p-Norm

Die p-Normen sind in der Mathematik
eine Klasse von Vektornormen,
die für reelle Zahlen
definiert sind. Wichtige Spezialfälle sind dabei die Summennorm
,
die euklidische
Norm
und als Grenzwert für
die Maximumsnorm. Alle
-Normen
sind zueinander äquivalent,
für wachsendes
monoton
fallend und erfüllen die Minkowski-Ungleichung
sowie die Hölder-Ungleichung.
Die Mengen konstanter
-Norm
(Einheitssphären)
besitzen allgemein die Form von Superellipsoiden
oder Subellipsoiden. Die
-Normen
bilden den Grundbaustein für Normen weiterer mathematischer
Objekte, wie Folgen,
Funktionen,
Matrizen
und Operatoren.
Definition
Die -Norm
eines reellen oder komplexen Vektors
mit
oder
ist für reelles
durch
definiert, wobei
der Betrag
der Komponente
ist. Für die Definition ist es dabei unerheblich, ob es sich bei
um einen Zeilen-
oder einen Spaltenvektor handelt. Im Fall
entsprechen alle
-Normen
der Betragsnorm
einer reellen oder komplexen Zahl.
Die Menge der Vektoren mit -Norm
eins wird Einheitssphäre
der Norm genannt, wobei nur im Fall
die Einheitssphäre tatsächlich der aus der Geometrie
bekannten Sphäre
entspricht. Die Einheitssphären der
-Normen
haben allgemein in zwei Dimensionen
die Form von Superellipsen
oder Subellipsen
und in drei und höheren Dimensionen die Form von Superellipsoiden
beziehungsweise Subellipsoiden.
Wichtige Spezialfälle

Summennorm
Die 1-Norm wird auch Betragssummennorm oder kurz Summennorm genannt und ist durch
definiert. Sie entspricht der Summe der Beträge der Komponenten des Vektors. Die Einheitssphäre der reellen Summennorm hat in zwei Dimensionen die Form eines Quadrats, in drei Dimensionen die Form eines Oktaeders und in allgemeinen Dimensionen die Form eines Kreuzpolytops.
Euklidische Norm
Die 2-Norm ist die euklidische Norm und durch
definiert. Sie entspricht der Wurzel aus der Summe der Betragsquadrate der Komponenten des Vektors. Die Einheitssphäre der reellen euklidischen Norm hat in zwei Dimensionen die Form eines Kreises, in drei Dimensionen die Form einer Kugeloberfläche und in allgemeinen Dimensionen die Form einer Sphäre. In zwei und drei Dimensionen beschreibt die euklidische Norm die anschauliche Länge eines Vektors in der Ebene oder im Raum.
Maximumsnorm
Für den Grenzwert
erhält man die ∞-Norm (Unendlich-Norm), die oft auch zu den
-Normen
gezählt wird. Sie wird auch Maximumsnorm oder Tschebyschow-Norm genannt und ist
durch
definiert. Sie entspricht damit dem Betrag der betragsgrößten Komponente des Vektors. Die Einheitssphäre der reellen Maximumsnorm hat in zwei Dimensionen die Form eines Quadrats, in drei Dimensionen die Form eines Würfels und in allgemeinen Dimensionen die Form eines Hyperwürfels.
Dass die Maximumsnorm tatsächlich als Grenzwert der -Normen
für
entsteht, folgt für
aus
,
da für die Summe
gilt und somit der Grenzwert von
für
gleich Eins ist. Die untere Schranke von
wird dabei für einen Vektor angenommen, dessen Komponenten bis auf eine alle
gleich Null sind, und die obere Schranke
für einen Vektor, dessen Komponenten alle den gleichen Betrag besitzen. Durch
Weglassen des Limes ist so auch ersichtlich, dass die Maximumsnorm niemals
größer als die übrigen
-Normen
ist.
Beispiele
Reeller Vektor
Die 1-, 2-, 3- und ∞-Normen des reellen Vektors
sind jeweils gegeben als
Komplexer Vektor
Die 1-, 2-, 3- und ∞-Normen des komplexen Vektors
sind jeweils gegeben als
Eigenschaften
Normaxiome
Alle -Normen
inklusive der Maximumsnorm erfüllen die drei Normaxiome
Definitheit, absolute Homogenität
und Subadditivität.
Die Definitheit folgt aus der Positivität der Potenzfunktionen
für positive Argumente und der Eindeutigkeit der Nullstelle an der Stelle
,
womit
gilt. Die Homogenität folgt aus der Homogenität der Betragsnorm über
.
Die Dreiecksungleichung für -Normen
ist gerade die Minkowski-Ungleichung
,
die wiederum auf der folgenden Hölder-Ungleichung basiert.
Hölder-Ungleichung
Sind
zueinander konjugierte Exponenten, das heißt
mit der Konvention
,
dann gilt für die entsprechenden
-Normen
,
was wiederum aus der Youngschen
Ungleichung folgt. Für den Fall
entspricht die Hölder-Ungleichung der Cauchy-Schwarz-Ungleichung.
Monotonie
Die -Normen
sind für einen festen Vektor
und für wachsendes
monoton
fallend, das heißt für
gilt
.
Diese Eigenschaft folgt für
und
aus der Monotonie der Potenzfunktionen
für
durch
,
da der Bruch jeweils nur einen Wert zwischen Null und Eins annehmen kann. Für
einen gegebenen Vektor
ist damit die Summennorm die größte und die Maximumsnorm die kleinste
-Norm
(siehe auch die obigen Beispiele). Gleichheit über alle
-Normen
gilt genau dann, wenn der Vektor höchstens eine Komponente ungleich Null
besitzt, also beispielsweise der Nullvektor
oder der
-te
Einheitsvektor ist.
Gleichbedeutend mit der Monotonie ist, dass sich die Einheitskugeln der
-Normen
für wachsendes
gegenseitig enthalten, das heißt für
gilt
.
Äquivalenz
Alle -Normen
sind zueinander äquivalent,
das heißt zu einem beliebigen Paar von
-Normen
mit
gibt es zwei positive Konstanten
und
,
sodass für alle
gilt. Die untere Konstante
ist aufgrund der Monotonie immer gleich Eins. Die obere Konstante
hängt von den gewählten Normen ab und wird für einen Vektor mit betragsmäßig
gleichen Komponenten (etwa den Einsvektor)
angenommen. Die Hölder-Ungleichung ergibt nämlich bei Wahl der Hölder-Exponenten
und
für
.
Mit der Konvention
im Exponenten bleibt diese Abschätzung auch für
oder
gültig. Die Äquivalenzkonstante
der
-Normen
ist für
in der folgenden Tabelle noch einmal zusammengefasst dargestellt:
Hierbei ist beispielsweise der Eintrag in der ersten Zeile und zweiten Spalte
für
als
zu lesen. Die -Normen
unterscheiden sich für einen festen Vektor
somit maximal um den Faktor
.
Die optimalen Konstanten in solchen Normabschätzungen führen zur Berechnung von
Abständen im Minkowski-Kompaktum.
Absolutheit
Alle -Normen
inklusive der Maximumsnorm sind absolut, das heißt, für alle Vektoren
gilt
,
wobei
den komponentenweisen Betrag eines Vektors darstellt.
Komponentenweise Monotonie
Aufgrund der Absolutheit sind die -Normen
für festes
mit
im Betrag jeder Komponente eines Vektors
monoton
wachsend, das heißt, es gilt
für alle
mit
für
.
Für
gilt sogar strenge Monotonie
für alle
mit
für
und
für mindestens ein
.
Verallgemeinerungen
Fall p < 1

