Winkel

Ein Winkel ist in der Geometrie ein Teil der Ebene, der von zwei in der Ebene liegenden Strahlen (Halbgeraden) mit gemeinsamem Anfangspunkt begrenzt wird.

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Der gemeinsame Anfangspunkt der beiden Strahlen wird Scheitelpunkt des Winkels, Winkelscheitel oder kurz Scheitel genannt; die Strahlen heißen Schenkel des Winkels. Ein Winkel kann durch drei Punkte festgelegt werden, von denen einer den Scheitel des Winkels bildet und die beiden anderen auf je einem Schenkel des Winkels liegen.

Die physikalische Größe, die die relative Lage der Strahlen zueinander beschreibt, wird als Winkelweite oder Winkelabstand (Winkeldistanz) bezeichnet, üblicherweise auch verkürzend als Winkel, wenn eine Unterscheidung von dem geometrischen Objekt nicht notwendig ist, beispielsweise in der Physik. Die Größe des Winkels wird mit einem Winkelmaß angegeben.

Die Winkelweite kann auch als Maß einer ebenen Drehung definiert werden.

Zur Unterscheidung vom Raumwinkel wird der hier definierte Winkel auch als ebener Winkel bezeichnet.

Definition

In der Geometrie sind zur Definition des Winkels als Objekt verschiedene Ansätze möglich. Dabei lassen sich zwei Typen unterscheiden:

Darstellung als Strahlenpaar

Die eingangs angeführte Definition zweier von einem Punkt ausgehenden Strahlen ist in die Anwendungen wie etwa die Koordinatensysteme und deren Achsen eingebunden.

Darstellung als Halbgeradenpaar

Darstellung als Halbgeradenpaar

Der Winkel ist ein geometrisches Gebilde bestehend aus zwei Halbgeraden mit dem selben Ursprung.

Sind f, g zwei Geraden, die sich in einem Punkt S schneiden, so teilt der Punkt S die Geraden f, g in Halbgeraden. Je eine Halbgerade von f und g (die Schenkel) zusammen mit S (dem Scheitel) bilden einen Winkel.

Über die „ursprünglichen“ Geraden ermöglicht diese Darstellung etwa Betrachtungen über die verschiedenen Winkelpaare.

Darstellung als Teil der Ebene

Darstellung als Teil der Ebene
Der Winkel (besser: das Winkelfeld) ist ein Teilbereich der Zeichenebene, der von zwei Halbstrahlen oder Halbgeraden begrenzt wird. Diese bilden den Rand, und der Rest des Winkelfeldes das Innere.

Diese Definition wird im Schulunterricht verwendet und betont das „Körperhafte“ des Gebildes und dient – über die Festlegung eines Innen- und Außenraums – der Einführung in die Dreiecksgeometrie: Das Dreieck lässt sich als Schnittmenge zweier Winkel mit einem gemeinsamen Schenkel definieren.

Ad hoc ist bei diesen drei Ansätzen der Winkel ein ungerichteter Winkel, erst eine zusätzliche Auszeichnung einer der beiden Halbstrahlen oder Halbgeraden als die „erste“ ermöglicht die Angabe eines gerichteten Winkels.

Darstellung als Drehung

Drehwinkel

Man kann auch sagen, dass ein Winkel durch eine Drehung eines Strahls oder einer Halbgeraden in einer Ebene um seinen bzw. ihren Anfangspunkt entsteht.

Da es zwei verschiedene Möglichkeiten gibt, den Strahl zu drehen, muss zusätzlich die Drehrichtung angegeben werden:

In der Mathematik ist es üblich, die Drehung gegen den Uhrzeigersinn – also im mathematisch positiven Drehsinn – auszuführen. Wenn die Drehung andersherum erfolgen soll, sollte dies ausdrücklich angegeben werden.

In der Geodäsie (Vermessungswesen) wird der Winkel im Uhrzeigersinn, also rechtsdrehend von 0 gon bis 400 gon gezählt. Da es in der Geodäsie per Definition keine negativen Winkel gibt, ist der Drehsinn positiv. Analog zur Uhr, auch hier wird von 0 bis 24 h positiv, rechtsdrehend gezählt. Alle geodätischen Messinstrumente werden zur Richtungs- oder Winkelmessung rechtsherum gedreht.

