Schallgeschwindigkeit
Schallgrößen |
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Die Schallgeschwindigkeit
(für lateinisch celeritas ‚Eile‘, ‚Schnelligkeit‘) ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit,
mit der sich Schallwellen in einem Medium
fortpflanzen. Ihre SI-Einheit
ist Meter
pro Sekunde (m/s).
Sie ist nicht zu verwechseln mit der Schallschnelle
,
d.h. der Momentangeschwindigkeit, mit der sich die einzelnen Teilchen des
Mediums bewegen, um die zu der Schallwelle gehörige Deformation auf- und
abzubauen.
Die Schallgeschwindigkeit ist allgemein abhängig vom Medium (insbesondere Elastizität und Dichte) und seiner Temperatur, in Fluiden zusätzlich vom Druck und in Festkörpern maßgeblich vom Wellentyp (Longitudinalwelle, Schubwelle, Rayleigh-Welle, Lamb-Welle, etc.) und der Frequenz. In anisotropen Medien ist sie zusätzlich noch richtungsabhängig. In Gasen oder Gasgemischen wie Luft bei Bedingungen um 1 bar und 20 °C spielt einzig die Temperaturabhängigkeit eine nennenswerte Rolle.
Die Schallgeschwindigkeit in trockener Luft von 20 °C ist 343,2 m/s. Das entspricht 1235,5 km/h.
Für den Zusammenhang zwischen Schallgeschwindigkeit
und Frequenz
einer monochromatischen
Schallwelle der Wellenlänge
gilt wie für alle solchen Wellen:
.
Schallgeschwindigkeit in Flüssigkeiten und Gasen
In Flüssigkeiten
und Gasen können sich
nur Druck- bzw. Dichtewellen ausbreiten, bei denen sich die einzelnen Teilchen
in Richtung der Wellenausbreitung hin und her bewegen (Longitudinalwelle).
Die Schallgeschwindigkeit ist eine Funktion der Dichte
und des (adiabatischen)
Kompressionsmoduls
und berechnet sich aus
.
Schallgeschwindigkeit in Festkörpern
Schallwellen in Festkörpern können sich sowohl als Longitudinalwelle (hierbei ist die Schwingungsrichtung der Teilchen parallel zur Ausbreitungsrichtung) oder als Transversalwelle (Schwingungsrichtung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung) ausbreiten.
Für Longitudinalwellen hängt im allgemeinen Fall die Schallgeschwindigkeit in
Festkörpern von der Dichte ,
der Poissonzahl
und dem Elastizitätsmodul
des Festkörpers ab. Es gilt dabei
und
sowie für eine Oberflächenwelle auf einem ausgedehnten Festkörper (Rayleigh-Welle)
Im Spezialfall eines langen Stabes, wobei der Durchmesser des Stabes deutlich
kleiner als die Wellenlänge der Schallwelle sein muss, kann der Einfluss der
Querkontraktion vernachlässigt werden (d.h. )
und man erhält
.
Für Transversalwellen muss der Elastizitätsmodul durch den Schubmodul
ersetzt werden:
.
Schallgeschwindigkeit im idealen Gas
Klassisches ideales Gas
Da der Kompressionsmodul
eines klassischen, reinen idealen
Gases
nur vom Adiabatenexponenten
(„kappa“) des
Gases und dem herrschenden Druck
abhängt, ergibt sich für die Schallgeschwindigkeit:
Darin ist
die universelle
Gaskonstante,
die molare Masse (Masse von
1 Mol des
Gases), und
die absolute
Temperatur. Für feste Werte
und
,
also für ein gegebenes ideales Gas, hängt die Schallgeschwindigkeit nur von der
Temperatur ab, sie ist insbesondere weder vom Druck noch von der Dichte des
Gases abhängig.
Der Adiabatenexponent
berechnet sich aus ,
worin
die Anzahl der Freiheitsgrade
der Bewegung eines Teilchens (Atom oder Molekül) ist.
Für einen Massepunkt gilt
,
für eine starre Hantel aus zwei Massepunkten
,
für einen starren
Körper
.