Die für
definierte Abbildung
ist keine Norm, da die resultierende Einheitskugel nicht mehr konvex ist und somit die
Dreiecksungleichung verletzt wird. Diese Abbildungen sind lediglich Quasinormen,
wobei die Dreiecksungleichung durch die schwächere Ungleichung
für eine reelle Konstante
ersetzt wird.
ℓp-Normen
Die -Normen
sind die Verallgemeinerung der
-Normen
auf Folgenräume, wobei lediglich
die endliche Summe durch eine unendliche ersetzt wird. Die
-Norm
einer in
-ter
Potenz betragsweise summierbaren Folge
ist dann für
gegeben als
.
Für den Grenzwert
ergibt sich der Raum der beschränkten Folgen mit der Supremumsnorm.
Lp-Normen
Weiter können die -Normen
auf Funktionenräume
verallgemeinert werden, was in zwei Schritten geschieht. Zunächst werden die
-Normen
einer in
-ter
Potenz auf einer Menge
Lebesgue-integrierbaren
Funktion
sind für
als
,
definiert, wobei im Vergleich zu den -Normen
lediglich die Summe durch ein Integral ersetzt wurde. Diese Normen sind zunächst
nur Halbnormen, da nicht nur die
Nullfunktion, sondern auch
alle Funktionen, die sich nur an einer Menge mit Lebesgue-Maß Null von der
Nullfunktion unterscheiden, zu Null integriert werden. Daher betrachtet man hier
die Menge der Äquivalenzklassen
von Funktionen
,
die fast überall gleich sind, und erhält auf diesen
-Räumen
die
-Normen
durch
.
Für den Grenzwert
ergibt sich so der Raum der wesentlich
beschränkten Funktionen mit der wesentlichen
Supremumsnorm. Die
-Normen
und -Räume lassen sich von dem Lebesgue-Maß
auch auf allgemeine Maße
verallgemeinern und von reell- oder komplexwertigen Funktionen auf
Banachraum-wertige Funktionen, indem der Betrag durch die entsprechende Norm
ersetzt wird.
Matrixnormen
Indem eine Matrix
einfach als entsprechend langer Vektor aus
angesehen wird, können Matrixnormen
direkt über die
-Normen
definiert werden. Beispiele für solche Matrixnormen sind die auf der 2-Norm
basierende Frobeniusnorm
und die auf der ∞-Norm basierende Gesamtnorm.
Matrixnormen werden jedoch meist von einer
-Norm
als induzierte
Matrixnorm
.
abgeleitet. Beispiele für so definierte Matrixnormen sind die auf der 1-Norm
basierende Spaltensummennorm,
die auf der 2-Norm basierende Spektralnorm
und die auf der ∞-Norm basierende Zeilensummennorm.
Eine weitere Möglichkeit Matrixnormen zu definieren besteht darin, die -Norm
des Vektors der Singulärwerte
der Matrix zu betrachten, wie dies bei den Schatten-
-Normen
der Fall ist. Auf analoge Art und Weise können auch Normen für allgemeinere lineare Operatoren
definiert werden.
Literatur
- Hans Wilhelm Alt: Lineare Funktionalanalysis: Eine anwendungsorientierte Einführung. 5. Auflage. Springer-Verlag, 2008, ISBN 3-540-34186-2.
- Hans Rudolf Schwarz, Norbert Köckler: Numerische Mathematik. 8. Auflage. Vieweg & Teubner, 2011, ISBN 978-3-8348-1551-4.



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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 16.08. 2022