Bohrscher Radius
Physikalische Konstante | |
---|---|
Name | Bohrscher Radius |
Formelzeichen | |
Größenart | Länge |
Wert | |
SI | 5.291 772 109 03(80) • 10-11 m |
Unsicherheit (rel.) | 1.5 • 10-10 |
Gauß | 5.291 772 109 03(80) • 10-9 cm |
Bezug zu anderen Konstanten | |
Quellen und Anmerkungen | |
Quelle SI-Wert: CODATA 2018 |
Der bohrsche Radius
bezeichnet den Radius des Wasserstoffatoms
im niedrigsten Energiezustand
und somit auch den Radius seiner ersten und kleinsten Elektronenschale im
Rahmen des bohrschen
Atommodells; dabei bleibt die kleine Korrektur, die der Mitbewegung des Atomkerns um
den Schwerpunkt entspricht,
noch unberücksichtigt.
Eine quantenmechanische Betrachtung ergibt, dass im niedrigsten Energiezustand die radiale Wahrscheinlichkeitsdichte, das Elektron zu messen, beim bohrschen Radius maximal wird. Der experimentell relevantere Erwartungswert für den Radius ist jedoch das 1,5-fache des bohrschen Radius.
Formeln und Zahlenwert
Der bohrsche Radius errechnet sich gemäß der Formel:
Dabei ist
die elektrische Feldkonstante im Vakuum,
die durch
geteilte Plancksche Konstante,
die Masse des Elektrons und
die Ladung des Elektrons.
Ebenso wird der bohrsche Radius beschrieben durch
mit
- der Compton-Wellenlänge
des Elektrons und
- der Feinstrukturkonstante
Der Wert beträgt nach derzeitiger Messgenauigkeit der in die Rechnung einfließenden Naturkonstanten:
wobei die eingeklammerten Ziffern die geschätzte Standardabweichung von 0,000 000 000 080 · 10−10 m angeben.
Mit dieser Definition gilt der bohrsche Radius als eine Naturkonstante. Zum Beispiel in der Atomphysik wird sie oft als Längeneinheit benutzt, wobei als Näherungen 52,9 pm oder ein halbes Ångström (= 50 pm) verwendet werden.
Berücksichtigt man die endliche Masse
des Kerns
und damit seine Mitbewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt, muss man in den
mechanischen Formeln die Elektronenmasse
durch die reduzierte
Masse
ersetzen. Der Bahnradius wird dann
.
Die Korrektur beträgt beim H-Atom nur ca. 0,05 %, beim
He+-Ion, das ebenfalls nur ein Elektron besitzt,
ca. 0,01 %. Mit entsprechenden Werten für die Masse wird der Begriff
des bohrschen Radius auch für andere Systeme verwendet, z.B. Exzitonen.
Herleitung
Schon mithilfe einer einfachen Abschätzung und unter Berücksichtigung der Unschärferelation lässt sich der bohrsche Radius ermitteln.
Es wird angenommen, dass der Abstand des im Wasserstoffatom gebundenen Elektrons
zum Kern für gewöhnlich
beträgt.
Der Unschärferelation wegen lässt sich der Impuls des Elektrons grob mit
angeben, wobei die Ortsobservable
hier durch den Abstand
ersetzt wird.
Die kinetische Energie beträgt demnach
Die potentielle Energie ist gemäß dem Coulombschen Gesetz
woraus sich die Gesamtenergie ergibt:
Je weiter sich das Elektron vom Kern entfernt, desto kleiner wird seine kinetische Energie. Wegen des negativen Vorzeichens wächst damit aber seine potentielle Energie.

Im Grundzustand realisiert sich eine Art „Kompromiss“, der die Gesamtenergie
minimal macht; der zugehörige Radius
ergibt sich, indem man die Energie nach
differenziert
und die Ableitung gleich null setzt (Extremwertermittlung):
Dies ist genau der bohrsche Radius.
Setzt man nun
in
ein, so erhält man die Rydberg-Energie,
die Ionisierungsenergie
des Wasserstoffs:
Die Abbildung zeigt den Verlauf von kinetischer, potentieller und
Gesamtenergie in Abhängigkeit vom Abstand (in bohrschen Radien). Setzt man
in die Formel für
bzw.
ein, so ergeben sich
bzw.
.
Der Betrag der potentiellen Energie
wird als Hartree-Energie
bezeichnet und ist eine weitere Einheit des Systems
atomarer Einheiten der Atomphysik.
Historisches
Niels Bohr erwähnt in seinem Aufsatz
den österreichischen Physiker Arthur
Erich Haas, der die Formel für
schon 1910/11 gefunden und damit erstmals die Rolle erkannt hatte, die die
Plancksche Konstante
in der Atomphysik, insbesondere in ihren mechanischen Aspekten, spielen könnte.
In seinem Modell läuft ein Elektron auf der Oberfläche einer mit
positiv geladenen Kugel um, was nach dem Gaußschen
Gesetz der Elektrostatik
dieselbe Anziehungskraft ergibt wie ein punktförmiger Kern. Dieses Modell fand
damals keine Beachtung, u.a. weil man vielfach auch beim Wasserstoff noch
von einer viel größeren Anzahl von Elektronen ausging, also entsprechend auch
von einer größeren positiven Ladung des Rests des insgesamt neutralen Atoms.
Auch hielt man es weithin für ausgeschlossen, dass
außerhalb des Themas harmonische Schwingungen eine Bedeutung haben
könnte.
Anfangs lagen die mit dem bohrschen Radius
berechneten Energien bzw. Wellenlängen des Wasserstoffspektrums
um 0,05 % neben den damals bekannten Messwerten, beim Helium-Ion um
0,01 %. Doch dass die kleinen Korrekturen wegen der Mitbewegung des Kerns
in beiden Fällen volle Übereinstimmung erbrachten, sicherte dem bohrschen Modell
rasch große Anerkennung.
Literatur
- R. P. Feynman: Vorlesungen über Physik. Quantenmechanik. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, ISBN 978-3-486-58109-6.
- L. M. Brown, A. Pais, Sir B. Pippard (Hrsg.): Twentieth Century Physics. Band 1, Inst. of Phys. Publishing, Bristol 1995, ISBN 0-7503-0353-0.
- Max Jammer: The Conceptual Development of Quantum Mechanics. MCGraw-Hill, New York 1966.



© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 10.04. 2022