Für jede mögliche Grundschwingung erhöht sich
um zwei. Der Adiabatenexponent
kann also nur folgende Werte annehmen:
für ein einatomiges Gas (z.B. Edelgas)
für ein zweiatomiges Gas (ohne Vibration der Moleküle, z.B. Stickstoff N2, Wasserstoff H2, Sauerstoff O2)
für alle größeren oder komplizierteren Moleküle
Für Luft misst man
und erhält mit einer mittleren Molmasse
für Stickstoff und Sauerstoff bei Normaltemperatur
(20°C)
in sehr guter Übereinstimmung mit dem in trockener Luft gemessenen Wert.
Die Schallgeschwindigkeit
ist etwas kleiner als die mittlere Translationsgeschwindigkeit
der im Gas sich bewegenden Teilchen. Das steht im Einklang mit der anschaulichen
Interpretation der Schallausbreitung in der
kinetischen Gastheorie: Eine kleine
lokale Abweichung des Druckes und der Dichte von ihren Durchschnittswerten wird
von den durcheinander fliegenden Teilchen in die Umgebung getragen.
Der Faktor
kommt aus der adiabatischen Zustandsgleichung,
die Prozesse beschreibt, bei denen die Temperatur nicht konstant bleibt, obwohl
keine Wärme ausgetauscht wird. Schallwellen bestehen aus periodischen
Schwankungen von Dichte und Druck, die im Vergleich zu ihrer Ausdehnung zu kurz
andauern, als dass nennenswert Wärme zu- oder abfließen könnte. Wegen der damit
verbundenen Temperaturschwankungen gilt die obige Formel nur im Grenzfall
kleiner Amplituden, wobei für
die Durchschnittstemperatur einzusetzen ist. Tatsächlich machen sich bei großen
Amplituden, z.B. nach einer Detonation, nichtlineare Effekte dadurch
bemerkbar, dass die Wellenberge – Wellenfronten mit maximaler Dichte –
schneller laufen als die Wellentäler, was zu steileren Wellenformen und
Ausbildung von Stoßwellen
führt.
Quanteneffekte
Da die Schallgeschwindigkeit einerseits mit dem Kundtschen Rohr schon früh verhältnismäßig leicht präzise zu messen war und andererseits direkt mit einer atomphysikalischen Größe, der Anzahl der Freiheitsgrade, verknüpft ist, führte sie zur frühen Entdeckung wichtiger Effekte, die erst mit der Quantenmechanik erklärt werden konnten.
Atome als Massepunkte
Das erste mit chemischen Methoden als einatomig identifizierte Gas – Quecksilberdampf bei hoher
Temperatur – zeigte 1875 auch zum ersten Mal den Wert ,
also
.
Dieser Wert ist nach der kinetischen Gastheorie einem Gas aus idealen
Massepunkten vorbehalten. Ab 1895 kamen gleiche Befunde an den neu entdeckten
Edelgasen Argon,
Neon etc. hinzu.
Das stützte einerseits die damalige Atomhypothese, nach der alle Materie
aus winzigen Kügelchen aufgebaut ist, warf aber andererseits die Frage auf,
warum diese Kugeln nicht wie jeder starre Körper drei weitere Freiheitsgrade für
Drehbewegungen besitzen. Die Ende der 1920er Jahre gefundene quantenmechanische
Erklärung besagt, dass für Drehbewegungen angeregte Energieniveaus besetzt
werden müssen, deren Energie so hoch liegt, dass die kinetische Energie der
stoßenden Gasteilchen bei weitem nicht ausreicht. Das gilt auch für die Rotation eines zweiatomigen
Moleküls um die Verbindungslinie der Atome und erklärt somit, warum es hier für
die Rotation nicht drei sondern nur zwei Freiheitsgrade gibt.
