Polystyrol

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar

Polystyrol (Kurzzeichen PS) ist ein transparenter, geschäumt weißer, amorpher oder teilkristalliner Thermoplast. Amorphes Polystyrol ist ein weit verbreiteter, kostengünstiger (Standard-) Kunststoff, der in vielen Bereichen des täglichen Lebens zum Einsatz kommt.

Expandiertes Polystyrol (EPS, vor allem bekannt unter dem Handelsnamen Styropor) und extrudiertes Polystyrol (XPS) werden als Schaumstoffe eingesetzt.

Strukturformel
Struktur von Polystyrol
Allgemeines
Name Polystyrol
Andere Namen
  • Polystyren
  • Poly(1-phenylethylen) (IUPAC)
  • Kurzzeichen: PS
CAS-Nummer 9003-53-6
Monomer Styrol
Summenformel der Wiederholeinheit C8H8
Molare Masse der Wiederholeinheit 104,15 g·mol−1
Art des Polymers Thermoplast
Kurzbeschreibung transparent; amorph oder teilkristallin
Eigenschaften
Aggregatzustand fest
Dichte 1050 kg/m³ (fest)
Glastemperatur 100 °C
Wärmeleitfähigkeit 0,17 W·m−1·K−1

Geschichte

Bereits 1839 beobachtete der Apotheker Eduard Simon in Berlin, dass Styrol über mehrere Monate zu einer gallertartigen dickflüssigen Masse verdickt, die er in Annahme einer Oxidation Styroloxyd nannte. Sechs Jahre später berichteten John Buddle Blyth und August Wilhelm von Hofmann, dass die Umwandlung ohne Auf- oder Abgabe irgendeines Elementes geschehe und lediglich durch die molekulare Veränderung des Styrols erfolge, und benannten das Styroloxyd zu Metastyrol um. Die Bezeichnung Polystyrol wurde erstmals von Abraham Kronstein benutzt, der darunter allerdings ein Gel-artiges Zwischenprodukt verstand, das dann mit Styrol das glasartige Metastyrol bilden sollte.

1931 wurde im I.G.-Farben-Werk in Ludwigshafen am Rhein mit der technischen Herstellung von Polystyrol begonnen. Die Verwendung als Schaumkunststoff (Styropor) wurde 1949 von Fritz Stastny und seinem Chef Rudolf Gäth bei der BASF entwickelt, 1950 zum Patent angemeldet und 1952 auf der Kunststoffmesse in Düsseldorf vorgestellt. In den USA wurde es als Styrofoam von Ray McIntire bei Dow Chemical Company entwickelt (Patent 1944).

PS-Typen

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über Polystyrol-Homopolymere.

  Kurzbezeichnungen Andere Kurzbezeichnungen
Standard-Polystyrol, Normal-Polystyrol   Standard-PS, Normal-PS, GPPS
Polystyrol syndiotaktisch PS-S, PS-(M) sPS
Polystyrolschaum und schäumbares Polystyrol PS-E EPS

GPPS leitet sich von der englischen Bezeichnung General Purpose Polystyrene ab, EPS von Expanded Polystyrene.

Diese Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Polystyrol-Copolymere:

Styrol-Butadien-Pfropfcopolymere SB
Styrol-Butadien-Blockcopolymere SBS
Styrol-Acrylnitril-Copolymere SAN
Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymere ABS
vernetztes Polystyrol PS-X

Taktizität

Taktizität beschreibt bei Polystyrol, inwieweit die Phenylgruppe in der Polymerkette gleichmäßig ausgerichtet (angeordnet) ist. Die Taktizität hat starke Auswirkungen auf die Eigenschaften des Kunststoffs. Standard-Polystyrol ist ataktisch.

Polystyrene tacticity de.svg

Herstellung

Strukturformel des Monomers Styrol

Polystyrol wird durch die Polymerisation von Styrol gewonnen. Eine große Zahl von Polymeren wird durch Kettenpolymerisation hergestellt, u.a. vier der fünf mengenmäßig wichtigsten Kunststoffe, nämlich Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyvinylchlorid (PVC) und eben auch Polystyrol (PS). Styrol weist außergewöhnliche Polymerisationseigenschaften auf, es kann radikalisch, kationisch, anionisch oder mittels Ziegler-Natta-Katalysatoren polymerisiert werden.

