Erdöl
Erdöl ist ein in der Erdkruste eingelagertes, hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen bestehendes lipophiles Stoffgemisch. Es ist ein fossiler Energieträger und dient zur Erzeugung von Elektrizität und als Treibstoff fast aller Verkehrs- und Transportmittel. Daneben wird Erdöl in der chemischen Industrie zur Herstellung von Kunststoffen und anderen Chemieprodukten vielfach eingesetzt. Erdöl ist derzeit der wichtigste Rohstoff der modernen Industriegesellschaften. Deshalb wird es auch "Schwarzes Gold" genannt. Allein in den Jahren von 2000 bis 2007 wurden etwa 200 bis 220 Milliarden Barrel des Rohstoffs weltweit gefördert. Ein Barrel entspricht 159 Liter.
Wortherkunft
Von den Babyloniern stammt das Wort "naptu" (von nabatu = leuchten) für Erdöl, welches in der Bezeichnung "Naphtha" gegenwärtig noch Bestand hat. Dieser Ausdruck deutet darauf hin, dass schon früh das Erdöl zu Beleuchtungszwecken diente. Die Babylonier waren es auch, die wichtige Straßen und Zufahrten zu Kultstätten mit einer dünnen Asphaltschicht abdeckten. Die Verwendung von Bitumen ("Erdpech") war im babylonischen Reich so allgegenwärtig, dass Hammurabi dem Stoff einige Kapitel in seinem Gesetzeswerk 1875 v. Chr. einräumte − die erste nachweisbare staatliche Regulierung von Erdöl.
Das Wort Petroleum ist lateinischen Ursprungs: "oleum petrae", deutsch Stein- oder Felsöl. Dies geht auf Entdeckungen der Römer in Ägypten zurück, wo sie in einem Gebirgszug am Golf von Sues Erdöl aus dem Gebirge austreten sahen.
Geschichte
Gefunden wurde Erdöl schon vor einigen tausend Jahren dank seiner Eigenschaft, dass es eine geringere Dichte als Wasser besitzt und deshalb in den Hohlräumen der Schieferton-, Sand- und Karbonat-Sedimente nach oben steigt, von wo es unter günstigen Umständen an die Erdoberfläche zutage tritt (in Deutschland zum Beispiel bei Hänigsen zwischen Hannover und Braunschweig).
Bis an die Erdoberfläche hervorquellendes Erdöl, welches durch die Aufnahme von Sauerstoff asphaltartige Stoffe bildete, wurde schon vor 12.000 Jahren im vorderen Orient, vor allem in Mesopotamien, als Bitumen entdeckt. Die Menschen lernten die Eigenschaften dieses Naturprodukts zu nutzen: So erhielt man durch Vermischen von Erdöl mit Sand, Schilf und anderen Materialien ein Produkt zur Abdichtung von Schiffsplanken.
Man nimmt an, dass schon die römische Armee Erdöl als Schmierstoff für Achsen und Räder gebrauchte. Es wurde auch schon früh als Kriegswaffe eingesetzt; so wurden im frühmittelalterlichen Byzantinischen Reich mit Erdöl betriebene Flammenwerfer hergestellt, das sogenannte "griechische Feuer".
Als Startschuss der modernen Erdölindustrie gilt das Patent von 1855 auf die Herstellung von Kerosin aus Kohle oder Erdöl, das dem kanadischen Arzt und Geologen Abraham P. Gesner in den USA erteilt wurde. Hintergrund war die Suche nach einer preiswerten Alternative zu Walöl als Brennstoff für Lampen. Kerosin als Leuchtmittel blieb bis zum Aufstreben der Automobilindustrie in den 1920ern die wichtigste Verwendung von Erdöl. Heute ist Erdöl die Grundlage unserer Industriegesellschaft. Erdöl ist der wichtigste Energieträger und Ausgangsstoff für zahlreiche Produkte der chemischen Industrie, wie Düngemittel, Kunststoffe, Lacke und Farben oder auch Medikamente.