Bezeichnung von Winkeln

Die Angabe eines Winkels erfolgt nach DIN 1302 oder ISO 80000-2.

Für den Formelsatz steht das Zeichen »∠« (HTML ∠/∠, TeX \angle, Unicode U+2220) zur Verfügung, für den gerichteten Winkel auch »∡« (TeX \measuredangle, U+2221 measured angle, keine HTML-Entität), die sich beide im Unicode-Block Mathematische Operatoren finden. Das liegende Winkelzeichen entspricht den angloamerikanischen Gewohnheiten, im europäischen Formelsatz ist ein Zeichen üblich, das dem amerikanischen »∢« U+2222 für den Raumwinkel zum Verwechseln ähnlich sieht. »∠« findet auch für Neigung und Winkligkeit (Lagetoleranz, DIN EN ISO 1101) Verwendung. Speziell für den rechten Winkel verwendet man »∟«, einen punktierten Winkel, in der Technik auch ein Quadrat, oder \perp .

Winkelmaße und Maßeinheiten für Winkel

Ausführliche Informationen bietet der Hauptartikel Winkelmaß, Umrechnungen sind bei den einzelnen Maßen zu finden.

Winkelmaß Maßeinheit 1 Vollwinkel = Einheitenzeichen
Vollwinkel 1  
 Bogenmaß Radiant 2π rad
Gradmaß Grad (Bogenminute, Bogensekunde) 360 ° ( ′ ″ )
Geodätisches Winkelmaß Gon (veraltet: Neugrad) 400 gon (veraltet: g)
 Zeitmaß Stunden, Minuten, Sekunden 24 h m s
Nautischer Strich 32 ¯
Artilleristischer Strich (Schweiz: Artilleriepromille) 6400 mil ( A‰ )
Prozent, Promille nichtlinear %, ‰

Weitere Formen der Angabe eines Winkels:

Arten von Winkeln

Nullwinkel
0^\circ
spitzer Winkel
kleiner als {\tfrac {1}{4}} Vollwinkel (90^{\circ } bzw. {\tfrac  {1}{2}}\cdot \pi );
rechter Winkel
gleich {\tfrac {1}{4}} Vollwinkel: {\displaystyle 90^{\circ }=100^{\text{g}}={\tfrac {1}{2}}\cdot \pi };
stumpfer Winkel
größer als {\tfrac {1}{4}} Vollwinkel (90^{\circ } bzw. {\tfrac  {1}{2}}\cdot \pi ) und kleiner als {\tfrac {1}{2}} Vollwinkel (180^{\circ } bzw. \pi );
gestreckter Winkel
gleich {\tfrac {1}{2}} Vollwinkel: {\displaystyle 180^{\circ }=200^{\text{g}}=\pi };
überstumpfer (erhabener) Winkel
größer als {\tfrac {1}{2}} Vollwinkel (180^{\circ } bzw. \pi ) und kleiner als 1 Vollwinkel (360^{\circ } bzw. 2\cdot \pi );
voller Winkel, Vollwinkel (Vollkreis)
{\displaystyle 360^{\circ }=400^{\text{g}}=2\cdot \pi }.
Kennzeichnung rechter Winkel

Zwischen zwei sich schneidenden Geraden gibt es vier Winkel. Jeweils zwei nebeneinander liegende summieren sich dabei zu 180^{\circ }. Der rechte Winkel hat die Besonderheit, dass diese beiden Winkel genau gleich sind. Jeweils zwei gegenüberliegende Winkel sind gleich. Der Vollwinkel hat die Besonderheit, dass zwei der Winkel null sind.

Zwei Geraden oder Strecken, die sich im rechten Winkel schneiden, nennt man zueinander orthogonal. In einer Zeichnung wird der rechte Winkel durch einen Viertelkreis mit Punkt oder durch ein Quadrat dargestellt.

