Zentralkollineation

Zentralkollineation: Für jeden Punkt P sind Z,P,\pi (P) kollinear

Als Zentralkollineation (kurz: Perspektivität) wird in der Geometrie eine Kollineation bezeichnet, die ein Zentrum und eine Fixpunkthyperebene besitzt. Das Zentrum ist ein Punkt des projektiven Raumes mit der Eigenschaft, dass jede Gerade durch diesen Punkt eine Fixgerade der Perspektivität ist.

Älter als der Begriff Perspektivität im Sinne einer bijektiven Selbstabbildung eines mindestens zweidimensionalen projektiven Raumes ist das Konzept der perspektiven Lage von eindimensionalen Gebilden[1] zueinander, vergleiche die Abbildung rechts unten. Moderner spricht man hier von einer zentralperspektiven Zuordnung oder dual von einer axialperspektiven Zuordnung. Diese Abbildungen, die zum Beispiel bereits für den Satz von Pascal wichtig sind, lassen sich im Allgemeinen nur dann zu einer Perspektivität des Gesamtraumes fortsetzen, wenn dieser Raum pappossch ist und das Fano-Axiom erfüllt. Algebraisch formuliert: Wenn dieser umfassendere Raum ein {\mathbb  {P}}^{n}(K),n\geq 2 über einem kommutativen Körper K mit einer Charakteristik \operatorname{char}(K)\neq 2 ist. Da man bis zur zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts (implizit, denn eine Axiomatik der reellen Zahlen wurde erst damals entwickelt) reelle, höchstens dreidimensionale projektive Geometrie (als Geometrie der Lage) betrieben hat, werden in der älteren Literatur perspektive Zuordnung und Perspektivität nicht scharf unterschieden und häufig gleich bezeichnet.

Die Ausgangskonfiguration des Satzes von Desargues war in der Geometrie der Lage ein typischer Fall einer „Perspektivität“: Die farbigen Dreiecke \Delta (ABC) und \Delta (A'B'C') sind vom Punkt Z aus gesehen in perspektiver Lage zueinander. Es besteht also eine (zentral-)perspektive Zuordnung, die die ungestrichenen Punkte den gestrichenen zuordnet. Wenn der desarguessche Satz gilt, dann sind die Dreiecke (als Dreiseite) auch (axial-)perspektiv zueinander von der Achse a aus gesehen. Dann gibt es genau eine Perspektivität (im Sinne der neueren projektiven Geometrie) der gesamten Ebene, die die perspektiv zugeordneten Punkte aufeinander abbildet.

In der synthetischen Geometrie wird der Begriff „ebene Perspektivität“ für projektive Ebenen unabhängig vom Begriff „Projektivität“ definiert: Dort ist eine Perspektivität eine (projektive) Kollineation mit einem Zentrum und einer Fixpunktgeraden (Achse). Für projektive Ebenen ist der Begriff gleichbedeutend zum Begriff zentral-axiale Kollineation.

Die Definition der synthetischen Geometrie ist für desarguessche projektive Ebenen – das sind gerade die Ebenen, die zugleich als zweidimensionale projektive Räume im Sinne der analytischen Geometrie aufgefasst werden können – gleichwertig zur Definition als Projektivitäten mit Zentrum und Achse. Sie erlaubt es, den Begriff der „Projektivität“ auf nichtdesarguessche Ebenen zu verallgemeinern.

→ Eine wichtige Anwendung haben die ebenen Perspektivitäten bei der Klassifikation projektiver Ebenen.

Definitionen

Perspektivität in einem desarguesschen Raum

Sei K ein Schiefkörper, n\in {\mathbb  {N}},\;n\geq 2 und {\mathbb  {P}}^{n}(K) der n-dimensionale projektive Raum über K. Dann heißt eine Projektivität \pi :{\mathbb  {P}}^{n}(K)\rightarrow {\mathbb  {P}}^{n}(K) projektive Perspektivität, wenn eine der folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt ist:

  1. Es existiert ein Punkt Z\in {\mathbb  {P}}^{n}(K), so dass jede Gerade g durch Z eine Fixgerade von \pi ist, also \pi (g)=g gilt.
  2. Es existiert eine Fixpunkthyperebene, die Achse H von \pi , das heißt ein n-1-dimensionaler projektiver Teilraum H<{\mathbb  {P}}^{n}(K), so dass die Einschränkung \left.\pi \right|_{H} die identische Abbildung von H ist.

Perspektivität in einer projektiven Ebene

Sei {\mathfrak {P}} eine projektive Ebene. Dann heißt eine Kollineation \kappa :{\mathfrak  {P}}\rightarrow {\mathfrak  {P}} projektive Perspektivität, wenn eine der folgenden äquivalenten

  1. Es existiert ein Punkt Z\in {\mathfrak  {P}}, so dass jede Gerade g durch Z eine Fixgerade von \kappa ist, also \kappa (g)=g gilt.
  2. Es existiert eine Fixpunktgerade h von \kappa , das heißt eine Gerade der Ebene {\mathfrak {P}}, so dass die Einschränkung \left.\kappa \right|_{h} die identische Abbildung von h ist.

