Iod / Jod

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[9] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Gefahr
H- und P-Sätze H:
  • Gesundheitsschädlich bei Hautkontakt oder Einatmen.
  • Verursacht Hautreizungen.
  • Verursacht schwere Augenreizung.
  • Kann die Atemwege reizen.
  • Schädigt die Organe (alle betroffenen Organe nennen) bei längerer oder wiederholter Exposition (Expositionsweg angeben, wenn schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
  • Sehr giftig für Wasserorganismen.
P:
  • Freisetzung in die Umwelt vermeiden.
  • Bei Berührung mit der Haut: Mit viel Wasser / … waschen. (Die vom Gesetzgeber offen gelassene Einfügung ist vom Inverkehrbringer zu ergänzen)
  • Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter spülen.
  • ​Bei Unwohlsein ärztlichen Rat einholen / ärztliche Hilfe hinzuziehen.
[1]
MAK Schweiz: 0,1 ml/m3 bzw. 1 mg/m3[10]
Toxikologische Daten

Iod (standardsprachlich: Jod) ist ein chemisches Element mit dem Elementsymbol I (vor der internationalen Elementsymboleinführung J) und der Ordnungszahl 53. Im Periodensystemsteht es in der 7. Hauptgruppe (17. Gruppe) und gehört somit zu den Halogenen. Der Name leitet sich vom altgriechischen Wort "ioeides" ( ιο-ειδής ) für "veilchenfarbig, violett" ab. Beim Erhitzen freigesetzte Dämpfe sind charakteristisch violett.

Iod ist bei Raumtemperatur ein Feststoff, der schlecht wasserlöslich, aber gut löslich in wässriger Kaliumiodid-Lösung und sehr gut löslich in Ethanol und anderen organischen Lösungsmitteln ist.

In der deutschen Alltagssprache ist Jod die gebräuchliche Schreibweise, auch in der älteren chemischen und überwiegend auch in der aktuellen medizinischen Fachliteratur wird diese Schreibweise benutzt. Die Schreibweise Iod wird im Duden mit dem Hinweis auf Jod aufgeführt; es wird auf die Fachsprachlichkeit hingewiesen. Auch das Elementsymbol I wird erst in der neueren chemischen Fachliteratur benutzt, in der älteren Literatur findet man durchgängig die Elementbezeichnung J.

Iod ist ein unentbehrlicher Bestandteil des Organismuses von Säugetieren und wird mit der Nahrung aufgenommen. Am höchsten ist die Konzentration beim Menschen in der Schilddrüse und wird dort in den Hormonen Thyroxin und Triiodthyronin und als Diiodtyrosin genutzt. Jodmangel im Trinkwasser und der Nahrung ist in der Regel für das Auftreten des Kropfs und somit einer Iodunterversorgung verantwortlich. Als Vorbeugung wird der wöchentlich ein- bis mehrmalige Verzehr von Seefisch sowie die Verwendung von sogenanntem Jodsalz (Speisesalz mit Natrium- oder Kaliumiodat versetzt) empfohlen. Durch diese individuelle Jodprophylaxe und die Iodierung von Futtermitteln wird in Deutschland der Mangel an Iod in den Böden teilweise ausgeglichen. Es konnte erreicht werden, dass in der Gesamtiodversorgung der Bevölkerung die Vorgaben der WHO knapp eingehalten werden (Stand 2007).

Geschichte

Die physiologische Bedeutung iodhaltiger Zubereitungen war schon im Altertum bekannt. So wurden bereits 1500 Jahre vor unserer Zeitrechnung Kropfkranken die iodhaltigen Schilddrüsen von Schafen oder Aschen von Meeresschwämmen verordnet.

Iod wurde erstmals im Jahr 1811 durch den Pariser Salpetersieder Bernard Courtois bei der Herstellung von Schießpulver aus der Asche von Seetang gewonnen. Den elementaren Charakter erforschten jedoch erst ab 1813 die französischen Naturwissenschaftler Nicolas Clément und Joseph Louis Gay-Lussac, der ihm ein Jahr später den heutigen Namen verlieh.