Entstehung
Erdöl entsteht aus abgestorbenen Meeresorganismen wie Algen. Sie werden im Laufe von mehreren hunderttausend bis mehreren Millionen Jahren auf dem Meeresgrund abgelagert. Herrschen in der betreffenden Meeresregion sauerstoffarme Bedingungen nahe des Meeresgrundes, so bilden sich im Laufe der Zeit mächtige Sedimentfolgen mit hohem Anteil biogenen Materials. Die Abwesenheit von Sauerstoff in dieser Ablagerungsumgebung verhindert die vollständige Verwesung der Biomasse, ein Faulschlamm entsteht. Im Laufe von Jahrmillionen wird dieser durch Überdeckung mit weiteren Sedimenten hohen Drücken und Temperaturen ausgesetzt. Unter diesen Bedingungen werden die in der Biomasse enthaltenen wasserunlöslichen, langkettigen Kohlenwasserstoffe, die sogenannten Kerogene in kurzkettige gasförmige und flüssige Kohlenwasserstoffketten aufgespalten, ein Prozess der in der Industrie auch als Cracken bekannt ist.
Die fein verteilten Kerogene werden durch Druck und Temperatur zersetzt, jedoch nicht oxidiert. Sie können innerhalb der Poren von Gesteinen wandern. Diesen Prozess nennt man Migration. In sogenannten Speichergesteinen sammeln sich die umgewandelten Kohlenwasserstoffe als Erdöl und Erdgas an. Gerät das Erdöl unter undurchlässige Gesteinsschichten, die seine weitere Wanderung an die Erdoberfläche und seitwärts verhindern (Erdölfalle), reichert es sich dort an und es entsteht eine Erdöllagerstätte. In den Gesteinsporen befinden sich neben Erdöl auch Lagerstättenwasser und Erdgas. Es entsteht zusammen mit Erdöl unter sehr ähnlichen Bedingungen und bildet über Erdöllagerstätten oft eine sogenannte Gaskappe.
Damit die Umwandlung von Kerogenen in Erdöl und Erdgas gelingt, müssen verschiedene geologische Faktoren gesichert sein. Eine wichtige Rolle spielen dabei Drücke und Temperaturen, die im Laufe der Katagenese auftreten. Damit die im Erdöl enthaltenen Kohlenwasserstoffketten stabil bleiben, darf nach derzeitigem Kenntnisstand eine Versenkungstiefe der Mutter- und Speichergesteine von rund 4000 Metern nicht überschritten werden. Diesen Bereich bezeichnet man auch als Erdölfenster. In größeren Tiefen sind nur noch Erdgasvorkommen wahrscheinlich. Optimale Bedingungen für die Entstehung von Erdöl, was Druck, Temperaturen und geeignete Fallenstrukturen angeht, finden sich in der Regel an den passiven Schelfrändern der Kontinente, an Grabenbrüchen und in der Nähe unterirdischer Salzstöcke.
Im Verlauf der weiteren Diagenese können Kerogene bituminös, d.h. zähflüssig und unbeweglich werden. Solche Vorkommen sind für die Förderung wegen der hohen Kosten zunächst uninteressant. Ein hoher Ölpreis könnte aber die Verarbeitung schwerer Ölfraktionen lohnend machen.
Sedimentgesteine, die hohe Anteile biogenen Kohlenstoffs enthalten, werden als Erdölmuttergestein bezeichnet. Ein in Deutschland bekanntes Beispiel für stark kohlenstoffhaltige Sedimente ist der Ölschiefer aus dem Lias Epsilon, der in Süddeutschland des Öfteren an der Oberfläche ansteht und auch im Nordseebereich wichtiges Erdölmuttergestein ist.
Oberflächennahe, erdölhaltige sandige Sedimente werden als Ölsande bezeichnet.
