Normalenvektor
In der Geometrie ist ein Normalenvektor, auch Normalvektor, ein Vektor, der orthogonal (d.h. rechtwinklig, senkrecht) auf einer Geraden, Kurve, Ebene, (gekrümmten) Fläche oder einer höherdimensionalen Verallgemeinerung eines solchen Objekts steht. Eine Gerade mit diesem Vektor als Richtungsvektor heißt Normale. Ein Normaleneinheitsvektor oder eine Einheitsnormale ist ein Normalenvektor der Länge 1.
In diesem Artikel wird zunächst der Fall von Geraden in der Ebene und von Ebenen im dreidimensionalen Raum behandelt (Lineare Algebra und analytische Geometrie), dann der Fall von Kurve in der Ebene und von Flächen im Raum (Differentialgeometrie).
Lineare Algebra und analytische Geometrie
In diesem Abschnitt werden die Variablen für Vektoren, wie in der Schulmathematik üblich, durch Vektorpfeile gekennzeichnet.
Normale und Normalenvektor einer Geraden
Ein Normalenvektor einer Geraden
in der Ebene ist ein vom Nullvektor
verschiedener Vektor, der senkrecht auf dieser Geraden steht, also der
Richtungsvektor einer Geraden, die senkrecht auf
steht, sprich einer Orthogonalen oder Normalen zu
.
Hat
den Richtungsvektor
,
so sind die beiden Vektoren
und
Normalenvektoren. Durchläuft man die Gerade in der Richtung von
,
so weist
nach links und
nach rechts.
Ist die Gerade in der Steigungsform durch die Gleichung
gegeben, so ist der Vektor
ein Richtungsvektor der Geraden und
und
sind Normalenvektoren. Für
hat also jede Normale die Steigung
.
Ist
,
also
horizontal, so ist jede Normale vertikal, hat also eine Gleichung der Form
.
Ist die Gerade in der allgemeinen Form
gegeben, so ist
ein Normalenvektor.
Aus einem Normalenvektor
lässt sich ein Normaleneinheitsvektor
berechnen, indem
durch seine Länge (Norm,
Betrag) dividiert wird. Der Vektor
wird mithin normiert.
Der zweite Normaleneinheitsvektor
ergibt sich durch Multiplikation des obigen Normaleneinheitsvektors mit
.
Jeder Normalenvektor kann durch Multiplikation eines Normaleneinheitsvektores
mit einer reellen
Zahl ungleich null gebildet werden.
Normale und Normalenvektor einer Ebene
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Ein Normalenvektor einer Ebene
im dreidimensionalen Raum ist ein vom Nullvektor verschiedener Vektor, der
senkrecht auf dieser Ebene steht, also der Richtungsvektor einer Geraden, die
senkrecht auf
steht, sprich einer Orthogonalen oder Normalen zu
.
Ist die Ebene in der Koordinatenform durch die Gleichung
gegeben, so ist
ein Normalenvektor.
Ist
durch zwei aufspannende Vektoren
und
gegeben (Punkt-Richtungs-Form oder Parameterform),
führt die Bedingung, dass der Normalenvektor
senkrecht auf
und
steht, auf ein lineares
Gleichungssystem für die Komponenten
von
:
Jede von
verschiedene Lösung liefert einen Normalenvektor.
Eine andere Möglichkeit, Normalenvektoren zu bestimmen, bietet das Kreuzprodukt:
ist ein Vektor, der senkrecht auf
und
steht, und
bilden in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem.
Hat
die Gleichung
,
so ist
ein nach oben weisender und
ein nach unten weisender Normalenvektor.
Wie im Fall der Geraden in der Ebene erhält man aus einem Normalenvektor
einen Normaleneinheitsvektor, indem man ihn durch seine Länge dividiert, einen
zweiten durch Multiplikation mit
und alle andern Normalenvektor durch Multiplikation mit reellen Zahlen.