Der Vollwinkel ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine gesetzliche Einheit im Messwesen, er besitzt kein Einheitenzeichen.

Spezielle Winkelpaare

Die Geometrie kennt besondere Bezeichnungen für Paare von Winkeln, die zueinander in einer besonderen Beziehung stehen. Die für solche Winkel geltenden Gesetze helfen bei der Untersuchung komplexerer geometrischer Objekte.

Komplement- oder Komplementärwinkel
Supplement- oder Ergänzungswinkel

Komplementwinkel oder Komplementärwinkel

Zwei Winkel heißen Komplementwinkel oder Komplementärwinkel, wenn sie sich zu einem rechten Winkel (90^{\circ } ergänzen.

Supplementwinkel oder Ergänzungswinkel

Zwei Winkel heißen Supplementwinkel (auch: Supplementärwinkel), Supplement, Ergänzungswinkel oder kurz E-Winkel, wenn sie sich zu 180^{\circ } ergänzen.

Nebenwinkel

Nebenwinkel

Schneiden sich zwei Geraden, so bezeichnet man ein Paar benachbarter Winkel als Nebenwinkel.

Nebenwinkel ergänzen sich zu 180^{\circ }.

Sie sind also Supplementwinkel.

Scheitelwinkel oder Gegenwinkel

Scheitelwinkel

Schneiden sich zwei Geraden, so bezeichnet man das Paar gegenüberliegender Winkel als Scheitelwinkel oder Gegenwinkel.

Scheitelwinkel sind immer gleich groß.

Die Bezeichnung Scheitelwinkel kommt daher, dass die beiden Winkel durch Punktspiegelung am Scheitelpunkt aufeinander abgebildet werden.

Stufenwinkel oder F-Winkel

Stufen- oder F-Winkel

Schneidet eine Gerade g zwei Geraden h und h', so heißen die Winkel, die auf derselben Seite von g und auf einander entsprechenden Seiten von h bzw. h' liegen, Stufen- oder F-Winkel. Für den Fall, dass die Geraden h und h' parallel sind, gilt:

Stufenwinkel an Parallelen sind gleich groß.

Aus der Winkelgleichheit kann umgekehrt auf die Parallelität von Geraden geschlossen werden: Wird ein Geradenpaar h, h' von einer weiteren Geraden g so geschnitten, dass die Schnittwinkel auf derselben Seite von g und auf einander entsprechenden Seiten von h und h' gleich groß sind, so sind die Geraden h und h' parallel.

Wechselwinkel oder Z-Winkel

Wechsel- oder Z-Winkel

Schneidet eine Gerade g zwei Geraden h und h', so heißen die Winkel, die auf unterschiedlichen Seiten von g und entgegengesetzten Seiten von h bzw. h' liegen, Wechsel- oder Z-Winkel. Für den Fall, dass die Geraden h und h' parallel sind, gilt:

Wechselwinkel an Parallelen sind gleich groß.

Aus der Winkelgleichheit kann umgekehrt auf die Parallelität von Geraden geschlossen werden: Wird ein Geradenpaar h, h' von einer weiteren Geraden g so geschnitten, dass die Schnittwinkel auf unterschiedlichen Seiten von g und unterschiedlichen Seiten von h bzw. h' gleich groß sind, so sind die Geraden h und h' parallel.

Nachbarwinkel oder E-Winkel

Nachbar- oder E-Winkel

Schneidet eine Gerade g zwei weitere parallele Geraden h und h', so bezeichnet man die Winkel, die auf derselben Seite von g, aber auf unterschiedlichen Seiten von h und h' liegen, als Nachbar- oder E-Winkel.

Nachbarwinkel ergänzen sich zu 180^{\circ }.

Aus der Ergänzung der Winkel zu 180^{\circ } kann umgekehrt auf die Parallelität von Geraden geschlossen werden: Wird ein Geradenpaar h, h' von einer weiteren Geraden g so geschnitten, dass sich die Schnittwinkel, die auf derselben Seite von g, aber jeweils auf unterschiedlichen Seiten von h und h' liegen, zu 180° ergänzen, so sind die Geraden h und h' parallel.

