Maß (Mathematik)
 
 
Ein Maß ist in der Mathematik eine Funktion, die geeigneten Teilmengen einer Grundmenge Zahlen zuordnet, die als „Maß“ für die Größe dieser Mengen interpretiert werden können. Dabei müssen sowohl der Definitionsbereich eines Maßes, also die messbaren Mengen, als auch die Zuordnung selbst gewisse Voraussetzungen erfüllen, wie sie beispielsweise durch elementargeometrische Begriffe der Länge einer Strecke, dem Flächeninhalt einer geometrischen Figur oder dem Volumen eines Körpers nahegelegt werden.
Das Teilgebiet der Mathematik, das sich mit der Konstruktion und der Untersuchung von Maßen beschäftigt, ist die Maßtheorie. Der allgemeine Maßbegriff geht zurück auf Arbeiten von Émile Borel, Henri Léon Lebesgue, Johann Radon und Maurice René Fréchet. Dabei stehen Maße stets in engem Zusammenhang mit der Integration von Funktionen und bilden die Grundlage moderner Integralbegriffe (siehe Lebesgue-Integral). Seit der Axiomatisierung der Wahrscheinlichkeitsrechnung durch Andrei Kolmogorow ist die Stochastik ein weiteres großes Anwendungsgebiet für Maße. Dort werden Wahrscheinlichkeitsmaße verwendet, um zufälligen Ereignissen, die als Teilmengen eines Ergebnisraums aufgefasst werden, Wahrscheinlichkeiten zuzuordnen.
Einführung und Geschichte
Der elementargeometrische Flächeninhalt ordnet ebenen geometrischen 
Figuren wie Rechtecken, Dreiecken oder Kreisen, also gewissen Teilmengen der 
euklidischen 
Ebene, Zahlenwerte zu. Flächeninhalte können gleich null sein, 
beispielsweise bei der leeren 
Menge, aber auch bei einzelnen Punkten oder bei Strecken. Auch der „Wert“ 
 
(unendlich) kommt 
z.B. bei Halbebenen 
oder dem Äußeren von Kreisen als Flächeninhalt vor. Allerdings dürfen keine 
negativen Zahlen als Flächeninhalte auftreten.
 
 
Weiterhin besitzt der Flächeninhalt ebener geometrischer Figuren eine Eigenschaft, die Additivität genannt wird: Zerlegt man eine Figur in zwei oder mehr Teile, beispielsweise ein Rechteck mittels einer Diagonale in zwei Dreiecke, dann ist der Flächeninhalt der Ausgangsfigur die Summe der Flächeninhalte der Teile. „Zerlegen“ bedeutet hier, dass die Teile paarweise disjunkt sein müssen (je zwei Teile haben also keine gemeinsamen Punkte) und dass die Vereinigung aller Teile die Ausgangsfigur ergibt. Für die Messung von Flächeninhalten komplizierterer Figuren, wie Kreisflächen oder Flächen, die zwischen Funktionsgraphen eingeschlossen sind (also für die Berechnung von Integralen), müssen Grenzwerte von Flächeninhalten betrachtet werden. Dazu ist es wichtig, dass die Additivität auch dann noch gilt, wenn Flächen in eine Folge von paarweise disjunkten Teilflächen zerlegt werden. Diese Eigenschaft wird abzählbare Additivität oder σ-Additivität genannt.
 
 
Die Bedeutung der σ-Additivität für den Maßbegriff wurde erstmals von Émile Borel erkannt, der 1894 bewies, dass die elementargeometrische Länge diese Eigenschaft besitzt. Das eigentliche Maßproblem formulierte und untersuchte Henri Lebesgue im Jahre 1902 in seiner Doktorarbeit: Er konstruierte ein σ-additives Maß für Teilmengen der reellen Zahlen (das Lebesgue-Maß), das die Länge von Intervallen fortsetzt, allerdings nicht für alle Teilmengen, sondern für ein System von Teilmengen, die er messbare Mengen nannte. Im Jahre 1905 zeigte Giuseppe Vitali, dass eine konsistente Erweiterung des Längenbegriffs auf alle Teilmengen der reellen Zahlen unmöglich ist, also dass das Maßproblem nicht lösbar ist.
Da wichtige Maße, wie eben das Lebesgue-Maß, nicht für alle Teilmengen (also auf der Potenzmenge) der Grundmenge definiert werden können, müssen geeignete Definitionsbereiche für Maße betrachtet werden. Die σ-Additivität legt es nahe, dass Systeme messbarer Mengen abgeschlossen gegenüber abzählbaren Mengenoperationen sein sollten. Das führt auf die Forderung, dass die messbaren Mengen eine σ-Algebra bilden müssen. Das heißt: Die Grundmenge selbst ist messbar und Komplemente sowie abzählbare Vereinigungen messbarer Mengen sind wiederum messbar.
In der Folgezeit erweiterten Thomas Jean Stieltjes und Johann Radon die Konstruktion des Lebesgue-Maßes auf 
allgemeinere Maße im -dimensionalen 
Raum, die Lebesgue-Stieltjes-Maße. 
Maurice René Fréchet betrachtete ab 1915 auch Maße und Integrale auf beliebigen 
abstrakten Mengen. Im Jahre 1933 veröffentlichte 
Andrei Kolmogorow sein Lehrbuch 
Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitsrechnung, in dem er Maßtheorie 
verwendet, um eine strenge axiomatische Begründung der 
Wahrscheinlichkeitstheorie 
zu geben.
Definition
Es sei  
eine σ-Algebra über einer 
nicht-leeren Grundmenge 
. 
Eine Funktion 
 