Es gibt gegenwärtig zwei Verfahren zur Styrolherstellung mit technischer Bedeutung, die Dehydrierung von Ethylbenzol und das SM/PO-Verfahren. Im Jahr 2012 betrug die jährliche Weltproduktion von Styrol etwa 20 Millionen Tonnen.

Der fertige Kunststoff kommt als Granulat in den Handel, um als extrudierbares Polystyrol (XPS) zu Plastikteilen oder Behältern (z.B. Lebensmittelverpackungen mit Alu-Heißsiegeldeckel) verarbeitet zu werden. Expandierbares Polystyrol (EPS) erhält während der Polymerisation zu festen Kügelchen Gaseinschlüsse. Die Kügelchen werden in Oktabins zum Verarbeiter transportiert. Werden die Kügelchen dort unter Wasserdampf etwas über 100 °C erwärmt, expandiert das Gas und der thermoplastische Kunststoff bläht sich auf. Die Ränder der Blasen verschmelzen. Es entsteht ein geformter Festkörper, je nach Form ist alles von einfachen Platten bis geometrisch komplizierten Formteilen möglich.

Zur Vermeidung von unbeabsichtigten Granulatverlusten wurde von der Kunststoffindustrie die Operation Clean Sweep (OCS) initiiert. An diesem Programm beteiligen sich weltweit 1200 Unternehmen aus der gesamten Wertschöpfungskette. In Deutschland wurde von der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen die Initiative „Null Granulatverlust“ entwickelt, die das gleiche Ziel verfolgt. Auch der für Dämmstoffe zuständige Industrieverband Hartschaum und seine Mitgliedsunternehmen haben sich der Initiative angeschlossen.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Unmodifiziertes Polystyrol hat einen niedrigen Schmelzpunkt, ist hart und spröde, sowie relativ durchlässig für Sauerstoff und Wasserdampf.

Die Dichte von kompaktem Polystyrol liegt zwischen 1040 und 1090 kg/m³. Aufgeschäumtes Polystyrol (EPS oder auch PS-E) hat eine Dichte zwischen 15 (Dämmung am Bau) und 90 kg/m³ (Skihelm).

Expandiert hat Polystyrol eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit. Für graue Dämmplatten, die mit Graphit versetzt werden (z.B. Neopor), ist sie mit ≈0,032 W/(m·K) noch etwas niedriger als für weiße Dämmplatten (z.B. Styropor) mit 0,035 … 0,040 W/(m·K).

Mechanische Eigenschaften

Glasklares Polystyrol zeigt Doppelbrechung.

Festes amorphes Polystyrol ist glasklar, hart und schlagempfindlich. Es erzeugt einen spröden, scheppernden, fast glasartigen Klang beim Beklopfen (Butterdosen). Beim Biegen oder Brechen riecht es deutlich nach Styrol. Polystyrol ist in allen Farben einfärbbar. Massives Polystyrol neigt zur Spannungsrissbildung. Es ist wenig wärmebeständig, ab 55 °C setzt eine Beschleunigung der Alterung ein, weshalb es nur bis 70 °C einsetzbar ist. Die Glasübergangstemperatur liegt, je nach Verarbeitungsbedingungen, bei ca. 100 °C, die Schmelztemperatur beträgt bei isotaktischem Polystyrol 240 °C und bei syndiotaktischem 270 °C. Ataktisches Polystyrol liegt als amorpher Feststoff vor und besitzt keine Schmelztemperatur. Ataktisches Polystyrol ist ein kostengünstiger Kunststoff mit großem Marktanteil, syndiotaktisches PS wird bislang nur für Spezialanwendungen verwendet, isotaktisches PS ist wegen seiner geringen Kristallisationsgeschwindigkeit industriell uninteressant.

Geschäumtes Polystyrol ist weiß und undurchsichtig. Es hat im Vergleich zu festem Polystyrol eine geringere mechanische Festigkeit, aber eine höhere Elastizität.

Festes Polystyrol

Chemische Eigenschaften

Polystyrol ist gegen wässrige Laugen und Mineralsäuren gut beständig, gegenüber unpolaren Lösungsmitteln wie Benzin und längerkettigen Ketonen und Aldehyden nicht. Es ist UV-empfindlich.

