Nitroglycerin
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||
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MAK | 0,094 mg/m3 | |||||||||||||||||||
Toxikologische Daten |
Nitroglycerin, Glycerintrinitrat oder Glyceroltrinitrat, auch Trisalpetersäureglycerinester ist ein Sprengstoff mit der Summenformel C3H5N3O9. Neben der Verwendung als Sprengstoff wird es auch in der Medizin wegen seiner gefäßerweiternden Wirkung eingesetzt.
Geschichte
Im Jahre 1847 stellt der Turiner Arzt und Chemiker Ascanio Sobrero erstmals Nitroglycerin her, aus dem Alfred Nobel 1867 Dynamit gewann. 1875 wurde dann von ihm aus Nitroglycerin und Zellulosenitrat (Kollodiumwolle) der bis dahin stärkste gewerbliche Sprengstoff, die Sprenggelatine, hergestellt. Diese Mischung wurde dann kurze Zeit später im härtesten Urgestein beim Bau des Gotthardtunnels in der Schweiz mit ausgezeichnetem Erfolg angewendet. Daraus wurden mit Zuschlagstoffen die schwächeren Gelatine-Dynamite hergestellt. Bei Verwendung des Ammonsalpeters in diesen Mischungen auch schon durch Nobel wurden die Grundlagen für die heute verwendeten Sprengstoffe geschaffen.
Strukturformel | |
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Allgemeines | |
Name | Nitroglycerin |
Andere Namen |
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Summenformel | C3H5N3O9 |
CAS-Nummer | 55-63-0 |
PubChem | 4510 |
ATC-Code |
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Kurzbeschreibung | gelbliche Flüssigkeit |
Arzneistoffangaben | |
Wirkstoffklasse | Vasodilatator |
Eigenschaften | |
Molare Masse | 227,09 g/mol |
Aggregatzustand | flüssig |
Dichte | 1,59 g/cm3 |
Schmelzpunkt | 13,5 °C (rhombisch, stabil) |
Siedepunkt | 160 °C (20 hPa) |
Dampfdruck | 0,25 Pa (20 °C) |
Löslichkeit | schlecht in Wasser |
Brechungsindex | 1,4786 (12 °C) |
Darstellung und Gewinnung
Glycerintrinitrat wird durch die Veresterung der drei Hydroxygruppen von wasserfreiem Glycerin mit einer Mischung aus Salpetersäure und Schwefelsäure, der so genannten Nitriersäure, hergestellt:
Man unterscheidet diskontinuierliche und kontinuierliche Herstellungsverfahren. Bei diskontinuierlichen Verfahren wird eine bestimmte Menge Nitriersäure vorgelegt und bei starker Kühlung kleine Mengen Glycerin zugegeben. Aufgrund der Wärmeentwicklung und einer autokatalytischen Zersetzung bei Temperaturen über 30 °C bergen diese Methoden jedoch häufig unkalkulierbare Risiken. Das Auftreten von Nitroglycerindämpfen kann wegen der blutdrucksenkenden Wirkung (s.o.) zum Bewusstseinsverlust führen, was dadurch die Kontrolle über die Temperaturen bei der Herstellung unmöglich und damit eine unkontrollierte Zersetzung wahrscheinlich werden lässt.
Um die Glycerintrinitratmengen in den einzelnen Verarbeitungsstufen so gering wie möglich zu halten und die Produktivität zu erhöhen, wurden daher kontinuierliche Herstellungsverfahren entwickelt. Im einfachsten Fall werden Nitriersäure und Glycerin kontinuierlich in ein gekühltes Rohrsystem gegeben und mischen sich dort aufgrund der laminaren Strömungsverhältnisse. Die modernsten Verfahren benutzen Injektorpumpen, bei denen die durchfließende Nitriersäure einen Unterdruck erzeugt, mit dem das Glycerin angesogen und in dem Säurestrahl verwirbelt wird. Die Reaktionstemperatur liegt bei etwa 70 °C.
Allgemein erfordert die Synthese von Glycerintrinitrat besondere Sorgfalt und Kenntnisse im Umgang mit Gefahrstoffen, es darf daher nur in professionellen Laboratorien oder technischen Produktionsanlagen hergestellt werden.
Eigenschaften
Glycerintrinitrat ist bei Standardbedingungen eine farblose, geruchlose und schlecht wasserlösliche Flüssigkeit. Es hat einen süßlichen Geschmack, und schon die Einnahme einer geringen Menge Glycerintrinitrat (10 mg bzw. 0,15 mg/kg Körpergewicht) führt zu Kopfschmerzen. Der Schmelzpunkt liegt je nach Polymorph bei 2,8 °C oder 13,5 °C. Glycerintrinitrat explodiert bereits bei einem Fallhammerversuch mit einem 2-kg-Fallhammer aus einem Zentimeter Höhe. Die Flüssigkeit wird in extrem kurzer Zeit vollständig in gasförmige Produkte umgewandelt, was zu einer massiven Volumenausdehnung führt.