Alternative Ansätze
Alternative Theorien zur Erdölentstehung vermuten die Ursprünge höherer Kohlenwasserstoffe wie Erdöl direkt im Erdmantel und der tieferen Kruste. Sie schließen die Beteiligung von fossilen Lebewesen bei der Entstehung aus und beruhen somit allein auf abiotischen Faktoren. Diese Theorien gelten nach derzeitigem Kenntnisstand als überholt. In der Sowjetunion war die abiogenetische Theorie nach Nikolai Kudrjawzew bereits in den 1950er-Jahren populär. Kudrjawzew hielt reine Planktonansammlungen für nicht geeignet, die bedeutenden natürlichen Methanquellen (vgl. Schlammvulkane) und große Öl- und Ölsandvorkommen zu erklären. Nach Glasby konnten erst neuere biotische Theorien zur Neubildung von Kohlenwasserstoffen und deren Mobilität innerhalb von Gesteinen die früheren abiotischen Annahmen hinreichend erklären.
Die Bildung des einfachsten Kohlenwasserstoffs, Methan, im Rahmen des Carbonat-Silicat-Zyklus ist seit der Entdeckung bedeutender Methanhydratvorkommen am Meeresboden in den 1970er Jahren nicht mehr strittig. Im Westen wurde Thomas Gold mit Theorien zum abiotischen Ursprung von Erdgas bekannt. Golds Theorien führten zu einigen Explorationsbohrungen, die zwar kaum Erdöl, aber Hinweise auf biogene Materie und Bakterienaktivität in bisher für unmöglich gehaltenen Tiefen ergaben.
Ansonsten galt diese These, die auch in der Sowjetunion umstritten war, als russischer Sonderweg ähnlich der Thesen von Trofim Lyssenko in der Genetik, die nur noch von wenigen Forsschern vertreten wurde. Die bekannten Ölfunde sind allesamt auf fossiles biotisches Ausgangsmaterial zurückzuführen. Abiotische Entstehungstheorien gelten als wissenschaftlich exotisch und wurden mitunter als pseudowissenschaftlich bezeichnet.
2009 wurde einer am Labor der Carnegie Institution (USA) erstellten Studie zufolge die mögliche Bildung von Ethan, Propan und Butan sowie molekularem Wasserstoff und Graphit unter Mantelbedingungen nachgestellt was bislang als thermodynamisch ausgeschlossen galt. Einer Presserklärung der Königlich Technischen Hochschule Stockholm zufolge sollte mit den dabei gewonnen Erkenntnissen die zukünftigen Erdölprospektion deutlich erleichtert werden. Selbst die künftige Förderung von Öl im Königreich Schweden wird dabei als möglich betrachtet.
Prospektion
Die gezielte Suche nach Erdöl- und Erdgasvorkommen bezeichnet man als Prospektion. In der Frühzeit der Erdölgewinnung war man auf Anzeichen an der Erdoberfläche angewiesen, die auf Vorkommen von Erdöl schließen ließen. So tritt aus seicht liegenden Lagerstätten ständig Erdöl in geringen Mengen aus. Ein Beispiel dafür ist die seit dem 15. Jahrhundert bekannte, aber mittlerweile versiegte St. Quirins-Quelle bei Bad Wiessee am Tegernsee, aus der über Jahrhunderte Erdöl austrat, das vornehmlich als Heilmittel Verwendung fand. Die Suche nach tief liegenden Ölvorkommen erfolgte früher durch eine eingehende Analyse der geologischen Verhältnisse eines Landstrichs. In der Folge wurden dann an ausgewählten Orten Probebohrungen niedergebracht, von denen ca. 10 - 15 % fündig wurden.