Polystyrol kann z.B. mit Dichlormethan angelöst und nahezu nahtlos verschweißt werden.

Ein Stück expandiertes Polystyrol (EPS)

Schon geringe Mengen von Lösemitteln wie Aceton, Essigsäureethylester oder Toluol genügen, um ein relativ großes Volumen Polystyrolschaum zu „zerfressen“, indem dabei das relativ massearme Schaumgerüst angegriffen wird und gleichzeitig das hochvolumige im Schaum eingeschlossene Treibgas freigesetzt wird.

Syndiotaktisches Polystyrol kristallisiert ausreichend schnell, es dient im typischen Spritzgussverfahren als Konstruktionswerkstoff, insbesondere wegen seiner extremen Chemikalien-, Heißwasser- und Kühlmittelbeständigkeit. Dadurch bietet es sich als Alternative zu etablierten technischen Kunststoffen an. Es wird unter Verwendung von Metallocen-Katalysatoren hergestellt.

Brandverhalten

Polystyrol brennt mit leuchtend gelber, stark rußender Flamme. Das dabei freiwerdende Styrol hat einen blumig-süßlichen Geruch; in der Praxis besitzen die Dämpfe durch Zusätze jedoch oft einen stechenden Geruch.

Das Brandverhalten von expandiertem Polystyrol wird davon dominiert, dass es bei Temperaturen wenig über 100 °C erweicht und dann abtropft, wobei die Tropfen (auch aufgrund der geringen Masse und der damit zusammenhängenden schlechten Wärmeabfuhr) Feuer fangen können und dann brennend abtropfen. Das Material zersetzt sich oberhalb von etwa 300 °C unter anderem zu Styrol (Flammpunkt von ca. 31 °C). Gegebenenfalls werden auch Rückstände des Treibmittels Pentan (Flammpunkt ca. −50 °C) freigesetzt. Dies kann zum selbstständigen Abbrand und Abtropfen des Polystyrols führen. Brennend abtropfendes Polystyrol kann zu einer Brandausbreitung durch Entzündung von darunter befindlicher Materialien führen.

Durch geeignete Flammschutzmittel kann die Entflammbarkeit von (expandiertem bzw. extrudiertem) Polystyrol reduziert werden. Früher wurden dafür oftmals polybromierte Diphenylether oder Hexabromcyclododecan als Additive verwendet, deren Verwendung im Rohstoff nicht mehr erlaubt ist, aber durch Recyclat in die Endprodukte noch eingetragen werden können. Heute wird meist ein bromiertes Styrol-Butadien-Copolymer eingesetzt. Diese Flammschutzmittel spalten bei der Verbrennung bromhaltige Gase ab, brechen dadurch die bei der Verbrennung eintretenden Radikal-Kettenreaktionen durch Abfangen des Sauerstoffs ab und hemmen so die Verbrennung; dabei können polybromierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane entstehen.

Das Brandverhalten von flammgeschütztem Polystyrol-Hartschaum für Bauanwendungen wird gemäß EN 13501-1 klassifiziert und in die europäische Klasse zum Brandverhalten E eingestuft. Im Einbauzustand ist das Brandverhalten vom konkreten Aufbau des Dämmsystems abhängig. Informationen zum Brandverhalten von Wärmedämmverbundsystemen und Kontroversen nach Medienberichten über Fassadenbrände.

Wetterfestigkeit

Polystyrol ist zwar beständig gegen Wassereinwirkung, verrottet jedoch, wenn es UV-Strahlung ausgesetzt ist. Polystyrol versprödet unter Lichteinwirkung relativ schnell und neigt dann zur Spannungsrissbildung. Die Photooxidation von Polystyrol tritt bei Wellenlängen von \lambda = 253,7 nm auf, wobei die chromophoren Gruppen absorbieren und zahlreiche Zersetzungsprodukte (Hydroperoxide, Hydroxyl- und Carbonylverbindungen, aliphatische und aromatische Ketone, Peroxyester, flüchtige Verbindungen wie Benzaldehyd und Acetophenon) entstehen, Strahlung \lambda größer als 300 nm wird nicht absorbiert.

