Molmassenverteilung

Die Molmassenverteilung (engl. MWD, molecular weight distribution), auch Molekulargewichtsverteilung, selten Polymolekularität, beschreibt in Naturwissenschaft und Technik die Häufigkeitsverteilung einzelner Molekülmassen in Proben polymerer Stoffe. Die Breite dieser Verteilung wird durch die Polydispersität (auch Dispersität oder Polymolekularitätsindex) beschrieben. Eine Vielzahl an physikalischen, mechanischen und rheologischen Eigenschaften der Probe hängt von der Breite der Verteilung ab.

Synthetische hochpolymere Stoffe bestehen praktisch nie aus Molekülen einheitlicher Größe, sondern liegen in Form polymolekularer Gemische vor. Die Polymerisationsgrade der Moleküle (und somit auch deren Molmassen) sind über einen mehr oder weniger breiten Bereich verteilt.

Makromoleküle biologischen Ursprungs, z. B. Proteine oder DNA, haben hingegen häufig eine völlig einheitliche Molmasse.

Verteilungsfunktionen

Bei bestimmten Polymerisationen entsteht idealerweise eine Molmassenverteilung, die mathematisch mit einer

oder

beschrieben wird.

In der Praxis treten durch die finite Größe des einzelnen Monomers sowie Nebenreaktionen stets (und auch beabsichtigt) größere Abweichungen davon auf, die z.B. wie folgend beschrieben werden:

geringe Anzahl von Fraktionen und hohe Anzahl der Moleküle pro Fraktion bzw. relativ wenige und geringe Abweichungen vom Mittelwert, d.h. hohe Einheitlichkeit;
viele Fraktionen und kleine Anzahl der Moleküle pro Fraktion oder unregelmäßige Verteilung der Moleküle pro Fraktion bzw. relativ viele und hohe Abweichungen vom Mittelwert, d.h. hohe Uneinheitlichkeit (technisch oft wünschenswert).
mit zwei oder mehreren getrennten Maxima in der Verteilungskurve

Molmasse von Polymeren

Typische Molmassenverteilung eines synthetischen Polymers

Es werden verschiedene Mittelwerte definiert, um die Probe statistisch zu beschreiben:

Die Molmasse M_{{i}} des i-mers wird mit dem relativen Zahlenanteil, den dieses Polymer hat, gewichtet. Die zahlenmittlere Molmasse sagt also aus, welche Molmasse ein zufälliges aus der Probe entnommenes Molekül im Durchschnitt hat. Dabei entspricht N_{{i}} der Zahl an Makromolekülen in der Probe mit genau i Repetiereinheiten.

{\displaystyle {\overline {M}}_{n}={\frac {\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}}{\sum _{i=1}^{f}N_{i}}}={\frac {\sum _{i=1}^{\infty }n_{i}\cdot M_{i}}{\sum _{i=1}^{\infty }n_{i}}}=\sum _{i=1}^{\infty }x_{i}\cdot M_{i}}

Das Viskositätsmittel {\displaystyle {\overline {M}}_{\eta }} wird durch die Messung der Grenzviskositätszahl  \eta der Polymerlösung ermittelt.

{\displaystyle {\overline {M}}_{\eta }=\left({\frac {\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}^{(1+\alpha )}}{\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}}}\right)^{\frac {1}{\alpha }}}

\alpha ist eine positive rationale Zahl und liegt in der Regel zwischen 0,5 und 0,9.

Die Molmasse M_{{i}} des i-mers wird mit dem relativen Massenanteil, den dieses Polymer hat, gewichtet. Würde man eine zufällige Monomereinheit auswählen und die Molmasse des dazugehörigen Polymers bestimmen, erhielte man als Durchschnitt die gewichtsmittlere Molmasse.

{\displaystyle {\overline {M}}_{w}={\frac {\sum _{i=1}^{f}m_{i}M_{i}}{\sum _{i=1}^{f}m_{i}}}={\frac {\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}^{2}}{\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}}}={\frac {\sum _{i=1}^{\infty }n_{i}\cdot M_{i}^{2}}{\sum _{i=1}^{\infty }n_{i}\cdot M_{i}}}={\frac {\sum _{i=1}^{\infty }x_{i}\cdot M_{i}^{2}}{\sum _{i=1}^{\infty }x_{i}\cdot M_{i}}}=\sum _{i=1}^{\infty }w_{i}\cdot M_{i}}

Das Zentrifugenmittel {\displaystyle {\overline {M}}_{z}} wird durch Messung des Sedimentationsgleichgewichts ermittelt.

