Rekurrente Markow-Kette

Die Rekurrenz und der damit eng verbundene Begriff der Transienz bilden die Basis für die Untersuchung des Langzeitverhaltens von Markow-Ketten. Hierbei wird insbesondere die Frage untersucht, wie oft eine Markow-Kette wieder zu ihrem Startzustand zurückkehrt. Tut sie dies unendlich oft, so heißt sie rekurrent, ansonsten transient. Rekurrenz ist wichtig für die Existenz einer stationären Verteilung und der Konvergenz gegen diese. Teilweise ist sie auch von eigenständigem Interesse, wie z.B. bei Irrfahrten.

Ein wichtiges Hilfsmittel zur Untersuchung der Rekurrenz ist die Green-Funktion.

Definition

Gegeben sei eine homogene Markow-Kette (X_{n})_{{n\in \mathbb{N} _{0}}} in diskreter Zeit und mit abzählbarem Zustandsraum Z. Dann ist

{\displaystyle \tau _{ij}=\min\{n\geq 1\quad |\quad X_{n}=j\,\,\,\land \,\,\,X_{0}=i\}}

die Wartezeit bei Start in  i bis zum erstmaligen Erreichen von  j (ist  i=j spricht man von der Wiederkehrzeit). Sei nun

 \tilde p_{ij}^n:=P(\tau_{ij}=n)

die Ersteintrittswahrscheinlichkeit in j, also die Wahrscheinlichkeit bei einem Start im Zustand i nach genau n Schritten zum ersten Mal in den Zustand j zu gelangen. Ein Zustand  i heißt rekurrent, wenn

 \tilde p_{i}:=P(\tau_{ii}< \infty)=\sum_{n=1}^\infty \tilde p_{ii}^n=1

gilt, der Zustand also fast sicher wieder besucht wird. Ist \tilde p_i <1 , so heißt der Zustand transient. Ist der Zustand rekurrent, und gilt für die erwartete Wiederkehrzeit

 \operatorname{E}(\tau_{ii})=\sum_{n=1}^\infty n\tilde p_{ii}^n < \infty ,

so heißt der Zustand positiv rekurrent. Ist der Erwartungswert unendlich, so heißt der Zustand null-rekurrent. Eine Markow-Kette heißt rekurrent (transient), falls jeder Zustand rekurrent (transient) ist.

Eigenschaften

{\displaystyle G(i,i):=\operatorname {E} \left(\sum _{n=1}^{\infty }\mathbf {1} _{X_{n}=i}\right)=\sum _{n=1}^{\infty }\operatorname {E} (\mathbf {1} _{X_{n}=i})=\sum _{n=1}^{\infty }p_{ii}^{n}}.
Hierbei bezeichnet  p^n_{ii} die n-Schritt-Übergangswahrscheinlichkeit, also die Wahrscheinlichkeit, im n-ten Schritt im Zustand i zu sein. Damit folgt: Die Transienz eines Zustandes  i ist äquivalent zu {\displaystyle G(i,i)<\infty }, die Rekurrenz ist äquivalent zu {\displaystyle G(i,i)=\infty }. Dies erleichtert oftmals die Bestimmung von Rekurrenz und Transienz, da nur Abschätzungen benötigt werden und auch die n-Schritt-Übergangswahrscheinlichkeiten meistens leichter zu bestimmen sind als die Ersteintrittswahrscheinlichkeiten.

Beispiele

Endlicher Zustandsraum

Betrachte eine homogene Markow-Kette auf dem Zustandsraum  \{1,2,3,4 \} mit der Übergangsmatrix

 P=
\begin{bmatrix}
0 & 0{,}5 & 0{,}5 & 0 \\
0{,}5 & 0 & 0{,}5  & 0\\
0{,}4 & 0{,}4 & 0 & 0{,}2\\
0   & 0   & 0 & 1
 \end{bmatrix}.