heißt Maß auf 
, 
wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- σ-Additivität: Für jede Folge paarweise disjunkter Mengen aus gilt . 
Ist die σ-Algebra aus dem Zusammenhang klar, so spricht man auch von einem 
Maß auf .
Eine Teilmenge von , 
die in 
 
liegt, wird messbar genannt. Für solch ein 
 
heißt 
 
das Maß der Menge 
. 
Das Tripel 
 
wird Maßraum genannt. Das 
Paar 
 
bestehend aus der Grundmenge und der darauf definierten σ-Algebra heißt Messraum 
oder auch messbarer Raum. Ein Maß 
 
ist also eine auf einem Messraum definierte nicht-negative σ-additive 
Mengenfunktion mit 
.
Das Maß  
heißt Wahrscheinlichkeitsmaß (oder normiertes Maß), wenn zusätzlich 
 
gilt. Ein Maßraum 
 
mit einem Wahrscheinlichkeitsmaß 
 
ist ein Wahrscheinlichkeitsraum. Ist allgemeiner 
, 
so nennt man 
 
ein endliches 
Maß. Existieren abzählbar viele Mengen, deren Maß endlich ist und deren 
Vereinigung ganz 
 
ergibt, dann wird 
 
ein σ-endliches 
(oder σ-finites) Maß genannt.
Anmerkungen und erste Beispiele
- Ein Maß nimmt also nicht-negative Werte aus den erweiterten 
  reellen Zahlen an. Für das Rechnen mit gelten die üblichen Konventionen, zusätzlich ist es nützlich zu setzen. 
- Da alle Summanden der Reihe 
  nicht-negativ sind, ist diese entweder konvergent oder divergiert gegen . 
- Die Forderung, dass die leere Menge das Maß null besitzt, schließt den 
  uninteressanten Fall für alle aus. In der Tat lässt sich die Forderung äquivalent ersetzen durch die Bedingung, dass ein existiert mit . Dagegen sind die trivialen Fälle für alle (das sogenannte Nullmaß) sowie für alle (und ) Maße im Sinne der Definition. 
- Für ein Element wird durch 
- 
  
- für ein Maß definiert. Es wird Diracmaß an der Stelle genannt und ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß. 
- Die Abbildung , die jeder endlichen Menge die Anzahl ihrer Elemente, also ihre Mächtigkeit , sowie den unendlichen Mengen in den Wert zuweist, heißt Zählmaß. Das Zählmaß ist ein endliches Maß, wenn eine endliche Menge ist, und ein σ-endliches Maß, wenn höchstens abzählbar ist. 
- Das -dimensionale Lebesgue-Maß ist ein Maß auf der σ-Algebra der Lebesgue-messbaren Teilmengen von . Es ist eindeutig bestimmt durch die Forderung, dass es den -dimensionalen Hyperrechtecken ihr Volumen zuordnet: 
- 
  - . 
 
- Das Lebesgue-Maß ist nicht endlich, aber σ-endlich.
- Das Hausdorff-Maß ist eine Verallgemeinerung des Lebesgue-Maßes auf nicht notwendig ganzzahlige Dimensionen. Mit seiner Hilfe lässt sich die Hausdorff-Dimension definieren, ein Dimensionsbegriff, mit dem beispielsweise fraktale Mengen untersucht werden können.
Eigenschaften
Rechenregeln
Direkt aus der Definition ergeben sich die folgenden elementaren Rechenregeln 
für ein Maß :
- endliche Additivität: Für paarweise disjunkte Mengen gilt . 
- Subtraktivität: Für mit und gilt . 
- Monotonie: Für mit gilt . 
- Für gilt stets . Mit dem Prinzip von Inklusion und Exklusion lässt sich diese Formel im Falle endlicher Maße auf Vereinigungen und Schnitte endlich vieler Mengen verallgemeinern. 
- σ-Subadditivität: 
  Für eine beliebige Folge von Mengen aus gilt . 
Stetigkeitseigenschaften
Die folgenden Stetigkeitseigenschaften sind grundlegend für die Approximation messbarer Mengen. Sie folgen direkt aus der σ-Additivität.
- σ-Stetigkeit 
  von unten: Ist eine aufsteigende Folge von Mengen aus und , dann gilt . 
- σ-Stetigkeit 
  von oben: Ist eine absteigende Folge von Mengen aus mit und , dann gilt . 
Eindeutigkeitssatz
Für zwei Maße  
auf einem gemeinsamen Messraum 
 
gilt der folgende Eindeutigkeitssatz:
Es gebe einen durchschnittsstabilen 
Erzeuger 
 
