Zustandsdichte
Die Zustandsdichte bzw. (engl. density of states, abgekürzt DOS) ist eine physikalische Größe, die angibt, wie viele Zustände pro Energieintervall bzw. pro Frequenzintervall in einem physikalischen System existieren.
Im Allgemeinen wird die Zustandsdichte für Vielteilchensysteme im Rahmen eines Modells unabhängiger Teilchen betrachtet. Dann beziehen sich die Variablen bzw. auf die Energie der 1-Teilchenzustände. Häufig wird die Zustandsdichte dann auch in Abhängigkeit vom Impuls bzw. Wellenvektor der 1-Teilchenzustände betrachtet und gibt deren Anzahl pro Volumenintervall des Impulsraums () bzw. des reziproken Raums () an. Die Zustandsdichte kann sich auf verschiedene Teilchensorten beziehen, z.B. auf Photonen, Phononen, Elektronen, Magnonen, Quasiteilchen, und wird pro Einheit des räumlichen Volumens angegeben. Für freie Teilchen ohne Spin lässt sich die Zustandsdichte daraus berechnen, dass im Phasenraum jeder quantenmechanische Zustand das Volumen einnimmt. Die Zustandsdichte (pro Volumen) ist dann konstant
Im Falle von Wechselwirkungen der Teilchen, sei es untereinander oder mit vorgegebenen Potentialen, kann die Zustandsdichte stark davon abweichen (siehe z.B. Bändermodell).
Definition
Allgemein ist die – auf das Volumen bezogene – Zustandsdichte für eine abzählbare Anzahl an Energieniveaus definiert durch:
mit der Delta-Distribution .
Daraus erhält man durch Erweitern mit (der kleinsten erlaubten Änderung von k für ein Teilchen in einem Kasten der Dimension d und Länge L) und Übergang zu einem Riemann-Integral (Limes ) die auf das Volumen bezogene Zustandsdichte für kontinuierliche Energiniveaus:
mit
- der räumlichen Dimension des betrachteten Systems
- dem Betrag des Wellenvektors.
Äquivalent kann die Zustandsdichte auch als Ableitung der mikrokanonischen Zustandssumme nach der Energie aufgefasst werden:
Die Zahl der Zustände mit Energie (Entartungsgrad) ist gegeben durch:
- , wobei das letzte Gleichheitszeichen nur dann gilt, wenn der Mittelwertsatz der Integralrechnung für das Integral anwendbar ist.
Anschauung
Anschaulich zählt man die Mikrozustände für eine vorgegebene Energie : betrachtet man ein System mit N Mikrozuständen , so wird die Zustandsdichte beschrieben durch
da das Integral über die Zustandsdichte gerade die Gesamtzahl der Mikrozustände liefert:
und außerdem liefert folgendes Integral die Zahl der Mikrozustände bei Energie E:
In obiger Formel ist zumindest für die Anschauung die Eigenschaft der Deltadistribution wichtig, die jedoch nur für endlich viele und einfache Nullstellen von gilt.
n-dimensionales Elektronengas
Die folgenden Erläuterungen beziehen sich vorrangig auf Anwendungen in der Festkörperphysik.
In einem n-dimensionalen Elektronengas können sich Ladungsträger in den Dimensionen 1, …, n frei bewegen. Der entsprechende Anteil der Energie ist kontinuierlich und kann unter Nutzung der parabolischen Näherung angegeben werden:
Dabei ist
- m* die effektive Masse des Ladungsträgers im Festkörper, genauer ist m* die effektive Zustandsdichtemasse
- das (durch geteilte) Plancksche Wirkungsquantum.
Im Gegensatz dazu ist die Energiekomponente der anderen Dimensionen diskretisiert in den Werten . Die (auf das Volumen V bezogene) Zustandsdichte kann allgemein beschrieben werden:
Darin entspricht
- der Vorfaktor 2 den zwei möglichen Spinzuständen (oft wird er aber in berücksichtigt, hier wurde dies nicht so gemacht)
- dem Volumen des Festkörpers
- N(E) der Anzahl aller Zustände mit Energie kleiner gleich E (vgl.: Mikrokanonische Zustandssumme ):
-
- beschreibt im n-dimensionalen k-Raum das Gesamtvolumen aller Zustände, die bei der verbleibenden Energie zugänglich sind
- ist das Volumen eines solchen Zustandes.
