Adjungierter Operator

In der Funktionalanalysis kann zu jedem dicht definierten linearen Operator T ein adjungierter Operator (manchmal auch dualer Operator) T^{{*}} definiert werden.

Lineare Operatoren können zwischen zwei Vektorräumen mit gemeinsamem Grundkörper K (K=\mathbb C oder K=\mathbb {R} ) definiert werden, adjungierte Operatoren werden allerdings häufig nur auf Hilberträumen betrachtet, also beispielsweise (endlichdimensionalen) euklidischen Räumen. Auf endlichdimensionalen Räumen entspricht der adjungierte Operator der adjungierten Matrix. In der Matrizenrechnung mit reellen Einträgen entspricht die Bildung des adjungierten Operators dem Transponieren, bei komplexen Einträgen dem (komplex) Konjugieren und Transponieren der Ausgangsmatrix. In der Physik und den Ingenieurwissenschaften wird daher, in Analogie zur Matrixtheorie, der adjungierte Operator in der Regel nicht mit T^{\ast }\,, sondern mit T^{\dagger } bezeichnet.

Definition

In diesem Abschnitt wird der adjungierte eines Operators zwischen Hilberträumen definiert. Der erste Unterabschnitt beschränkt sich auf beschränkte also stetige Operatoren. Im zweiten Abschnitt wird das Konzept auf unbeschränkte Operatoren erweitert.

Beschränkte Operatoren

Seien H_{1} und H_{2} Hilberträume und T\colon H_{1}\to H_{2} ein linearer beschränkter Operator. Der adjungierte Operator T^{*}\colon H_{2}\to H_{1} ist durch die Gleichung

\langle Tx,y\rangle _{{H_{2}}}=\langle x,T^{*}y\rangle _{{H_{1}}}

definiert.

Alternativ kann für jedes y\in H_{2} die Abbildung x\mapsto \langle Tx,y\rangle _{{H_{2}}} betrachtet werden. Dies ist ein auf dem ganzen Hilbertraum definiertes, lineares stetiges Funktional. Der Darstellungssatz von Fréchet-Riesz besagt, dass für jedes stetige lineare Funktional ein eindeutig bestimmtes Element z\in H_{1} existiert, sodass \langle Tx,y\rangle _{{H_{2}}}=\langle x,z\rangle _{{H_{1}}} für alle x\in H_{1} gilt. Also insgesamt existiert für jedes y\in H_{2} genau ein Element z\in H_{1} mit \langle Tx,y\rangle _{{H_{2}}}=\langle x,z\rangle _{{H_{1}}}. Nun wird T^{*}y:=z gesetzt. Diese Konstruktion ist äquivalent zu obiger Definition.

Unbeschränkte Operatoren

Seien X und Y Hilberträume. Mit D(T) wird der Definitionsbereich des linearen Operators T bezeichnet. Die Operatoren T\colon D(T)\subset X\rightarrow Y und S\colon D(S)\subset Y\rightarrow X heißen zueinander formal adjungiert, falls

\langle y,Tx\rangle _{Y}=\langle Sy,x\rangle _{X}

für alle x\in D(T) und y\in D(S) gilt. Unter diesen Voraussetzungen ist S im Allgemeinen nicht eindeutig durch T gegeben. Ist T dicht definiert so existiert ein zu T maximaler, formal adjungierter Operator T^{*}. Diesen nennt man den adjungierten Operator von T.

Beispiele

Tx(s):=\int _{0}^{1}k(s,t)x(t){\mathrm  {d}}t
stetig auf L^{2}([0,1]). Sein adjungierter Operator T^{*} lautet
T^{*}y(t):=\int _{0}^{1}\overline {k(s,t)}y(s){\mathrm  {d}}s\,.

Eigenschaften

Sei T\colon X\supset D(T)\rightarrow Y dicht definiert. Dann gilt:

Sei S\colon X\supset D(S)\rightarrow Y dicht definiert. Der Operator T+S ist definiert durch (T+S)x:=Tx+Sx für x\in D(T+S):=D(T)\cap D(S). Ist T+S dicht definiert, so ist (T+S)^{*}\supset T^{*}+S^{*}. Ist T beschränkt, so gilt sogar die Gleichheit.

Seien Z ein Hilbertraum und S:Y\supset D(S)\rightarrow Z. Dann wird die Hintereinanderausführung beziehungsweise Komposition TS von T und S definiert durch TSx:=T(Sx) für x\in D(TS):=\{x\in D(S):Sx\in D(T)\}. Ist TS dicht definiert, so gilt (TS)^{*}\supset S^{*}T^{*}. Ist T beschränkt, erhält man (TS)^{*}=S^{*}T^{*}.

Symmetrische und selbstadjungierte Operatoren

Ein linearer Operator T:X\supset D(T)\rightarrow X heißt

Außerdem gibt es noch den Begriff des hermiteschen Operators. Dieser wird vor allem in der Physik verwendet, jedoch nicht einheitlich definiert.

Verallgemeinerung auf Banachräume

Adjungierte Operatoren können auch allgemeiner auf Banachräumen definiert werden. Für einen Banachraum X bezeichnet X' den topologischen Dualraum. Im Folgenden wird die Schreibweise \langle x,x'\rangle :=x'(x) für x\in X und x'\in X' benutzt. Seien X und Y Banachräume und sei T:X\rightarrow Y ein stetiger, linearer Operator. Der adjungierte Operator

T':Y'\to X'

wird definiert durch

y' \mapsto (x \mapsto y'(Tx)).

Um diesen adjungierten Operator von den adjungierten Operatoren auf Hilberträumen zu unterscheiden, werden diese oft mit einem ' statt mit einem * notiert.

Ist der Operator T:D(T)\subset X\to Y jedoch nicht stetig aber dicht definiert, so definiert man den adjungierten Operator

T':D(T')\subset Y'\to X'

durch

\begin{align}
D(T'):=& \{y'\in Y': \exists\,x'\in X': \langle Tx,y'\rangle = \langle x,x'\rangle\ \forall\,x\in D(T)\},\\
T'y':=& x'\ \text{für}\ x \in D(T).
\end{align}

Der Operator T' ist stets abgeschlossen, wobei D(T')=\{0\} möglich ist. Ist X ein reflexiver Banachraum und Y=X, dann ist T' genau dann dicht definiert, wenn T abschließbar ist. Insbesondere gilt dann (T')'=\overline T.

Abweichende Konventionen

Insbesondere im linearen komplexen Fall wird für den dualen Operator statt T^{*} auch T^{\dagger } (Transposition und Übergang zum Konjugiert-Komplexen) genutzt, um eine Verwechslung mit T^{*} für die komplex konjugierte Matrix zu vermeiden. Letztere wird auch mit {\overline {T}} beschrieben, was aber von Physikern eher für die Mittelwertbildung reserviert ist.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
 
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 28.10. 2019