Zusammenhang der Definitionen

Eine desarguesche projektive Ebene ist stets isomorph zu einem zweidimensionalen projektiven Raum \mathbb{P}^2(K) über einem durch die Ebene bis auf Isomorphie eindeutig bestimmten Schiefkörper K. Eine Kollineation eines solchen Raumes ist bereits dann doppelverhältnistreu, wenn sie die Doppelverhältnisse für die Punkte auf einer projektiven Geraden nicht verändert (→ vergleiche hierzu den Artikel Kollineation). Da eine Perspektivität eine Kollineation mit einer Fixpunktgeraden ist, ist sie zunächst für diese Gerade und damit überhaupt doppelverhältnistreu und also eine Projektivität.

Projektivität in einer nichtdesarguesschen Ebene

In der synthetischen Geometrie definiert man: Sei {\mathfrak {P}} eine beliebige projektive Ebene. Dann heißt eine Abbildung \kappa :{\mathfrak  {P}}\rightarrow {\mathfrak  {P}} Projektivität, wenn sie sich als Komposition von endlich vielen Perspektivitäten darstellen lässt.

Als Komposition spezieller Kollineationen ist eine solche Abbildung \kappa natürlich dann ebenfalls eine Kollineation, insbesondere bijektiv. Bei einer desarguesschen Ebene ist sie wie die Perspektivitäten doppelverhältnistreu. Man kann zeigen, dass eine doppelverhältnistreue Kollineation stets durch eine Verkettung von Perspektivitäten darstellbar ist und dass für diese Kompositionsdarstellung nie mehr als drei Perspektivitäten verkettet werden müssen. Damit sind die Definitionen der linearen Algebra und der synthetischen Geometrie für desarguessche Ebenen äquivalent.

Man beachte aber, dass die Verkettung von zwei Perspektivitäten im Allgemeinen keine Perspektivität ist.

Ebene Perspektivitäten

Eigenschaften und Bezeichnungen

  1. Die Menge der Fixpunkte besteht genau aus der Menge der Punkte der Achse zusammen mit dem Zentrum,
  2. die Menge der Fixgeraden besteht genau aus der Achse zusammen mit allen Geraden durch das Zentrum,
  3. sie ist durch ihre Achse, ihr Zentrum und ein Punkt, Bildpunktpaar (weder auf der Achse noch das Zentrum) eindeutig bestimmt.

Bildkonstruktion, Existenz und Eindeutigkeit

Bildkonstruktion bei einer ebenen Perspektivität aus deren Achse a und dem Zentrum Z (blau) mit der Hilfe eines gegebenen Punkt-Bildpunktpaares (A_{1},A_{2}).

Von einer ebenen Perspektivität ist uns die Achse a und das Zentrum Z gegeben. Vergleiche die Abbildung rechts: Achse und Zentrum sind blau. Darüber hinaus ist von einem Punkt A_{1}, der nicht auf der Achse liegt und auch nicht mit dem Zentrum zusammenfällt, sein Bildpunkt A_{2} bekannt. Dieser muss auf der Verbindungsgeraden A_{1}+Z[8] liegen, da sie eine Fixgerade ist.

  1. Zu einem weiteren Punkt B_1 zeichnen wir die Verbindungsgerade B_{1}+A_{1}, sie schneidet die Achse a in einem Fixpunkt F.
  2. Das Bild von B_{1}+A_{1}=A_{1}+F ist die Gerade A_{2}+F.
  3. Die Verbindungsgerade B_{1}+Z ist eine Fixgerade.
  4. Das Bild von B_1 unter der Perspektivität ist B_2. Das ist der Schnittpunkt der Fixgeraden B_{1}+Z aus 3. und der Geraden A_{2}+F aus 2.

Sonderfälle:

Eindeutigkeit und Existenz:
Die Vorgaben seien wie oben angegeben: Wann existiert eine eindeutige Kollineation mit Fixpunktgerade a und Fixpunkt Z, die den Punkt A_{1} auf A_{2}\in (A_{1}+Z) abbildet? Dabei setzen wir A_{1},A_{2}\not \in a;\;Z\not \in \{A_{1},A_{2}\}, aber zunächst nicht A_{1}\neq A_{2} voraus.

Sprechweisen

Wenn man in einer projektiven Ebene eine bestimmte Gerade als Ferngerade festhält, was durch die Auswahl eines projektiven Koordinatensystems implizit auch bereits geschieht, dann nennt man eine ebene Perspektivität meistens

Die Motivation für diese Sprachregelung wird in den affinen Beispielen im Anschluss deutlich. Für nichtidentische Perspektivitäten, bei denen weder Zentrum noch Achse uneigentlich sind, gibt es in der beschriebenen Situation keine Sprachregelung; die Ferngerade kann keine Fixgerade sein, daher operieren sie nicht auf dem affinen Ausschnitt der projektiven Ebene.

Beispiele

Bei der Angabe der Achse und des Zentrums wird bei den folgenden Beispielen stets angenommen, dass die betrachtete Kollineation nicht die Identität der Ebene ist.

Anmerkungen

  1. Dies kann zum Beispiel eine Punktreihe, also die Punktmenge auf einer festen Geraden, ein ebenes Geradenbüschel, also die Menge der Geraden durch einen festen Punkt oder auch ein nicht ausgearteter Kegelschnitt sein.
  2. Das Pluszeichen zwischen Punkten wird hier nach Pickert (1975) so verstanden, dass die Summe der Punkte deren Verbindungsgerade darstellt. Im desarguesschen Fall handelt es sich im Standardmodell tatsächlich um die Summe zweier Unterräume eines (Links-)Vektorraums.
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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 19.12. 2020