Eine Ebene wird durch einen Normalenvektor sowie einen auf der Ebene liegenden Punkt eindeutig bestimmt, siehe Normalenform und hessesche Normalform.
Normalenvektoren von Kurven und Flächen
Ebene Kurven
In der Analysis und in der Differentialgeometrie ist der Normalenvektor zu einer ebenen Kurve (in einem bestimmten Punkt) ein Vektor, der auf dem Tangentialvektor in diesem Punkt orthogonal (senkrecht) steht. Die Gerade in Richtung des Normalenvektors durch diesen Punkt heißt Normale, sie ist orthogonal zur Tangente.
Ist die Kurve als Graph
einer differenzierbaren
Funktion
gegeben, so hat die Tangente im Punkt
die Steigung
,
die Steigung der Normalen beträgt also
Die Normale im Punkt
ist dann durch die Gleichung
also durch
gegeben.
Ist die ebene Kurve in Parameterform
gegeben, ,
so ist
ein Tangentialvektor im Punkt
und
ein nach rechts weisender Normalenvektor. Hier bezeichnet, wie in der
Differentialgeometrie üblich, der Punkt die Ableitung nach dem Kurvenparameter.
Bei Raumkurven bilden die Normalenvektoren in einem Punkt (wie im Fall der Geraden im Raum) einen zweidimensionalen Untervektorraum. In der elementaren Differentialgeometrie wählt man einen Einheitsvektor aus, der in die Richtung zeigt, in die die Kurve gekrümmt ist. Diesen nennt man Hauptnormalen(einheits)vektor, siehe Frenetsche Formeln.
Flächen im dreidimensionalen Raum
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Entsprechend ist der Normalenvektor einer gekrümmten Fläche in einem Punkt der Normalenvektor der Tangentialebene in diesem Punkt.
Ist die Fläche durch die Parameterdarstellung
gegeben, so sind die beiden Vektoren
und
Spannvektoren der Tangentialebene im Punkt .
(Hier wird vorausgesetzt, dass die Fläche bei
regulär
ist, also dass
und
linear
unabhängig sind.) Ein Normalenvektor im Punkt
ist ein Vektor, der senkrecht auf
und
steht, z. B. der durch das Kreuzprodukt gegebene und dann normierte
Hauptnormalenvektor
Hier bezeichnen die senkrechten Striche die euklidische Norm des Vektors.
Ist die Fläche implizit durch eine Gleichung gegeben,
,
wobei
eine differenzierbare Funktion ist, so ist der Gradient
ein Normalenvektor der Fläche im Punkt
(vorausgesetzt, dass er dort nicht verschwindet).
Ist die Fläche als Graph einer differenzierbaren Funktion
gegeben, so ist
ein nach oben weisender Normalenvektor im Punkt .
Dies erhält man, indem man verwendet, dass die Abbildung
eine Parametrisierung ist oder dass die Fläche durch die Gleichung
dargestellt wird.
Verallgemeinerungen
Der Begriff des Normalenvektors lässt sich verallgemeinern auf
- affine Unterräume (verallgemeinerte Ebenen) in euklidischen Räumen höherer Dimension (Mathematik) (insbesondere auf Hyperebenen),
- Flächen, Hyperflächen und Untermannigfaltigkeiten in euklidischen Räumen höherer Dimension,
- Flächen, Hyperflächen und Untermannigfaltigkeiten von Riemannschen Mannigfaltigkeiten,
- Nichtglatte Objekte, wie konvexe Körper und rektifizierbare Mengen.
Anwendungen
Im Bereich der Computergrafik werden Normalenvektoren unter anderem genutzt, um festzustellen, ob eine Fläche dem Benutzer zugewandt ist oder nicht, um letztere von der Bildberechnung auszuschließen (Back-Face Culling). Des Weiteren werden sie zur Berechnung von Lichteinfall und Reflexionen benötigt.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 06.01. 2021