Christoffelsymbole

In der Differentialgeometrie sind die Christoffelsymbole, nach Elwin Bruno Christoffel (1829–1900), Hilfsgrößen zur Beschreibung der kovarianten Ableitung auf riemannschen Mannigfaltigkeiten. Ihre definitorische Eigenschaft besteht in der Forderung, dass die kovariante Ableitung des metrischen Tensors verschwindet. Der Hauptsatz der riemannschen Geometrie stellt sicher, dass sie durch diese Definition eindeutig bestimmt sind.

In der allgemeinen Relativitätstheorie ermöglichen die Christoffelsymbole die Beschreibung der Bewegung von Teilchen in einem Gravitationsfeld, auf die keine weiteren äußeren Kräfte einwirken.

In diesem Artikel wird die Einsteinsche Summenkonvention verwendet.

Christoffelsymbole bzgl. einer Fläche

In der klassischen Differentialgeometrie wurden die Christoffelsymbole erstmals für gekrümmte Flächen im dreidimensionalen euklidischen Raum definiert. Sei also S\subset \mathbb {R} ^{3} eine orientierte reguläre Fläche und X\colon U \subset \R^2 \to S eine Parametrisierung von S. Die Vektoren \textstyle \frac{\partial X}{\partial u}(p) und \textstyle \frac{\partial X}{\partial v}(p) bilden eine Basis der Tangentialebene T_pS, und mit N_p wird der Normalenvektor zur Tangentialebene bezeichnet. So bilden die Vektoren \textstyle \frac{\partial X}{\partial u}(p), \ \tfrac{\partial X}{\partial v}(p),\ N_p eine Basis des \mathbb {R} ^{3}. Die Christoffelsymbole \Gamma^k_{ij}, i,j,k = 1,2 werden bezüglich der Parametrisierung X dann durch das folgende Gleichungssystem definiert:

\textstyle \begin{align}
\frac{\partial^2 X}{\partial u^2} &= \Gamma^1_{11} \frac{\partial X}{\partial u} + \Gamma^2_{11}\frac{\partial X}{\partial v} + h_{11} N\,,\\[0.5em]
\frac{\partial^2 X}{\partial u \partial v} &= \Gamma^1_{12} \frac{\partial X}{\partial u} + \Gamma^2_{12}\frac{\partial X}{\partial v} + h_{12} N\,,\\[0.5em]
\frac{\partial^2 X}{\partial v \partial u} &= \Gamma^1_{21} \frac{\partial X}{\partial u} + \Gamma^2_{21}\frac{\partial X}{\partial v} + h_{21} N\,,\\[0.5em]
\frac{\partial^2 X}{\partial v^2} &= \Gamma^1_{22} \frac{\partial X}{\partial u} + \Gamma^2_{22}\frac{\partial X}{\partial v} + h_{22} N\,.
\end{align}

Schreibt man X_{1} für \tfrac{\partial X}{\partial u}, X_{2} für \tfrac{\partial X}{\partial v} und X_{11} für \tfrac{\partial^2 X}{\partial u^2}, X_{21} für \tfrac{\partial^2 X}{\partial u \partial v} usw., so lassen sich die definierenden Gleichungen zusammenfassend als

X_{{ij}}=\sum _{{k=1}}^{2}\Gamma _{{ij}}^{k}X_{k}+h_{{ij}}N

schreiben. Aufgrund des Satzes von Schwarz gilt \tfrac{\partial X_2}{\partial u} = \tfrac{\partial X_1}{\partial v}, das heißt, X_{12}=X_{21}\,, und daraus folgt die Symmetrie der Christoffelsymbole, was \Gamma^1_{12} = \Gamma^1_{21} und \Gamma^2_{12} = \Gamma^2_{21} bedeutet. Die Koeffizienten h_{11},\, h_{12} = h_{21},\, h_{22} sind die Koeffizienten der zweiten Fundamentalform.