von 
, 
d.h. es gilt 
 
und für alle 
 
ist 
, 
mit folgenden Eigenschaften:
- Für alle gilt , also , und 
- Es gibt eine Folge von Mengen in mit und für alle . 
Dann gilt .
Für endliche Maße mit  
ist die Bedingung 2 automatisch erfüllt. Insbesondere sind zwei 
Wahrscheinlichkeitsmaße gleich, wenn sie auf einem durchschnittsstabilen 
Erzeuger der Ereignisalgebra übereinstimmen.
Der Eindeutigkeitssatz liefert zum Beispiel die Eindeutigkeit der Fortsetzung eines Prämaßes zu einem Maß mittels eines äußeren Maßes und dem Maßerweiterungssatz von Carathéodory.
Linearkombinationen von Maßen
 
 
Für eine Familie  
von Maßen auf dem gleichen Messraum und für nicht-negative reelle Konstanten 
 
wird durch 
 
wieder ein Maß definiert. Insbesondere sind Summen und nicht-negative Vielfache 
von Maßen ebenfalls Maße.
Ist beispielsweise  
eine abzählbare Grundmenge und 
, 
dann ist 
 
mit den Diracmaßen 
 
ein Maß auf der Potenzmenge von 
. 
Umgekehrt kann man zeigen, dass man auf diese Weise bei abzählbarer Grundmenge 
alle Maße auf der Potenzmenge erhält.
Sind  
Wahrscheinlichkeitsmaße auf 
 
und 
 
nicht-negative reelle Zahlen mit 
, 
dann ist die Konvexkombination 
 
wieder ein Wahrscheinlichkeitsmaß. Durch Konvexkombination von Diracmaßen erhält 
man diskrete 
Wahrscheinlichkeitsverteilungen, allgemein ergeben sich Mischverteilungen.
Konstruktion von Maßen
Maßerweiterungssatz
 
 
Da die Elemente von σ-Algebren, wie beispielsweise bei der borelschen 
σ-Algebra auf , 
oft nicht explizit angegeben werden können, werden Maße häufig durch Fortsetzung von 
Mengenfunktionen konstruiert. Das wichtigste Hilfsmittel hierzu ist der 
Maßerweiterungssatz 
von Carathéodory. Er besagt, dass sich jede nicht-negative σ-additive 
Mengenfunktion auf einem Mengenring 
 
(ein sog. Prämaß) 
zu einem Maß auf der von 
 
erzeugten σ-Algebra fortsetzen lässt. 
Die Fortsetzung ist eindeutig, wenn das Prämaß σ-endlich ist.
Beispielsweise bilden alle Teilmengen von , 
die sich als endliche Vereinigung von achsenparallelen 
-dimensionalen 
Intervallen darstellen lassen, einen Mengenring. Der elementare Volumeninhalt 
dieser sogenannten Figuren, der Jordan-Inhalt, ist ein 
Prämaß auf diesem Mengenring. Die von den Figuren erzeugte σ-Algebra ist die 
borelsche σ-Algebra und die Fortsetzung des Jordan-Inhalts nach Carathéodory 
ergibt das Lebesgue-Borel-Maß.
Nullmengen, Vervollständigung von Maßen
Ist  
ein Maß und 
 
eine Menge mit 
, 
dann heißt 
 
Nullmenge. Es ist naheliegend, Teilmengen einer Nullmenge ebenfalls das Maß null 
zuzuordnen. Allerdings müssen solche Mengen nicht unbedingt messbar sein, also 
wieder in 
 
liegen. Ein Maßraum, in dem Teilmengen von Nullmengen stets messbar sind, wird 
vollständig genannt. Zu einem Maßraum, der nicht vollständig ist, lässt sich ein 
vollständiger Maßraum – genannt die Vervollständigung – konstruieren. Zum 
Beispiel ist die Vervollständigung des Lebesgue-Borel-Maßes das Lebesgue-Maß auf 
den Lebesgue-messbaren Teilmengen des 
.
Maße auf den reellen Zahlen
Das Lebesgue-Maß  
auf 
 
ist dadurch charakterisiert, dass es Intervallen 
 
ihre Länge 
 
zuweist. Dessen Konstruktion kann mit Hilfe einer monoton 
wachsenden Funktion 
 
verallgemeinert werden zu den Lebesgue-Stieltjes-Maßen 
, 
die den Intervallen 
 
die „gewichtete Länge“ 
 
zuordnen. Wenn die Funktion 
 
zusätzlich rechtsseitig 
stetig ist, dann wird hierdurch ein Prämaß auf dem Mengenring der endlichen 
Vereinigungen solcher Intervalle definiert. Dieses kann nach Carathéodory zu 
einem Maß auf den Borelmengen von 
 
bzw. zu dessen Vervollständigung erweitert werden. Beispielsweise ergibt sich 
für die identische Abbildung 
 
wieder das Lebesgue-Maß; ist dagegen 
 
eine stückweise konstante Treppenfunktion, so erhält man Linearkombinationen von 
Diracmaßen.
 