Die Eigenschaft, dass sich Nachbarwinkel zu 180^{\circ } ergänzen, folgt direkt aus dem Parallelenaxiom der euklidischen Geometrie. Die oben genannten Eigenschaften von Stufen- und Wechselwinkeln lassen sich aus der Betrachtung von Neben- und Scheitelwinkeln von Nachbarwinkeln herleiten.

Winkel mit paarweise rechtwinkligen Schenkeln

Winkel mit paarweise rechtwinkligen Schenkeln a)
Winkel mit paarweise rechtwinkligen Schenkeln b)

Zwei Winkel, deren Schenkel paarweise senkrecht aufeinander stehen, sind gleich groß oder ergänzen sich zu 180^{\circ }. Vergleiche nebenstehende Abbildungen.

Winkelkonstruktion

Einige Winkel kann man allein mit Zirkel und Lineal konstruieren. Dazu gehören der 90-Grad-, 60-Grad-, 72-Grad- und 54-Grad-Winkel, sowie sämtliche Winkel, die durch Verdoppelung, Halbierung, Addition oder Subtraktion (siehe unten) dieser Winkel entstehen.

Die Winkel {\displaystyle 0^{\circ }<\alpha \leq 180^{\circ }} sind in Dezimalgrad als Näherungskonstruktion mithilfe des dritten Strahlensatzes in Kombination mit Zahlengeraden konstruierbar.

Konstruktion des 90-Grad-Winkels (rechten Winkels)

Man konstruiert genauer gesagt die Senkrechte zu einer bereits gegebenen Strecke s.

Konstruktion für vorgegebenen Schnittpunkt auf der Geraden

Konstruktion für vorgegebenen Schnittpunkt auf der Geraden
  1. Zeichne einen Kreis um P mit beliebigem Radius. Dieser Kreis schneidet g in zwei Punkten.
  2. Zeichne um diese beiden Punkte jeweils einen Kreis. Die Radien der beiden Kreise müssen so gewählt sein, dass sich die Kreise in zwei Punkten schneiden.
  3. Verbinde die beiden Schnittpunkte dieser Kreise durch eine Gerade. Die so gezeichnete Gerade schneidet g im rechten Winkel und zwar genau im Punkt P.

Konstruktion für vorgegebenen Punkt außerhalb der Geraden (Fällen des Lotes)

Fällen des Lotes
  1. Zeichne einen Kreis um P mit einem Radius größer als der Abstand des Punkts von der Geraden. Dieser Kreis schneidet g in zwei Punkten.
  2. Die weitere Vorgehensweise entspricht der Konstruktion für vorgegebenen Schnittpunkt.

Konstruktion (ohne vorgegebenen Schnittpunkt)

Bei beliebigem Schnittpunkt entfällt die Festlegung symmetrischer Punkte auf der Geraden

  1. Wähle zwei Punkte M_{1} und M_{2} auf der Geraden, und zu diesen zwei Punkten zwei Kreisradien groß genug, dass die entsprechenden Kreise um M_{1} und M_{2} sich in zwei Punkten – im Weiteren S_{1} und S_{2} genannt – schneiden.
  2. Zeichne diese beiden Kreise (sie müssen nur soweit gezeichnet werden, dass die beiden Schnittpunkte erkennbar werden).
  3. Zeichne die durch die beiden Schnittpunkte S_{1} und S_{2} gehende Gerade. Diese Gerade ist senkrecht zu g.

Hinweise

Man muss die Kreise nicht vollständig zeichnen. Es reicht, wenn die Schnittpunkte erkennbar sind. Prinzipiell wird die Konstruktion umso genauer, je größer der Abstand der beiden Schnittpunkte voneinander ist. Denn mit größerem Abstand werden die Auswirkungen von solchen Fehlern kleiner, die dadurch entstehen, dass die neugezeichnete Gerade oder auch schon die gezeichneten Schnittpunkte nicht genau mit den idealen Schnittpunkten übereinstimmen. Andererseits wird die genaue Erkennbarkeit der Schnittpunkte geringer, je flacher sich die Kreise schneiden, was umso mehr der Fall ist, je weiter die Kreisradien von einem Idealradius entfernt sind, bei dem sich die Kreise senkrecht schneiden.