Einfrieren der Drehbewegung
Eine markante Temperaturabhängigkeit des Adiabatenkoeffizienten
wurde 1912 bei Wasserstoff
entdeckt: Bei Abkühlung von Normaltemperatur (
ca. 300 K) auf 100 K steigt
stetig von 1,40 auf 1,667, d.h. vom Wert für eine Hantel zum Wert für
einen Massepunkt. Man sagt, die Rotation „friert ein“, bei 100 K verhält
sich das ganze Molekül wie ein Massepunkt. Die quantenmechanische Begründung
schließt an die obige Erklärung für Einzelatome an: Bei 100 K reicht die
Stoßenergie der Gasmoleküle praktisch nie zur Anregung eines Energieniveaus mit
höherem Drehimpuls, bei 300 K praktisch immer. Der Effekt ist so deutlich bei anderen Gasen
nicht beobachtbar, weil sie in dem jeweils betreffenden Temperaturbereich
bereits verflüssigt sind. Jedoch wird auf diese Weise erklärt, warum die
gemessenen Abdiabatenkoeffizienten realer Gase von der einfachen Formel
meist etwas abweichen.
Schallgeschwindigkeit im realen Gas
Die für das ideale Gas entwickelten Vorstellungen und Formeln gelten in sehr
guter Näherung auch für die meisten realen Gase. Insbesondere variiert deren
Adiabatenexponent
über weite Bereiche weder mit der Temperatur noch mit dem Druck. Für die
Temperaturabhängigkeit der Schallgeschwindigkeit in Luft im Bereich normaler
Umwelttemperaturen wird oft die lineare Näherungsformel
benutzt. Diese Näherung gilt im Temperaturbereich von −20 °C bis
+40 °C mit einer Genauigkeit von besser als 99,8 %. Die absolute
Temperatur wurde hier nach
in °C umgerechnet.
Die Luftfeuchtigkeit
lässt die Schallgeschwindigkeit geringfügig zunehmen, denn die mittlere molare
Masse
feuchter Luft nimmt durch die Beimischung der leichteren Wassermoleküle stärker
ab als der mittlere Adiabatenkoeffizient
.
Beispielsweise ist bei 20 °C und 100 % Luftfeuchtigkeit die
Schallgeschwindigkeit um 0,375 % höher als bei 20 °C und 0%
Luftfeuchtigkeit. Die gleiche Erhöhung der Schallgeschwindigkeit gegenüber
trockener Luft würde sich durch eine Temperaturerhöhung auf gut 22 °C
ergeben.
In der normalen Atmosphäre nimmt die Schallgeschwindigkeit daher mit der Höhe ab. Sie erreicht ein Minimum von etwa 295 m/s (ca 1 060 km/h) in der Tropopause (ca. 11 km Höhe). Hingegen nimmt die Schallgeschwindigkeit mit der Höhe zu, wenn bei einer Inversionswetterlage eine wärmere Luftschicht über einer kälteren liegt. Oft geschieht dies am Abend nach einem warmen Sonnentag, weil sich der Boden schneller abkühlt als die höheren Luftschichten. Dann schreiten die Wellen in der Höhe schneller voran als unten, so dass eine Wellenfront, die von einer bodennahen Schallquelle schräg aufwärts strebt, wieder nach unten gelenkt wird. Man sagt, die Schallstrahlen werden zum Boden hin gekrümmt. An Sommerabenden kann man das oft an der größeren Reichweite von Schall bemerken.
Ähnlich lautet die Begründung dafür, dass man mit dem Wind besser hört als gegen den Wind, obwohl die Bewegung des Mediums Luft angesichts der Größe der Schallgeschwindigkeit die Schallausbreitung kaum beeinflusst. Aber der Wind hat fast immer ein Profil mit nach oben zunehmender Geschwindigkeit, was wieder zur Krümmung der Schallstrahlen führt, gegen den Wind nach oben, mit dem Wind nach unten.
Beispiele für Schallgeschwindigkeiten in verschiedenen Medien
In der folgenden Tabelle sind einige Beispiele für Schallgeschwindigkeiten in verschiedenen Medien bei einer Temperatur von 20 °C aufgelistet. Für alle Materialien angegeben ist die Schallgeschwindigkeit für die Druckwelle (Schallgeschwindigkeit longitudinal). In Festkörpern können sich auch Scherwellen ausbreiten, die Ausbreitungsgeschwindigkeit dieser Wellen ist als „Schallgeschwindigkeit transversal“ angegeben.