 
Falls eine rechtsseitig stetige und monoton wachsende Funktion  
zusätzlich noch die Bedingungen
- und 
erfüllt, ist das auf diese Weise konstruierte Lebesgue-Stieltjes-Maß 
 
ein Wahrscheinlichkeitsmaß. Dessen Verteilungsfunktion 
ist gleich 
, 
das bedeutet 
. 
Umgekehrt besitzt jede Verteilungsfunktion 
 
eines Wahrscheinlichkeitsmaßes auf 
 
die obigen Eigenschaften. Mit Hilfe von Verteilungsfunktionen lassen sich daher 
auch solche Wahrscheinlichkeitsmaße auf 
 
einfach darstellen, die weder diskret sind noch eine Lebesgue-Dichte besitzen, 
wie zum Beispiel die Cantor-Verteilung.
Einschränkung von Maßen
Wie jede Funktion lässt sich ein Maß  
natürlich auf einen kleineren Definitionsbereich, also auf eine σ-Algebra 
 
einschränken. 
Beispielsweise erhält man durch Einschränkung des Lebesgue-Maßes auf die 
borelsche σ-Algebra wieder das Lebesgue-Borel-Maß zurück.
Interessanter ist eine Einschränkung auf eine kleinere Grundmenge : 
Ist 
 
ein Maßraum und 
, 
dann wird durch
eine σ-Algebra auf  
definiert, die sogenannte Spur-σ-Algebra. 
Es gilt 
 
genau dann, wenn 
 
und 
 
ist. Für diese 
 
wird durch
ein Maß auf  
definiert, das Einschränkung (oder Spur) von 
 
auf 
 
genannt wird. Zum Beispiel erhält man durch Einschränkung des Lebesgue-Maßes 
 
von 
 
auf das Intervall 
 
wegen 
 
ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf 
, 
die stetige 
Gleichverteilung.
Bildmaß
Maße lassen sich mit Hilfe von messbaren 
Funktionen von einem Maßraum auf einen weiteren Messraum transformieren. 
Sind  
und 
 
Messräume, dann heißt eine Funktion 
 
messbar, wenn für alle 
 
das Urbild 
 
in 
 
liegt. Ist nun 
 
ein Maß auf 
, 
dann ist die Funktion 
 
mit 
 
für 
 
ein Maß auf 
. 
Es heißt Bildmaß von 
 
unter 
 
und wird häufig mit 
 
oder 
 
bezeichnet.
Das Verhalten von Integralen bei der Transformation von Maßen wird durch den Transformationssatz beschrieben. Durch Bildmaße ist es in der Analysis möglich, Maße auf Mannigfaltigkeiten zu konstruieren.
Bildmaße von Wahrscheinlichkeitsmaßen sind wieder Wahrscheinlichkeitsmaße. Diese Tatsache spielt bei der Betrachtung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Zufallsvariablen in der Stochastik eine wichtige Rolle.
Maße mit Dichten
 
 
Maße werden oft als „unbestimmte Integrale“ von Funktionen bezüglich anderer 
Maße konstruiert. Ist  
ein Maßraum und 
 
eine nicht-negative messbare Funktion, dann wird durch
für  
ein weiteres Maß auf 
 
definiert. Die Funktion 
 
wird Dichtefunktion 
von 
 
bezüglich 
 
(kurz eine 
-Dichte) 
genannt. Eine übliche Schreibweise ist 
.
Der Satz 
von Radon-Nikodým gibt Auskunft darüber, welche Maße mit Hilfe von Dichten 
dargestellt werden können: Ist  
σ-endlich, so ist dies genau dann möglich, wenn alle Nullmengen von 
 
auch Nullmengen von 
 
sind.
In der Stochastik werden die Verteilungen stetiger Zufallsvariabler, wie beispielsweise die Normalverteilung, häufig durch Dichten bezüglich des Lebesgue-Maßes angegeben.
Produktmaße
Lässt sich eine Grundmenge als kartesisches 
Produkt schreiben und sind auf den einzelnen Faktoren Maße gegeben, so kann 
auf ihr ein sogenanntes Produktmaß konstruiert werden. Für zwei Maßräume 
 
und 
 
bezeichne 
 
die Produkt-σ-Algebra. 
Das ist die kleinste σ-Algebra auf 
, 
die alle Mengenprodukte 
 
mit 
 
und 
 
enthält. Falls 
 
und 
 
σ-endlich sind, dann existiert genau ein Maß 
 
auf 
 
mit
- , 
das Produktmaß genannt und mit  
bezeichnet wird. Völlig analog lassen sich auch Produkte endlich vieler Maße 
bilden. Beispielsweise erhält man so das Lebesgue-Borel-Maß auf dem 
-dimensionalen 
euklidischen Raum 
 
als 
-faches 
Produkt aus dem Lebesgue-Borel-Maß auf den reellen Zahlen.
Mit Hilfe des Satzes 
von Fubini lassen sich Integrale bezüglich eines Produktmaßes  
meist berechnen, indem man schrittweise Integrationen bezüglich der einzelnen 
Maße 
 
