Methylhydrazin

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[1]
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Gefahr
H- und P-Sätze H:
  • Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar.
  • Lebensgefahr bei Verschlucken, bei Hautkontakt oder bei Einatmen.
  • Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden.
  • Kann Krebs erzeugen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht).
  • Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung.
P:
  • Vor Gebrauch alle Sicherheitshinweise lesen und verstehen.
  • Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen und anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen.
  • Freisetzung in die Umwelt vermeiden.
  • Schutzhandschuhe/ Schutzkleidung/ Augenschutz/ Gesichtsschutz/ Gehörschutz/ … tragen.
  • [Bei unzureichender Belüftung] Atemschutz tragen.
  • Bei Berührung mit der Haut [oder dem Haar]: Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen [oder duschen].
  • Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter spülen.
  • Bei Exposition oder falls betroffen: Ärztlichen Rat Einholen / ärztliche Hilfe hinzuziehen.
[1]
MAK Schweiz: 0,2 ml/m3 bzw. 0,35 mg/m3[4]
Toxikologische Daten

Monomethylhydrazin abk. MMH ist eine chemische Verbindung, die aus einem Hydrazingrundkörper besteht, der einfach methyliert ist. Es besitzt die Summenformel CH6N2.

Strukturformel
Struktur von Monomethylhydrazin
Allgemeines
Name Methylhydrazin
Andere Namen
  • Methylhydrazin
  • MMH
  • Methyldiazan (IUPAC)
Summenformel CH6N2
Kurzbeschreibung farblose, hygroskopische Flüssigkeit mit ammoniakartigem Geruch[1]
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer Extern 60-34-4
EG-Nummer 200-471-4
ECHA-InfoCard Extern 100.000.429
PubChem Extern 6061
ChemSpider Extern 5837
Eigenschaften
Molare Masse 46,07 g/mol−1
Aggregatzustand flüssig[1]
Dichte 0,88 g/cm3 [1]
Schmelzpunkt −52 °C[1]
Siedepunkt 87 °C[1]
Dampfdruck
Löslichkeit sehr leicht in Wasser (1000 g/l bei 25 °C)[1]
Brechungsindex 1,4325 (20 °C)[2]
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0 54,2 kJ/mol[5]

Geschichte

Monomethylhydrazin wird seit den 1990er-Jahren aufgrund seiner etwas größeren Dichte und dadurch auch etwas höheren Leistungsfähigkeit vermehrt an Stelle von 1,1-Dimethylhydrazin als lagerfähiger Raketentreibstoff zusammen mit dem Oxidator Distickstofftetroxid verwendet. In Satelliten wird es hingegen schon seit den 1980er-Jahren als Treibstoff verwendet.

Vorkommen und Verhalten in der Umwelt

Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta)

Es sind natürliche Quellen von Monomethylhydrazin bekannt. Das in der Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta) und einigen anderen Ascomyceten als Giftstoff vorhandene Gyromitrin ist ein Derivat des Monomethylhydrazins. Aufgrund seiner hohen Reaktivität (insbesondere gegenüber Ozon) ist eine weiträumige Verteilung bei Eintrag in die Umwelt nicht zu erwarten, und es erfolgt ein schneller Abbau.

Gewinnung und Darstellung

Aus Methylamin und Ammoniak (dehydrierende Kondensation über Katalysatoren) oder Methylierung von Hydrazin.

Eigenschaften

Monomethylhydrazin ist eine farblose, fischartig riechende Flüssigkeit, die an der Luft raucht. Die Dämpfe von Monomethylhydrazin können die Haut und die Schleimhäute (Augen, Atemwege) reizen bzw. bei starker Belastung verätzen. Die Verdampfungsenthalpie beträgt 875 kJ/kg, die spezifische Wärmekapazität 2,921 kJ/kg·K bei 20 °C und 3,077 kJ/kg·K bei 119,85 °C. Die dynamische Viskosität liegt bei 0,855·10−3 Pa·s (20 °C) und 0,40·10−3 Pa·s (70,8 °C). Der Flammpunkt von Monomethylhydrazin liegt bei −8 °C, die Zündtemperatur bei 190 °C und die Explosionsgrenzen zwischen 2,5 % (untere Explosionsgrenze) und 100 % (obere Explosionsgrenze).[1]

Verwendung

Monomethylhydrazin ist die brennbare Komponente von flüssigen hypergolischen Raketentreibstoffen, wobei es in Kombination mit Distickstofftetroxid als Oxidationsmittel eingesetzt wird. Das Aestus-Triebwerk der EPS-Oberstufe der Ariane 5 verwendet diese Treibstoffkombination. Sehr häufig wird es in Satelliten und Raumsonden zur Lageregelung eingesetzt.

Neue EU-Regularien zielen darauf ab, viele bisherige Raketentreibstoffe durch weniger giftige Treibstoffe aus erneuerbaren Quellen zu ersetzen. Inzwischen wurde mit Ammoniak ein Ersatz für MMH gefunden, der zusammen mit dem Oxidator gleichwertig oder in manchen Fällen sogar besser ist. Die Technologie wurde von Nammo, UK zusammen mit ESA entwickelt.[6]

Physiologie

Monomethylhydrazin wird leicht über die Haut aufgenommen und hat sich im Tierversuch als eindeutig krebserzeugend erwiesen.

Sicherheitshinweise

Auf Vorschlag der niederländischen Chemikalienbehörde wurde 2015 die chemikalienrechtliche Einstufung von Methylhydrazin überarbeitet. Der Ausschuss für Risikobewertung (RAC) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) hat am 11. September 2015 die Einstufung für Methylhydrazin wie folgt geändert: Methylhydrazin wird als krebserzeugend Carc 1B eingestuft. Der Warnhinweis wurde festgelegt auf H350.[7]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: a b c d e f g h i j k l m n o Eintrag zu Extern Methylhydrazin in der GESTIS-Stoffdatenbank des Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
  2. David R. Lide (Hrsg.): >CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-356.
  3. Eintrag zu Extern Methylhydrazine im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Extern Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 60-34-4 bzw. Methylhydrazin).
  5. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-20.
  6. Extern Less Toxic Propellant Could Make Hybrid Propulsion System Reality..
  7. RAC-Entscheidung vom 11. September 2015
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Basierend auf einem Artikel in: Extern Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 11.12. 2024