Wirkung auf Organismen und die Umwelt

Polystyrol ist physiologisch unbedenklich und für Lebensmittelverpackungen uneingeschränkt zugelassen. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass Zellkulturen durch eine Aufweichung des Materials unter Kulturbedingungen negativ beeinflusst werden können.

In Ländern mit unzureichender Abfallentsorgung kann Polystyrol ins Meer gelangen. Dort reichert es sich in der Debris von Treibmüll in den Ozeanen an, durch Photolyse und den Wellenschlag zerfällt es dort in kleine Brösel, die von Tieren aufgenommen werden.

Das Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD), das früher dem Polystyrol für Dämmplatten und Hartschaumplatten beigefügt wurde, ist gemäß der CLP-Verordnung als „sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung“ eingestuft. Es wurde im Mai 2013 in das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe aufgenommen, wodurch ein weltweites Herstellungs- und Verwendungsverbot gilt. Es ist schwer abbaubar (persistent) und toxisch für aquatische Organismen mit einem sehr hohen Bioakkumulations- und Biomagnifikationspotenzial. Die Migration in die Umwelt aus unbeschädigtem geschäumtem Polystyrol ist mengenmäßig gering, Emissionen können bei Brand, Photolyse und Recycling auftreten.

Biologischer Abbau

2015 entdeckten Forscher der Stanford University, dass Mehlwürmer in der Lage sind, Polystyrol zu verzehren und in CO2 und verrottbaren Kot zu zersetzen. Die Verzehrmenge von hundert Larven lag bei 34–39 mg täglich. Nach dem einmonatigen Experiment konnte kein Unterschied zwischen dem Gesundheitszustand von Mehlwürmern, die sich von Polystyrol ernährten, und solchen, die konventionelle Nahrung zu sich nahmen, festgestellt werden. Der Verdauungsvorgang ist im Einzelnen bislang unerforscht.

Materialschädlinge

Spechte und die Braune Wegameise nisten normalerweise in morschen Bäumen. Polystyrol-Dämmplatten werden jedoch von beiden als alternative Lebensräume genutzt. Spechte zerstören z.B. die Putzschicht eines Wärmedämmverbundsystems, um darin eine Bruthöhle anzulegen. Die Arbeiterinnen der Braunen Wegameise legen in Polystyrol-Dämmplatten Wege und Nester an, in denen sie ihre Brut aufziehen. Mit ihren Beißzangen zerlegen sie dabei die einzelnen Polystyrolkugeln in winzige, transportable Teile und tragen diese in andere Hohlräume bzw. nach draußen, wodurch der Schädlingsbefall auch sichtbar wird.

Copolymere

Polystyrol-Homopolymer wird verwendet, wenn Transparenz, Oberflächengüte und Steifigkeit gefordert sind. Sein Einsatzspektrum wird darüber hinaus durch Copolymere und andere Modifikationen (Blends z. B. mit PC und syndiotaktischem Polystyrol) noch deutlich erweitert. Die Sprödigkeit von gewöhnlichem Polystyrol wird durch elastomermodifizierte Styrol-Butadien-Copolymere überwunden. Das Copolymer aus Styrol und Acrylnitril (SAN) ist gegenüber thermischer Beanspruchung, Hitze und Chemikalien beständiger als das Homopolymer und ebenfalls transparent. ABS weist ähnliche Eigenschaften auf, ist bei noch niedrigen Temperaturen einsetzbar, jedoch opak.

Styrol-Butadien-Copolymere

Styrol-Butadien-Copolymere können mit einem niedrigen Anteil von Buten hergestellt werden. Es kann entweder PS-I hergestellt werden oder SBC (s.u.), beide Copolymere sind schlagzäh. PS-I wird durch Pfropfcopolymerisation hergestellt, SBC durch anionische Blockcopolymerisation, wodurch es transparent sein kann.

Wenn Styrol-Butadien-Copolymer einen hohen Anteil an Buten besitzt, bildet sich Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR).

