Gitter (Mathematik)
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Ein Gitter (engl. lattice) in der Mathematik ist eine diskrete Untergruppe des euklidischen Raums. Gitter finden Verwendung u.a. in der Gruppentheorie, der Geometrie und bei Approximationsfragestellungen.
Die einzelnen Elemente eines Gitters heißen Gitterpunkte oder Gittervektoren.
Gitter im euklidischen Raum
Es seien
linear
unabhängige Vektoren des euklidischen
Vektorraums
.
Dann nennt man
ein Gitter mit Basis
vom Rang
.
Die aus den Vektoren
gebildete Matrix
heißt Basismatrix von
.
Die Basis ist durch das Gitter nicht festgelegt. Jede Basis von
hat jedoch denselben Rang
.
Als Untergruppe der additiven
Gruppe
von
ist
eine freie
abelsche Gruppe vom Rang
.
heißt Grundmasche oder Fundamentalmasche von .
Sie spannt im
einen
-dimensionalen
Untervektorraum
auf und bildet darin ein rechtsoffenes
-dimensionales
Parallelepiped. Die
Basis
des Gitters ist eine Basis
dieses Vektorraums.
Durch das Gitter
wird auf
eine Äquivalenzrelation
wie folgt definiert:
.
Jedes Element von
ist zu genau einem Element aus der Grundmasche äquivalent. Jede Äquivalenzklasse
hat also genau einen Repräsentanten in der Grundmasche.
Zu einem
gibt es kein
mit
.
Da sich das Interessante also nur im Unterraum
abspielt und dieser isomorph zu
ist, betrachten die meisten Autoren nur den Fall der Gleichheit
(Gitter mit vollem Rang).
In diesem Fall kann der ganze
mit Maschen der Form der Grundmasche parkettiert
werden. Jedoch sind auch Formen interessant, die kein Parallelepiped sind. Man
spricht dann von einer Fundamentalregion.
Ein Gitter
heißt ganz, falls für alle
das Skalarprodukt
eine ganze Zahl ist. Ist sogar
für alle
,
so nennt man das Gitter
gerade (gerade Gitter sind automatisch ganz).
Beispiele:
- Das Gitter in der Abbildung hat die Basisvektoren
und
. Es ist weder ganz noch gerade.
- Das Gitter mit Basisvektoren
und
ist sowohl ganz als auch gerade.
Gitter in der komplexen Zahlenebene
Indem man die komplexe Zahlenebene
als reellen Vektorraum auffasst, kann man von Gittern in
sprechen; sie sind freie abelsche Gruppen vom Rang 2. Sie spielen eine zentrale
Rolle in der Theorie der elliptischen
Funktionen und elliptischen
Kurven.
Ist allgemeiner
eine natürliche Zahl, so stehen Gitter im reell
-dimensionalen
Raum
in Beziehung zu komplexen
Tori und abelschen
Varietäten.
Gitter in Lie-Gruppen
Eine Untergruppe
einer topologischen
Gruppe
heißt diskrete
Untergruppe, wenn es zu jedem
eine offene
Umgebung
mit
gibt.
Wenn
eine lokalkompakte
Gruppe mit Haarschem
Maß
ist, dann heißt eine diskrete Untergruppe
ein Gitter, falls der Quotient
endliches Volumen (bzgl. des Haarschen Maßes) hat.
Ein Gitter heißt uniform oder kokompakt, falls
kompakt ist.
Gitter in Lie-Gruppen spielen eine wichtige Rolle in Thurstons Geometrisierungsprogramm.
Beispiele
- Sei
das zur Basismatrix
gehörige Gitter vom Rang 2. Dann ist
.
- Sei
. Dann ist die Grundmasche von
der
-dimensionale Hyperwürfel
, und es gilt z.B.
.
- Der Ring der gaußschen
Zahlen
ist ein Gitter in
.
- Der Ring der Hurwitzquaternionen
ist ein Gitter im Schiefkörper
der Quaternionen.
- Das Leech-Gitter
ist ein besonderes Gitter im
Gitterdiskriminante
Eine Kenngröße zur Klassifikation von Gittern ist die Gitterdiskriminante. Sie berechnet sich als Volumen der Grundmasche.
Bei Gittern im euklidischen Raum mit der Basismatrix
entspricht dies der Formel
Hat
vollen Rang, so lässt sich dies zu folgendem Ausdruck vereinfachen:
Als Invariante ist der Wert der Gitterdiskriminante unabhängig von der gewählten Basis.
Gitterreduktion
Die Gitterreduktion ist das Problem, aus einer gegebenen Gitterbasis eine Basis mit gewissen Eigenschaften zu berechnen, wie zum Beispiel eine Basis mit kurzen, nahezu orthogonalen Vektoren. Der LLL-Algorithmus (nach Lenstra, Lenstra und Lovász) berechnet in polynomieller Zeit eine sogenannte LLL-reduzierte Basis, mit deren Hilfe man beweisbar kurze Gittervektoren erhält. In der Tat liegt die Länge des ersten Vektors einer LLL-reduzierten Basis nahe an der Länge des kürzesten nichttrivialen Gittervektors.
Der LLL-Algorithmus hat zahlreiche Anwendungen in der Kryptoanalyse von asymmetrischen Verschlüsselungsverfahren wie dem RSA-Kryptosystem und dem Merkle-Hellman-Kryptosystem gefunden.
Literatur
- Gudrun Susanne Wetzel: Lattice basis reduction algorithms and their applications. Shaker Verlag, Aachen 1998, ISBN 3-8265-4543-5.
- John Horton Conway, Neil Sloane: Sphere packings, lattices and groups. Grundlehren der mathematischen Wissenschaften 290, Springer, 3. Auflage 1999, ISBN 0-387-98585-9.
- Phong Q. Nguyen, Jacques Stern: The two faces of lattices in cryptology. In: Joseph Silverman (Hrsg.): Cryptography and lattices (Proceedings CALC 2001), Lecture Notes Computer Science 2146, Springer 2001, S. 146–180
- Phong Q. Nguyen, Brigitte Vallée (Hrsg.): The LLL algorithm. Survey and applications. Reihe Information Security and Cryptography, Springer 2010, ISBN 978-3-642-02294-4.
Siehe auch
- Raumgruppe
- Bravais-Gitter
- Spezielle Gitter werden nach Dedekind bei der Untersuchung algebraisch ganzer Zahlen verwendet. Siehe dazu Ordnung (algebraische Zahlentheorie)
- Der mathematische Fachbegriff ist an die umgangssprachliche Verwendung eines Gitters angelehnt.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.04. 2023