Studentsche t-Verteilung
Die studentsche t-Verteilung (auch Student-t-Verteilung oder kurz t-Verteilung) ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, die 1908 von William Sealy Gosset entwickelt und nach seinem Pseudonym Student benannt wurde.
Er hatte festgestellt, dass die standardisierte Schätzfunktion des Stichproben-Mittelwerts normalverteilter Daten nicht mehr normalverteilt, sondern t-verteilt ist, wenn die zur Standardisierung des Mittelwerts benötigte Varianz des Merkmals unbekannt ist und mit der Stichprobenvarianz geschätzt werden muss. Die t-Verteilung erlaubt die Berechnung der Verteilung der Differenz vom Mittelwert der Stichprobe zum wahren Mittelwert der Grundgesamtheit. Die t-Werte hängen ab vom Signifikanzniveau und vom Stichprobenumfang und bestimmen das Vertrauensintervall und damit die Aussagekraft der Schätzung des Mittelwertes. Die t-Verteilung wird mit wachsendem schmaler und geht für in die Normalverteilung über (siehe Grafik rechts). Hypothesentests, bei denen die t-Verteilung Verwendung findet, bezeichnet man als t-Tests.
Die Herleitung wurde erstmals 1908 veröffentlicht, während Gosset in einer Guinness-Brauerei arbeitete. Da sein Arbeitgeber die Veröffentlichung nicht gestattete, veröffentlichte Gosset sie unter dem Pseudonym Student. Der t-Faktor und die zugehörige Theorie wurden erst durch die Arbeiten von R. A. Fisher belegt, der die Verteilung Student’s distribution (Students Verteilung) nannte.
Definition
Eine stetige Zufallsvariable genügt der studentschen t-Verteilung mit Freiheitsgraden, wenn sie die Wahrscheinlichkeitsdichte
für besitzt. Dabei ist
die Gamma-Funktion.
Alternativ lässt sich die t-Verteilung mit Freiheitsgraden auch definieren als die Verteilung der Größe
wobei eine standardnormalverteilte Zufallsvariable ist, und eine, von unabhängige, -verteilte Zufallsvariable mit Freiheitsgraden bedeutet.
Verteilung
Die Verteilungsfunktion lässt sich geschlossen ausdrücken als
oder als
mit
wobei die Betafunktion darstellt.
berechnet die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine gemäß verteilte Zufallsvariable einen Wert kleiner oder gleich erhält.
Eigenschaften
Es sei eine t-verteilte Zufallsvariable mit Freiheitsgraden und Dichte .
Wendepunkte
Die Dichte besitzt Wendepunkte bei
Median
Der Median ist
Modus
Der Modus ergibt sich zu
Symmetrie
Die Studentsche t-Verteilung ist symmetrisch um die 0.
Erwartungswert
Für den Erwartungswert erhält man für
Der Erwartungswert für existiert nicht.
Varianz
Die Varianz ergibt sich für zu
Schiefe
Die Schiefe ist für
Wölbungen
Für die Kurtosis-Wölbung und die Exzess-Wölbung erhält man für
Momente
Für die -ten Momente und die -ten zentralen Momente gilt:
Nichtzentrale t-Verteilung
Die Größe
mit und als Nichtzentralitätsparameter folgt der sogenannten nichtzentralen t-Verteilung. Diese Verteilung wird vor allem zur Bestimmung des β-Fehlers bei Hypothesentests mit t-verteilter Prüfgröße verwendet. Ihre Wahrscheinlichkeitsdichte lautet:
Die Klammer mit der Summe hypergeometrischer Funktionen lässt sich noch etwas einfacher schreiben, sodass ein kürzerer alternativer Ausdruck für die Dichte entsteht:
wobei ein Hermitesches Polynom mit negativem Index darstellt mit .
Der Erwartungswert liegt für bei
und die Varianz (für ) bei
Mit erhält man die Kennwerte der zentralen t-Verteilung.
Beziehung zu anderen Verteilungen
Beziehung zur Cauchy-Verteilung
Für und mit ergibt sich die Cauchy-Verteilung als Spezialfall aus der Studentschen t-Verteilung.
Beziehung zur χ²-Verteilung und Standardnormalverteilung
Die t-Verteilung beschreibt die Verteilung eines Ausdruckes
wobei eine standardnormalverteilte und eine χ²-verteilte Zufallsvariable mit Freiheitsgraden bedeutet. Die Zählervariable muss unabhängig von der Nennervariable sein. Die Dichtefunktion der t-Verteilung ist dann symmetrisch bezüglich ihres Erwartungswertes 0. Die Werte der Verteilungsfunktion liegen in der Regel tabelliert vor.