Am Beginn der Erkundung steht das Auffinden von Sedimentbecken. Das geschieht häufig durch gravimetrische oder geomagnetische Messungen. Im nächsten Schritt kommt die Reflexionsseismik zum Einsatz. Dabei werden an der Erdoberfläche akustische Wellen erzeugt, die an den unterschiedlichen Bodenschichten reflektiert werden. Je nach Einsatz an Land oder im Wasser werden unterschiedliche Verfahren werwendet. Quellen seismischer Wellen an Land sind Explosivstoffe, Fallgewichte oder seismische Vibratoren. An der Erdoberfläche ausgelegte Geophone dienen als Sensoren zur Aufzeichnung der Wellen. In der marinen Seismik werden die seismischen Wellen mit Airguns erzeugt. Die Aufzeichnung der Wellen erfolgt mit Hydrophonen, die entweder am Meeresboden ausgelegt oder hinter einem Schiff an der Meeresoberfläche im Schlepp gezogen werden. Aus den Laufzeiten und Charakteristiken der reflektierten Signale lassen sich Schichtenprofile errechnen. In der frühen Phase der Prospektion werden 2D-Messungen durchgeführt, in deren Ergebnis man Schichtenprofile entlang von sich kreuzenden Messlinien erhält. Damit lassen sich kostengünstig größere Gebiete erkunden. Basierend auf den seismischen Daten werden nun auch erste Erkundungsbohrungen getätigt. Im nächsten Schritt werden in ausgewählten Gebieten seismisch 3D-Messungen durchgeführt. Hierbei werden die Punkte zum Erzeugen und Messen seismischer Wellen so ausgelegt, dass man ein dreidimensionales Bild der Gesteinsschichten erhält. In Kombination mit bohrlochgeophysikalischen Messdaten kann nun ein quantitatives Modell der Erdöl- oder Erdgasreserven sowie ein Plan für weitere Bohrungen und zur Förderung erstellt werden.
Gewinnung
Die großtechnische Ausbeutung der Erdöllagerstätten begann im 19. Jahrhundert. Man wusste bereits, dass bei Bohrungen nach Wasser und Salz gelegentlich Erdöl in die Bohrlöcher einsickerte. Die ersten Bohrungen wurden im März 1856 in Dithmarschen von Ludwig Meyn und 1858 bei Wietze in Niedersachsen (nördlich von Hannover) durchgeführt. In einer Tiefe von ca. 50 m wurde gegen 1910 mit 2000 Bohrtürmen etwa 80 % des deutschen Erdölbedarfs gefördert. In Wietze befindet sich heute das Deutsche Erdölmuseum.
Weltberühmt wurde die Bohrung nach Öl, die Edwin L. Drake am 27. August 1859 am Oil Creek in Titusville, Pennsylvania durchführte. Drake bohrte im Auftrag des amerikanischen Industriellen George H. Bissell und stieß in nur 21 Meter Tiefe auf die erste größere Öllagerstätte. Die erste Erdölförderung im Untertagebau fand 1854 in Bóbrka bei Krosno (Polen) statt.
In Saudi-Arabien wurde das "Schwarze Gold" zuerst in der Nähe der Stadt Dammam am 4. März 1938 nach einer Reihe erfolgloser Explorationen von der US-Gesellschaft Standard Oil of California entdeckt.
Allgemein erfolgt die Förderung konventionellen Erdöls heute in folgenden Phasen:
- In der ersten Phase wird Öl durch den natürlichen Druck des eingeschlossenen Erdgases (eruptive Förderung) oder durch "Verpumpen" an die Oberfläche gefördert (primary oil recovery)
- In der zweiten Phase (secondary oil recovery) werden Wasser oder Gas in das Reservoir injiziert (Wasserfluten und Gasinjektion) und damit zusätzliches Öl aus der Lagerstätte gefördert.
- In einer dritten Phase (tertiary oil recovery) werden komplexere Substanzen wie Dampf, Polymere, Chemikalien, CO2 oder Mikroben eingespritzt, mit denen die Nutzungsrate nochmals erhöht wird.