Die Schlagzähigkeit der Styrol-Butadien-Copolymere entsteht durch Phasentrennung, Polystyrol und Polybutadien sind nicht ineinander löslich (siehe Flory-Huggins-Theorie). Durch Copolymerisation entsteht eine Grenzschicht, ohne dass völlige Durchmischung erfolgt. Die Butadien-Anteile (die „Kautschukphase“) lagern sich zu Partikeln zusammen, die in eine Matrix aus Polystyrol eingebettet sind. Entscheidend für die verbesserte Schlagzähigkeit der Styrol-Butadien-Copolymere ist die höhere Aufnahmefähigkeit für Formveränderungsarbeit. Ohne angelegte Kraft verhält sich die Kautschukphase zunächst wie ein Füllstoff. Bei Zugbeanspruchung bilden sich Crazes (Mikrorisse), die sich bis zu den Kautschukpartikel ausbreiten. Die Energie des sich ausbreitenden Risses überträgt sich dann auf die auf seinem Weg liegenden Kautschukpartikel. Durch eine große Zahl an Rissen enthält das ursprünglich starre Material eine lamellierte Struktur. Die Bildung jeder einzelnen Lamelle trägt dabei zum Verbrauch von Energie und damit zur Erhöhung der Reißdehnung bei. PS-Homopolymere verformen sich bei Anlegen einer Kraft bis zum Bruch. Styrol-Butadien-Copolymer bricht an diesem Punkt nicht, sondern beginnt zu fließen, verfestigt sich bis zur Reißfestigkeit und bricht erst bei sehr viel höherer Dehnung.

Bei einem hohen Anteil an Polybutadien verkehrt sich die Wirkung der beiden Phasen. Styrol-Butadien-Kautschuk verhält sich wie ein Elastomer, kann aber wie ein Thermoplast verarbeitet werden.

PS-I

PS-I (von englisch impact resistant polystyrene) besteht aus einer zusammenhängenden Polystyrolmatrix und einer darin dispergierten Kautschukphase. Es wird durch Polymerisation von Styrol hergestellt, in Anwesenheit von (in Styrol) gelöstem Polybutadien. Die Polymerisation verläuft gleichzeitig auf zwei Weisen:

Die Polybutadienpartikel (Kautschukpartikel) in PS-I besitzen gewöhnlich einen Durchmesser von 0,5 – 9 μm. Sie streuen dadurch sichtbares Licht, wodurch PS-I opak ist. Das Material ist stabil (es findet keine weitere Entmischung statt), da Polybutadien und Polystyrol chemisch verknüpft sind. Historisch wurde PS-I zunächst durch einfaches Vermischen von Polybutadien und Polystyrol erzeugt (es entsteht ein Polymerblend, kein Copolymer). Dieses Material weist jedoch deutlich schlechtere Eigenschaften auf.

Styrol-Butadien-Blockcopolymere

SBS (Styrol-Butadien-Styrol Blockcopolymer) wird durch anionische Block-Copolymerisation hergestellt und besteht aus drei Blöcken:

SSSSSSSSSSSSSSSSSSSSBBBBBBBBBBBBBBBBBBBBSSSSSSSSSSSSSSSSSSSS

S steht für die Styrol-Wiederholeinheit, B für die Butadien-Wiederholeinheit. Häufig besteht der mittlere Block jedoch nicht aus einem solchen Butadien-Homopolymer, sondern aus einem Styrol-Butadien-Copolymer:

SSSSSSSSSSSSSSSSSSSBBSBBSB­SBBBBSB­SSBBBSBSSSSSSSSSSSSSSSSSSSS

Durch die Verwendung eines statistischen Copolymers an dieser Stelle wird der Kunststoff weniger anfällig für Vernetzung und fließt besser in der Schmelze.

Bei der anionischen Copolymerisation wird zunächst Styrol homopolymerisiert, als Katalysator dient eine Organometallverbindung wie Butyllithium. Erst danach wird Butadien zugegeben, nach dessen Polymerisation erneut Styrol. Der Katalysator bleibt die ganze Zeit über aktiv (wozu die verwendeten Chemikalien eine hohe Reinheit besitzen müssen). Die Molekulargewichtsverteilung der Polymere ist sehr gering (Polydispersität im Bereich von 1,05, die einzelnen Ketten besitzen also sehr ähnliche Längen). Durch das Verhältnis von Katalysator zu Monomer lässt sich die Länge der einzelnen Blöcke gezielt einstellen. Von der Blocklänge hängt wiederum die Größe der Kautschukpartikel ab. Sehr kleine Partikel (kleiner als die Wellenlänge des Lichts) sorgen für Transparenz. Im Gegensatz zu PS-I bildet das Blockcopolymer jedoch keine Partikel, sondern besitzt eine lamellare Struktur.

