Faltungshalbgruppe
Eine Faltungshalbgruppe ist in der Wahrscheinlichkeitstheorie eine Familie von Wahrscheinlichkeitsmaßen, die in gewissem Sinne stabil bezüglich der Faltung ist. Faltungshalbgruppen treten beispielsweise bei der Untersuchung von charakteristischen Funktionen oder als Hilfsmittel zur Konstruktion von stochastischen Prozessen mit bestimmten Eigenschaften, wie dem Wiener-Prozess, auf.
Definition
Gegeben sei eine Halbgruppe
bezüglich der Verknüpfung
sowie eine Familie von Wahrscheinlichkeitsmaßen
auf
.
Es bezeichne
die Faltung
von
und
.
Die Familie
heißt nun eine Faltungshalbgruppe, wenn für alle
gilt.
Beispiele
Die folgenden Beispiele lassen sich mittels charakteristischer Funktionen begründen. Hierzu nutzt man aus, dass die Faltung der Wahrscheinlichkeitsmaße der Verteilung der Summe der Zufallsvariablen entspricht und diese wiederum durch das Produkt der charakteristischen Funktion beschrieben wird.
- Normalverteilung:
Die Normalverteilung ist in beiden Parametern
eine Faltungshalbgruppe, denn es gilt
für alle
und
. Somit ist für fixes
immer
eine Faltunshalbgruppe ebenso wie
für fixes
eine Faltungshalbgruppe ist.
- Gammaverteilung:
Die Gammaverteilung ist zweiparametrig, bildet aber bloß im zweiten Parameter
eine Faltungshalbgruppe, denn es ist für fixes
und
immer
.
- Weitere Faltungshalbgruppen mit der Halbgruppe
bilden die Cauchy-Verteilung, die Dirac-Verteilung und die Poisson-Verteilung. Beispiele für Faltungshalbgruppen bezüglich der Halbgruppe
sind die Binomialverteilung, die Erlang-Verteilung, die Chi-Quadrat-Verteilung und die negative Binomialverteilung.
Verschärfungen
Stetige Faltungshalbgruppe
Eine Faltungshalbgruppe
heißt eine stetige Faltungshalbgruppe bezüglich der schwachen
Konvergenz, wenn
ist und
gilt. Hierbei bezeichnet
das Diracmaß auf der 0.
Nichtnegative Faltungshalbgruppe
Eine Faltungshalbgruppe
von Wahrscheinlichkeitsmaßen auf
heißt eine nichtnegative Faltungshalbgruppe, wenn für alle
immer
ist.
Eigenschaften
Kerne durch Faltungshalbgruppen
Durch Faltungshalbgruppen lassen sich Markow-Kerne definieren,
die eine Übergangshalbgruppee
bilden. Dazu definiert man
und
.
Dann gilt die Chapman-Kolmogorow-Gleichung, denn mit den Rechenregeln für die Faltung und Verkettung von Kernen folgt
.
Wie jede Übergangshalbgruppe definieren die Kerne auch eine konsistente Familie von stochastischen Kernen.
Stochastische Prozesse durch Faltungshalbgruppen
Durch Faltungshalbgruppen lassen sich auch stochastische
Prozesse definieren, die unabhängige
Zuwächse und stationäre
Zuwächse haben. Umgekehrt definiert jeder stochastische Prozess mit
unabhängigen stationären Zuwächsen eine Faltungshalbgruppe. Bekanntestes
Beispiel ist hier der Wiener-Prozess,
der bis auf die Stetigkeit seiner Pfade
aus der Faltungshalbgruppe
konstruiert werden kann. Dabei nutzt man aus, dass jede konsistente Familie von
stochastischen Kernen mit Indexmenge
zu einem vorgegebenen Wahrscheinlichkeitsmaß
auf
ein eindeutiges Wahrscheinlichkeitsmaß auf
definiert. Somit folgt der Schluss von der Faltungshalbgruppe zur
Übergangshalbgruppe zur konsistenten Familie zur Eindeutigkeit des
Wahrscheinlichkeitsmaßes mit den geforderten Eigenschaften.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 23.03. 2021