Medium | Schallgeschwindigkeit longitudinal in m/s bei 20 °C falls nicht anders angegeben |
Schallgeschwindigkeit transversal in m/s |
---|---|---|
Luft (bei 20 °C) | 343 * | |
Helium | 981 | |
Wasserstoff | 1280 | |
Sauerstoff (bei 0 °C) | 316 | |
Kohlendioxid (bei 20 °C) | 266 | |
Wasser | 1 484 | |
Wasser (bei 0 °C) | 1 407 | |
Meerwasser | ≈ 1 500 | |
Eis (bei −4 °C) | 3 250 | 1 990 |
Benzol | 1 326 | |
2,5 molare Natriumchlorid-Lösung (bei 25 °C) | 1 540 | |
Glas | 4430 bis 5900 | |
Polyvinylchlorid-P (weich) | 80 | |
PVC-U (hart) | 2 250 | 1 060 |
Beton (C20/25) | 3 655 | 2240 |
Buchenholz | 3 300 | |
Marmor | 6 150 | |
Aluminium | 6 250-6 350 | 3 100 |
Beryllium | 12 800, 12 900 | 8 710, 8880 |
Stahl | 5 850, 5 920 | 3 230 |
Messing | 3500 | |
Wolfram | 5180 | 2870 |
Eisen | 5170 | |
Diamant | 18 000 | |
Graphen | 20 000 | |
Quark-Gluon-Plasma
(bei ![]() |
173 000 000**![]() |
Anmerkungen:
Diamant besitzt mit etwa 18.000 m/s die höchste Schallgeschwindigkeit aller natürlichen Medien.
Der beim Holz-Musikinstrumentenbau wichtige Parameter „Schallgeschwindigkeit“ beträgt längs zur Faser bei Erle 4400 m/s, Ahorn 4500 m/s, Esche etwa 4700 m/s, Padouk 4800 m/s, Linde 5100 m/s, Fichte 5.500 m/s.
Temperaturabhängigkeit in Luft
Temperatur![]() |
Schallgeschwindigkeit![]() |
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+35 | 352,17 |
+30 | 349,29 |
+25 | 346,39 |
+20 | 343,46 |
+15 | 340,51 |
+10 | 337,54 |
+5 | 334,53 |
0 | 331,50 |
−5 | 328,44 |
−10 | 325,35 |
−15 | 322,23 |
−20 | 319,09 |
−25 | 315,91 |
Frequenzabhängigkeit
In einem dispersiven Medium ist die Schallgeschwindigkeit von der Frequenz abhängig. Die räumliche und zeitliche Verteilung einer Fortpflanzungsstörung ändert sich ständig. Jede Frequenzkomponente pflanzt sich jeweils mit ihrer eigenen Phasengeschwindigkeit fort, während die Energie der Störung sich mit der Gruppengeschwindigkeit fortpflanzt. Gummi ist ein Beispiel für ein dispersives Medium: Bei höherer Frequenz ist es steifer, hat also eine höhere Schallgeschwindigkeit.
In einem nicht dispersiven Medium ist die Schallgeschwindigkeit unabhängig von der Frequenz. Daher sind die Geschwindigkeiten des Energietransports und der Schallausbreitung dieselben. Wasser und Luft sind über weite Frequenzbereiche nicht-dispersive Medien.
Sonstiges
In der Luftfahrt wird die Geschwindigkeit eines Flugzeugs auch relativ zur Schallgeschwindigkeit gemessen. Dabei wird die Einheit Mach (benannt nach Ernst Mach) verwendet, wobei Mach 1 gleich der jeweiligen Schallgeschwindigkeit ist. Abweichend von anderen Maßeinheiten wird bei der Messung der Geschwindigkeit in Mach die Einheit vor die Zahl gesetzt.
Die Entfernung eines Blitzes und damit eines Gewitters lässt sich durch Zählen der Sekunden zwischen dem Aufleuchten des Blitzes und dem Donnern abschätzen. Der Schall legt in der Luft einen Kilometer in etwa 3 Sekunden zurück, die Anzahl der gezählten Sekunden durch drei geteilt, ergibt daher die Entfernung des Blitzes in Kilometern.
Siehe auch



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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 30.07. 2020