Vorkommen

Iod ist abgesehen von Astat wesentlich seltener als die übrigen Halogene. In der Natur ist es weit verbreitet, jedoch nur in Form seiner Verbindungen, zum Beispiel angereichert (0,02-1 %) im Chilesalpeter, hauptsächlich in Form von Natriumiodat (NaIO3), aber auch Natriumperiodat (NaIO4) und Lautarit (Ca(IO3)2). In geringen Spuren ist es in Böden und Gesteinen nachweisbar. Im Durchschnitt enthält 100 Gramm wasserfreier Feinboden aus dem deutschen Raum etwa 2,5 Milligramm Iod. Der Iodgehalt des Bodens ist wesentlich für die Versorgung der Bevölkerung mit natürlichem Iod. Als Iodwasserstoff kommt es in geringsten Mengen in vulkanischen Gasen vor.

Lösliche Iodverbindungen wie Alkali- und Erdalkaliiodide werden während der Verwitterung von Gesteinen durch Regenwasser freigesetzt oder zerfallen bei höheren Temperaturen. So gelangen sie schließlich in die Meere und ins Grundwasser. Einige Mineralwässer enthalten Iod. Die Mineralquelle von Woodhall Spa in Lincolnshire (England) bringt Wasser hervor, das durch Iod braun gefärbt ist. Im Meerwasser liegt die Menge an Iod bei 0,05 Gramm pro Tonne.

Organische Iodverbindungen kann man aus Meeresalgen (19 Gramm Iod pro Kilogramm Trockenmasse), Tangen und Schwämmen (bis zu 14 Gramm Iod pro Kilogramm Trockenmasse) isolieren. Einen wichtigen Speicher für organisch gebundenes Iod stellt die Schilddrüse dar.

Isotope

Vom Iod sind bisher 36 Isotope und 10 Kernisomere bekannt. Von diesen ist nur ein Isotop stabil, so dass natürlich vorkommendes Iod zu 100 % aus dem einzigen stabilen Isotop 127I besteht. Iod ist daher ein Reinelement (anisotop). Von den instabilen Isotopen besitzt der Betastrahler Iod 129I mit 15.700.000 Jahren eine sehr lange Halbwertszeit. Daneben gibt es vier Isotope mit mehr als einem Tag Halbwertszeit. Iod 124I hat 4,1760 Tage, Iod 125I hat 59,408 Tage, Iod 126I hat 13,11 Tage, und Iod 131I hat 8,02070 Tage Halbwertszeit. Die restlichen Isotope und Kernisomere haben mit 3,27 µs beim Kernisomer Iod 116m1I und 20,8 Stunden beim Iod 133I kurze Halbwertszeiten. Instabile Iodisotope entstehen z.B. bei der Kernspaltung und stellen bei ihrer Freisetzung in die Luft eine Gesundheitsgefahr dar, weil sie sich in der Schilddrüse anreichern können.

Gewinnung und Darstellung

Früher gewann man Iod in Form von Iodiden und Iodaten, indem man die durch die Flut an den Strand angeschwemmten Tange einsammelte und verbrannte. Die erhaltene Asche enthielt etwa 0,1-0,5 % Iod. Diese Iodgewinnung hat heute jedoch nur noch lokale Bedeutung und macht ungefähr 2 % der Weltjahresproduktion aus.

Die technische Gewinnung von Iod ist eng mit der Salpetergewinnung verknüpft. Das in den Mutterlaugen enthaltene Iodat wird durch Reduktion in Iod umgewandelt. Im ersten Reaktionsschritt setzt man Schweflige Säure ein, um Iodsäure (Iodat ist das Anion dieser Säure) zu Iodwasserstoff zu reduzieren:

\mathrm{HIO_3 + 3 \ H_2SO_3 \rightarrow HI + 3 \ H_2SO_4}
Iodsäure und Schweflige Säure reagieren zu Iodwasserstoff und Schwefelsäure

Der Iodwasserstoff wird wiederum in einem zweiten Schritt durch die in der Lösung vorhandene Iodsäure zu Iod oxidiert. Man spricht in diesem Fall von einer Komproportionierung, da Iod in zwei verschiedenen Oxidationsstufen (-1 im Iodwasserstoff und +5 in der Iodsäure) zu elementarem Iod mit der Oxidationsstufe 0 wird.