Die Zustände 1, 2 und 3 bilden einen Kreis, der nur vom Zustand 3 aus mit Wahrscheinlichkeit 0,2 verlassen wird. Ist der Zustand 4 einmal erreicht, so kann er nicht wieder verlassen werden. 4 ist also ein absorbierender Zustand. Untersuchen wir nun Zustand 1 auf Rekurrenz oder Transienz. Da 1 keine Schleife besitzt, ist die Wiedereintrittszeit mindestens 2, mögliche Wege sind dabei 1-2-1 und 1-3-1 jeweils mit Wahrscheinlichkeiten 0{,}5 \cdot 0{,}5=0{,}25 und 0{,}5 \cdot 0{,}4=0{,}2. Daher ist  \tilde p_1^2=0{,}25+0{,}2=0{,}45 . Ist der Zeitschritt gerade, so hilft folgende Überlegung: Beim Start in 1 braucht man einen Zeitschritt, um 2 oder 3 zu erreichen. Um nun weder zu früh wieder bei 1 anzukommen noch in 4 gefangen zu werden, müssen nun Runden zwischen 2 und 3 gelaufen werden bis einen Zeitschritt vor Wiedereintrittstzeit und dann erst wird zum Zustand zurückgekehrt. Damit folgt

{\displaystyle {\tilde {p}}_{1}^{2n}={\frac {1}{4}}\cdot \left({\frac {2}{10}}\right)^{n-1}+{\frac {2}{10}}\cdot \left({\frac {2}{10}}\right)^{n-1}={\frac {9}{20}}\cdot \left({\frac {1}{5}}\right)^{n-1}}.

Analoge Überlegungen (mit dem Unterschied, dass hier halbe Runden gelaufen werden) ergeben für ungerade Wiedereintrittszeiten

 \tilde p_1^{2n+1}=  \frac{2}{10}\cdot \frac{1}{2} \cdot \left(\frac{2}{10}\right)^{n-1} + \frac{1}{4}\cdot \frac{2}{5}\cdot \left(\frac{2}{10}\right)^{n-1}= \left( \frac{1}{5}\right)^n   .

Mit der geometrischen Reihe folgt dann, dass

 \tilde p_{i}=\sum_{n=1}^\infty \tilde p_{ij}^{2n} \quad + \quad \sum_{n=1}^\infty \tilde p_{ij}^{2n-1} \quad = \frac{13}{16}

gilt, der Zustand 1 ist also transient. Daraus folgt, dass die Zustände 2 und 3 auch transient sind. Zustand 4 ist rekurrent, da er nicht mehr verlassen werden kann.

Abzählbar unendlicher Zustandsraum

Betrachten wir als Beispiel eine homogene Markow-Kette auf dem Zustandsraum \mathbb {Z} mit Übergangswahrscheinlichkeiten

 P(X_n=k | X_{n-1}=l):= \begin{cases}
 p & \text{falls } k = l+1 \\
 q & \text{falls } k = l-1 \\
 0   & \text{sonst}
\end{cases}

mit  p+q=1 . Dies ist der Random Walk auf \mathbb {Z} . Es ist  p_{00}^{2n+1}:=0 , da die Markow-Kette Periode zwei hat und sich daher bei Start im Nullpunkt zu einem ungeraden Zeitpunkt immer in einem ungeraden Zustand befindet. Da die Anzahl der Schritte binomialverteilt ist (siehe Random Walk), gilt

 p_{00}^{2n}= \binom{2n}{n}p^nq^n \sim \frac{(4pq)^n}{\sqrt{\pi n}}

nach der Stirlingformel. Damit gilt

 B_0 \sim \sum_{i=1}^\infty \frac{(4pq)^n}{\sqrt{\pi n}}= 
\begin{cases}
 \infty     & \text{falls } p=q=\frac{1}{2} \\
 < \infty   & \text{sonst}
\end{cases}.

Ist die Irrfahrt also symmetrisch, so ist die Markow-Kette rekurrent, ansonsten ist sie transient.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 21.12. 2023