Aharonov-Bohm-Effekt
Der Aharonov-Bohm-Effekt (nach David
Bohm und Yakir
Aharonov) ist ein quantenmechanisches
Phänomen, bei dem ein Magnetfeld
die Interferenz
von Elektronenstrahlen
beeinflusst, obwohl diese sich nicht im klassisch
zu erwartenden Einflussbereich von
befinden. Hauptursache des Effekts ist, dass die Beeinflussung durch das
magnetische Vektorpotential
erfolgt und nicht durch das Magnetfeld selbst.
Der Aharonov-Bohm-Effekt wurde vom Magazin New Scientist als eines der Sieben Wunder in der Quantenwelt ausgewählt.
Aharonov und Bohm veröffentlichten ihre Arbeit 1959. Werner Ehrenberg und Raymond E. Siday konnten den Effekt jedoch bereits 1949 voraussagen[1]. Offenbar hat aber Walter Franz den Effekt bereits 1939 – also 20 Jahre vor Aharonov und Bohm – in einem Seminar der Physikalischen Gesellschaft, Gauverein Ostland in Danzig vorgestellt.
Experiment
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Im Experiment laufen geladene
Teilchen (Elektronen) auf verschiedenen
Seiten an einem Zylinder vorbei, in dem ein Magnetfeld
herrscht.
Der Zylinder ist von einer Wand umgeben, die von den Teilchen nicht durchdrungen
werden kann; außerhalb ist das Magnetfeld Null. Trotzdem hängt der Ausgang des
Experiments davon ab, ob das Magnetfeld ein- oder ausgeschaltet ist, denn das
Vektorpotential
ist im ersten Fall auch außerhalb des Zylinders vorhanden. Man stelle sich
hierbei ein radial verlaufendes Vektorpotential vor. Dessen Rotation
und damit das Magnetfeld ist außerhalb des Zylinders Null, dennoch ist das
Vektorpotential selbst nirgends Null.
Die Superposition der Wellenfunktionen hinter dem Zylinder ergibt ein Interferenzmuster, das vom Vektorpotential beeinflusst wird, da die Wellenfunktionen auf Wegen rechts und links des Zylinders eine unterschiedliche Phasenverschiebung erhalten.
Experimente dieser Art wurden Anfang der 1960er Jahre u.a. von Möllenstedt und Robert G. Chambers durchgeführt.
Theorie
Klassisch erfolgt die Beeinflussung eines geladenen Teilchens im Magnetfeld durch die Lorentzkraft des Magnetfeldes, nach der Bewegungsgleichung:[2]
mit
- der Masse
des Teilchens
- seiner Beschleunigung
- seiner elektrischen Ladung
- seiner Geschwindigkeit
- der magnetischen
Flussdichte
- dem Vektorprodukt
.
Klassisch ist ein Effekt also nur dort zu erwarten, wo das Magnetfeld
von Null verschieden ist (abgesehen vom elektrischen
Feld
,
das hier unwesentlich ist).
In der Quantenmechanik dagegen beschreibt man das Verhalten des Teilchens durch den Hamilton-Operator:
mit
- dem kanonischen Impulsoperator
- dem kinetischen Impulsoperator
- dem Vektorpotential
- dem Ort
- der Zeit t
- dem skalaren
elektrischen
Potential
, das hier unwesentlich ist.
Vektorpotential
und Magnetfeld
hängen durch den Rotationsoperator
zusammen:
Das Vektorpotential
ist dadurch generell nur bis auf den Gradienten
einer beliebigen skalaren
Funktion
bestimmt, da die Rotation eines Gradientenfeldes
für zweifach stetig
differenzierbare skalare Felder verschwindet (siehe Eichtransformation).
Interpretation
Manchmal wird aus dem Effekt der Schluss gezogen, dass das Vektorpotential in
der Quantenmechanik eine fundamentalere Bedeutung habe als das zugehörige Kraftfeld.
Das trifft jedoch nicht das Wesentliche: Letztlich ist der magnetische Fluss
entscheidend, der durch ein Kurvenintegral
ausgedrückt werden kann:
Der Integrationsweg
muss geschlossen
sein, was durch den Kreis im Integrationssymbol angedeutet wird, darf sich aber
außerhalb des Bereiches mit
befinden.
Nach dem Satz von Stokes
mit
- dem Normalenvektor
auf der Fläche
- dem zweidimensionalen Flächenelement
.
ist das Linienintegral über die geschlossene Kurve
identisch mit dem Fluss der magnetischen
Flussdichte
durch die eingeschlossene Fläche
:
Insbesondere zeigt der Satz von Stokes, weswegen die gewählte Eichung des
Vektorpotentials irrelevant ist, da das Kurvenintegral über
als Flächenintegral über
geschrieben werden kann und die Rotation des zur Eichung verwendeten
Gradientenfeldes verschwindet.
Man kann den Effekt als Folge der nichttrivialen Topologie des Eichfeldes interpretieren: Wegen des nicht einfach zusammenhängenden Raumes (der Zylinderinnenraum ist "ein Loch im Raum") verschwinden auch die Wegintegrale über geschlossene Kurven nicht (notwendigerweise).
Literatur
- Franz Schwabl: Quantenmechanik (QM I), Springer 2004, ISBN 3-540-43106-3.
- M. Peshkin, A. Tonomura The Aharonov-Bohm effect, Springer Verlag 1989
Anmerkungen
- ↑ Ehrenberg, Siday The Refractive Index in Electron Optics and the Principles of Dynamics, Proceedings of the Physical Society B, Band 62, 1949, S. 8–21. Aharonov und Bohm erfuhren erst nach ihrer Veröffentlichung von dieser Arbeit und wiesen in ihrem Aufsatz von 1961 darauf hin.
- ↑
Hier wird das SI-System
verwendet; im CGS-System
müsste durchgehend
und
durch
und
ersetzt werden.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 28.01. 2022