Styrol-Butadien-Kautschuk

Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR von englisch Styrene Butadiene Rubber) wird ebenso wie PS-I durch Pfropfcopolymerisation hergestellt, jedoch mit niedrigerem Styrol-Anteil. Dadurch besteht SBR aus einer Kautschukmatrix mit einer darin dispergierten Polystyrol-Phase. Es ist anders als PS-I und SBC kein Thermoplast, sondern ein Elastomer.

Die Polystyrolphase lagert sich innerhalb der Kautschukphase zu Domänen zusammen. Es verursacht dadurch auf mikroskopischer Ebene eine physikalische Vernetzung. Wenn das Material über den Glasübergangspunkt erhitzt wird, zerfallen die Domänen, die Vernetzung wird temporär aufgehoben und das Material kann wie ein Thermoplast verarbeitet werden.

Produktformen und Verwendung

Verpackung aus EPS
Joghurtbecher

Polystyrol gehört zu den Standardkunststoffen und nimmt bei der Produktionsmenge nach Polyethylen, Polypropylen und Polyvinylchlorid den vierten Platz ein. In Deutschland wurden im Jahr 2015 etwa 12,06 Millionen Tonnen Kunststoffe (ohne Klebstoffe, Lacke, Harze, Fasern) verarbeitet, davon waren 655.000 Tonnen (5,4 Prozent) Polystyrol und expandiertes Polystyrol PS/PS-E.

Folien und Platten werden durch Extrusion hergestellt.

Die geringe Schwindungs- bzw. Schrumpfungsneigung von Polystyrol während der Fertigung ermöglicht sehr endkonturnahe Bauteile. Des Weiteren können auch für Kunststoffe sehr feine Konturen, Kanten und gerade Flächen hergestellt werden. Diese Eigenschaft ermöglicht die Herstellung von verhältnismäßig passgenauen Bauteilen. So werden z.B. Tonbandkassetten und CD-Hüllen aus transparentem Polystyrol gefertigt.

Als Lebensmittelverpackung, zum Beispiel als Joghurtbecher oder Schaumstoffschale, ist Polystyrol zugelassen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Spritzgegossene Teile aus ungeschäumtem Polystyrol kommen im Plastikmodellbau zum Einsatz.

In der Elektrotechnik wird Polystyrol wegen der guten Isolationseigenschaft verwendet. Es wird zur Herstellung von Schaltern, Spulenkörpern und Gehäusen (High Impact Polystyrene, HIPS) für Elektrogeräte verwendet. Polystyrol wird für Massenartikel (z.B. klassische CD-Verpackung, Videokassette), in der Feinwerktechnik und für Schaugläser verwendet.

Polystyrol ist Hauptbestandteil von Napalm-B, welches in Brandbomben Verwendung findet.

Polystyrolfolie

Infrarot-Transmissionsspektrum von Polystyrol-Folie

Transparente Polystyrolfolie wird unter anderem für Verpackungszwecke eingesetzt.

Gereckte Polystyrolfolie (Handelsnamen: Styroflex für das Copolymerisat mit Butadien, Trolitul) wird zusammen mit Aluminium- oder Zinnfolie zur Herstellung von verlustarmen und eng tolerierten Kondensatoren verwendet.

In der Infrarotspektroskopie wird Polystyrolfolie als Wellenlängen-Standard verwendet. Eine in die Probenhalterung passende Karte mit einer Folie wird vom Gerätehersteller dem Gerät beigelegt.

Geschäumtes Polystyrol

Expandiertes Polystyrol (EPS) in 200-facher Vergrößerung

Dem Rohmaterial werden Treibmittel wie Cyclopentan oder Kohlendioxid beigesetzt, die das unter Hitzeeinwirkung flüssige Material aufschäumen lassen.

Da Schaumpolystyrol sehr gut mit einer Thermosäge geschnitten werden kann und zugleich sehr preiswert ist, hat es sich als Baumaterial im Modell- und Kulissenbau etabliert. Im Flugmodellbau findet das geschäumte Material Verwendung. Modellbauer sowie Städte- und Landschaftsplaner benutzen es für Landschaftselemente, da man es sehr gut bearbeiten kann.