Je nach Vorkommen können in der ersten Phase 10-30 % des vorhandenen Öls gefördert werden und in der zweiten Phase weitere 10-30 %; insgesamt in der Regel also 20-60 % des vorhandenen Öls. Angesichts des hohen Preisniveaus und der globalen Marktdynamik ist damit zu rechnen, dass sich die tertiäre Förderung auch bei "alten" Vorkommen stark intensivieren wird.
Besondere Schwierigkeiten bereitet die Erdölförderung aus Lagerstätten, die sich unter Gewässern befinden ("Off-shore-Gewinnung"). Hier müssen zur Erschließung der Lagerstätte auf dem Gewässergrund stehende oder darüber schwimmende Bohrplattformen (Bohrinseln)eingerichtet werden, von denen aus gebohrt und später gefördert (Förderplattformen) werden kann. Hierbei ist das Richtbohren vorteilhaft, weil dadurch von einer Bohrplattform ein größeres Areal erschlossen werden kann.
Befindet sich die Erdöllagerstätte nahe der Erdoberfläche, so kann das Öl im Tagebau gewonnen werden, Beispiel: Athabasca-Erdölsande, Alberta.
Aus tieferen Lagerstätten wird Erdöl durch Sonden gefördert, die durch Bohrungen bis zur Lagerstätte eingebracht werden.
Nach Abschluss der Bohrarbeiten kann auch eine reine Förderplattform eingesetzt werden. Beispiel: Thistle Alpha.
Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte haben die Ölförderung und ihre Begleiterscheinungen in manchen Entwicklungsländern erhebliche wirtschaftliche, soziale und ökologische Probleme verursacht. Pipelines werden angezapft und ganze Tankschiffe beispielsweise in Nigeria von bewaffneten Gruppen entführt, um das gewonnene Gut (ca. 2,25 Mio. Barrel am Tag) gegen Waffen bei Hehlern zu verkaufen, da viele bewaffnete Gruppen des Nigerdelta sich von dem Staat oft verraten und vor allem von den größeren Mineralölkonzernen bestohlen und ausgebeutet fühlen. Dies führte unter anderem zur blinden Gewalt von Seiten des Staates, wobei eine ganze Kleinstadt dem Erdboden gleichgemacht wurde. Shell sprach von 1000 Gewaltopfern jährlich, amnesty international dagegen von rund 500 Opfern allein in einer Woche.
Weltreserven und Bevorratung
Für das Jahr 2004 wurden die bestätigten Weltreserven je nach Quelle auf 1260 Milliarden Barrel (171,7 Milliarden Tonnen nach Öldorado 2004 von ExxonMobil) bzw. auf 1148 Milliarden Barrel (156,6 Milliarden Tonnen nach BP Statistical Review 2004) berechnet. Das Wissenschaftsmagazin Science ging 2004 sogar von Reserven von insgesamt drei Billionen Barrel aus. Die Reserven, die geortet sind und mit der heute zur Verfügung stehenden Technik wirtschaftlich gewonnen werden können, nahmen in den letzten Jahren trotz der jährlichen Fördermengen jeweils leicht zu und erreichten im Jahre 2004 den höchsten jemals berechneten Stand. Während die Reserven im Nahen Osten, Ostasien und Südamerika aufgrund der Erschöpfung von Lagerstätten und unzureichender Prospektionstätigkeit sanken, stiegen sie in Afrika und Europa leicht an.
Nach heutigem Stand der Technik, prospektierter Fläche und Verbrauch decken die Erdölreserven noch für 50 Jahre den Weltverbrauch. Der Begriff Erdölkonstante bezeichnet den Umstand, dass solche Voraussagen der statischen Reichweite von Erdöl wie bei anderen Rohstoffen regelmäßig fortzuschreiben sind. Im Jahre 2003 befanden sich die größten Erdölreserven in Saudi-Arabien (262,7 Milliarden Barrel), im Iran (130,7 Milliarden Barrel) und im Irak (115,0 Milliarden Barrel), darauf folgten die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Venezuela (siehe Abschnitt Reserven für eine genaue Tabelle).