Sei \gamma \colon\; ]a,b[ \to S eine Kurve bezüglich der gaußschen Parameterdarstellung \gamma(t) = X\bigl(u_1(t),\,u_2(t)\bigr), so ist der tangentiale Anteil ihrer zweiten Ableitung durch

(\ddot\gamma)^\top = \left(\ddot u_1 + \sum_{i,j = 1}^2 \Gamma^1_{ij} \dot u_i \dot u_j \right)\frac{\partial X}{\partial u_1} + \left(\ddot u_2 + \sum_{i,j=1}^2 \Gamma^2_{ij} \dot u_i \dot u_j \right)\frac{\partial X}{\partial u_2}

gegeben. Durch Lösen des Differentialgleichungssystems (\ddot\gamma)^\top = 0 findet man also die Geodäten auf der Fläche.

Allgemeine Definition

Die im vorigen Abschnitt definierten Christoffelsymbole kann man auf Mannigfaltigkeiten verallgemeinern. Sei also M eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit mit einem Zusammenhang \nabla . Bezüglich einer Karte (U,\varphi) erhält man mittels \textstyle \partial_1|_p := \frac{\partial}{\partial \varphi^1}|_p, \ldots , \partial_n|_p := \frac{\partial}{\partial \varphi^n}|_p eine Basis des Tangentialraums T_pM und somit auch einen lokalen Rahmen \partial_1, \ldots , \partial_n des Tangentialbündels. Für alle Indizes i und j sind dann die Christoffelsymbole \Gamma_{ij}^k durch

\nabla_{\partial_i} \partial_j =: \Gamma_{ij}^k \partial_k

definiert. Die n^3 Symbole \Gamma_{ij}^k bilden also ein System von Funktionen, welche vom Punkt der Mannigfaltigkeit abhängen (dieses System bildet aber keinen  Tensor, s.u.).

Genauso kann man die Christoffelsymbole auch für einen lokalen Rahmen E_1 , \ldots , E_n, welcher nicht durch eine Karte induziert ist, durch

\nabla_{E_i} E_j =: \Gamma_{ij}^k E_k

definieren.

Eigenschaften

Kovariante Ableitung von Vektorfeldern

Im Folgenden bezeichnet, genauso wie im vorigen Abschnitt, \partial_1 , \ldots , \partial_n einen lokalen Rahmen, welcher durch eine Karte induziert wird und E_1, \ldots , E_n einen beliebigen lokalen Rahmen.

Seien X,Y \in \Gamma(TM) Vektorfelder mit den in U \subset TM lokalen Darstellungen X = X^i E_i und Y = Y^j E_j. Dann gilt für die kovariante Ableitung von Y in Richtung von X:
\nabla_X Y = (XY^k + X^i Y^j \Gamma^k_{ij}) E_k.
Dabei bezeichnet X Y^k die Richtungsableitung der Komponentenfunktion Y^k in Richtung X.

Wählt man einen lokalen Rahmen \partial_1 , \ldots , \partial_n, der von einer Karte \phi induziert wird, und wählt man für das Vektorfeld X speziell das Basisvektorfeld \partial _{i}, so erhält man

\nabla_{\partial_i} Y = (\partial_i Y^k + Y^j \Gamma^k_{ij}) \partial_k

bzw. für die k-te Komponente

(\nabla_{\partial_i} Y)^k = \partial_i Y^k + Y^j \Gamma^k_{ij}.

Im Indexkalkül für Tensoren schreibt man dafür auch Y^k_{;i} oder D_i Y^k, während man die gewöhnliche Ableitung \partial_i Y^k von Y^k nach der i-ten Koordinate als Y^k_{,i} bezeichnet. Es ist aber zu beachten, dass hier nicht nur die Komponente Y^k abgeleitet wird, sondern dass es sich um die k-te Komponente der kovarianten Ableitung des gesamten Vektorfelds Y handelt. Obige Gleichung schreibt sich dann als

D_i Y^k = \frac{\partial Y^k}{\partial \varphi^i} + \Gamma_{ij}^k Y^j

bzw.

Y^k_{;i} = Y^k_{,i} + \Gamma_{ij}^k Y^j.

Wählt man für X und Y den Tangentialvektor \dot \gamma einer Kurve \gamma\colon\left]a,b\right[ \to M und ist M eine 2-dimensionale Mannigfaltigkeit, so hat \nabla_{\dot \gamma}\dot \gamma die gleiche lokale Darstellung bezüglich der Christoffelsymbole wie (\ddot\gamma)^\top aus dem ersten Abschnitt.

