler Vektorraum
und
eine lineare
Abbildung, also ein Endomorphismus
von
,
so definiert man die Spur von
als die Spur einer Darstellungsmatrix von
bezüglich einer beliebigen Basis von
.
Nach den obengenannten Eigenschaften ist die Spur unabhängig von der Wahl dieser
Basis.
Koordinatenfreie Definition der Spur
Ist
ein endlichdimensionaler
-Vektorraum, so kann man den
Raum der Endomorphismen
auf
mit
identifizieren via
.
Weiter ist die natürliche Paarung eine kanonische bilineare Abbildung
,
die aufgrund der universellen
Eigenschaft des Tensorprodukts
eine lineare Abbildung
induziert. Man sieht leicht ein, dass diese unter der obigen Identifikation
gerade die Spur eines Endomorphismus ist.
Die Spur in der Funktionalanalysis
Spurklasseoperator
Das Konzept der Spur in der linearen Algebra kann auch auf
unendlichdimensionale Räume ausgedehnt werden. Ist
ein Hilbertraum mit einer Orthonormalbasis
,
dann definiert man für einen Operator
die Spur mittels
falls die Summe existiert. Die Endlichkeit der Summe ist abhängig von der Wahl der Orthonormalbasis. Operatoren, für die dies immer der Fall ist (diese sind immer kompakt), also deren Spur über alle Orthonormalbasen endlich ist, werden Spurklasseoperatoren genannt. Bei Spurklassenoperatoren ist die Summe unabhängig von der Wahl der Orthonormalbasis, und somit ist die Spur für diese wohldefiniert. Viele Eigenschaften der Spur aus der linearen Algebra übertragen sich unmittelbar auf Spurklasseoperatoren.
Anwendung in der Quantenmechanik
In der Quantenmechanik beziehungsweise der Quantenstatistik
verallgemeinert man den Begriff der Spur so, dass auch Operatoren erfasst
werden, die keine Spurklasseoperatoren sind. Und zwar brauchen diese Operatoren,
wie zum Beispiel der grundlegende Hamiltonoperator
(Energie-Operator)
des Systems, nur selbstadjungiert
zu sein. Sie besitzen dann eine Spektraldarstellung
,
wobei
das Spektrum von
ist, während λ eine Zahl der reellen Achse ist und die Integrale
Projektionsoperatoren auf die zu λ gehörigen Eigenfunktionen (Punktspektrum!)
bzw. Eigenpakete (kontinuierliches Spektrum) sind. Es gilt dann, wenn man es zum
Beispiel mit einer Abbildung von Operatoren zu tun hat, etwa mit der
Exponentiation eines Operators,
Dabei ist
ein zu den oben definierten Projektionsoperatoren passendes Maß, z.B. im
Falle des Punktspektrums das Diracmaß,
wobei
der betrachtete Eigenwert ist, und
die bei
zentrierte Delta-Distribution.
Der Parameter T hat in konkreten Fällen die Bedeutung der
Kelvin-Temperatur des Systems, und es wurde die Regel benutzt, dass alle
Funktionen eines Operators,
,
dieselben Eigenvektoren besitzen wie schon der Operator A selbst, während
die Eigenwerte sich ändern,
.
Auch wenn das Integral für
divergieren würde, ist die Anwendung der Formel u.U. sinnvoll, weil die
Spurbildung in der Quantenstatistik fast immer in der Kombination
auftritt. Diese Kombination ist der sogenannte Thermische Erwartungswert
der Messgröße, bei dem sich eventuelle Divergenzen im Zähler und im Nenner
gegenseitig kompensieren würden.
Verwandte Integrale können also auch dann konvergieren, wenn der Operator A nicht der Spurklasse angehört. In diesem Fall ist der Ausdruck beliebig genau durch Summen von Spurklasse-Operatoren (sogar durch endliche Summen) approximierbar, ähnlich wie Integrale so angenähert werden können.
Jedenfalls empfiehlt es sich, bei der Frage der Konvergenz der betrachteten Ausdrücke pragmatisch vorzugehen und z.B. im vorliegenden Fall zu beachten, dass eventuelle Spektralanteile, die betragsmäßig sehr viel größer sind als der Temperaturfaktor T, exponentiell klein werden.
In der Quantenstatistik
tritt die Partialspur
auf, welche als Verallgemeinerung der Spur aufgefasst werden kann. Für einen
Operator ,
der auf dem Produktraum
lebt, ist die Spur gleich der Hintereinanderausführung der Partialspuren über
und
:
.
Die Spur in Körpererweiterungen
Ist
eine endliche Körpererweiterung,
dann ist die Spur eine
-lineare
Abbildung von
nach
.
Fasst man
als
-Vektorraum
auf, dann definiert man die Spur eines Elementes
als die Spur der Darstellungsmatrix der Abbildung
.
Siehe auch
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 28.08. 2020