\mathrm{HIO_3 + 5 \ HI \rightarrow 3 \ H_2O + 3 \ I_2}
Iodsäure und Iodwasserstoff komproportionieren zu Wasserund Iod

Alternativ kann zur Reduktion auch Schwefeldioxid (SO2) den Endlaugen, aus denen der Salpeter bereits auskristallisiert ist, zugesetzt werden.

Bei der Erdöl- und Erdgasförderungfallen bedeutende Mengen an Salzsole an, die einen Iodgehalt zwischen 30 bis über 100 ppm aufweisen. Das in Form von Natriumiodid vorliegende Iod wird durch die Oxidation mit Chloraus der Sole freigesetzt:

\mathrm{2 \ NaI + Cl_2 \rightarrow 2 \ NaCl + I_2}
Natriumiodid und Chlor reagieren zu Natriumchlorid und Iod

Eine weitere Reinigung des gewonnenen Iods wird dadurch erreicht, dass es mit Luft ausgeblasen, anschließend mit Schwefeldioxid in schwefelsaurer Lösung wieder reduziert und zum Schluss mit gasförmigem Chlor zum Iod zurück oxidiert wird.

\mathrm{I_2 + SO_2 + 2 \ H_2O \rightarrow 2 \ HI + H_2SO_4}
Iod wird durch Schwefeldioxid zu Iodwasserstoff reduziert
\mathrm{2 \ HI + Cl_2 \rightarrow 2 \ HCl + I_2}
Iodwasserstoff und Chlor reagieren zu Chlorwasserstoffund Iod

Chromatographisch kann Iod mittels Adsorption von Polyiodid an Anionenaustauschern angereichert werden. Zur Reinstherstellung setzt man Kaliumiodid und halogenfreies Kupfersulfat ein.

Im Labormaßstab lässt sich Iod durch Einwirken von Schwefelsäure und Mangan(IV)-oxid auf Kaliumiodid herstellen. Die Gewinnung gelingt ebenso aus der iodhaltigen Asche von Meerespflanzen durch Behandlung mit Chlor.

Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Iod, I, 53
Serie Halogene
Gruppe, Periode, Block 17, 5, p
Aussehen Gas: dunkel-violett,
fest: grau, glänzend
CAS-Nummer Extern 7553-56-2
EG-Nummer 231-442-4
ECHA-InfoCard Extern 100.028.585
ATC-Code
Massenanteil an der Erdhülle 0,06 ppm
Physikalisch
Aggregatzustand fest
Kristallstruktur orthorhombisch
Dichte 4,94 g/cm3
Magnetismus diamagnetisch (\chi_{m} = -4,3 · 10-5)
Schmelzpunkt 386,85 K (113,70 °C)
Siedepunkt 457,2 K (184 °C)
Molares Volumen 25,72 &mddot; 10-6 m3/mol
Verdampfungswärme 41,6 kJ/mol
Schmelzwärme 7,76 kJ/mol
Dampfdruck 35 Pa bei 298 K
Wärmeleitfähigkeit 0,449 W/(m · K)
Chemisch
Oxidationszustände ±1, 3, 5, 7
Normalpotential 0,536 V (I2 + 2 e → 2 I)
Elektronegativität 2,66 (Pauling-Skala)

Eigenschaften

Dampfdruck von Iod

Physikalische Eigenschaften

Iod ist unter Standardbedingungen ein Feststoff, der grauschwarze, metallisch glänzende Schuppen bildet, deren Dichte 4,93 g/cm3 beträgt. Iod geht beim Schmelzen (Schmelzpunkt 113,70 °C) in eine braune, elektrisch leitfähige Flüssigkeit über. Es siedet bei 184,2 °C unter Bildung eines violetten Dampfes, der aus I2-Molekülen besteht. Iod sublimiert schon bei Zimmertemperatur, so dass ein Schmelzen nur unter rascher und starker Temperaturerhöhung möglich ist.