Näherung durch die Normalverteilung
Mit steigender Zahl von Freiheitsgraden kann man die Verteilungswerte der t-Verteilung mit Hilfe der Normalverteilung annähern. Als Faustregel gilt, dass ab 30 Freiheitsgraden die t-Verteilungsfunktion durch die Normalverteilung approximiert werden kann.
Verwendung in der mathematischen Statistik
Verschiedene Schätzfunktionen sind t-verteilt.
Wenn die unabhängigen Zufallsvariablen identisch normalverteilt sind mit Erwartungswert und Standardabweichung , kann bewiesen werden, dass der Stichprobenmittelwert
- und die Stichprobenvarianz stochastisch unabhängig sind.
Weil die Zufallsgröße eine Standardnormalverteilung hat und einer Chi-Quadrat-Verteilung mit Freiheitsgraden folgt, ergibt sich, dass die Größe
nach Definition t-verteilt ist mit Freiheitsgraden.
Also ist der Abstand des gemessenen Mittelwertes vom Mittelwert der Grundgesamtheit verteilt wie . Damit berechnet man dann das 95-%-Konfidenzintervall für den Mittelwert zu
wobei durch bestimmt ist. Dieses Intervall ist für etwas größer als dasjenige, welches sich mit bekanntem aus der Verteilungsfunktion der Normalverteilung bei gleichem Konfidenzniveau ergeben hätte .
Herleitung der Dichte
Die Wahrscheinlichkeitsdichte der t-Verteilung lässt sich herleiten aus der gemeinsamen Dichte der beiden unabhängigen Zufallsvariablen Z und , die standardnormal, beziehungsweise Chi-Quadrat-verteilt sind:
Mit der Transformation
bekommt man die gemeinsame Dichte von und , wobei und .
Die Jacobideterminante dieser Transformation ist:
Der Wert ist unwichtig, weil er bei der Berechnung der Determinante mit 0 multipliziert wird. Die neue Dichtefunktion schreibt sich also
Gesucht ist nun die Randverteilung als Integral über die nicht interessierende Variable v:
Ausgewählte Quantile der t-Verteilung
Tabelliert sind t-Werte für verschiedene Freiheitsgrade und gebräuchliche Wahrscheinlichkeiten (0,75 bis 0,999), wofür gilt:
Aufgrund der Spiegelsymmetrie der Dichte braucht man für den Fall des beidseitig symmetrisch begrenzten Intervalls nur die Wahrscheinlichkeitsskala anzupassen. Dabei verringern sich die Wahrscheinlichkeiten bei gleichem , denn das Integrationsintervall wird durch Wegschneiden des Bereichs von bis reduziert:
Werden bei einer Stichprobe Beobachtungen durchgeführt und aus der Stichprobe Parameter geschätzt, so ist die Anzahl der Freiheitsgrade.
Zu der Anzahl von Freiheitsgraden in der ersten Spalte und dem Signifikanzniveau (dargestellt als in der zweiten Zeile) wird in jeder Zelle der folgenden Tabelle der Wert des (einseitigen) Quantils , entsprechend DIN 1319-3, angegeben. Dies erfüllt für die Dichte der -Verteilung die folgenden Gleichungen:
- Einseitig:
- Zweiseitig:
Also findet man beispielsweise mit und die t-Werte von 2,776 (zweiseitig) oder 2,132 (einseitig).
Die Quantilfunktion der t-Verteilung ist die Lösung der Gleichung und damit prinzipiell über die Umkehrfunktion zu berechnen. Konkret gilt hier
mit als Inverse der regularisierten unvollständigen Betafunktion. Dieser Wert ist in der Quantiltabelle unter den Koordinaten p und n eingetragen.
