Von-Neumann-Algebra
Eine Von-Neumann-Algebra oder W*-Algebra ist eine mathematische Struktur in der Funktionalanalysis. Historisch beginnt die Theorie der Von-Neumann-Algebren mit den grundlegenden von 1936 bis 1943 erschienenen Arbeiten von Francis J. Murray und John von Neumann On rings of operators. Der Name Von-Neumann-Algebra für derartige Algebren geht auf einen Vorschlag von Jean Dieudonné zurück.
Definition
Eine Von-Neumann-Algebra
(benannt nach John
von Neumann) oder (mittlerweile veraltet) ein Ring von Operatoren ist
eine *-Unteralgebra
mit Eins der Algebra
der beschränkten linearen
Operatoren eines Hilbertraums
,
die eine (und damit alle) der drei folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt:
.
ist abgeschlossen in der starken Operatortopologie.
ist abgeschlossen in der schwachen Operatortopologie.
Hierbei ist
die Kommutante von
und entsprechend
die Kommutante von
.
Die Äquivalenz der drei obigen Aussagen nennt man den von Neumannschen Doppelkommutantensatz oder Bikommutantensatz. Diese Aussage kann wie folgt verschärft werden:
- Ist
eine *-Unteralgebra mit Eins, so ist
der Abschluss von
sowohl in der schwachen als auch in der starken Operatortopologie.
Auch diese Formulierung, die eine Äquivalenz zwischen der rein algebraischen Kommutanten-Bildung und der rein topologischen Dichte-Beziehung bzw. Abschluss-Bildung herstellt, wird als Bikommutantensatz bezeichnet. Damit erweist sich der Bikommutantensatz als ein Dichtheitssatz. Zusammen mit dem weiteren Dichtheitssatz von Kaplansky stellt er den Ausgangspunkt der Theorie der Von-Neumann-Algebren dar.
Eine Von-Neumann-Algebra kann nach einem Satz von Shōichirō Sakai auch abstrakt ohne einen zugrundeliegenden Hilbertraum definiert werden:
- Eine Von-Neumann-Algebra
ist eine C*-Algebra, die der topologische Dualraum eines Banachraums
ist.
Faktoren
Die Von-Neumann-Algebra
heißt Faktor, falls sie eine der beiden folgenden äquivalenten Bedingungen
erfüllt:
.
erzeugt
.
Da
die Menge der Operatoren aus
ist, die mit allen Operatoren aus
kommutieren, ist
das Zentrum
von
.
Faktoren sind daher die Von-Neumann-Algebren mit kleinst möglichem Zentrum. Man
kann Von-Neumann-Algebren als direktes Integral (eine Verallgemeinerung der
direkten Summe) von Faktoren darstellen, das heißt, Von-Neumann-Algebren sind in
diesem Sinne aus Faktoren zusammengesetzt.
und
sind Beispiele für Faktoren. Mit
ist auch
ein Faktor; offenbar gilt
und
.
Bei den Faktoren können 3 Typen, die Typ I, Typ II und Typ III heißen, unterschieden werden.
Kommutative Von-Neumann-Algebren
Sei
ein
-endlicher
Maßraum. Dann ist
L2
ein Hilbertraum, und jede wesentlich
beschränkte Funktion
definiert via Multiplikation einen Operator
.
Die Abbildung
ist ein *-Isomorphismus
von
auf eine kommutative Von-Neumann-Algebra
,
man kann sogar
zeigen, das heißt, die Algebra
stimmt mit ihrem Kommutanten überein. Keine echte Oberalgebra kann daher
kommutativ sein,
ist also eine maximale kommutative Von-Neumann-Algebra.
Betrachtet man speziell den Maßraum
(Einheitsintervall mit dem Lebesgue-Maß),
so kann man zeigen, dass der Bikommutant von
mit
zusammenfällt. Der Übergang vom topologischen Konstrukt
zum maßtheoretischen Konstrukt
entspricht dem Übergang von C*-Algebren zu Von-Neumann-Algebren. Während man
bei C*-Algebren wegen des Satzes
von Gelfand-Neumark von nicht-kommutativer Topologie spricht, gibt
die hier angestellte Betrachtung Anlass, eine Von-Neumann-Algebra als einen
nicht-kommutativen Maßraum anzusehen, man spricht daher auch von
nicht-kommutativer Maßtheorie.
Eigenschaften
Jede Von-Neumann-Algebra ist eine C*-Algebra und somit auch eine Banachalgebra.
Wie sich aus dem beschränkten Borel-Funktionalkalkül ergibt, enthalten Von-Neumann-Algebren sehr viele Orthogonalprojektionen; jeder Operator ist in der Normtopologie Limes von Linearkombinationen von Orthogonalprojektionen. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den C*-Algebren, die, wie das Beispiel C([0,1]) zeigt, neben 0 und 1 keine weiteren Projektionen enthalten müssen. Man kann aus der Menge der Projektionen einen Verband konstruieren; die Struktur dieses Verbandes wird zur Typklassifikation der Von-Neumann-Algebren herangezogen.
Literatur
- Jacques Dixmier: Von Neumann algebras, North-Holland Publishing, Amsterdam u. a. 1981 (North-Holland Mathematical Library, Band. 27), ISBN 0-444-86308-7.
- Shôichirô Sakai: C*-Algebras and W*-Algebras, Springer, Berlin u. a. 1971 (Ergebnisse der Mathematik und ihrer Grenzgebiete, Band. 60) ISBN 3-540-05347-6 (Nachdruck. ebenda 1998, ISBN 3-540-63633-1).
- Jacob T. Schwartz: W*-Algebras. Gordon & Breach, New York NY u. a. 1967.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 05.09. 2022