ausführt. Auf diese Weise können beispielsweise Flächen- und Volumenberechnungen 
auf die Bestimmung eindimensionaler Integrale zurückgeführt werden.
Im Gegensatz zu allgemeinen Maßen können unter bestimmten Voraussetzungen bei Wahrscheinlichkeitsmaßen beliebige (sogar überabzählbare) Produkte gebildet werden. Produkte von Wahrscheinlichkeitsräumen modellieren beispielsweise die unabhängige Wiederholung von Zufallsexperimenten.
Maße auf topologischen Räumen
Falls die Grundmenge  
zusätzlich ein topologischer 
Raum ist, interessiert man sich vor allem für Maße, die ähnliche 
Eigenschaften wie das Lebesgue-Maß oder die Lebesgue-Stieltjes-Maße auf dem 
topologischen Raum 
 
mit der Standardtopologie besitzen. Eine einfache Überlegung zeigt, dass die 
borelsche σ-Algebra auf 
 
nicht nur von der Menge der 
-dimensionalen 
Intervalle, sondern auch von den offenen 
Teilmengen erzeugt wird. Ist daher 
 
ein Hausdorff-Raum 
mit Topologie 
 
(also der Menge der offenen Mengen), so definiert man die borelsche σ-Algebra 
auf 
 
als
- , 
also als kleinste σ-Algebra, die alle offenen Mengen enthält. Natürlich 
enthält dann  
insbesondere auch alle abgeschlossenen Mengen sowie alle Mengen, die sich als 
abzählbare Vereinigungen oder Durchschnitte abgeschlossener bzw. offener Mengen 
schreiben lassen.
Borelmaße und Regularität
Ein Maß  
auf einem Messraum 
, 
 
Hausdorff-Raum und 
 
die borelsche σ-Algebra, heißt Borelmaß, wenn es lokal endlich ist. Das heißt, 
jedes 
 
besitzt eine offene 
Umgebung, deren Maß endlich ist. Ist 
 
zusätzlich lokalkompakt, 
so ist das damit äquivalent, dass alle kompakten 
Mengen endliches Maß besitzen.
Ein Radonmaß ist ein 
Borelmaß, das von innen regulär ist, das bedeutet, dass für jedes  
gilt
- . 
Ist ein Radonmaß zusätzlich von außen regulär, das heißt, für jedes 
 
gilt
- , 
so wird es reguläres Borelmaß genannt.
Zahlreiche wichtige Borelmaße sind regulär, es gelten nämlich unter anderem die folgenden Regularitätsaussagen:
- Ist ein lokalkompakter Hausdorff-Raum mit abzählbarer Basis (zweites Abzählbarkeitsaxiom), dann ist jedes Borelmaß auf regulär. 
- Jedes Borelmaß auf einem polnischen Raum ist regulär.
Wahrscheinlichkeitsmaße auf polnischen Räumen spielen in zahlreichen Existenzfragen der Wahrscheinlichkeitstheorie eine wichtige Rolle.
Haarsches Maß
Der -dimensionale 
euklidische Raum ist nicht nur ein lokalkompakter topologischer Raum, sondern 
sogar eine topologische 
Gruppe bezüglich der üblichen Vektoraddition als Verknüpfung. Das 
Lebesgue-Maß 
 
respektiert auch diese Struktur in dem Sinne, dass es invariant gegenüber 
Translationen ist: Für alle Borelmengen 
 
und alle 
 
gilt
- . 
Der Begriff des Haarschen Maßes verallgemeinert diese Translationsinvarianz auf linksinvariante Radonmaße auf hausdorffschen lokalkompakten topologischen Gruppen. Ein solches Maß existiert stets und ist bis auf einen konstanten Faktor eindeutig bestimmt. Das Haarsche Maß ist genau dann endlich, wenn die Gruppe kompakt ist; in diesem Fall kann es also zu einem Wahrscheinlichkeitsmaß normiert werden.>
Haarsche Maße spielen eine zentrale Rolle bei der harmonischen Analyse, in der Methoden der Fourier-Analysis auf allgemeine Gruppen übertragen werden.
Konvergenz von Maßen
Der wichtigste Konvergenzbegriff für Folgen von endlichen Maßen ist die schwache 
Konvergenz, die mit Hilfe von Integralen folgendermaßen definiert werden 
kann:
Es sei  
ein metrischer 
Raum. Eine Folge 
 
endlicher Maße auf 
 
heißt schwach konvergent gegen ein endliches Maß 
, 
in Zeichen 
, 
wenn für alle beschränkten stetigen 
Funktionen 
 
gilt
- . 
Das Portmanteau-Theorem 
gibt einige andere Bedingungen an, die zur schwachen Konvergenz von Maßen 
äquivalent sind. Beispielsweise gilt  
genau dann, wenn
für alle Borelmengen  
mit 
 