Streckenhalbierung, Mittelsenkrechte

Streckenhalbierung, Mittelsenkrechte

Man halbiert eine gegebene Strecke, indem man die Endpunkte A und B der Strecke als Mittelpunkte zweier gleicher Kreisbögen wählt und deren zwei gemeinsamen Kreuzungspunkte P und Q miteinander verbindet. Der dadurch erzeugte Schnittpunkt M liefert somit die gesuchte Mitte der Strecke {\overline {AB}}.

Konstruktion eines 60-Grad-Winkels

Antragen eines 60-Grad-Winkels an eine Gerade in einem gegebenen Scheitelpunkt

  1. Ziehe einen Kreis auf der Geraden g_{1} um den gegebenen Punkt P (Bild 1). Es ergeben sich die zwei Schnittpunkte A und B.
  2. Ziehe einen Kreis mit gleichem Radius z.B. um den Schnittpunkt B (alternativ um A) und markiere die Kreuzung der beiden Kreise oberhalb der Geraden g_{1} als Schnittpunkt C..
  3. Zeichne eine Gerade g_{2} durch den Punkt P und den Schnittpunkt C. Somit schneidet die Gerade g_{2} im Scheitelpunkt P die Gerade g_{1} im Winkel von {\displaystyle 60^{\circ }.}
Bild 1: Antragen eines 60-Grad-Winkels an eine Gerade in einem gegebenen Scheitelpunkt   Bild 2: Antragen eines 60°-Winkels durch einen Punkt außerhalb der Geraden.
Bild 1: Antragen eines 60-Grad-Winkels an eine Gerade in einem gegebenen Scheitelpunkt
 
Bild 2: Antragen eines 60°-Winkels durch einen Punkt außerhalb der Geraden.

Antragen eines 60-Grad-Winkels an eine Gerade durch einen Punkt außerhalb der Geraden

  1. Fälle das Lot vom gegebenen Punkt P auf die Gerade g (Bild 2). Du erhältst die Hilfspunkte A und B sowie den Gegenpunkt C. Der Schnittpunkt ist der Fußpunkt M.
  2. Ziehe einen Kreis (k_{1}) um den Fußpunkt durch den gegebenen Punkt.
  3. Ziehe mit gleichem Radius einen Kreisbogen (k_{2}) um den Gegenpunkt {\displaystyle C,} du bekommst die Punkte D und E, deren Verbindungsgerade die Mittelsenkrechte der Strecke {\displaystyle {\overline {CM}}} ist.
  4. Zeichne das gleichseitige Dreieck {\displaystyle PDE.} Die an P anliegenden Seiten schneiden die Gerade auf gewünschte Weise.
Bild 3: Antragen eines 60-Grad-Winkels an eine Gerade durch einen Punkt außerhalb der Geraden, auch möglich mithilfe eines sogenannten kollabierenden Zirkels.

Die nebenstehende Abbildung (Bild 3) zeigt eine alternative Vorgehensweise, die neben dem gegebenen Punkt P und der gegebenen Geraden g_{1} nur vier Kreise mit gleichem Radius und die Gerade g_{2} für die Lösung benötigt. Im Verlauf der Konstruktion werden für das Ziehen eines Kreises stets zwei Punkte genutzt. Der Abstand der beiden Punkte ist gleich dem Kreisradius, aufgrund dessen könnte auch ein sogenannter euklidischer oder kollabierender Zirkel eingesetzt werden.

