Pauli-Matrizen
Die Pauli-Matrizen
(nach Wolfgang
Pauli) sind spezielle komplexe
hermitesche
2×2-Matrizen.
Zusammen mit der 2×2-Einheitsmatrix,
die in diesem Zusammenhang mit
bezeichnet wird, bilden sie sowohl eine Basis
des 4-dimensionalen reellen Vektorraums
aller komplexen hermiteschen 2×2-Matrizen als auch eine Basis des
4-dimensionalen komplexen Vektorraums aller komplexen 2×2-Matrizen.
Sie wurden von Wolfgang Pauli 1927 zur Beschreibung des Spins eingeführt, waren in der Mathematik aber auch schon vorher bekannt.
Definition
Die Pauli-Matrizen lauten ursprünglich:
Hierbei bezeichnet
die imaginäre
Einheit. Die Matrizen wurden ursprünglich in der Quantenmechanik eingeführt,
um die grundlegenden Kommutationsregeln der Komponenten des Spin-Operators zu
erfüllen (siehe unten). Häufig wird, besonders in der relativistischen
Quantenmechanik, noch die Einheitsmatrix als nullte Paulimatrix
dazugenommen:
Multiplikation
Für die Multiplikation einer Pauli-Matrix mit einer anderen Pauli-Matrix ergibt sich aus den Rechenregeln der Matrixmultiplikation folgende Tafel:
Das Produkt
befindet sich in der mit
gekennzeichneten Zeile und der mit
gekennzeichneten Spalte, zum Beispiel
.
Die 4 Pauli-Matrizen bilden also keine Gruppe.
Die von ihnen mit der Matrixmultiplikation als Verknüpfung erzeugte
Gruppe hat den Namen .
Sie enthält das Element
,
welches im Zentrum
liegt, also mit allen Elementen kommutiert. Die Gruppe
besteht somit aus den 16 Elementen
so dass sich ihre Multiplikationstafel leicht aus der obigen ableiten lässt. Sie
enthält die Quaternionengruppe
Q8 als Normalteiler (siehe Die
Quaternionen als Unterring von C4, woraus sich
ergibt. Der Zykel-Graph
ist
.
Dekomposition von Matrizen
Gegeben sei eine komplexe 2×2-Matrix
mit den Elementen
.
Dann lassen sich komplexe Zahlen
finden, für die gilt:
|
||||
Es gelten die Umrechnungen:
bzw.:
Eine komplexe 2×2-Matrix kann demnach als Linearkombination
der
geschrieben werden, und diese Darstellung ist eindeutig. Die Pauli-Matrizen
bilden also eine Basis
des
-Vektorraums
(und Matrizenrings)
,
und diese Basis ist eine orthogonale
unter dem Frobenius-Skalarprodukt.
Die Umrechnungen definieren einen Ringisomorphismus
mit der üblichen Vektoraddition,
der üblichen -Skalarmultiplikation
und der Vektor-Multiplikation
|
|
in
Zwei Vektoren sind genau dann miteinander vertauschbar, wenn
wenn also die Vektorteile
und
-linear
voneinander abhängen.
Die inverse
Matrix von
berechnet sich im Fall von
hieraus zu
Hermitesche 2×2-Matrizen
Die Teilmenge der hermiteschen 2×2-Matrizen, also der Matrizen
mit
ist ein -Untervektorraum,
für den die Pauli-Matrizen ebenfalls eine Basis bilden, die Koeffizienten
sind aber reell. Anders gesagt: es gibt bei hermiteschen 2×2-Matrizen vier
(reelle) freie Parameter, da
und
reell sind und
.
Das Produkt zweier hermitescher Matrizen ist hermitesch, wenn sie kommutieren. Der Untervektorraum ist also kein (Unter)ring.
Die Quaternionen als Unterring von C4
(Unter)ring ist aber ein
anderer Untervektorraum von ,
der sich durch Koeffizienten
von
aufspannen lässt. Er ist ebenfalls mit der
-Skalarmultiplikation
verträglich und zusätzlich hinsichtlich der Multiplikation
abgeschlossen. Dieser
-Untervektorraum
ist isomorph
zu den Quaternionen
.