- Art: Sekundärsprengstoff
- Detonationsgeschwindigkeit: 6700–8500 m/s (7600 m/s (Dichte: 1,599 g/cm³)
- Bleiblockausbauchung: 52 cm³/g
- Schlagempfindlichkeit: 0,2 J
- Reibempfindlichkeit: bis 350 N Stiftbelastung keine Reaktion
- Grenzdurchmesser Stahlhülsentest: 24 mm
Zerfallsgleichung (allgemein)
Glycerintrinitrat zerfällt zu Kohlendioxid, Wasser, Stickstoff und Stickstoffmonoxid:
Verwendung
Sprengstoff
Glycerintrinitrat wird als Sprengstoff verwendet. Wegen der starken Stoß- und Erschütterungsempfindlichkeit ist die Handhabung allerdings eher schwierig. Alfred Nobel gelang es 1867, Glycerintrinitrat in Kieselgur einzulagern. Das entstehende Dynamit war einfacher zu benutzen. Da aber dessen Anteil von 25 Prozent inaktiven Kieselgurs die Sprengkraft reduzierte, stellte ebenfalls Nobel 1875 Sprenggelatine her, eine ideal zerfallende Mischung aus Nitroglycerin und Schießbaumwolle (Zellulosenitrat, Ballistit bzw. Cordit). Später wurde Glycerintrinitrat als Sprengstoffbestandteil wegen seines Gefrierpunkts bei 13,5 °C (stabile, rhombische Modifikation) bzw. 2,8 °C (labile, trikline Form) teilweise durch Nitroglykol (Ethylenglykoldinitrat oder EGDN) ersetzt, das erst bei −22 °C gefriert. Nitroglykol ist allerdings recht flüchtig und daher in warmen Ländern mit nur wenig prozentualem Anteil an Sprengöl im Gesamtsprengstoff nicht zu empfehlen. Glycerintrinitrat ist dagegen heute noch ein wichtiger Bestandteil vieler Treibladungspulver. In geringen Mengen zugesetzt erhöht es die Sprengkraft von Ammonsalpetersprengstoffen.
Medizin
Wegen seiner gefäßerweiternden Wirkung – durch die Freisetzung von Stickstoffmonoxid – wird es unter dem Namen Glyceroltrinitrat als Mittel bei Angina pectoris, Herzinsuffizienz (Nitrolingual Pumpspray) sowie bei Analfissuren (Creme) verwendet. Herzinfarkte werden hingegen als „nitroresistent“ bezeichnet, da bei einem Verschluss der Koronararterien die vasodilatative Wirkung des freigesetzten Stickstoffmonoxid keinen therapeutischen Effekt hat.
Neben der Anwendung bei der Angina pectoris kommt es in der Notfallmedizin weiterhin auch bei Linksherzinsuffizienzen und kardial bedingten Lungenödemen zur Anwendung, da es die Herzvorlast herabsetzt. Weitere Anwendungsgebiete sind die Hypertensive Krise und spastische Harnleiter- und Gallenkoliken. Zu beachten ist allerdings, dass es zu lebensgefährlichen Komplikationen kommen kann, wenn das Medikament Sildenafil (Viagra) bis zu 72 Stunden vor der Einnahme des Präparats genommen wurde.
Die Anwendung bei Osteoporose wird zur Zeit erforscht. Die tägliche Anwendung einer nitroglycerinhaltigen Salbe erhöhte in einer Studie kanadischer Wissenschaftler die Knochendichte deutlich. Ob sich dadurch das Risiko von Knochenbrüchen verringert, wird jedoch nicht belegt. Die Wirkung wird mit der direkten Hemmung der Osteoklasten durch das freiwerdende Stickoxid erklärt.
Nebenwirkungen
Zu den Nebenwirkungen des Mittels zählen eine Erhöhung des intrakraniellen Drucks, eine mögliche Reflextachykardie sowie Kopfschmerzen, Erröten und ein Hitzegefühl.
Handelsnamen
- Monopräparate
Corangin Nitrospray (D), Deponit (D, A, CH), Glytrin (A), MinitranTM (CH), Minitrans (D), Nitrangin (D), Nitro (D, A), Nitroderm (D, A, CH), Nitro-Dur (A, CH), Nitronal (CH), Nitrolingual (D, A), Perlanganit (D, A, CH), Trinitrin (CH), Trinitrosan (D), Rectogesic (Salbe), diverse Generika (CH).
Basierend auf einem Artikel in Wikipedia.deSeite zurück
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 07.04. 2019