Zerlegung der Eins

Eine Zerlegung der Eins (auch: Teilung der Eins) ist eine Konstruktion aus der Mathematik. Unter gewissen Gegebenheiten muss in der Mathematik zwischen einer lokalen und einer globalen Perspektive unterschieden werden. Zum Beispiel:
- Um in der Analysis das Flächenintegral zu definieren, oder allgemein über Mannigfaltigkeiten zu integrieren, müssen Koordinaten gewählt werden, was nur lokal möglich ist. Der Integrand muss also so zerlegt werden, dass er lokal integrierbar bleibt, außerhalb des Geltungsbereiches des Koordinatensystems aber zu Null wird.
- In der Differentialgeometrie werden auf Flächen oder Mannigfaltigkeiten Vektorfelder konstruiert. Es gibt oft nur lokal gültige Konstruktionen, die aber zu einer globalen zusammengefügt werden sollen. Zum Beispiel soll das Normalenfeld einer Untermannigfaltigkeit auf die gesamte Mannigfaltigkeit fortgesetzt werden,...
- In der Lösungstheorie partieller Differentialgleichungen kann die Lösung einer partiellen Differentialgleichung auf einem beliebigen Gebiet häufig mit Hilfe der Zerlegung der Eins durch Lösungen der Gleichung auf dem Ganzraum und dem (gestörten) Halbraum zusammengesetzt werden (sog. Lokalisierung).
Definition
Eine (stetige) Zerlegung der Eins über einem topologischen Raum
ist eine Familie
stetiger Funktionen von
in den Raum der reellen
Zahlen
,
so dass für jeden Punkt
gilt:
- Die Funktionen
bilden in das Intervall
ab, das heißt, es gilt
.
- Die (möglicherweise unendliche)
Summe aller Funktionswerte im Punkt x ist 1, das heißt, es gilt
.
Man spricht von einer lokal endlichen Zerlegung der Eins, wenn zusätzlich die folgende Bedingung erfüllt ist:
- Jeder Punkt
hat eine Umgebung, in der nur endlich viele Funktionen
einen von 0 verschiedenen Funktionswert haben.
Ist außerdem
eine offene
Überdeckung von
und gilt zusätzlich
,
dann heißt
eine Zerlegung der Eins bezüglich der Überdeckung
.
bezeichne dabei den Träger
von
.
Eine Zerlegung der Eins bezüglich einer lokal
endlichen Überdeckung ist stets lokal endlich.
In der Topologie
In jedem normalen
Raum existiert zu jeder lokal endlichen offenen Überdeckung eine Zerlegung
der Eins bezüglich dieser. Dies hat zur Folge, dass für jede lokal endliche
offene Überdeckung
einer abgeschlossenen
Teilmenge
eines normalen Raums eine Familie stetiger Funktionen existiert, die
eingeschränkt auf
eine lokal endliche Zerlegung der Eins ist, und deren Summe außerhalb der
offenen Überdeckung, also außerhalb von
null ist. Hierfür ergänze man einfach die offene Überdeckung mit dem Komplement
der abgeschlossenen Menge
zu einer offenen Überdeckung des ganzen Raumes, wähle eine Zerlegung der Eins
bezüglich dieser Überdeckung und addiere all diese Funktionen mit Ausnahme der
Funktion, deren Träger im Komplement von
liegt.
Wird
als kompakt
vorausgesetzt, so überträgt sich das Ergebnis auf beliebige Unterräume normaler
Räume (das sind gerade alle vollständig
regulären Räume), denn Kompakta und Umgebungen bleiben auch als Element
eines größeren Raumes aufgefasst Kompakta bzw. Umgebungen, da Einbettungen
stetig bzw. offen sind. Insbesondere existiert für jede kompakte Teilmenge eines
vollständig regulären Raums mit einer offenen Umgebung eine stetige Funktion ins
Einheitsintervall, die auf dem Kompaktum eins und außerhalb der Umgebung null
ist. Ist zudem der Raum lokalkompakt,
so existiert eine solche Familie von Funktionen sogar, wenn man die Forderung
stellt, dass ihre Träger
kompakt seien. Hierfür konstruiere man eine Verfeinerung von
aus relativ
kompakten Mengen, die noch immer
überdeckt, und wähle eine endliche Teilüberdeckung.
Die Existenz einer Zerlegung der Eins bezüglich jeder Überdeckung aus zwei offenen Mengen impliziert umgekehrt bereits das Lemma von Urysohn und damit die Normalität des Raumes. In einem parakompakten Hausdorffraum existieren Zerlegungen der Eins bezüglich jeder beliebigen offenen Überdeckung, dies ergibt sich daraus, dass eine solche per definitionem eines parakompakten Raumes dort eine lokal endliche Verfeinerung besitzt und zudem jeder parakompakte Hausdorffraum normal ist.
In der Analysis
In der Analysis wird meist noch verlangt, dass die Funktionen differenzierbar sind und einen kompakten Träger haben. Damit kann dann eine Funktion g in Funktionen
zerlegt werden, welche alle einen kompakten Träger haben. Dann ist
Ist hingegen eine Familie
vorgegeben, wobei die hi nur auf den jeweiligen Trägern der
fi definiert und differenzierbar sind,
so ist die Summe
eine konvexe Linearkombination, überall definiert und differenzierbar.
Jede parakompakte -Mannigfaltigkeit
(
)
besitzt auch eine
-Zerlegung
der Eins.
Analytische Zerlegungen der Eins sind jedoch nicht möglich, da eine analytische Funktion, die in einer nichtleeren, offenen Menge (wie etwa dem Komplement ihres Trägers) konstant 0 ist, bereits überall konstant 0 ist.
Beispiel
Die Funktion
ist beliebig oft differenzierbar. Die Funktion s mit
ist dann ebenfalls beliebig oft differenzierbar, strikt positiv im Intervall
(-1; 1) und gleich null außerhalb. Die Funktionen
mit
bilden nun eine beliebig oft differenzierbare Zerlegung der Eins auf der
reellen Achse, die der offenen Überdeckung
untergeordnet ist; es gilt also an jedem Punkt x:
Man beachte, dass in der Definition von
an jeder Stelle x immer mindestens ein Summand und höchstens zwei
Summanden im Nenner ungleich null sind (nur die zu x benachbarten ganzen
Zahlen k können überhaupt einen positiven Summanden liefern).



© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 10.05. 2019