Lose rieselfähige Polystyrolschaumkugeln von typisch etwa 2–6 mm Durchmesser werden als Füllung für Sitzsäcke, Vakuummatratzen im Rettungswesen, im Straßenbau, zur Auflockerung schwerer Böden im Garten- und Landschaftsbau und mitunter als Auftriebsmittel bei der Hebung von Schiffswracks eingesetzt.

Polystyrol-Schaumstoff wird auch in Kernwaffen verwendet, dabei dient es zur Aufrechterhaltung des Hohlraums der unterkritischen Massen und zur Verdichtung bei Fusionsbomben.

Expandiertes Polystyrol (EPS)    

Styropor ist allgemein bekannt als leichtes, weißes Verpackungs- und Dämmmaterial. Dabei handelt es sich um einen eher grobporigen EPS-Hartschaum (Expandiertes Polystyrol). Zur Herstellung wird ein Granulat in eine Form gefüllt und in heißem Wasserdampf aufgeschäumt. Die Partikel des Granulats verkleben, aber verschmelzen meist nicht völlig miteinander. Die kugelförmigen, geschäumten Granulatkörner sind im Endprodukt häufig erkennbar und manchmal einzeln abtrennbar. Je nach Herstellungsverfahren ist expandierter Polystyrol-Hartschaum mehr oder weniger durchlässig für Luft und Wasserdampf.

EPS-Hartschaumplatten können in nahezu beliebiger Stärke aus einem Block geschnitten werden.

In Form geschäumtes Polystyrol wird vielfach als Verpackungsmaterial und für Schutzhelme, Feststoffrettungswesten und Surfboards verwendet.

Styropor ist ursprünglich ein Markenname von BASF. Seit den 1990er-Jahren nimmt der IVH (Industrieverband Hartschaum e.V.) die Rechte am Namen Styropor wahr. Nur die Hersteller von EPS, die sich den besonderen Qualitätsanforderungen des IVH unterwerfen, dürfen ihr Material Styropor nennen.

Weitere bekannte Handelsnamen für EPS sind Austrotherm, Steinopor, Sagex, Swisspor EPS, Hungarocell (Ungarn), Telgopor (spanischsprachige Länder) und Frigolit (Schweden).

Im Jahr 2014 wurde unter der Regie des europäischen Verbands der EPS-Verarbeiter (European Manufacturers of Expanded Polystyrene, EUMEPS) der gemeinsame Markenname airpop eingeführt, mit dem Ziel die große Namensvielfalt für EPS in Europa zu minimieren. In Deutschland ist die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. für die Umsetzung der europäischen Strategie im Bereich EPS-Verpackungen verantwortlich.

Extrudiertes Polystyrol (XPS)   

Eine weitere Methode zur Herstellung von Polystyrolschaum ist die Extrusion. Das Ausgangsmaterial aus Polystyrolgranulat und Treibmittel wird durch Hitze aufgeschäumt und zugleich kontinuierlich durch eine definierte Öffnung ausgeschoben und abgekühlt. Dabei entsteht ein homogener, feinporigerer XPS-Hartschaum (Extrudiertes Polystyrol), der in der Regel eine geschlossene Oberfläche und eine geschlossenzellige Struktur besitzt. Es wird als dicht gegenüber Luft, Wasser und Wasserdampf eingestuft und nimmt nur eine geringe Menge Wasser auf.

Handelsnamen sind z.B. Austrotherm XPS (Farbe rosa), Floormate, Jackodur (JACKON Insulation, Farbe lila), Roofmate, Styrodur (BASF, Farbe grün), Styrofoam (Dow Chemical, Farbe blau), Swisspor XPS, sowie URSA XPS (URSA Deutschland GmbH, Farbe gelb).

Verwendung als Wärmedämmstoff

Geschäumtes Polystyrol wird als Dämmstoff zur Wärmedämmung von Gebäuden eingesetzt. Die Bauindustrie ist der größte Abnehmer von EPS: Auf sie entfielen im Jahr 2020 rund 53 % des weltweiten EPS-Verbrauchs.