Für wenige Werte (1,2,4) vereinfacht sich die Quantilfunktion:
Tabelle einiger t-Quantile
Anzahl Freiheitsgrade n |
P für zweiseitigen Vertrauensbereich | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
0,5 | 0,75 | 0,8 | 0,9 | 0,95 | 0,98 | 0,99 | 0,998 | |
P für einseitigen Vertrauensbereich | ||||||||
0,75 | 0,875 | 0,90 | 0,95 | 0,975 | 0,99 | 0,995 | 0,999 | |
1 | 1,000 | 2,414 | 3,078 | 6,314 | 12,706 | 31,821 | 63,657 | 318,309 |
2 | 0,816 | 1,604 | 1,886 | 2,920 | 4,303 | 6,965 | 9,925 | 22,327 |
3 | 0,765 | 1,423 | 1,638 | 2,353 | 3,182 | 4,541 | 5,841 | 10,215 |
4 | 0,741 | 1,344 | 1,533 | 2,132 | 2,776 | 3,747 | 4,604 | 7,173 |
5 | 0,727 | 1,301 | 1,476 | 2,015 | 2,571 | 3,365 | 4,032 | 5,893 |
6 | 0,718 | 1,273 | 1,440 | 1,943 | 2,447 | 3,143 | 3,707 | 5,208 |
7 | 0,711 | 1,254 | 1,415 | 1,895 | 2,365 | 2,998 | 3,499 | 4,785 |
8 | 0,706 | 1,240 | 1,397 | 1,860 | 2,306 | 2,896 | 3,355 | 4,501 |
9 | 0,703 | 1,230 | 1,383 | 1,833 | 2,262 | 2,821 | 3,250 | 4,297 |
10 | 0,700 | 1,221 | 1,372 | 1,812 | 2,228 | 2,764 | 3,169 | 4,144 |
11 | 0,697 | 1,214 | 1,363 | 1,796 | 2,201 | 2,718 | 3,106 | 4,025 |
12 | 0,695 | 1,209 | 1,356 | 1,782 | 2,179 | 2,681 | 3,055 | 3,930 |
13 | 0,694 | 1,204 | 1,350 | 1,771 | 2,160 | 2,650 | 3,012 | 3,852 |
14 | 0,692 | 1,200 | 1,345 | 1,761 | 2,145 | 2,624 | 2,977 | 3,787 |
15 | 0,691 | 1,197 | 1,341 | 1,753 | 2,131 | 2,602 | 2,947 | 3,733 |
16 | 0,690 | 1,194 | 1,337 | 1,746 | 2,120 | 2,583 | 2,921 | 3,686 |
17 | 0,689 | 1,191 | 1,333 | 1,740 | 2,110 | 2,567 | 2,898 | 3,646 |
18 | 0,688 | 1,189 | 1,330 | 1,734 | 2,101 | 2,552 | 2,878 | 3,610 |
19 | 0,688 | 1,187 | 1,328 | 1,729 | 2,093 | 2,539 | 2,861 | 3,579 |
20 | 0,687 | 1,185 | 1,325 | 1,725 | 2,086 | 2,528 | 2,845 | 3,552 |
21 | 0,686 | 1,183 | 1,323 | 1,721 | 2,080 | 2,518 | 2,831 | 3,527 |
22 | 0,686 | 1,182 | 1,321 | 1,717 | 2,074 | 2,508 | 2,819 | 3,505 |
23 | 0,685 | 1,180 | 1,319 | 1,714 | 2,069 | 2,500 | 2,807 | 3,485 |
24 | 0,685 | 1,179 | 1,318 | 1,711 | 2,064 | 2,492 | 2,797 | 3,467 |
25 | 0,684 | 1,178 | 1,316 | 1,708 | 2,060 | 2,485 | 2,787 | 3,450 |
26 | 0,684 | 1,177 | 1,315 | 1,706 | 2,056 | 2,479 | 2,779 | 3,435 |
27 | 0,684 | 1,176 | 1,314 | 1,703 | 2,052 | 2,473 | 2,771 | 3,421 |
28 | 0,683 | 1,175 | 1,313 | 1,701 | 2,048 | 2,467 | 2,763 | 3,408 |
29 | 0,683 | 1,174 | 1,311 | 1,699 | 2,045 | 2,462 | 2,756 | 3,396 |
30 | 0,683 | 1,173 | 1,310 | 1,697 | 2,042 | 2,457 | 2,750 | 3,385 |
40 | 0,681 | 1,167 | 1,303 | 1,684 | 2,021 | 2,423 | 2,704 | 3,307 |
50 | 0,679 | 1,164 | 1,299 | 1,676 | 2,009 | 2,403 | 2,678 | 3,261 |
60 | 0,679 | 1,162 | 1,296 | 1,671 | 2,000 | 2,390 | 2,660 | 3,232 |
70 | 0,678 | 1,160 | 1,294 | 1,667 | 1,994 | 2,381 | 2,648 | 3,211 |
80 | 0,678 | 1,159 | 1,292 | 1,664 | 1,990 | 2,374 | 2,639 | 3,195 |
90 | 0,677 | 1,158 | 1,291 | 1,662 | 1,987 | 2,368 | 2,632 | 3,183 |
100 | 0,677 | 1,157 | 1,290 | 1,660 | 1,984 | 2,364 | 2,626 | 3,174 |
200 | 0,676 | 1,154 | 1,286 | 1,653 | 1,972 | 2,345 | 2,601 | 3,131 |
300 | 0,675 | 1,153 | 1,284 | 1,650 | 1,968 | 2,339 | 2,592 | 3,118 |
400 | 0,675 | 1,152 | 1,284 | 1,649 | 1,966 | 2,336 | 2,588 | 3,111 |
500 | 0,675 | 1,152 | 1,283 | 1,648 | 1,965 | 2,334 | 2,586 | 3,107 |
0,674 | 1,150 | 1,282 | 1,645 | 1,960 | 2,326 | 2,576 | 3,090 |
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.03. 2020