- beschreibt hier die Heaviside-Funktion.
Gesamtvolumen aller Zustände |
Volumen eines Zustandes |
(auf das Volumen bezogene) Zustandsdichte | |
---|---|---|---|
im k-Raum bei der verbleibenden Energie | |||
3D – Bulk | |||
2D – Quantentopf/Quantenfilm | |||
1D – Quantendraht | |||
0D – Quantenpunkt |
Im Halbleiter
In Halbleitermaterialien wird wegen der periodisch auftretenden Atomkerne ein ähnlicher Ansatz für das Leitungs- und Valenzband gemacht (siehe Bändermodell). Halbleiter zeichnet aus, dass ihre Dispersionkurven oder auch Bandstruktur ein Maximum (Valenzband) und Minimum (Leitungsband) besitzt, welche nicht überlappen, sondern durch die Bandlücke getrennt sind. Dabei wird bei einer Versetzung der Extrema im k-Raum (Impulsraum) von einem indirekten, bei gleichem Impulsunterschied von einem direkten Halbleiter gesprochen. Das funktionale Verhalten um solche Extremwerte lässt sich parabolisch (quadratisch) nähern. Die Krümmung dieser zur Näherung verwendeten Form muss allerdings nicht mit der Krümmung der Dispersionskurve der oben besprochenen freien Elektronen übereinstimmen. Stattdessen weist man den Ladungsträgern, also Elektronen und Löchern, in den beiden Bändern bei diesen Extrema effektive Massen m* zu so, dass nun die funktionale Beschreibung identisch zu der, der echten freien Elektronen, ist.
Die Energie der Leitungsband-Unterkante sei , die der Valenzband-Oberkante , die Differenz ist gleich der Bandlückenenergie . Die Zustandsdichte im Leitungsband ist ( ist die Zustandsdichtemasse des Elektrons im Leitungsband, also seine gemittelte effektive Masse):
Die Zustandsdichte im Valenzband ist ( ist die Zustandsdichtemasse des Lochs im Valenzband):
Bei dotierten Halbleitern treten zu diesen möglichen Zuständen noch Zustände in der Bandlücke auf. Diese sind bei n-Dotierung nahe am Leitungsband und bei p-Dotierung nahe am Valenzband. Durch Zuführen von Energie kann die Aktivierungsenergie überwunden werden und es bilden sich vermehrt besetzte Zustände in Leitungs- bzw. Valenzband. Darüber hinaus ändert sich durch Dotierung die Lage des Fermi-Niveaus: es wird bei n-Dotierung angehoben, bzw. senkt sich bei p-Dotierung zum Valenzband hin ab. Bei einer n-Dotierung sind damit bereits bei Raumtemperatur wegen der thermischen Energie weit mehr Zustände im Leitungsband besetzt als bei einem undotierten Material. Die zusätzlichen freien Ladungsträger können damit den Stromtransport erhöhen.
Die thermische Besetzung der Zustände wird durch die Fermi-Verteilung bestimmt. Die Wahrscheinlichkeitsdichte, dass ein Zustand mit der Energie besetzt ist, schreibt sich
Die Wahrscheinlichkeitsdichte, dass ein Zustand mit der Energie nicht besetzt oder äquivalent ausgedrückt mit einem Loch besetzt ist, schreibt sich
Damit lassen sich die Ladungsträgerdichten, also Elektronendichte im Leitungsband und Löcherdichte im Valenzband, angeben:
sowie
Eigentlich sollten die Integrationsgrenzen nicht bis unendlich ausgedehnt sein, sondern nur bis zum Ende des jeweiligen Bandes. Allerdings ist dort die Fermi-Verteilung schon näherungsweise Null – das chemische Potential liegt nämlich im Bereich der Bandlücke – sodass der Fehler vernachlässigbar ist. Zur Berechnung dieser Integrale siehe Fermi-Dirac-Integral.
Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de Seite zurück© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 15.12. 2023