In der Schweiz waren Stand Ende 2014 knapp 500.000 Tonnen EPS und 200.000 Tonnen XPS als Dämmstoff in Gebäuden enthalten.> Hartschaumplatten für den Baubereich werden besonders ausgerüstet, um die unterschiedlichen Anforderungen zu erfüllen:

Für EPS-Dämmstoffe gelten die Anforderungen der EN 13163, für XPS-Dämmstoffe jene der EN 13164.

XPS wird aufgrund seiner geringen Wasseraufnahme (geschlossene Poren) auch als Perimeterdämmung und im Umkehrdach eingesetzt. Es besitzt eine ausreichende Druckfestigkeit, um unterhalb der Bodenplatte von Gebäuden verlegt zu werden.

Sonstige Verwendung im Baubereich

Formstücke aus geschäumtem Polystyrol werden unter anderem als Sockel- und Tragelemente von Dusch- und Badewannen sowie als Unterbau von bodengleich gefliesten Duschen verwendet.

Recycling und Entsorgung

In Deutschland sind 2016 etwa 5 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle angefallen, davon 110.200 Tonnen oder 2,2 % EPS- und XPS-Abfälle. Diese wurden zu 33 % recycelt, zu 65 % einer energetischen Verwertung zugeführt und zu 2 % deponiert. In Österreich sind 2017 ungefähr 13.200 Tonnen EPS-Abfälle angefallen. Diese wurden zu 41 % recycelt, zu 58 % einer energetischen Verwertung zugeführt und zu 1 % deponiert.

Die europäische EPS-Industrie hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 eine Recyclingquote von 46 % zu erreichen. Dabei sollen Verpackungsabfälle zu 50 %, Dämmstoffabfälle aus dem Gebäuderückbau zu 27 %, Dämmstoffabfälle aus dem Neubau und der Renovierung zu 80 % sowie EPS-Abfälle aus dem Tiefbau zu 90 % recycelt werden.

In Deutschland mussten HBCD-haltige Polystyrol-Dämmstoffe nach einer Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung ab 1. Oktober 2016 als gefährlicher Abfall entsorgt werden. Aufgrund dieser Einstufung kam es zu Entsorgungsengpässen, da viele Müllverbrennungsanlagen nicht über die entsprechende Genehmigung verfügten. Um weiterhin die Entsorgung in diesen Müllverbrennungsanlagen zu ermöglichen, regelten einige Bundesländer über Erlasse, dass HBCD-haltige Polystyrol-Dämmstoffe bis zu einem bestimmten Anteil im Baumischabfall zulässig sind. Nach einer weiteren Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung gelten HBCD-haltige Polystyrol-Dämmstoffe ab 28. Dezember 2016 als nicht gefährlicher Abfall und können in Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden. Am 17. Juli 2017 wurden die POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung und eine Änderung zur Abfallverzeichnis-Verordnung erlassen (BGBl. I S. 2644). HBCD-haltige Polystyrol-Dämmstoffe können damit auch weiterhin in Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden, allerdings gelten für sie ein Getrenntsammlungsgebot, ein Vermischungsverbot sowie Nachweis- und Registerpflichten.

In Österreich werden HBCD-haltige EPS-Dämmstoffe als nicht gefährlicher Abfall (Abfallschlüsselnummer 57108 „Polystyrol, Polystyrolschaum“) eingestuft. Sie dürfen in Verbrennungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle (Müllverbrennungsanlagen) mitverbrannt werden.

Recycling

Recycling-Code von Polystyrol

Zurzeit stehen folgende werkstoffliche Recyclingverfahren zur Verfügung:

Energetische Verwertung

Falls kein Recycling erfolgt, werden Polystyrol-Abfälle durch Verbrennung zur Energieerzeugung genutzt.

Die Stadt Würzburg hat die Mitverbrennung von HBCD-haltigen Polystyrol-Schaumstoffabfällen gemeinsam mit kommunalem und gewerblichem Restmüll untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass die sichere Zerstörung des Flammschutzmittels HBCD gewährleistet ist.

Deponierung

2006 wurden in den USA 870.000 Tonnen Polystyrol-Teller und -Tassen sowie 590.000 Tonnen aus anderen Produkten auf Deponien abgelagert. Da Polystyrol unter Lichtausschluss biologisch nicht abgebaut wird, bleibt es in Deponien erhalten.

Normen

Sonstige Regelwerke

Literatur

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 25.07. 2024