gilt, wobei 
 
den topologischen 
Rand von 
 
bezeichnet.
Die schwache Konvergenz von Wahrscheinlichkeitsmaßen hat eine wichtige Anwendung bei der Verteilungskonvergenz von Zufallsvariablen, wie sie beim zentralen Grenzwertsatz auftritt. Schwache Konvergenz von Wahrscheinlichkeitsmaßen kann mit Hilfe von charakteristischen Funktionen untersucht werden.
Eine weitere für Anwendungen bedeutende Frage ist, wann man aus Folgen von 
Maßen schwach konvergente Teilfolgen auswählen kann, also wie die 
relativ 
folgenkompakten Mengen von Maßen charakterisiert werden können. Nach dem 
Satz 
von Prochorow ist eine Menge  
endlicher Maße auf einem polnischen Raum 
 
genau dann relativ folgenkompakt, wenn sie beschränkt und straff ist. 
Beschränktheit bedeutet hier, dass 
 
ist und Straffheit, dass es zu jedem 
 
ein Kompaktum 
 
gibt mit 
 
für alle 
.
Eine Variation der schwachen Konvergenz für Radon-Maße ist die vage Konvergenz, bei der
für alle stetigen Funktionen mit kompaktem Träger gefordert wird.
Anwendungen
Integration
 
 
Der Begriff des Maßes ist eng mit der Integration von Funktionen verknüpft. Moderne Integralbegriffe, wie das Lebesgue-Integral und seine Verallgemeinerungen, werden meist aus einer maßtheoretischen Grundlage heraus entwickelt. Der fundamentale Zusammenhang ist dabei die Gleichung
- , 
für alle , 
wobei ein Maßraum 
 
vorgegeben ist und 
 
die Indikatorfunktion 
der messbaren Menge 
 
bezeichnet, also die Funktion 
 
mit 
 
für 
 
und 
 
sonst. Mit Hilfe der gewünschten Linearitäts- und Monotonieeigenschaften lässt 
sich die Integration schrittweise zunächst auf einfache Funktionen, 
dann auf nicht-negative messbare Funktionen und schließlich auf alle reell- bzw. 
komplexwertigen messbaren Funktionen 
 
mit 
 
ausdehnen. Letztere werden 
-integrierbar 
genannt und ihr Integral 
 
heißt (verallgemeinertes) Lebesgue-Integral bezüglich des Maßes 
 
oder kurz 
-Integral.
Dieser Integralbegriff stellt eine starke Verallgemeinerung klassischer Integralbegriffe wie dem Riemann-Integral dar, denn er ermöglicht die Integration von Funktionen auf beliebigen Maßräumen. Das ist wiederum in der Stochastik von großer Bedeutung: Dort entspricht das Integral einer Zufallsvariable bezüglich eines gegebenen Wahrscheinlichkeitsmaßes ihrem Erwartungswert.
Allerdings ergeben sich auch für reelle Funktionen einer reellen Variablen Vorteile gegenüber dem Riemann-Integral. Hier sind vor allem die Konvergenzeigenschaften bei Vertauschung von Grenzwertbildung und Integration zu nennen, die beispielsweise durch den Satz von der monotonen Konvergenz und denSatz von der majorisierten Konvergenz beschrieben werden.
Räume integrierbarer Funktionen
Räume integrierbarer Funktionen spielen als Standardräume der Funktionalanalysis 
eine wichtige Rolle. Die Menge aller messbaren Funktionen  
auf einem Maßraum 
, 
die 
 
erfüllen, also 
-integrierbar 
sind, bildet einen Vektorraum 
. 
Durch
wird eine Halbnorm auf  
definiert. Identifiziert man Funktionen aus diesem Raum miteinander, falls sie 
sich nur auf einer Nullmenge voneinander unterscheiden, gelangt man zu einem normierten Raum 
. 
Eine analoge Konstruktion kann man allgemeiner mit Funktionen durchführen, für 
die 
 
für ein 
 
-integrierbar 
ist, und gelangt so zu den Lp-Räumen 
 
mit der Norm
- . 
Ein zentrales Ergebnis, auf das die große Bedeutung dieser Räume in 
Anwendungen zurückzuführen ist, ist ihre Vollständigkeit. 
Sie sind also für alle  
Banachräume. Im wichtigen 
Spezialfall 
 
stellt sich die Norm sogar als von einem Skalarprodukt 
induziert heraus; es handelt sich bei 
 
daher um einen Hilbertraum.
Völlig analog lassen sich -Räume 
komplexwertiger Funktionen definieren. Komplexe 
-Räume 
sind ebenfalls Hilberträume; sie spielen eine zentrale Rolle in der Quantenmechanik, wo Zustände 
von Teilchen durch Elemente eines Hilbertraums beschrieben werden.
Wahrscheinlichkeitstheorie
In der Wahrscheinlichkeitstheorie werden Wahrscheinlichkeitsmaße verwendet, 
um zufälligen Ereignissen Wahrscheinlichkeiten zuzuordnen. Zufallsexperimente 
werden durch einen Wahrscheinlichkeitsraum 
 
beschrieben, also durch einen Maßraum, dessen Maß 
 
die Zusatzbedingung 
 
erfüllt. Die Grundmenge 
, 
der Ergebnisraum, enthält die 
verschiedenen Ergebnisse, 
die das Experiment liefern kann. Die σ-Algebra 
 