Kritiker dieser Reservenangaben weisen allerdings darauf hin, dass die meisten der Reserven aus Nicht-OECD-Ländern keiner unabhängigen Kontrolle unterliegen (siehe Fußnoten des BP-statistical review). Oft unterliegen (wie in Saudi-Arabien) alle Angaben zu Förderdaten einzelner Felder und Reserven dem Staatsgeheimnis. Daher unterstellen Kritiker diesen Zahlen eine Verfälschung. Vielen OPEC-Förderländern wird auch unterstellt, die Reserven zu optimistisch anzugeben, da die zugeteilten Förderquoten abhängig von den gemeldeten Reservemengen sind.
Voraussagen mancher Experten, im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts werde durch das Erreichen des Peak-Oil bzw. Globalen Erdölfördermaximum der Ölpreis künftig unausweichlich ansteigen, haben sich noch nicht zweifelsfrei erfüllt. In der Tat erreichte der Ölpreis im Jahr 2008 seinen nominalen und realen Höchststand mit 147 $ pro Barrel und blieb auch in der folgenden Weltwirtschaftskrise auf vergleichsweise hohem Niveau, es ist jedoch noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen ob dieser Preisanstieg im Erreichen des Ölfördermaximums begründet liegt. Die sichere Bestimmung des Peak-Oil ist erst in der Rückschau mit einigen Jahren Abstand zweifelsfrei möglich.
Die Länder der Europäischen Union sind verpflichtet, einen 90-Tage-Vorrat als Strategische Ölreserve für Krisenzeiten zu unterhalten. Ein großer Teil der deutschen und ein kleinerer Teil der ausländischen Vorräte liegt in den unterirdischen Kavernenanlagen im Zechsteinsalz im Raum Wilhelmshaven, wohin auch das meiste Erdöl nach Deutschland eingeführt wird. In Österreich obliegt der Erdöl-Lagergesellschaft diese Aufgabe.
Tabelle: Weltweite Ölreserven in Milliarden Barrel[1]
Annahme der Industriedatenbank | Studie der Energy Watch Group | |
---|---|---|
OECD | 97 | 112 |
Russland u.a. | 191 | 154 |
China | 26 | 27 |
Südostasien | 30 | 22 |
Lateinamerika | 129 | 53 |
Naher Osten | 679 | 362 |
Afrika | 105 | 125 |
Welt | 1255 | 854 |
Spiegel 05.2008 |
Bei einem täglichen Verbrauch von 87 Mio. Barrel
ergibt sich bei 1255 Mrd. Barrel eine Laufzeit von etwa 40 Jahren, bei 854 Mrd
Barrel eine Laufzeit von 27 Jahren. Man
muss allerdings bei der Beurteilung dieser Zahl beachten, dass Erdölknappheit
nicht erst nach Ablauf der (statischen oder dynamischen) Laufzeit des Erdöls
auftritt. Denn anders als aus einem Tank können den Erdöllagerstätten nicht
beliebige Mengen an Öl pro Tag (Förderrate) entnommen werden. Vielmehr gibt es
eine maximal mögliche Förderrate, die häufig dann erreicht ist, wenn die Quelle
etwa zur Hälfte ausgebeutet ist. Danach sinkt ihre Förderrate (physikalisch
bedingt) ab. Ein ähnliches Verhalten wird von vielen Experten auch für die
Ölförderung der Welt angenommen: Nach dem Erreichen eines globalen
Fördermaximums ("Peak Oil", s. oben) sinkt die globale Förderrate. Rein
rechnerisch ist zu diesem Zeitpunkt zwar noch genug Öl vorhanden, um den
jeweils aktuellen Tagesverbrauch zu decken, auch wenn dieser im Vergleich zu
heute sogar noch steigt, doch das Öl kann nicht hinreichend schnell aus den
Lagerstätten gefördert werden und steht somit der Wirtschaft nicht zur
Verfügung. Die Endlichkeit der Ressource Erdöl macht sich bereits lange vor dem
Ablauf ihrer Reichweite bemerkbar. Die hier berechnete Laufzeit des Öls ist
daher wirtschaftlich von nur geringer Bedeutung, interessanter ist vielmehr der
zeitlich Verlauf des globalen Fördermaximum und die Höhe des anschließenden
Produktionsrückgangs.