Kristall- und Molekülstruktur

Iod besitzt die Eigenschaften eines Halbleiters. Diese Eigenschaften sind auf das Vorhandensein eines Schichtgitters zurückzuführen, in dem einzelne Ebenen aus I2-Molekülen (Bindungslänge 271,5 pm) bestehen. Der Abstand der Ebenen in einem orthorhombischen Schichtkristall beträgt 441,2 pm und entspricht damit dem Van-der-Waals-Abstand zwischen zwei Iod-Atomen (430 pm). Das Ergebnis der Messung des kürzesten Abstands zwischen zwei Iod-Molekülen liegt mit 349,6 pm deutlich darunter.

Chemische Eigenschaften

Iod reagiert weitaus weniger heftig mit anderen Elementen wie Phosphor, Aluminium, Eisenund Quecksilberals Chlorund Brom. Mit Wasserstoffreagiert Iod zu Iodwasserstoff, welcher beim leichten Erwärmen jedoch schnell wieder in die Elemente zerfällt.

\mathrm{I_2 + H_2\, \overrightarrow{\leftarrow}\, 2\,HI}
Iod und Wasserstoff stehen mit Iodwasserstoff im Gleichgewicht. Bei erhöhter Temperatur wird dieses nach links verschoben.

Mit Ammoniakfindet aufgrund der damit verbundenen Volumenzunahme eine explosionsartige Reaktion statt.

\mathrm{3\,I_2 + 2\,NH_3 \rightarrow 6\,HI + N_2}
Drei Mol Iod und zwei Mol Ammoniak reagieren zu sechs Mol Iodwasserstoff und einem Mol Stickstoff.

Mit Ammoniaklösung bildet Iod Triiodstickstoff (NI3).

Eine interessante Eigenschaft des Iods äußert sich darin, Polyiodidverbindungen einzugehen. Dabei verbinden sich gelöste I2-Moleküle jeweils mit einem Iodid-Anion zum einfach negativ geladenen I3-Anion. Eine Eigenschaft dieser Polyiodidverbindung ist, dass sie sich in Stärke-Helices einlagert. Diese Einlagerungsverbindungen rufen bereits in geringen Konzentrationen eine intensive Blaufärbung hervor (empfindlicher und spezifischer Iod-Stärke-Nachweis).

Iod-Kationen

Vom Iod sind verschiedene Kationen bekannt. So entsteht das blaue Diiod-Kation I2+, wenn Iod durch in Schwefelsäure gelöstes Schwefeltrioxid (65%iges Oleum: H2SO4 · 2 SO3) oxidiert wird:

\mathrm{2\,I_2 + 2\,SO_3 + H_2SO_4 \rightarrow 2\,I_2^+ + SO_2 + 2\,HSO_4^-}

Zur Oxidation kann ebenso Antimon(V)-fluorid bzw. Tantalpentafluorid in flüssigem Schwefeldioxid verwendet werden:

\mathrm{2\,I_2 + SbF_5 \rightarrow 2\,I_2^+ + SbF_3 + 2\,F^-}

Es gelang jedoch bisher nicht, Verbindungen mit dem unsolvatisierten, das heißt lösungsmittelfreien Monoiod-Kation I+ herzustellen. Selbst in Verbindung mit einer extrem schwachen Lewis-Base wie dem Perchlorat-Anion ClO4 findet man kovalent gebundenes Iod vor. In der Gasphase kann man das I+-Ion bei Abwesenheit eines Gegenions jedoch nachweisen.

Verwendung

Behandlung einer Wunde mit einer antiseptischen Iod-Lösung.