besteht aus den Ereignissen, 
denen das Wahrscheinlichkeitsmaß 
 
Zahlen zwischen 
 
und 
 
zuordnet.
Bereits der einfachste Fall eines endlichen Ergebnisraums  
mit der Potenzmenge als σ-Algebra und der durch 
 
definierten Gleichverteilung 
hat zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten. Er spielt in der elementaren 
Wahrscheinlichkeitsrechnung eine zentrale Rolle zur Beschreibung von 
Laplace-Experimenten, 
wie dem Werfen eines Würfels und dem Ziehen aus einer Urne, bei denen alle 
Ergebnisse als gleich wahrscheinlich angenommen werden.
Wahrscheinlichkeitsmaße werden häufig als Verteilungen 
von Zufallsvariablen, 
also als Bildmaße, erzeugt. Wichtige Beispiele für Wahrscheinlichkeitsmaße auf 
 
sind die Binomial- 
und die Poissonverteilung 
sowie die geometrische 
und hypergeometrische 
Verteilung. Bei den Wahrscheinlichkeitsmaßen auf 
 
mit Lebesgue-Dichte nimmt – unter anderem wegen des zentralen 
Grenzwertsatzes – die Normalverteilung 
eine herausragende Stellung ein. Weitere Beispiele sind die stetige 
Gleichverteilung oder die Gammaverteilung, 
die zahlreiche weitere Verteilungen wie etwa die Exponentialverteilung 
als Spezialfall umfasst.
Die mehrdimensionale 
Normalverteilung ist ebenfalls ein wichtiges Beispiel für 
Wahrscheinlichkeitsmaße auf dem -dimensionalen 
euklidischen Raum 
. 
Noch allgemeinere Maßräume spielen in der modernen 
Wahrscheinlichkeitstheorie 
eine Rolle bei der Konstruktion von stochastischen 
Prozessen, wie etwa das Wiener-Maß 
auf einem geeigneten Funktionenraum 
zur Beschreibung des Wiener-Prozesses 
(Brownsche 
Bewegung), der auch in der stochastischen 
Analysis eine zentrale Stellung einnimmt.
Statistik
Die Grundaufgabe der mathematischen 
Statistik besteht darin, aufgrund von Beobachtungsergebnissen zufälliger 
Stichproben zu Aussagen über die Verteilung von 
Merkmalen in 
einer Grundgesamtheit 
zu kommen (sog. schließende Statistik). Entsprechend enthält ein statistisches 
Modell  
nicht nur ein einzelnes als bekannt angenommenes Wahrscheinlichkeitsmaß wie bei 
einem Wahrscheinlichkeitsraum, sondern eine ganze Familie 
 
von Wahrscheinlichkeitsmaßen auf einem gemeinsamen Messraum 
. 
Einen wichtigen Spezialfall stellen die parametrischen Standardmodelle dar, die 
dadurch gekennzeichnet sind, dass die Parameter Vektoren aus 
 
sind und alle 
 
eine Dichte bezüglich eines gemeinsamen Maßes besitzen.
Aus der Beobachtung von  
soll nun auf den Parameter 
 
und damit auf das Maß 
 
geschlossen werden. Dies geschieht in der klassischen Statistik in der Form von 
Punktschätzern, die 
mit Hilfe von Schätzfunktionen 
konstruiert werden, oder mit Konfidenzbereichen, 
die den unbekannten Parameter mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit 
enthalten. Mit Hilfe statistischer 
Tests können außerdem Hypothesen 
über das unbekannte Wahrscheinlichkeitsmaß geprüft werden.
Im Gegensatz dazu werden in der bayesschen 
Statistik Verteilungsparameter nicht als Unbekannte, sondern selbst als 
zufällig modelliert. Dazu wird, ausgehend von einer angenommenen A-priori-Verteilung, 
mit Hilfe der durch die Beobachtungsergebnisse gewonnenen Zusatzinformation eine 
A-posteriori-Verteilung 
des Parameters bestimmt. Diese Verteilungen sind im Allgemeinen 
Wahrscheinlichkeitsmaße auf dem Parameterraum ; 
für A-priori-Verteilungen kommen jedoch unter Umständen auch allgemeine Maße in 
Frage (sog. uneigentliche A-priori-Verteilungen).
Finanzmathematik
Die moderne Finanzmathematik verwendet Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie, insbesondere stochastische Prozesse, zur Modellierung der zeitlichen Entwicklung der Preise von Finanzinstrumenten. Eine zentrale Fragestellung ist die Berechnung fairer Preise von Derivaten.
 