{\displaystyle {\overline {M}}_{z}={\frac {\sum _{i=1}^{\infty }n_{i}\cdot M_{i}^{3}}{\sum _{i=1}^{\infty }n_{i}\cdot M_{i}^{2}}}={\frac {\sum _{i=1}^{\infty }x_{i}\cdot M_{i}^{3}}{\sum _{i=1}^{\infty }x_{i}\cdot M_{i}^{2}}}={\frac {\sum _{i=1}^{\infty }w_{i}\cdot M_{i}^{2}}{\sum _{i=1}^{\infty }w_{i}\cdot M_{i}}}}

Abkürzungen:

M_{{{\mathrm  {Mono}}}}: Molare Masse des Monomers
M_{i}: Molare Masse der Polymere der jeweiligen Fraktion i
m_{i}: Gesamtmasse der jeweiligen Fraktion i
N_{i}: Anzahl der Makromoleküle in der Fraktion i
f: Gesamtanzahl aller Fraktionen
{\displaystyle n_{i}[m_{i}]}=Stoffmenge [Masse] des i-mers; {\displaystyle n[m]}=Summe aller {\displaystyle n_{i}[m_{i}]}
x_{{i}}=Molenbruch des i-mers
M_{{i}}=Molmasse des i-mers, {\displaystyle M_{i}=i\cdot M_{0}}
{\displaystyle M_{0}[n_{0}]}=mittlere Molmasse [Stoffmenge] einer monomeren Einheit
w_{i}=Massenanteil des i-mers
{\displaystyle w_{i}={\frac {m_{i}}{\sum _{i=1}^{\infty }m_{i}}}=x_{i}\cdot {\frac {M_{i}}{\overline {M_{n}}}}=i\cdot x_{i}\cdot {\frac {n}{n_{0}}}}

Das Verhältnis aus Zahlenmittel \overline {M}_{n} und der mittleren Molmasse einer monomeren Einheit M_{{0}} gibt den Polymerisationsgrad P_{{n}} (s.u.) an.

Bestimmungsmethoden

Die mittleren (s.o.) Molmassen einer Probe können mit verschiedenen Methoden bestimmt werden:

Aus den unterschiedlichen Werten können Rückschlüsse auf die Breite der Verteilung gezogen werden.

Zur direkten Bestimmung der Molmassenverteilung werden allgemein die

angewandt.

Die GPC benötigt dabei noch eine geeignete Kalibrierung, während MS eine Absolutmethode ist.

Die GPC und die Zentrifugation werden auch zur präparativen Polymerfraktionierung eingesetzt.

Polydispersität

Vergleich zweier Molmassenverteilungen mit unterschiedlicher Dispersität sowie unterschiedlicher Mitlerer Molmasse
Vergleich zweier Molmassenverteilungen mit unterschiedlicher Dispersität sowie unterschiedlicher mittlerer Molmasse.

Die Polydispersität Đ ist ein Maß für die Breite einer Molmassenverteilung, sie berechnet sich aus dem Verhältnis von Gewichtsmittel zu Zahlenmittel. Je größer Đ, desto breiter ist die Molmassenverteilung. Neben dem Formelzeichen Đ wird die Dispersität teilweise auch als Q, PDI (Polydispersitätsindex) oder Polymolekularitätsindex angegeben.

{\displaystyle D={\frac {{\overline {M}}_{w}}{{\overline {M}}_{n}}}\geq 1}

Anstatt der Polydispersität wird oft auch die molekulare Uneinheitlichkeit U angegeben, sie ist definiert als

{\displaystyle U=D-1={\frac {{\overline {M}}_{w}}{{\overline {M}}_{n}}}-1}.

Makromoleküle biologischen Ursprungs, z.B. Proteine oder DNA, haben häufig eine völlig einheitliche Molmasse, sie haben also eine Uneinheitlichkeit von null, beziehungsweise Polydispersität von eins, daher gilt:

{\displaystyle {\overline {M}}_{n}={\overline {M}}_{w}(={\overline {M}}_{z})}

Für synthetische Polymere hingegen gilt:

\overline {M}_{n}<\overline {M}_{{\eta }}<\overline {M}_{w}<\overline {M}_{z}

Mittlerer Polymerisationsgrad

Allgemein erhält man den mittleren Polymerisationsgrad eines Homopolymers durch Division der mittleren molaren Masse durch die molare Masse der Wiederholeinheit. Diese kann im Einzelfall (z.B. bei Polykondensationen) von der des Monomeren abweichen.

Zahlenmittel

{\displaystyle {\overline {X}}_{n}={\frac {\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}}{\sum _{i=1}^{f}N_{i}}}\cdot {\frac {1}{M_{\mathrm {Mono} }}}={\frac {{\overline {M}}_{n}}{M_{\mathrm {Mono} }}}}

Gewichtsmittel

{\displaystyle {\overline {X}}_{w}={\frac {\sum _{i=1}^{f}m_{i}M_{i}}{\sum _{i=1}^{f}m_{i}}}\cdot {\frac {1}{M_{\mathrm {Mono} }}}={\frac {\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}^{2}}{\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}}}\cdot {\frac {1}{M_{\mathrm {Mono} }}}={\frac {{\overline {M}}_{w}}{M_{\mathrm {Mono} }}}}

Viskositätsmittel

{\displaystyle {\overline {X}}_{\eta }=\left({\frac {\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}^{(1+\alpha )}}{\sum _{i=1}^{f}N_{i}M_{i}}}\right)^{\frac {1}{\alpha }}\cdot {\frac {1}{M_{\mathrm {Mono} }}}={\frac {{\overline {M}}_{\eta }}{M_{\mathrm {Mono} }}}}

Literatur

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 10.04. 2024