Iodtinktur und Iodoform enthalten Iod in elementarer bzw. gebundener Form und dienen als Antimykotikum und Antiseptikum. Es wird vermutet, dass die desinfizierende Wirkung auf der Abspaltung von Sauerstoff aus Wasser beruht. Dieser Sauerstoff ist kurz nach seiner Freisetzung (in statu nascendi) besonders reaktionsfähig:

\mathrm{2 \ I_2 + 2 \ H_2O \rightarrow 4 \ HI + O_2}

Dieser Mechanismus wird auch für die anderen Halogene diskutiert. Iod wird aus diesem Grund in einzelnen Fällen auch zur Desinfektion von Wasser in Badeanstalten genutzt. Vorteilhaft ist in diesem Zusammenhang, dass Iod weniger aggressiv ist als Chlor. Allerdings vermag diese Wasserbehandlung nicht Algen abzutöten, so dass zusätzlich ein Algizid zugesetzt werden muss. Der intensive Gebrauch von Iod kann aber zu Hautverfärbungen führen. Auch besteht die Gefahr der Allergisierung. Beides ist durch Einsatz von so genannten Iodophoren, Trägermaterialien, die Iod binden können, vermeidbar.

Iodate werden in Form von Natriumiodat oder Kaliumiodat in geringen Mengen dem Speisesalz zugesetzt, um Jodmangelerkrankungen vorzubeugen. Es wird im Handel umgangssprachlich als Jodsalz angeboten.

Die radioaktiven Iod-Isotope 131I (8,02 Tage Halbwertszeit) und 123I (13,22 Stunden Halbwertszeit) werden als Radiopharmaka in der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie vorwiegend von Schilddrüsenerkrankungen eingesetzt, wobei 131I heute verstärkt zum Einsatz kommt. Zur Bestimmung des Knochenmineralgehalts wird 125I (Gammastrahlung von γ = 35 keV, 59,4 Tage Halbwertszeit) herangezogen.

Iod ist ein häufig eingesetzter Katalysator bei chemischen Reaktionen. So verwendet man es bei stereospezifischen Polymerisationen von 1,3-Butadien. Die Sulfurierung aromatischer Verbindungen sowie die Alkylierung und Kondensation aromatischer Amine sind weitere Einsatzfelder.

Aromatische Iodverbindungen werden als Röntgenkontrastmittel in der Diagnostik eingesetzt.

Natriumiodid wird als Szintillator in Szintillationszählern eingesetzt.

Strahlenschutz

Radioaktive Iod-Isotope sind im Fallout von Nuklearexplosionen und im Reaktor von Kernkraftwerken (KKWs) enthalten. Für den Fall eines Atomunfalles mit der Freisetzung radioaktiver Iodisotope bevorraten Bund und Länder in der Umgebung der deutschen Kernkraftwerke insgesamt 137 Millionen Kaliumiodid-Tabletten mit hohem Gehalt des stabilen Iodisotops 127I (meist als "Jod-Tabletten" bezeichnet), die im Kontaminierungsfall durch eine Iodblockade die Aufnahme der radioaktiven Iodisotope in der Schilddrüse verhindern sollen.

Iod gilt als sehr flüchtiges Radionuklid, das als Ergebnis der Kernspaltung in hoher Konzentration im Gap, dem Spalt zwischen den Brennstofftabletten und dem Hüllrohr der KKW-Brennstäbe, vorliegt. Sollte das Containment des KKW im Falle eines Kernschadens oder gar einer Kernschmelze nach Unfalleintritt ein Leck aufweisen, so sorgt es aus Sicht des Strahlenschutzes für großen Schaden, da es praktisch als erstes Nuklid, neben den radioaktiven Isotopen 85Kr und 135Xe der Edelgase Krypton und Xenon, in größerer Konzentration freigesetzt wird und in den biologischen Kreislauf gelangt.