 
Typisch ist hierbei die Betrachtung verschiedener Wahrscheinlichkeitsmaße auf dem gleichen Messraum: Neben dem realen, durch die Risikobereitschaft der Marktteilnehmer bestimmten Maß werden risikoneutrale Maße verwendet. Faire Preise ergeben sich dann als Erwartungswerte abgezinster Auszahlungen bezüglich eines risikoneutralen Maßes. In arbitragefreien und vollkommenen Marktmodellen ist dabei Existenz und Eindeutigkeit risikoneutraler Maße sichergestellt.
Während sich einfache zeit- und preisdiskrete Modelle bereits mit elementarer Wahrscheinlichkeitsrechnung analysieren lassen, sind insbesondere bei stetigen Modellen wie dem Black-Scholes-Modell und seinen Verallgemeinerungen moderne Methoden der Martingaltheorie und der stochastischen Analysis nötig. Dabei werden als risikoneutrale Maße äquivalente Martingalmaße verwendet. Das sind Wahrscheinlichkeitsmaße, die bezüglich des realen risikobehafteten Maßes eine positive Dichte besitzen und für die der abgezinste Preisprozess ein Martingal (oder allgemeiner ein lokales Martingal) ist. Von Bedeutung ist hierbei zum Beispiel der Satz von Girsanow, der das Verhalten von Wiener-Prozessen bei einem Wechsel des Maßes beschreibt.
Verallgemeinerungen
Das Konzept des Maßes erlaubt zahlreiche Verallgemeinerungen in verschiedene Richtungen. Ein Maß im Sinne dieses Artikels wird daher zur Verdeutlichung in der Literatur manchmal positives Maß oder noch genauer σ-additives positives Maß genannt.
Durch Abschwächung der in der Definition geforderten Eigenschaften erhält man 
Funktionen, die in der Maßtheorie als Vorstufen von Maßen betrachtet werden. Der 
allgemeinste Begriff ist der einer (nicht-negativen) Mengenfunktion, also 
einer Funktion, die den Mengen eines Mengensystems 
über einer Grundmenge Werte aus  
zuordnet, wobei meist noch gefordert wird, dass die leere Menge den Wert null 
bekommt. Ein Inhalt 
ist eine endlich additive Mengenfunktion; ein σ-additiver Inhalt heißt 
Prämaß. Der Jordan-Inhalt auf den 
Jordan-messbaren Teilmengen von 
 
ist ein Anwendungsbeispiel für eine additive Mengenfunktion, die jedoch nicht 
σ-additiv ist. Ein Maß ist somit ein Prämaß, dessen Definitionsbereich eine 
σ-Algebra ist. 
Äußere 
Maße, also Mengenfunktionen, die monoton und σ-subadditiv sind, 
stellen eine wichtige Zwischenstufe in der Konstruktion von Maßen aus Prämaßen 
nach Carathéodory dar: Ein Prämaß auf einem Mengenring wird zunächst zu einem 
äußeren Maß auf der ganzen Potenzmenge fortgesetzt, dessen Einschränkung auf 
messbare Mengen ein Maß ergibt.
Anders geartete Verallgemeinerungen des Maßbegriffs erhält man, wenn man die 
Forderung aufgibt, dass die Werte in  
liegen müssen, jedoch die übrigen Eigenschaften beibehält. Bei einem signierten Maß sind 
auch negative Werte zugelassen, es kann also Werte im Intervall 
 
(alternativ auch 
) 
annehmen. Bei komplexen Zahlen als Wertebereich spricht man von einem komplexen Maß. Der 
Wert 
 
ist hierbei allerdings nicht zugelassen, das heißt, ein positives Maß ist zwar 
stets auch ein signiertes Maß, aber nur endliche Maße können auch als komplexe 
Maße aufgefasst werden. Im Gegensatz zu positiven Maßen bilden die signierten 
und die komplexen Maße über einem Messraum einen Vektorraum. Solche Räume 
spielen nach dem Darstellungssatz 
von Riesz-Markow eine wichtige Rolle als Dualräume von Räumen stetiger 
Funktionen. Signierte und komplexe Maße lassen sich nach dem Zerlegungssatz von 
Hahn und Jordan als Linearkombinationen aus positiven Maßen schreiben. Auch 
der Satz 
von Radon-Nikodým bleibt für sie gültig.
Eine noch weitergehende Verallgemeinerung stellen Maße mit Werten in beliebigen Banachräumen dar, die sogenannten vektoriellen Maße. Maße auf den reellen Zahlen, deren Werte orthogonale Projektionen eines Hilbertraums sind, sogenannte Spektralmaße, werden im Spektralsatz zur Darstellung selbstadjungierter Operatoren verwendet, was unter anderem in der mathematischen Beschreibung der Quantenmechanik eine wichtige Rolle spielt (siehe auch Positive Operator Valued Probability Measure). Maße mit orthogonalen Werten sind Hilbertraum-wertige Maße, bei denen die Maße disjunkter Mengen orthogonal zueinander sind. Mit ihrer Hilfe können Spektraldarstellungen von stationären Zeitreihen und stationären stochastischen Prozessen angegeben werden.
Zufällige Maße sind Zufallsvariablen, deren Werte Maße sind. Sie werden beispielsweise in der stochastischen Geometrie zur Beschreibung zufälliger geometrischer Strukturen verwendet. Bei stochastischen Prozessen, deren Pfade Sprungstellen aufweisen, wie etwa den Lévy-Prozessen, können die Verteilungen dieser Sprünge durch zufällige Zählmaße dargestellt werden.

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 13.01. 2023