Verteilung einer Zufallsvariablen
Die Verteilung einer Zufallsvariablen ist ein Begriff aus der Wahrscheinlichkeitstheorie, einem Teilgebiet der Mathematik. Die Verteilung einer Zufallsvariablen ermöglicht es, aus einem „zu großen“ stochastischen Modell Informationen zu extrahieren und diesen wieder sinnvolle Wahrscheinlichkeiten zuzuordnen. Ein Beispiel hierfür ist eine Lotto-Ziehung: Bei der Modellierung werden zunächst die Wahrscheinlichkeiten für jede einzelne Zahlenkombination definiert. Man ist jedoch im Allgemeinen nicht an der Wahrscheinlichkeit interessiert, exakt eine bestimmte Zahlenfolge zu ziehen, sondern daran, wie groß die Wahrscheinlichkeit für „n Richtige“ ist. Man definiert dazu eine Zufallsvariable, welche die Informationen „Anzahl der Richtigen“ extrahiert. Die Verteilung dieser Zufallsvariablen gibt dann die Wahrscheinlichkeit an, dass man „n Richtige“ gezogen hat.
Definition
Gegeben sei eine Zufallsvariable
vom Wahrscheinlichkeitsraum
in den Ereignisraum
.
Dann heißt die durch
definierte Abbildung
die Verteilung der Zufallsvariablen
unter
.
Sie definiert ein Wahrscheinlichkeitsmaß
auf
.
Hierbei bezeichnet
das Urbild
von
unter
,
also das Ereignis
.
Manchmal wird für
auch
geschrieben.
Beispiele
Wir betrachten als Modell einen dreimaligen Münzwurf, modelliert durch den
Wahrscheinlichkeitsraum
mit Ergebnismenge
,
Ereignissystem
und als Wahrscheinlichkeitsmaß die Gleichverteilung, da die Münze als fair angenommen wird und die Würfe unabhängig voneinander stattfinden, also
.
Der zweite Ereignisraum sei nun definiert als
,
die Zufallsvariable zählt die Erfolge, also
Um nun die Verteilung dieser Zufallsvariablen zu bestimmen, genügt es, einen Erzeuger, also hier die einzelnen Elementarereignisse durchzugehen. Alle anderen Wahrscheinlichkeiten ergeben sich dann durch Addition der Wahrscheinlichkeiten der (disjunkten) Erzeuger. Es ist dann
.
Dies ist dann die Verteilung der Zufallsvariablen
und ein neues Wahrscheinlichkeitsmaß auf dem Ereignisraum
.
Maßtheoretischer Blickwinkel
Aus Sicht der Maßtheorie handelt es sich bei der Verteilung einer Zufallsvariablen um ein Bildmaß. Der Wahrscheinlichkeitsraum entspricht einem speziellen Maßraum, der Ereignisraum ist identisch mit einem Messraum und die Zufallsvariable ist eine messbare Funktion. Ebenso wie das Bildmaß ermöglicht die Verteilung einer Zufallsvariablen also das „Versetzen“ und Modifizieren eines Wahrscheinlichkeitsmaßes von einem Maßraum in einen Messraum.
Wahrscheinlichkeitsmaße als Verteilungen
Allgemeine Wahrscheinlichkeitsmaße als Verteilungen
Ist ein Wahrscheinlichkeitsraum
gegeben, so lässt sich das Wahrscheinlichkeitsmaß
auf folgende Weise als Verteilung einer Zufallsvariablen darstellen: Man
dupliziert den Ereignisraum
und wählt als Zufallsvariable
die identische
Abbildung von
nach
.
Dann stimmen das Wahrscheinlichkeitsmaß
und die Verteilung der Zufallsvariablen
überein. Dies rechtfertigt unter anderem auch die gängige Bezeichnung
„Wahrscheinlichkeitsverteilung“ für Wahrscheinlichkeitsmaße.
Reelle Wahrscheinlichkeitsmaße als Verteilungen auf einem gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsraum
Tatsächlich lässt sich jedes Wahrscheinlichkeitsmaß
auf dem Ereignisraum
als Verteilung einer Zufallsvariablen auf dem Wahrscheinlichkeitsraum
darstellen. Hierbei bezeichnet
die stetige
Gleichverteilung auf dem Intervall von 0 bis 1. Dazu nutzt man aus, dass
jedes Wahrscheinlichkeitsmaß durch seine Verteilungsfunktion
eindeutig definiert ist. Ist nun
Verteilungsfunktion von
,
so wählt man als Zufallsvariable die Quantilfunktion
definiert durch
,
wobei
ist. Diese Zufallsvariable hat nun das Wahrscheinlichkeitsmaß
als Verteilung. Diese Aussage ermöglicht es beispielsweise, beliebige
Zufallsvariable in die reellen Zahlen auf stochastische
Unabhängigkeit zu untersuchen, da sie immer als Zufallsvariable auf
demselben Wahrscheinlichkeitsraum aufgefasst werden können.
Als Verteilungen konstruierte Wahrscheinlichkeitsmaße
Binomial-Verteilung
Die Binomialverteilung
lässt sich elementar als Verteilung einer Zufallsvariablen definieren. Dazu
definiert man den einfachen Münzwurf einer unfairen Münze mit dem
Wahrscheinlichkeitsraum ,
der Anzahl der Erfolge, der Ereignismenge
und dem Wahrscheinlichkeitsmaß
.
Das n-malige unabhängige Werfen der Münze wird dann durch das Produktmodell
beschrieben. Definiert man nun eine Zufallsvariable von dem Produktmodell nach
durch
,
so modelliert diese Zufallsvariable die Anzahl der Erfolge bei
Münzwürfen. Die Verteilung der Zufallsvariablen ist dann die Binomialverteilung,
also
.
Geometrische Verteilung und negative Binomialverteilung
Ebenso wie die Binomialverteilung lassen sich die geometrische
Verteilung und die negative
Binomialverteilung aus einem Produktmodell eines Münzwurfes als Verteilung
einer Zufallsvariablen herleiten. Das Produktmodell ist in diesem Fall der
unendlich oft wiederholte Münzwurf, also mit denselben Bezeichnungen wie oben
.
Die Zufallsvariable vom Produktmodell in den Ereignisraum
definiert durch
modelliert dann die Wartezeit bis zum ersten Erfolg und hat als Verteilung die geometrische Verteilung. Modelliert man die Wartezeit auf den n-ten Erfolg, so erhält man die negative Binomialverteilung.
Verallgemeinerungen
Es existieren mehrere Spezialfälle der Verteilung einer Zufallsvariablen. Die gemeinsame Verteilung von Zufallsvariablen verwendet mehrere Zufallsvariablen, um eine multivariate Verteilung auf einem höherdimensionalen Raum zu definieren. Die Randverteilung hingegen ist die Verteilung einer Multivariaten Verteilung unter einer Koordinatenabbildung, sie reduziert somit die Dimensionalität der Wahrscheinlichkeitsverteilung
Eine Variation der Verteilung einer Zufallsvariable ist die bedingte Verteilung und die reguläre bedingte Verteilung. Beide modellieren noch zusätzliches Vorwissen über den Ausgang des Zufallsexperimentes. Die bedingte Verteilung ist leichter zu handhaben und wird über die bedingte Wahrscheinlichkeit definiert, besitzt aber Defizite im Umgang mit Nullmengen und ist nicht so allgemein. Die reguläre bedingte Verteilung benötigt den technischen Begriff des bedingten Erwartungswertes.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 25.04. 2023