Christoffelsymbole bei (pseudo-)riemannschen Mannigfaltigkeiten

Sei (M,g) eine riemannsche oder pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit und \nabla der Levi-Civita-Zusammenhang. Die Christoffelsymbole seien bezüglich des lokalen Rahmens \partial_1 , \ldots , \partial_n gegeben.

\Gamma^k_{ij} = \frac{1}{2} g^{kl} \left(\partial_i g_{jl} + \partial_j g_{il} - \partial_l g_{ij}\right)
aus dem metrischen Tensor g gewinnen.
In diesem Fall nennt man die hier betrachteten Christoffelsymbole auch Christoffelsymbole zweiter Art. Als Christoffelsymbole erster Art werden die Ausdrücke
\Gamma_{ijl} = \frac{1}{2} \left(\partial_i g_{jl} + \partial_j g_{il} - \partial_l g_{ij}\right)\,\,( =\Gamma_{ij}^k \,g_{kl})
bezeichnet.
Ältere, besonders in der Allgemeinen Relativitätstheorie verwendete Notationen sind
[\mu \nu,\kappa] = \Gamma_{\mu \nu \kappa}
für die Christoffelsymbole erster Art sowie
\begin{Bmatrix} \sigma \\ \mu \nu \end{Bmatrix} = \Gamma^\sigma_{\; \mu \nu}
für die Christoffelsymbole zweiter Art, wobei wie in der Allgemeinen Relativitätstheorie üblich, für die Indizes griechische Buchstaben benutzt werden (lateinische Indizes sind dort dagegen nur für einen speziellen Teil, die sogenannten raumartigen Anteile vorbehalten).

Anwendung auf Tensorfelder

Die kovariante Ableitung kann von Vektorfeldern auf beliebige Tensorfelder verallgemeinert werden. Auch hier treten in der Koordinatendarstellung die Christoffelsymbole auf. In diesem Abschnitt wird durchgehend der oben beschriebene Indexkalkül verwendet. Wie in der Relativitätstheorie üblich, werden die Indizes mit griechischen Kleinbuchstaben bezeichnet.

Die kovariante Ableitung eines Skalarfeldes \varphi ist

D_\mu \varphi = \frac{\partial \varphi}{\partial x^\mu}.

Die kovariante Ableitung eines Vektorfeldes V^{\nu}\ ist

D_\mu V^\nu = \frac{\partial V^\nu}{\partial x^\mu} + \Gamma^\nu_{\lambda \mu} V^\lambda

und bei einem Kovektorfeld, also einem (0,1)-Tensorfeld V_\nu erhält man

D_\mu V_\nu = \frac{\partial V_\nu}{\partial x^\mu} - \Gamma^\lambda_{\mu\nu} V_\lambda.

Die kovariante Ableitung eines (2,0)-Tensorfeldes A^{\mu\nu} ist

D_\lambda A^{\mu\nu} = \frac{\partial A^{\mu\nu}}{\partial x^\lambda} + \Gamma^\mu_{\rho\lambda} A^{\rho\nu} + \Gamma^\nu_{\rho\lambda} A^{\mu\rho}.

Bei einem (1,1)-Tensorfeld A^\mu_\nu lautet sie

D_\lambda A^\mu_\nu = \frac{\partial A^\mu_\nu}{\partial x^\lambda} + \Gamma^\mu_{\rho\lambda} A^\rho_\nu - \Gamma^\rho_{\nu\lambda} A^\mu_\rho

und für ein (0,2)-Tensorfeld A_{\mu\nu}\ erhält man

D_\lambda A_{\mu\nu} = \frac{\partial A_{\mu\nu}}{\partial x^\lambda} - \Gamma^\rho_{\mu\lambda} A_{\rho\nu} - \Gamma^\rho_{\nu\lambda} A_{\mu\rho}.

Erst die hier auftretenden Summen bzw. Differenzen, nicht aber die Christoffelsymbole selbst, besitzen die Tensoreigenschaften (z.B. das korrekte Transformationsverhalten).

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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 13.02. 2019