Als Basis für reelle Koeffizienten kann man die mit der imaginären Einheit
multiplizierten Pauli-Matrizen zusammen mit der Einheitsmatrix nehmen, also die
Menge ,
mit der isomorphen Zuordnung:
mit
als den bekannten Einheitsquaternionen. Vor diese Zuordnung lässt sich jeder der
24 Automorphismen
der Quaternionengruppe Q8
schalten. So kann auch ein Isomorphismus „in umgekehrter Ordnung“ gebaut
werden:
Anwendung
In der Quantenphysik, in der den physikalischen Observablen
auf mathematischer Seite hermitesche Operatoren bzw. Matrizen entsprechen, wird
der Drehimpulsoperator
von Spin-½-Zuständen, beispielsweise
bei Elektronen, durch die
Paulimatrizen dargestellt:
,
wobei
„wird dargestellt durch“ bedeutet.
In der relativistischen Quantenmechanik, wo man entsprechend dem relativistischen Vierervektor Formalismus vier Raum-Zeit bzw. Energie-Impuls Variablen hat, tritt die Einheitsmatrix gleichberechtigt zu den drei Pauli-Matrizen (als „nullte“ Pauli-Matrix) und es wird mit ihrer Hilfe die Dirac-Gleichung mit den Dirac-Matrizen aufgebaut.
Direkt tauchen die Pauli-Matrizen in der Pauli-Gleichung zur quantenmechanischen Beschreibung von Teilchen mit Spin im Magnetfeld auf, die sich aus der nichtrelativistischen Reduktion der Diracgleichung ergibt, und in der Beschreibung von Majorana-Fermionen (Majorana-Gleichung).
Darstellung
Die Pauli-Matrizen können neben der Darstellung als Matrizen mit Hilfe der Dirac-Notation dargestellt werden: Dabei können für die Linearkombination entweder die Standard-Basisvektoren oder die Eigenvektoren der Pauli-Matrizen verwendet werden.
Pauli-Matrix | Matrix | Linearkombination (Standard-Basisvektoren) | Linearkombination (Eigenvektoren) |
---|---|---|---|
Die verwendeten Vektoren sind wie folgt definiert, wobei die verwendeten Kets
durch Vektoren des
dargestellt werden, was durch „
“
gekennzeichnet ist:
Eigenschaften
Die Pauli-Matrizen sind hermitesch
und unitär.
Daraus folgt mit dem durch
definierten vierten Basiselement
Die Determinanten und Spuren der Pauli-Matrizen sind
für
Aus Obigem folgt, dass jede Pauli-Matrix
die Eigenwerte
+1 und −1 besitzt.
Des Weiteren:
Die Pauli-Matrizen erfüllen die algebraische Relation
für
(
ist das Levi-Civita-Symbol),
also insbesondere bis auf einen Faktor 2 dieselben Relationen wie die
Drehimpulsalgebra
für
und die Clifford-
oder Dirac-Algebra
für
Die Pauli-Matrizen gehören zum Spezialfall
von Drehimpulsoperatoren, die auf Basisvektoren
eines Drehimpuls-
-Multipletts
mit Quantenzahlen
in Maßsystemen mit
folgendermaßen wirken:
Dabei ist
eine natürliche
Zahl und für
treten die
verschiedenen Quantenzahlen
auf. Für
wirken die Drehimpulsoperatoren auf die Komponenten von Linearkombinationen der
beiden Basisvektoren
und
demnach durch Multiplikation mit den folgenden Matrizen
Mit
und
ergibt sich dann, dass die Drehimpulsoperatoren auf die Komponenten von
Spin-1/2-Zuständen durch Multiplikation mit den halben Pauli-Matrizen wirken.
Zugeordnete Drehgruppe, Zusammenhang mit Spin-1/2-Systemen
Die lineare Hülle der mit
multiplizierten[1]
Pauli-Matrizen
ist mit der üblichen Matrizenmultiplikation
eine Lie-Algebra. Aufgrund der
mit
für jeden Einheitsvektor
geltenden Identität
sind diese drei Matrizen die Generatoren der komplexen
Drehgruppe .