Biologische Bedeutung

Das Schilddrüsenhormon Thyroxin

Schilddrüsenhormone

Iod spielt im Organismus hauptsächlich eine Rolle für die Produktion der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3), die vier bzw. drei Iodatome enthalten. Der Iodvorrat im menschlichen Körper wird auf 10 bis 30 Milligramm beziffert. Jodmangel führt zunächst nur zu einer euthyreoten Kropfbildung. Erst ein ausgeprägter Jodmangel hat auch eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) zur Folge, die sich durch eine Minderproduktion von T4 und T3 auszeichnet. Da die Schilddrüsenhormone wesentliche Funktionen in der Regulation von Stoffwechselprozessen in beinahe jeder Zelle des Körpers übernehmen, resultieren aus einer Schilddrüsenunterfunktion schwerwiegende Stoffwechsel- und Entwicklungsstörungen.

In Deutschland kommen Iodverbindungen in den Böden unverändert in zu geringen Mengen vor. Durch die Jodprophylaxe, die im Wesentlichen aus der Iodierung von Speisesalz ("Jodsalz") und der Iodierung von Futtermitteln in der Landwirtschaft besteht, konnte die Iodversorgung in Deutschland soweit verbessert werden, dass die Iodurie bei Kindern — die als zuverlässigstes Kriterium zur Beurteilung der Iodversorgung gilt — in einer großen Stichprobe zwischen 2003 und 2006 im Median 117 µg/l erreichte. Sie lag damit im unteren Bereich der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Spanne von 100 bis 200 µg/l.

Nach Aufnahme von größeren, im Milligrammbereich liegenden Dosen von Iodverbindungen treten Reizwirkungen an Haut und Schleimhäuten auf. Dies kann zum "Jodismus" führen, einhergehend mit den Symptomen Schnupfen ("Jodschnupfen"), Konjunktivitis, Bronchitis und Exanthemen. Die Wirkung auf die Bronchialschleimhaut hat dazu geführt, dass Iodsalze früher als Expektorans benutzt wurden. Andererseits kann hochdosiertes Iodid bei Hyperthyreose zur Suppression genutzt werden, da es die Freisetzung und die Synthese von Schilddrüsenhormonen hemmt.

Sicherheitshinweise

Iod ist von der EU als Gefahrstoff klassifiziert, dessen Freisetzung in die Umwelt zu vermeiden ist. Beim Umgang mit dem Element sind entsprechende Schutzmaßnahmen einzuhalten. Reste von Iod sind mit Natriumthiosulfat-Lösung zu behandeln (→ Reduktion zu Iodid). Vor der Entsorgung ins Abwasser muss der pH-Wert des Reaktionsgemisches mit Natriumhydrogencarbonat neutralisiert werden. Iod darf niemals mit Ammoniak in Verbindung gebracht werden, da sich sonst explosiver Iodstickstoff bilden kann.

Analytik

Klassische qualitative Analytik von Iod

Die Iod-Stärke-Reaktion ist die bekannteste Methode um elementares Iod nachzuweisen. Für den Nachweis gibt man etwas wässrige Stärkelösung in die zu untersuchende Probe. Bei Anwesenheit von Iod bildet sich ein farbiger Komplex aus.

Iodid-Ionen sich durch spezifische Fällungsreaktionen nachweisen. Sehr bekannt ist die Reaktion mit Silbernitrat, was zu einer Fällung von gelbem Silberiodid führt:

\mathrm{AgNO_3 + NaI \rightarrow AgI \downarrow + NaNO_3}

Quecksilber(I)-nitrat fällt, wenn es im Überschuss eingesetzt wird, Iodid-Ionen in Form von gelbgrünem Quecksilber(I)-iodid:

\mathrm{Hg_2(NO_3)_2 + 2 \ NaI \rightarrow Hg_2I_2 \downarrow + 2 \ NaNO_3}

Wird dagegen Quecksilber(II)-nitrat verwendet, so erhält man einen roten Niederschlag von Quecksilber(II)-iodid:

\mathrm{Hg(NO_3)_2 + 2 \ NaI \rightarrow HgI_2 \downarrow + 2 \ NaNO_3}

Die Redoxreaktion von elementarem Chlor mit Iodid ist die Grundlage einer weiteren qualitativen Nachweisreaktion. Chlorwasser vermag Iodid zu elementarem Iod zu oxidieren, während Chlor zum Chlorid reduziert wird. Das gebildete Iod wird als bräunliche Färbung sichtbar. Es kann mit organischen Lösungsmitteln (z.B. Chloroform oder Tetrachlorkohlenstoff) extrahiert werden und zur photometrischen quantitativen Analyse herangezogen werden.