Region / Organisation | Schätzung von BP 2013 |
---|---|
OECD | 248,8 |
GUS | 131,8 |
China | 18,1 |
Asien-Pazifik | 42,1 |
Lateinamerika | 329,6 |
Naher Osten | 808,5 |
Afrika | 130,3 |
Welt | 1687,9 |
Weltförderung
Laut Abdallah Dschum - (CEO von Aramco), Anfang 2008 wurden in der Geschichte der Menschheit rund 1.1. Billionen Barrel Erdöl gefördert. Die meisten Reserven wurden in den 1960er Jahren entdeckt. Ab Beginn der 1980er Jahre liegt die jährliche Förderung (2005) bei 30,4 Milliarden Barrel (87 Millionen Barrel pro Tag Verbrauch in 2008) - über der Kapazität der neu entdeckten Reserven, sodass seit dieser Zeit die vorhandenen Reserven abnehmen.
Deshalb wird von einigen Experten mit einem Fördermaximum (→ Globales Ölfördermaximum) zwischen 2010 und 2020 gerechnet. Einige befürchten, das Maximum werde noch vor 2010 eintreten oder sei sogar schon eingetreten (Kenneth Deffeyes, Colin J. Campbell, Jean Laherrere). Das wirtschaftliche Problem bestünde darin, dass bei Erreichen dieses weltweiten Fördermaximums Erdöl immer knapper und teurer würde.
Abdullah S. Jum'ah weist derartige Befürchtungen zurück. Er schätzt, dass von den vorhandenen flüssigen Ölvorkommen erst weniger als 10 % gefördert wurden und (inklusive nicht konventioneller Reserven) noch mindestens für 100 Jahre Erdöl bei heutigem Verbrauchsraten zur Verfügung stehe .
Während in den 1970er Jahren private westliche Ölkonzerne noch knapp 50 Prozent der weltweiten Ölproduktion kontrollierten, hat sich dieser Anteil 2008 auf weniger als 15 Prozent verringert. Experten halten einen Mangel an Öl nicht für gegeben, es handele sich um eine Krise im Zugang zu fortgeschrittener Technologie (der Multies) bzw. umgekehrt auch in der mangelnden Investitionssicherheit in den staatlich kontrollierten Ölförderländern.
Hauptförderer von Erdöl waren im Jahr 2003 Saudi-Arabien (496,800 Millionen Tonnen), Russland (420,000 Millionen Tonnen), USA (349,400 Millionen Tonnen), Mexiko (187,800 Millionen Tonnen) und der Iran (181,700 Millionen Tonnen); die gesamte Weltförderung lag bei 3.608,600 Millionen Tonnen. Die Erdölförderung in Deutschland deckte ursprünglich bis zu 80 % des nationalen Bedarfs und hatte historisch eine große Bedeutung, ist aber mittlerweile vergleichsweise geringfügig.
Öl-Transport - Ein kostspieliges und risikoreiches Unterfangen
Hauptnerv
der Energieversorgung der westlichen Welt und derzeit längste und
modernste Pipeline der Welt ist die 2005 eröffnete 1.760 Kilometer lange Baku-Tbilissi-Ceyhan-Pipeline (BTC), die Erdöl vom Kaspischen
Meer zu den internationalen Märkten leitet. Ihre volle Kapazität liegt derzeit bei etwa einer Million Barrel täglich - das entspricht etwa 50 Millionen
Tonnen Rohöl im Jahr. Am 4. Juni 2006 verließ der erste Öltanker mit 600.000 Barrel Öl aus der BTC-Pipeline den Hafen in Ceyhan. Am 14. Juli 2006 waren die offiziellen
Eröffnungsfeierlichkeiten.
