Satz von Courant-Fischer

Der Satz von Courant-Fischer (auch Minimum-Maximum-Prinzip) ist ein mathematischer Satz aus der linearen Algebra, der eine variationelle Charakterisierung der Eigenwerte einer symmetrischen oder hermiteschen Matrix ermöglicht. Jeder Eigenwert wird dabei als minimaler beziehungsweise maximaler Rayleigh-Quotient von Vektoren aus Untervektorräumen mit bestimmten Dimensionen dargestellt. Der Satz ist nach den Mathematikern Richard Courant und Ernst Fischer benannt. Er dient unter anderem zur Eigenwertabschätzung und zur Analyse numerischer Eigenwertverfahren.

Satz

Ist A \in {\mathbb K}^{n \times n} eine symmetrische Matrix (falls {\mathbb {K} }=\mathbb {R} ) oder hermitesche Matrix (falls {\mathbb {K} }=\mathbb {C} ) mit aufsteigend sortierten Eigenwerten \lambda _{1}\leq \ldots \leq \lambda _{n} und bezeichnet X_{i} die Menge der i-dimensionalen Untervektorräume von {\mathbb {K} }^{n}, i=1,\ldots ,n, dann hat der i-te Eigenwert von A die Darstellung

\lambda _{i}=\min _{{X\in X_{i}}}\max _{{x\in X \atop x\neq 0}}{\frac  {\langle x,Ax\rangle }{\langle x,x\rangle }}=\max _{{X\in X_{{n-i+1}}}}\min _{{x\in X \atop x\neq 0}}{\frac  {\langle x,Ax\rangle }{\langle x,x\rangle }},

wobei \langle \cdot ,\cdot \rangle das reelle oder komplexe Standardskalarprodukt ist. Wird der Satz von Courant-Fischer mit absteigend sortierten Eigenwerten angegeben, dann vertauschen sich jeweils Minimum und Maximum.

Anschauliches Beispiel

Der Satz von Courant-Fischer charakterisiert die Eigenwerte einer symmetrischen positiv definiten (3 × 3)-Matrix über Extrempunkte auf einem Ellipsoid

Für eine symmetrische positiv definite (3\times 3)-Matrix A\in \mathbb{R} ^{{3\times 3}} lässt sich der Satz von Courant-Fischer folgendermaßen veranschaulichen. Da die Eigenwerte von A^{T}A die Quadrate der stets positiven Eigenwerte von A sind und \langle x, A^TAx \rangle = \langle Ax, Ax \rangle gilt, hat der i-te Eigenwert von A die Darstellung

\lambda _{i}=\min _{{X\in X_{i}}}\max _{{x\in X \atop x\neq 0}}{\frac  {\|Ax\|}{\|x\|}}=\min _{{X\in X_{i}}}\max _{{x\in X \atop \|x\|=1}}\|Ax\|,

wobei \|\cdot \| die euklidische Norm ist. Die Menge \left\{Ax\in \mathbb{R} ^{3}\mid \|x\|=1\right\} hat die Form eines Ellipsoids im dreidimensionalen Raum mit den Halbachsen \lambda_1, \lambda_2 und \lambda_3. Der Satz von Courant-Fischer charakterisiert nun die Eigenwerte von A über bestimmte Extrempunkte auf diesem Ellipsoid:

Der Ortsvektor eines auf diese Weise ausgewählten Punkts ist dann ein Eigenvektor der Matrix und die Länge dieses Vektors der zugehörige Eigenwert.

Beweis

Der Satz von Courant-Fischer stellt die Eigenwerte einer symmetrischen oder hermiteschen Matrix als minimale beziehungsweise maximale Rayleigh-Quotienten

R_{A}(x)={\frac  {\langle x,Ax\rangle }{\langle x,x\rangle }}

dar. Im Folgenden wird eine obere und eine untere Schranke für den ersten Teil der Behauptung ermittelt. Die zweite Gleichung folgt analog durch Betrachtung von -A und der entsprechenden Komplementärräume.

Obere Schranke

Nachdem A symmetrisch oder hermitesch ist, lässt sich eine Orthonormalbasis \{x_{1},\ldots ,x_{n}\} aus Eigenvektoren jeweils zu den Eigenwerten \lambda _{1},\ldots ,\lambda _{n} finden. Bezeichnet

V_{i}=\operatorname {span}(x_{i},\ldots ,x_{n})

die lineare Hülle derjenigen Eigenvektoren, deren Indizes mindestens i sind. Der Schnitt von V_{i} mit einem i-dimensionalen Untervektorraum X\in X_{i} ist nicht {\displaystyle \{0\}}, denn mit der Dimensionsformel gilt

\dim(X\cap V_{i})=\dim X+\dim V_{i}-\dim(X+V_{i})=i+(n-i+1)-\dim(X+V_{i})\geq 1.

