Calkin-Algebra
In der Mathematik ist die Calkin-Algebra (nach John Williams Calkin) eine spezielle Banachalgebra, die einem Banachraum zugeordnet ist. In der Calkin-Algebra kann man Eigenschaften stetiger linearer Operatoren vereinfacht betrachten, indem Operatoren, deren Differenz kompakt ist, identifiziert werden. So kommt man zu Klassifikationssätzen für normale Operatoren modulo kompakter Operatoren.
Definition
Sei
ein Banachraum. Dann ist die Banachalgebra
der kompakten Operatoren auf
ein zweiseitiges, abgeschlossenes Ideal in der Algebra
aller beschränkten
linearen
Operatoren auf
.
Dann ist die Quotienten-Algebra
mit der Quotientennorm
wieder eine Banachalgebra, die Calkin-Algebra von
.
sei die Quotientenabbildung.
Fredholm-Operatoren
Fredholm-Operatoren
lassen sich mittels der Calkin-Algebra charakterisieren. Der Satz von F.
V. Atkinson besagt, dass für einen beschränkten linearen Operator
folgende Aussagen äquivalent sind:
ist ein Fredholm-Operator.
- Es gibt einen Operator
, so dass
und
kompakt sind.
ist invertierbar in
.
Eine wichtige Folgerung ist, dass die Menge der Fredholm-Operatoren eine offene
Menge in
ist, denn sie ist nach diesem Satz das Urbild der offenen Menge der
invertierbaren Elemente in
unter der stetigen Abbildung
.
C*-Algebra
Ist
ein Hilbertraum, so ist
als Quotient einer C*-Algebra
wieder eine C*-Algebra. Für den Rest dieses Abschnitts sei
separabel und
unendlich-dimensional. Dann ist die Calkin-Algebra
einfach, d.h., sie besitzt keine zweiseitigen, abgeschlossenen
Ideale außer
und
selbst, denn
ist ein maximales zweiseitiges Ideal. Weiter besitzt die Calkin-Algebra
(siehe Kontinuum
(Mathematik)) paarweise orthogonale
Projektionen. Die Calkin-Algebra besitzt keine von 0 verschiedenen
nicht-separablen Darstellungen,
d.h., ist
ein *-Homomorphismus,
so ist der Hilbertraum
entweder der Nullvektorraum
oder nicht-separabel.
Anwendungen
Bezüglich der Klassifikation normaler Operatoren ergeben sich erhebliche Vereinfachungen, wenn man Begriffe modulo kompakter Operatoren verwendet, solche Begriffe haben in der Regel den Zusatz wesentlich. Im Folgenden sei H wieder ein separabler Hilbertraum.
Das wesentliche
Spektrum
eines Operators
ist definiert als das Spektrum
ohne die isolierten
Punkte endlicher Vielfachheit (Vielfachheit bedeutet Dimension des
zugehörigen Eigenraums). Das wesentliche
Spektrum eines normalen Operators T ist genau das bzgl. der Calkin-Algebra
berechnete gewöhnliche Spektrum von
.
Man nennt zwei Operatoren
und
unitär äquivalent modulo K(H), falls es einen unitären
Operator
gibt, so dass
kompakt ist. Das bedeutet, dass
und
in der Calkin-Algebra unitär äquivalent sind, wobei die unitäre Transformation
so gewählt werden kann, dass sie ein unitäres Urbild in
hat.
Es gilt nun der folgende Satz von Hermann
Weyl, John
von Neumann und I.
D. Berg: Für zwei normale Operatoren
sind äquivalent:
und
sind unitär äquivalent modulo K(H).
.
Zusatz: Ist
kompakt, so gibt es
einen normalen Operator
mit
.
Der nächste Schritt besteht darin, den Begriff der Normalität nur noch modulo
kompakter Operatoren zu betrachten. Man nennt einen Operator
wesentlich normal, wenn sein Bild
in der Calkin-Algebra normal ist. Auch für diese Operatoren gelingt eine
Klassifikation modulo K(H), wie der folgende Satz von L. G. Brown, R. G. Douglas und P. A.
Fillmore zeigt (BDF-Theorie).
Für zwei wesentlich normale Operatoren
sind äquivalent:
und
sind unitär äquivalent modulo K(H).
und für alle
gilt
.
Dabei steht index für den Fredholm-Index, man beachte, dass dieser für die im Satz angegebenen Operatoren nach obigem Satz von Atkinson definiert ist.
Automorphismen auf der Calkin-Algebra
Im Rahmen der oben erwähnten BDF-Theorie stellten die Autoren 1977 die Frage,
ob alle *-Automorphismen auf der Calkin-Algebra inner sind, das heißt ob
es zu jedem solchen Automorphismus
einen unitären Operator
gibt mit
für alle
.
*-Automorphismen, die nicht von dieser Form sind, nennt man äußere
*-Automorphismen. Die Frage lautet also, ob es auf der Calkin-Algebra äußere
*-Automorphismen gibt.
Für
ist bekannt, dass jeder *-Automorphismus inner ist. Der Beweis benutzt, dass ein
*-Automorphismus Operatoren mit eindimensionalem Bild wieder auf solche abbilden
muss und konstruiert daraus einen unitären Operator, macht also wesentlich von
kompakten Operatoren Gebrauch. Aber genau diese hat man in der Calkin-Algebra ja
nicht mehr zur Verfügung, so dass sich der Beweis nicht übertragen lässt. Das
Problem der Existenz äußerer *-Automorphismen war lange offengeblieben, bis es
in den Jahren 2007 und 2011 eine überraschende Lösung gefunden hat. Dieses
Problem hat sich als unabhängig erwiesen, das heißt die Axiome der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre
mit Auswahlaxiom, kurz ZFC,
lassen keine Entscheidung dieser Frage zu.
Zunächst haben N. C. Phillips und N. Weaver gezeigt, dass unter der zusätzlichen Annahme der Kontinuumshypothese die Existenz äußerer Automorphismen folgt. Da die Kontinuumshypothese zu ZFC konsistent ist, wie K. Gödel mit dem Modell der konstruktiblen Mengen bereits 1938 nachgewiesen hatte, ist also auch die Existenz äußerer *-Automorphismen zu ZFC konsistent.
Damit ist ein Beweis, dass alle *-Automorphismen inner sind, nicht mehr möglich, es war aber nicht ausgeschlossen, dass es einen Beweis der Existenz äußerer *-Automorphismen auf Basis der ZFC-Axiome, der die Kontinuumshypothese nicht benutzt, geben könnte. Dass auch das nicht der Fall ist, hat I. Farah im Jahre 2011 gezeigt. Nimmt man zu ZFC das Open-Coloring-Axiom hinzu, so sind alle *-Automorphismen auf der Calkin-Algebra inner. Da das Open-Coloring-Axiom ebenfalls zu ZFC konsistent ist, wie S. Todorcevic 1989 gezeigt hatte, kann man in ZFC die Existenz äußerer *-Automorphismen auf der Calkin-Algebra auch nicht widerlegen, das heißt die Existenz äußerer *-Automorphismen auf der Calkin-Algebra ist insgesamt unabhängig von ZFC.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 14.03. 2023