Der Faktor 1/2 in der obigen Gleichung ist zwar mathematisch verzichtbar. Die
Gleichung wird jedoch in der physikalischen Anwendung häufig in genau dieser
Form benötigt. Denn (wie in der Einleitung erwähnt) stellen in der Quantenphysik
die Matrizen
die Operatoren für die Spinkomponenten eines Spin-1/2-Systems
(beispielsweise eines Elektrons)
dar. Andererseits beschreibt die durch den Exponentialausdruck gegebene Matrix
die Veränderung des Spinzustands bei einer räumlichen Drehung.
ist dabei der Drehwinkel,
die Drehachse. Für
ergibt sich
;
d.h. der Zustandsvektor eines Spin-1/2-Systems wird durch Drehung um den
Winkel
in sein Negatives und erst durch Drehung um den Winkel
wieder in sich selbst übergeführt („Spinordrehungen“).
Eigenvektoren
Die Matrix
hat die Eigenvektoren
wie man leicht erkennen kann:
entsprechend den Eigenwerten .
Die Eigenvektoren von
sind
und die Eigenvektoren von
Kronecker-Produkt von Pauli-Matrizen
In der Mathematik können mit Hilfe des Tensorprodukts (Kronecker-Produkts) von Pauli-Matrizen (mit Einheitsmatrix) die Darstellungen der höheren Clifford-Algebren über den reellen Zahlen aufgebaut werden.
Pauli-Matrizen können zur Darstellung von Hamilton-Operatoren und zur
Näherung der Exponentialfunktion
solcher Operatoren verwendet werden. Sind
die vier Pauli-Matrizen, so kann man mit Hilfe des Kronecker-Produkt
höherdimensionale Matrizen erzeugen.
Eigenschaften der Pauli-Matrizen vererben sich auf diese Matrizen. Sind
und
zwei Kronecker Produkte von Pauli-Matrizen, so gilt:
sind
Matrizen
(Die
Einheitsmatrix)
oder
(Kommutativität)
- Die Kronecker-Produkte von Pauli-Matrizen sind linear unabhängig und
bilden eine Basis im Vektorraum der
-Matrizen. Hamilton-Operatoren
vieler physikalischer Modelle lassen sich aufgrund der Basiseigenschaft als Summe solcher Matrizen ausdrücken (Linearkombination). Insbesondere lassen sich Erzeuger und Vernichter von Fermionen, die endlich viele Zustände einnehmen können, einfach durch sie ausdrücken.
mit
ist Kronecker-Produkt von Pauli-Matrizen.
Beispiele für derartige Modelle sind Hubbard-Modell, Heisenberg-Modell und Anderson-Modell.
Das Kronecker-Produkt von Pauli-Matrizen tritt bei der Beschreibung von Spin-1/2-Systemen auf, die aus mehreren Teilsystemen aufgebaut sind. Der Zusammenhang ist dadurch gegeben, dass das Tensorprodukt zweier Operatoren in der zugehörigen Matrixdarstellung gerade durch das Kronecker-Produkt der Matrizen gegeben ist (siehe Kronecker-Produkt#Zusammenhang mit Tensorprodukten).
Näherung der Exponentialfunktion des Hamilton-Operators
Häufig interessiert man sich für die Exponentialfunktion des Hamilton-Operators.
mit
Aufgrund der Kommutativität kann man in einem Produkt die Matrizen beliebig
anordnen. Ist
eine Permutation, so ist:
mit
Deshalb existieren rationale Zahlen
mit:
Diese rationalen Zahlen sind, von Ausnahmen abgesehen, schwer zu berechnen.
Eine erste Näherung ergibt sich, indem man nur Summanden berücksichtigt, die aus kommutierenden Matrizen bestehen.
falls ein Paar
mit
und
existiert
sonst
Die Näherung lässt sich weiter verbessern, indem man Paare, Tripel, … von nicht kommutierenden Matrizen berücksichtigt.
Siehe auch
Literatur
- Willi-Hans Steeb: Kronecker Product of Matrices and Applications. B.I. Wissenschaftsverlag, Mannheim 1991, ISBN 3-411-14811-X.
Anmerkungen
- ↑
Durch die Multiplikation mit
entstehen aus hermiteschen Matrizen schiefhermitesche Matrizen. Eine Darstellung mit Hilfe von Hermiteschen Operatoren und Matrizen wird von Physikern bevorzugt, weil in der Quantenmechanik messbare Größen (sog. Observablen) stets durch Hermitesche Operatoren beschrieben werden.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 01.03. 2021