Ergodischer stochastischer Prozess
Ein ergodischer stochastischer Prozess, kurz ergodischer Prozess, ist ein spezieller stochastischer Prozess, der es ermöglicht, Begriffe der Ergodentheorie in die Wahrscheinlichkeitstheorie zu übertragen. Dabei wird der zeitdiskrete stochastische Prozess als ein dynamisches System interpretiert, das durch Iteration von Shift-Abbildungen entsteht und unter gewissen Voraussetzungen maßerhaltend ist.
Ergodische stochastische Prozesse spielen eine wichtige Rolle, da man für sie
mittels des individuellen
Ergodensatzes und des -Ergodensatzes
auch starke
Gesetze der großen Zahlen herleiten kann, die nicht nur für unabhängig
identisch verteilte Zufallsvariablen gelten.
Definition
Gegeben sei ein kanonischer
Prozess
auf dem Wahrscheinlichkeitsraum
,
wobei
ein polnischer
Raum wie beispielsweise eine endliche oder abzählbar unendliche Menge oder
der
ist. Der Shift
sei definiert durch
.
Somit gilt
und
ist ein dynamisches
System, das genau dann maßerhaltend
ist, wenn
ein stationärer
stochastischer Prozess ist.
Ist nun
eine ergodische
Transformation, ist also die σ-Algebra
der
-invarianten
Ereignisse eine P-triviale
σ-Algebra, so heißt
ein ergodischer stochastischer Prozess.
Beispiel
Unabhängig identisch verteilte Zufallsvariablen
Jede Folge von unabhängig
identisch verteilten Zufallsvariablen bildet einen ergodischen Prozess. Der
Prozess ist definitiv stationär, da die Verteilungen per Definition alle
identisch sind. Ist nun
in der σ-Algebra der invarianten Ereignisse
enthalten, so ist
und damit ist
in der terminalen
σ-Algebra
enthalten. Diese ist aber nach dem Kolmogorowschen
Null-Eins-Gesetz P-trivial, somit muss auch
P-trivial sein. Daraus folgt die Ergodizität des Prozesses.
Markow-Ketten
Ein weiteres Beispiel für ergodische Prozesse sind Markow-Ketten in diskreter Zeit und mit abzählbar unendlichem Zustandsraum, die in ihrer invarianten Verteilung starten und irreduzibel sowie positiv rekurrent sind. Dies zeigt man mittels der starken Markow-Eigenschaft. Diese Markow-Ketten sind somit ein Beispiel für stochastische Prozesse, bei denen aufgrund der Ergodensätze das starke Gesetz der großen Zahl gilt, obwohl stochastische Abhängigkeiten vorhanden sind.
Literatur
- Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-36017-6.
- Manfred Einsiedler, Klaus Schmidt: Dynamische Systeme. Ergodentheorie und topologische Dynamik. Springer, Basel 2014, ISBN 978-3-0348-0633-6.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.03. 2021