  1. Ziehe einen Kreis mit einem beliebigen Radius um P, es ergibt den Schnittpunkt A auf der Geraden {\displaystyle g_{1}.}
  2. Ziehe den zweiten Kreis um Punkt A durch P sowie den dritten Kreis um den soeben erzeugten Punkt B auf g_{1} durch A, er schneidet den Kreis um P in C. Die Abstände von den Punkten P und C zu der Geraden g_{1} sind gleich.
  3. Schließlich ziehe den vierten Kreis um C durch P, der den Kreis um P in D schneidet, und zeichne die Gerade g_{2} durch die Punkte P und {\displaystyle D.} Sie schneidet die Gerade g_{1} im Scheitelpunkt E und liefert somit den Winkel {\displaystyle AED} mit der gesuchten Winkelweite {\displaystyle 60^{\circ }.}

Konstruktion eines 30-Grad-Winkels>

Der erste Gedanke ist vielleicht, die Konstruktionen des 60-Grad-Winkels zu verwenden, um den 30-Grad-Winkel durch einfache Halbierung des 60-Grad-Winkels zu erreichen. Die ersten beiden im Folgenden beschriebenen Vorgehensweisen zeigen aber, es geht auch mit weniger Konstruktionsschritten.

Antragen eines 30-Grad-Winkels an eine Gerade in einem gegebenen Scheitelpunkt

  1. Bestimme den Punkt A beliebig auf der Geraden g_{1} und ziehe einen Kreis um A durch den gegebenen Punkt P (siehe Bild 4). Es ergibt sich der Schnittpunkt B.
  2. Ziehe einen Kreis mit gleichem Radius um B und markiere die Kreuzung der beiden Kreise oberhalb der Geraden g_{1} als Schnittpunkt C..
  3. Zeichne eine Gerade g_{2} durch den Punkt P und den Schnittpunkt C. Somit schneidet die Gerade g_{2} im Scheitelpunkt P die Gerade g_{1} im Winkel von {\displaystyle 30^{\circ }.}
Bild 4: Antragen eines 30-Grad-Winkels an eine Gerade g_{1} in einem gegebenen Scheitelpunkt {\displaystyle P.}
 

Antragen eines 30-Grad-Winkels an eine Gerade durch einen Punkt außerhalb der Geraden

  1. Fälle das Lot vom gegebenen Punkt P auf die Gerade g_{1} folgendermaßen (siehe Bild 5): Mit einem beliebigen Radius um P ergeben sich die Hilfspunkte A und B, zwei kleine Kreisbögen mit dem Radius \overline{AP} um A bzw. B schneiden sich im Gegenpunkt C. Die Verbindung P mit C liefert den Fußpunkt {\displaystyle D.}
  2. Ziehe einen Kreisbogen mit dem Radius \overline{CD} um den Gegenpunkt C und einen mit gleichem Radius um den Fußpunkt D, dabei ergibt sich der Punkt E.
  3. Verbinde den Punkt P mit E, dabei ergibt sich der Punkt F und am Scheitel P der Winkel {\displaystyle 30^{\circ }.}
  4. Ziehe einen Kreisbogen mit dem Radius {\overline {FP}} um den Punkt F, Schnittpunkt mit g_{1} ist G.
  5. Ziehe einen Halbkreis mit dem Radius {\displaystyle {\overline {GF}}} um den Punkt G, Schnittpunkt mit g_{1} ist H. Die abschließende Gerade g_{2} durch H und P liefert am Scheitel H den Winkel {\displaystyle FHP} mit der Winkelweite {\displaystyle 30^{\circ }.}
Bild 5: Antragen eines 30-Grad-Winkels durch einen Punkt P außerhalb der Geraden g_{1}.
Bild 6: Antragen eines 30-Grad-Winkels an eine Gerade g_{1} durch einen Punkt P außerhalb der Geraden g_{1}, auch möglich mithilfe eines sogenannten kollabierenden Zirkels.
 

