Grignard-Reaktion

Bei der Grignard-Reaktion [ɡriˈɲaːr-] handelt es sich um eine Namensreaktion in der Organischen Chemie, welche nach ihrem Entdecker, dem französischen Chemiker Victor Grignard benannt wurde, der für diese Entdeckung 1912 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde Die Grignard-Reaktion ist eine metallorganische chemische Reaktion, bei der Alkyl- oder Aryl-Magnesiumhalogenide (siehe Grignard-Verbindung) als Nucleophil an elektrophile Gruppen wie z.B. Carbonylgruppen reagieren. Sie dient zum Aufbau von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Einfachbindungen.

Die Grignard-Reaktion ist eine sehr wichtige Reaktion zum Knüpfen von Kohlenstoff-Kohlenstoff-, Kohlenstoff-Phosphor-, Kohlenstoff-Zinn-, Kohlenstoff-Silizium- oder Kohlenstoff-Bor-Bindungen. Die Magnesium-organische Grignard-Verbindung ist keine ionische Verbindung. Stattdessen liegen je nach Lösungsmittel unterschiedliche Strukturen vor, welche sich in einem Gleichgewicht zueinander befinden.

Da Grignard-Verbindungen empfindlich gegen protische Lösungsmittel sind, muss die Grignard-Reaktion wasserfrei, üblicherweise in getrockneten Ethern wie Diethylether oder Tetrahydrofuran durchgeführt werden.

Übersichtsreaktion

Bei der Grignard-Reaktion reagiert eine Grignard-Verbindung (metallorganische Verbindung, hier mit Brom als Beispiel für ein Halogen) als Nukleophil mit einer elektrophilen Verbindung – hier z.B. der Carbonylgruppe in einem Aldehyd oder Keton – zu einem Alkohol:

Übersicht der Grignard-Reaktion

Mechanismus

Mechanistisch gesehen handelt es sich bei der Grignard-Reaktion um eine nukleophile Addition, in der das negativ polarisierte Kohlenstoffatom (Carbanion) der Grignard-Verbindung an das Kohlenstoff-Atom einer Carbonylgruppe addiert wird. Somit wird eine neue Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung ausgebildet. Es wird angenommen, dass am Übergangszustand der Reaktion zwei Moleküle der Grignard-Verbindung beteiligt sind, wodurch sich ein sechsgliedriger Übergangszustand ergibt. Das Sauerstoff-Atom der Carbonylverbindung übernimmt das Metall unter Bildung eines Metallalkoxids. Im nächsten Schritt wird dieses Sauerstoff-Atom durch verdünnte wässrige Säure zuerst protoniert und dann hydrolysiert. Durch Deprotonierung entsteht ein Alkohol.

Mechanismus der Grignard-Reaktion

Umsetzungen

Im Folgenden wird häufig die allgemeine Formel RMgX für die Grignard-Verbindung verwendet, wobei das X für eines der Halogene Brom, Chlor oder Iod steht. Die Grignard-Reaktion liefert abhängig von der eingesetzten Carbonylverbindung primäre, sekundäre oder tertiäre Alkohole.

Ester ergeben unter Addition von zwei äquivalenten Grignard-Verbindungen tertiäre Alkohole, wobei durch einmalige Addition zunächst als Intermediat ein Keton entsteht. Dieses kann jedoch nicht isoliert werden, da es schneller mit der Grignard-Verbindung reagiert als der eingesetzte Ester.

Neben Aldehyden, Ketonen und Estern können auch Kohlendioxid, Nitrile, Imine, Epoxide, Thioester etc. mit Grignard-Verbindungen umgesetzt werden:

Reaktion von Grignard Reagenzien mit Carbonylgruppen

Die bedeutsamste Anwendung ist jedoch die Umsetzung einer Grignard-Verbindung mit Aldehyden, Ketonen oder Estern, um Alkohole herzustellen.

Edukt Produkt
Formaldehyd primärer Alkohol
Aldehyd sekundärer Alkohol
Keton tertiärer Alkohol
Ameisensäureester sekundärer Alkohol
Carbonsäureester tertiärer Alkohol
Kohlendioxid Carbonsäure
Nitril Keton
Orthoameisensäureester Aldehyd
Kohlenstoffdisulfid Dithiocarbonsäure

Eine Grignard-Reaktion kann mit einer ganzen Reihe weiterer Kohlenstoff-Elektrophilen durchgeführt werden.

Reaktion von Grignard Reagenzien mit weiteren Elektrophilen

Die Grignard-Reaktion kann auch zur Herstellung von verschiedenen anderen Element-Kohlenstoffbindungen verwendet werden. Besonders wichtig sind hier die Bor-Verbindungen welche für die Suzuki-Kupplung in Gebrauch sind.

Reaktion von Grignard Reagenzien zur Herstellung von Element-Kohlenstoffbindungen

Früher hatte die Grignard-Reaktion eine große industrielle Bedeutung bei der Herstellung des Kraftstoffadditivs Tetraethylblei, welche aber aufgrund des Verbotes heute bedeutungslos ist.

Aryl-Alkyl-Kupplungen

Mit Hilfe der Grignard-Reaktion lassen sich in Anwesenheit von Eisen(III)-acetylacetonat Aryl-Alkyl-Kupplungen durchführen.

Arylkupplung nach Fürstner

Ebenfalls sind Nickelchlorid (Kumada-Kupplung) oder Dilithiumtetrachlorocuprat (in situ hergestellt aus Lithiumchlorid und Kupfer(II)-chlorid in Tetrahydrofuran) gute Katalysatoren für derartige Kupplungsreaktionen.

Stereoselektive Grignard-Reaktion

Da viele Ketone und alle Aldehyde (außer Formaldehyd) prochirale Verbindungen sind, entstehen bei einer Grignard-Reaktion sehr häufig Enantiomeren-Paare oder bei einem schon vorhandenen Stereozentrum Diastereomere. Um die Grignard-Reaktion stereoselektiv zu erweitern, hat Dieter Seebach das chirale Reagenz TADDOL, ein Weinsäure-Derivat, entwickelt. Unter Ausnutzung des Schlenk-Gleichgewichtes wurden bei der Umsetzung mit Aldehyden Enantiomerenüberschüsse von 84–96 % erreicht.

TADDOL mit Grignard

Konkurrenzreaktionen

Bei sterisch aufwendigen Grignard-Verbindungen oder sterisch gehinderten Carbonylverbindungen können Nebenreaktionen ablaufen. Die wichtigsten sind die Reduktion der Carbonylkomponente, bezeichnet als Grignard-Reduktion, und bei vorhandenem α-Wasserstoffatom, die Enolisierung der Carbonylverbindung.

Praktische Umsetzung

Im Labor werden die benötigten Grignard-Verbindungen meist in situ in einem Ether als Lösungsmittel hergestellt und unmittelbar mit der anderen Komponente umgesetzt. Anschließend wird die Reaktionsmischung in leicht oder stark saurer wässriger Lösung aufgearbeitet und das Reaktionsprodukt daraus isoliert.

Verwendung

Eine Anwendung der Grignard-Reaktion zur quantitativen Bestimmung CH-acider Verbindung ist die Zerewitinow-Reaktion.

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Basierend auf einem Artikel in Wikipedia.de
 
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 17.10. 2023