Daher gibt es einen Vektor v\in X\cap V_{i} mit v\neq 0, der eine Basisdarstellung

v=c_{i}x_{i}+\ldots +c_{n}x_{n}

mit Koeffizienten c_{i},\ldots ,c_{n}\in {{\mathbb  K}} besitzt. Für einen solchen Vektor v gilt nun

\langle v,Av\rangle =\lambda _{i}c_{i}^{2}+\ldots +\lambda _{n}c_{n}^{2}\geq \lambda _{i}(c_{i}^{2}+\ldots +c_{n}^{2})=\lambda _{i}\langle v,v\rangle .

Für die Vektoren x\in X eines beliebigen i-dimensionalen Untervektorraums X\in X_{i} ist daher der maximale Rayleigh-Quotient R_{A}(x)\geq \lambda _{i} und demnach gilt auch

\min _{{X\in X_{i}}}\max _{{x\in X \atop x\neq 0}}R_{A}(x)\geq \lambda _{i}.

Untere Schranke

Bezeichne nun

W_{i}=\operatorname {span}(x_{1},\ldots ,x_{i})

die lineare Hülle derjenigen Eigenvektoren, deren Indizes höchstens i sind. Für einen Vektor w\in W_{i} mit w\neq 0 und der Darstellung

w=c_{1}x_{1}+\ldots +c_{i}x_{i}

gilt nun

\langle w,Aw\rangle =\lambda _{1}c_{1}^{2}+\ldots +\lambda _{i}c_{i}^{2}\leq \lambda _{i}(c_{1}^{2}+\ldots +c_{i}^{2})=\lambda _{i}\langle w,w\rangle .

Der maximale Rayleigh-Quotient aller Vektoren x\in W_{i} ist also R_{A}(x)=\lambda _{i} und demnach gilt

\min _{{X\in X_{i}}}\max _{{x\in X \atop x\neq 0}}R_{A}(x)\leq \max _{{x\in W_{i} \atop x\neq 0}}R_{A}(x)=\lambda _{i}.

Durch Zusammenfassung der beiden Schranken folgt dann der erste Teil der Behauptung.

Verwendung

Eine direkte Konsequenz aus dem Satz von Courant-Fischer ist die Abschätzung

\lambda _{{\min }}\leq R_{A}(x)\leq \lambda _{{\max }}

für den kleinsten und dem größten Eigenwert einer symmetrischen oder hermiteschen Matrix A. Gleichheit gilt dabei jeweils genau dann, wenn x ein Eigenvektor zum jeweiligen Eigenwert ist. Der kleinste und der größte Eigenwert kann demnach durch Minimierung beziehungsweise Maximierung des Rayleigh-Quotienten ermittelt werden.

Eine weitere Anwendung besteht in numerischen Stabilitätsaussagen für Eigenwertverfahren. Sind A,B\in {{\mathbb  K}}^{{n\times n}} zwei symmetrische oder hermitesche Matrizen mit aufsteigend sortierten Eigenwerten \lambda _{1}(A)\leq \ldots \leq \lambda _{n}(A) und \lambda _{1}(B)\leq \ldots \leq \lambda _{n}(B), dann gilt

|\lambda _{i}(A)-\lambda _{i}(B)|\leq \|A-B\|

für alle i=1,\ldots ,n, wobei \|\cdot \| eine beliebige natürliche Matrixnorm ist. Wird demnach eine Matrix A durch eine Matrix B angenähert (deren Eigenwerte einfacher zu berechnen sind), dann ist der dadurch entstehende Fehler durch die Norm der Differenz der beiden Matrizen beschränkt.

Varianten

Von dem Satz von Courant-Fischer existiert auch folgende Variante zur Darstellung der Singulärwerte einer Matrix. Ist A\in {\mathbb {K} }^{m\times n} eine (nicht notwendigerweise quadratische) Matrix mit aufsteigend sortierten Singulärwerten \sigma _{1}\leq \ldots \leq \sigma _{{\min\{m,n\}}} und bezeichnet \|\cdot \| die euklidische Norm, dann hat der i-te Singulärwert von A die Darstellung

\sigma _{i}=\min _{{X\in X_{i}}}\max _{{x\in X \atop \|x\|=1}}\|Ax\|=\max _{{X\in X_{{n-i+1}}}}\min _{{x\in X \atop \|x\|=1}}\|Ax\|,

wobei X_{i} wieder die Menge der i-dimensionalen Untervektorräume von {\mathbb {K} }^{n} ist. Dieses Resultat folgt aus dem Satz von Courant-Fischer über die Darstellung der Singulärwerte von A als Wurzeln der Eigenwerte von A^H A beziehungsweise AA^{H}.

Verallgemeinerungen dieser Aussage existieren auch zur Darstellung des Spektrums selbstadjungierter Operatoren auf Hilberträumen, was zum Beispiel beim Rayleigh-Ritz-Prinzip eingesetzt wird.

Siehe auch

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 25.03. 2024