\mathrm{2\,I^- + Cl_2 \longrightarrow I_2\! + 2\,Cl^- }

Instrumentelle quantitative Analytik des Iods

Atomabsorptionsspektrometrie (AAS)

Iod ist mit Hilfe der AAS praktisch nicht routinemäßig nachweisbar, da die Resonanzlinie im Vakuum-UV bei 183,0 nm liegt. Lediglich vereinzelte analytische Arbeitsgruppen berichten von indirekten Verfahren, welche jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet sind.

Atomemissionsspektrometrie (AES)

Iodid kann mit Hilfe der ICP-AES (ICP, induktiv-gekoppeltes Plasma) nachgewiesen werden. Eine Methode ist die oxidative Ioddampferzeugung. Die aus Iodat reduktiv erzeugten Iodidionen werden im Plasma atomisiert und zur Emission bei 178,3 nm angeregt. Die mit dieser Methode erreichte Nachweisgrenze beträgt 0,4 µg/l.

Massenspektrometrie (MS)

In der Natur kommen insgesamt acht Iodisotope mit unterschiedlicher Häufigkeit vor, wobei 127Iod als einziges stabil vorliegt. Für die Massenspektrometrie werden üblicherweise die Isotope 127Iod oder 126Iod genutzt. Mit Hilfe der ICP-Quadrupol-MS (ICP, induktiv-gekoppeltes Plasma) konnte das Isotop 127Iod in aufgeschlossenen Gesteinsproben mit einer Nachweisgrenze von 0,013 ng/ml bestimmt werden.

Ionenchromatographie (IC)

Eine gute Methode, um Iodide aus einer Probelösung zu separieren, ist die Anionenaustausch-Chromatographie. Dabei wird Iodid auf einer Ionentauschersäule von anderen Ionen getrennt. Die Detektion erfolgt z.B. mit Hilfe elektrochemischer Detektoren, die entweder die Leitfähigkeit des Eluats messen oder mittels gepulster Amperometrie die geflossene Strommenge bestimmen. Mit Hilfe der gepulsten Amperometrie konnte eine Nachweisgrenze von 0,5 µg/l Iodid im Meerwasser erzielt werden. Seit kurzer Zeit wird die Ionenchromatographie auch mit der Massenspektrometrie gekoppelt. Die IC-Tandem-MS-Technik erreicht eine Nachweisgrenze von 0,33 µg/l Urin.

Photometrie

Die bekannteste Methode zur photometrischen Erfassung von Iodid ist die kinetische Methode nach Sandell und Kolthoff. Die katalytische Wirkung von Iodid auf die Reduktion von Cer(IV) durch As(III) ist proportional zur Iodidkonzentration und kann über die Geschwindigkeit der Entfärbung der gelben Cer(III)-Lösung bestimmt werden. Dieses Verfahren wurde von Moxon und Dixon weiterentwickelt und auf die Oxidation von Thiocyanat durch Nitrit angewandt. Die kinetische Messung der Absorbanz wird bei 450 nm durchgeführt. Es wurde eine Nachweisgrenze für den Gesamtiodgehalt in Nahrungsmitteln von 0,01 µg/g erreicht.

Voltammetrie

Für die elektrochemische Bestimmung von Iodid eignet sich hervorragend die kathodische Stripping-Voltammetrie. Dabei geht der eigentlichen voltammetrischen Bestimmung eine oxidative Anreicherungsperiode auf einer Kohlenstoffpaste-Elektrode bei 700 mV voraus. Das angereicherte Iod wird beim Scannen eines Potentialfensters von 700 mV bis -400 mV wieder reduziert. Der Reduktionsstrom ist proportional zur Iodidkonzentration. Es wurde eine Nachweisgrenze von 0,25 µmol/l erzielt.