Die Darstellung im Bild 6 zeigt eine alternative Vorgehensweise. Sie benötigt für die Lösung, neben dem gegebenen Punkt P und der gegebenen Geraden g_{1}, nur fünf Kreise mit gleichem Radius und die Gerade g_{2}. Die Konstruktion ist eine Weiterführung der Konstruktion des 60-Grad-Winkels (Bild 3). Dafür bedarf es nur noch des fünften Kreises, gezogen um Punkt D durch P, und schließlich der Geraden g_{2} durch die Punkte P und E. Die Gerade g_{2} schneidet die Gerade g_{1} im Scheitelpunkt F und liefert somit den Winkel {\displaystyle AFP} mit der gesuchten Winkelweite {\displaystyle 30^{\circ }.}

Konstruktion eines 72-, 54- oder 18-Grad-Winkels

Die etwas exotischere Konstruktion eines 72- oder 54-Grad-Winkels findet man im regelmäßigen Fünfeck.

Winkel 72°, 54° und 18° im Fünfeck, EF = EC, BH = CG
 

Addition und Subtraktion von Winkeln

Winkelweite \alpha _{1} und \alpha _{2}

Jeder Winkel lässt sich zu einem anderen Winkel konstruktiv, sprich geometrisch, addieren und subtrahieren. Mit anderen Worten, möchte man z.B. (siehe drei Bilder) einen Winkel um die Größe eines anderen vermehren bzw. vermindern, so zeichnet man zunächst um die Scheitelpunkte der Winkel jeweils einen für beide Winkel gleich großen Kreisbogen, der beide Schenkel des jeweiligen Winkels schneidet oder berührt.

Winkel addieren

Zuerst wird der Kreisbogen {\displaystyle ABC_{1}} des ersten Winkels {\displaystyle BAC_{1}} über C_{1} hinaus verlängert, damit darauf auch der zweite Winkel {\displaystyle BAC_{2}} genügend Platz findet. Nun nimmt man die Winkelweite \alpha _{2} am Abstand {\displaystyle |BC_{2}|} in den Zirkel und überträgt sie damit, ab dem Schnittpunkt {\displaystyle C_{1},} auf den verlängerten Kreisbogen. Es ergibt sich der Schnittpunkt {\displaystyle C_{3}.} Abschließend wird der neue Winkelschenkel {\displaystyle {\overline {AC_{3}}}} eingezeichnet.

Der somit durch geometrische Addition erzeugte Summenwinkel {\displaystyle BAC_{3}} hat die Winkelweite {\displaystyle \alpha _{1}+\alpha _{2}.}

Addition, Winkelweiten '"`UNIQ--postMath-00000106-QINU`"'   Subtraktion, Winkelweiten '"`UNIQ--postMath-00000107-QINU`"'
Addition, Winkelweiten {\displaystyle \alpha _{1}+\alpha _{2}}
 
Subtraktion, Winkelweiten {\displaystyle \alpha _{2}-\alpha _{1}}
Winkel subtrahieren

Um den kleineren Winkel {\displaystyle BAC_{1}} vom größeren Winkel {\displaystyle BAC_{2}} zu subtrahieren (Bild: Winkelweite \alpha _{1} und \alpha _{2}), nimmt man die Winkelweite \alpha _{1} am Abstand {\displaystyle |BC_{1}|} in den Zirkel und überträgt sie damit, ab dem Schnittpunkt {\displaystyle C_{2},} auf den Kreisbogen {\displaystyle ABC_{2}.} Es ergibt sich der Schnittpunkt {\displaystyle C_{3}.} Abschließend wird der neue Winkelschenkel {\displaystyle {\overline {AC_{3}}}} eingezeichnet.

Der somit durch geometrische Subtraktion erzeugte Differenzwinkel {\displaystyle BAC_{3}} hat die Winkelweite {\displaystyle \alpha _{2}-\alpha _{1}.}

Winkelteilungen

Winkelhalbierung

Ein Winkel besteht stets aus zwei Schenkeln, die sich im Scheitelpunkt treffen. Zieht man nun zwei gleich große Kreise auf je einem Schenkel durch den Scheitelpunkt, so bildet die Strecke zwischen den Kreisschnittpunkten die Winkelhalbierende. Jeder Punkt auf der Winkelhalbierenden ist gleich weit von den Schenkeln entfernt.