Die kürzeste und wichtigste Öltransportroute
vom Nahen Osten nach Europa ist der 170 km lange Suez-Kanal. Er
verbindet das Rote Meer mit dem Mittelmeer, ist allerdings mit höchstens
16 Metern zu seicht für voll beladene Supertanker. Daher muss vor der
Einfahrt in den Kanal ein Teil der Ladung abgepumpt und auf der
Mittelmeerseite zwischengelagert werden. Die Alternative wäre eine
wesentlich längere Fahrt um die Südspitze von Afrika herum.
Verbrauch
Der Anteil des Erdöls am Primärenergieverbrauch liegt bei ca. 40 % und damit an erster Stelle der Energielieferanten. Der größte Einzelenergieverbraucher ist der Straßenverkehr.
Weltverbrauch
Der tägliche Verbrauch weltweit liegt im Jahr 2008 bei etwa 87 Millionen Barrel. USA (20,1 Millionen Barrel), Volksrepublik China (6 Millionen Barrel), Japan (5,5 Millionen Barrel) und Deutschland (2,7 Millionen Barrel) waren im Jahr 2003 Hauptverbraucher des Erdöls. Der Weltverbrauch steigt derzeit um 2 % pro Jahr an.
Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei den Industriestaaten deutlich höher als bei Entwicklungsländern. So lag der Verbrauch in den USA 2003 bei 26,0 Barrel pro Einwohner, in Deutschland bei 11,7, während in China statistisch auf jeden Einwohner 1,7 Barrel kamen, in Indien 0,8 und in Bangladesch nur 0,2 Barrel pro Kopf verbraucht wurden.
Hauptausfuhrstaaten sind Russland, Norwegen, Großbritannien und der OPEC-Staat Libyen.
Gewinne für die Mineralölkonzerne - auf Kosten der Endverbraucher...
Während die Gewinne der Mineralölkonzerne konstant steigen, wird der Endverbraucher immer stärker zur Kasse gebeten. Durchschnittlich gehen 55 bis 60 % des Preises für die Öl-Endprodukte an den Staat. Auch die Tankstellenpächter verdienen nur zwischen 0,5 und 1 Cent pro Liter Benzin. Auch die Tatsache, dass Erdöl Gegenstand der Börsenspekulation ist, erklärt die schwankenden Ölpreise. Weltweit stehen täglich etwa 35 Millionen Barrel zum Verkauf. Per Termingeschäft werden aber jeden Tag 200 bis 300 Millionen Barrel gehandelt.
Dr. Nicolas Sarkis, Direktor des arabischen Zentrums für Erdölforschung in Paris, schließt nicht aus, dass der Ölpreis künftig noch weiter stark ansteigen wird. Grund dafür
ist unter anderem die Tatsache, dass der Abbau von
weniger konventionellen Erdölvorkommen zudem kostspieliger und aufwändiger wird: "Mehr und mehr muss man das Erdöl an abgelegenen, schwer erreichbaren Orten suchen: Unter Wasser, oder auch
in unwirtlichen Gegenden wie etwa Sibirien. Die Preissteigerung ist aber im Interesse aller - ja, auch im Interesse der Verbraucher. Denn dadurch bemühen sich die Menschen, Energie zu sparen und Alternativen zum Öl zu entwickeln. "
Noch sind Wirtschaft und Wohlstand der
Industrieländer ohne Erdöl undenkbar - der Ölstaaten aber auch.
Aber: Wie lange noch und zu welchem Preis?
- ↑ http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,554682,00.html Tabelle: Weltweite Ölreserven
- ↑ Statistical Review of World Energy June 2014 – Historical data workbook. 63th edition, BP plc., London 2014
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 24.01. 2020