Verbindungen

Strukturformel von Iopamidol

Iod bildet Verbindungen in verschiedenen Oxidationsstufen von -1 bis +7. Die stabilste und häufigste Oxidationsstufe ist dabei -1, die höheren werden nur in Verbindungen mit den elektronegativeren Elementen Sauerstoff, Fluor, Chlor und Brom gebildet. Dabei sind die ungeraden Oxidationsstufen +1, +3, +5 und +7 stabiler als die geraden.

Iodwasserstoff und Iodide

Anorganische Verbindungen, in denen das Iod in der Oxidationsstufe -1 und damit als Anion vorliegt, werden Iodide genannt. Diese leiten sich von der gasförmigen Wasserstoffverbindung Iodwasserstoff (HI) ab. Eine wässrige Lösung davon bezeichnet man als Iodwasserstoffsäure. In wässriger Lösung gibt sie sehr leicht das Proton (pKs -10) ab und wirkt daher stärker sauer als Bromwasserstoff (pKs -8,9) oder Chlorwasserstoff (pKs -6,2) in Wasser.

Besonders bekannt sind die Iodide der Alkalimetalle, vor allem Natriumiodid und Kaliumiodid. Iodide sind in der Regel gut wasserlöslich, Ausnahmen sind viele Schwermetalliodide wie z.B. Silberiodid, Quecksilber(I)-iodid, Quecksilber(II)-iodid und Blei(II)-iodid.

Iodide wirken als starke Reduktionsmittel. Lufteinwirkung bewirkt eine allmähliche Braunverfärbung bei Iodiden, Kupfer(II)-Salzlösungen verursachen das Ausfällen von Cu(I)-Iodid und Freisetzen von Iod. Silberiodid ist nur bei Lichtausschluss stabil, bei Belichtung oxidiert Ag(I) das Iodid zu Iod und Silberkristallkeimen (Schwarzfärbung bei Photonegativen).

Iodoxide

Es ist eine größere Anzahl Verbindungen von Iod und Sauerstoffbekannt. Diese sind nach den allgemeinen Formeln IOx (x = 1-4) und I2Ox (x = 1-7) aufgebaut. Von den Iodoxiden sind die Verbindungen I2O4, I4O9, I2O5 und I2O6 bekannt, wovon Diiodpentoxid (I2O5) die stabilste Verbindung ist.

Iodsauerstoffsäuren

Neben den Iodoxiden bilden Iod und Sauerstoff auch mehrere Sauerstoffsäuren, bei denen ein Iodatom von einem bis vier Sauerstoffatomen umgeben ist, sowie die dazugehörigen Salze: Hypoiodige Säure (HIO) und Hypoiodite, Iodige Säure (HIO2) und die entsprechenden Iodite, Iodsäure (HIO3) und Iodate sowie die Periodsäure (H5IO6) und die dazugehörigen Periodate.

Interhalogenverbindungen

Iod geht mit den anderen Halogenen eine Reihe von Interhalogenverbindungen ein. Diese sind Iodfluorid (IF), Iodtrifluorid (IF3), Iodpentafluorid (IF5), Iodheptafluorid (IF7), Iodchlorid (ICl), Ioddichlorid ((ICl2)2), Iodtrichlorid (ICl3) und Iodbromid (IBr). Iod ist in diesen Verbindungen stets das elektropositivere Element.

Organische Iodverbindungen

Eine Vielzahl von organischen Iodverbindungen (auch Organoiodverbindungen) wird synthetisch hergestellt, z.B. Iodalkane und Iodaromaten. Eingesetzt wen Iodite, Iodsäure (HIO3) und Iodate sowie die Periodsäure (H5IO6) und die dazugehörigen Periodate.

Eingesetzt werden sie unter anderem in der Medizin als Kontrastmittel.

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: a b c d e f Eintrag zu Extern Iod in der GESTIS-Stoffdatenbank des Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
  2. Eintrag zu Extern Iodine im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung Extern erweitern.
  3. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Extern Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 7553-56-2 bzw. Iod).
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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 23.10. 2023