Konstruktion
Winkelhalbierung, Winkelhalbierende (rot)

Der zuerst gezeichnete Kreisbogen um den Scheitelpunkt A, mit einem beliebigen Radius, schneidet die Schenkel des Winkels in B bzw. C. Nun wird, entweder mit der gleichen (siehe Bild) oder mit geänderter Zirkelöffnung, um die Schnittpunkte B und C jeweils ein gleich großer Kreisbogen geschlagen. Abschließend zieht man ab dem Scheitelpunkt A, durch den zuletzt entstandenen Schnittpunkt D, eine Halbgerade und erhält somit die Winkelhalbierende.

Dreiteilung

Die allgemeine Dreiteilung des Winkels ist mit euklidischen Werkzeugen nicht möglich. Es gibt jedoch (Hand-)Zeichengeräte (z.B. Tomahawk) für diese Aufgabe. Was allerdings auch möglich ist, sind Näherungskonstruktionen mit geringen Winkelfehlern.

Beliebige Teilung

Die beliebige Teilung erfordert ein Hilfsmittel mit dem ein Winkel proportional auf eine Strecke abgebildet werden kann und umgekehrt, beispielsweise eine Schablone, mit einer als Archimedische Spirale oder Quadratrix des Hippias geformten Kante. Damit lässt sich eine Winkelteilung in eine Streckenteilung überführen. Anwendungen davon gibt es in der Konstruktion bestimmter regelmäßiger Polygone, die allein mit Zirkel und Lineal nicht konstruierbar sind, wie z.B. des Elfecks.

Folgerung (allgemeine Winkelkonstruktionen)

Konstruiert man die obigen Winkel (90°, 60°, 72° oder 54° oder deren Summen bzw. Differenzen), so lassen sich aus diesen per Winkelhalbierung weitere Winkel (45°, 30°, 36° und 27° oder den zugehörigen Summen bzw. Differenzen) konstruieren, die und deren Abkömmlinge sich wieder halbieren lassen. Den Winkel 3° erhält man z.B. durch folgende Vorgehensweise: 72°/2 → 36°/2 → 18° - 15° = 3°. Generell lassen sich alle Winkel konstruieren, deren Sinus (und damit auch deren Kosinus) durch einen mathematischen Ausdruck dargestellt werden kann, der nur aus ganzen Zahlen, Grundrechenarten und Quadratwurzeln besteht. Das gilt z.B. für ganzzahlige Winkel (Gradmaß), die ein Vielfaches von 3° sind:

Die Winkelhalbierung kann durch Substitution der Halbwinkelformeln

{\displaystyle \sin {\frac {\alpha }{2}}={\sqrt {\frac {1-\cos \alpha }{2}}}} und {\displaystyle \cos {\frac {\alpha }{2}}={\sqrt {\frac {1+\cos \alpha }{2}}}}

ausgedrückt werden. Das Antragen eines Winkels an einen anderen kann durch Substitution der Additionstheoreme

{\displaystyle \sin(\alpha \pm \beta )=\sin \alpha \;\cos \beta \pm \cos \alpha \;\sin \beta } und {\displaystyle \cos(\alpha \pm \beta )=\cos \alpha \;\cos \beta \mp \sin \alpha \;\sin \beta }

ausgedrückt werden.

Darüber hinaus hat der Kosinus des Zentriwinkel des 17-Ecks noch den Wert:

{\displaystyle \cos {\frac {360^{\circ }}{17}}={\frac {1}{16}}\left(-1+{\sqrt {17}}+{\sqrt {2\left(17-{\sqrt {17}}\right)}}+2{\sqrt {17+3{\sqrt {17}}-{\sqrt {2\left(17-{\sqrt {17}}\right)}}-2{\sqrt {2\left(17+{\sqrt {17}}\right)}}}}\right)\ \approx 0{,}93247222940435580457},

woraus sich seine Konstruierbarkeit ergibt.

Winkelmessung

Hauptartikel: Winkelmessung

Bei der Winkelmessung wird mit Hilfe technischer Einrichtungen ermittelt, in welchem Winkel zwei Geraden oder zwei sonstige Richtungen zueinander stehen.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 25.07. 2021