Gefahrstoff
Gefahrstoffe sind solche Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die bestimmte physikalische oder chemische Eigenschaften besitzen. Die Einstufung und die Kennzeichnung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen werden in der gleichnamigen Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 201 erläutert. Die aus den gefährlichen Eigenschaften resultierenden Informationspflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten regelt neben der Gefahrstoffverordnung die TRGS 555 „Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten“".
Alle Angaben in diesem Artikel beziehen sich auf das europäische Gefahrstoffrecht. Am 31. Dezember 2008 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP) verkündet. Diese Verordnung führte das weltweit gültige GHS (Global harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien) auf europäischer Ebene ein. Auf der Basis ihrer gefährlichen Eigenschaften werden Gefahrstoffe entsprechend eingestuft und gekennzeichnet.
Begriffsklärung
Gefahrstoffe im Sinne der Gefahrstoffverordnung sind
- gefährliche Stoffe und Gemische nach § 3 Gefahrstoffverordnung,
- Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind,
- Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung gefährliche Stoffe entstehen oder freigesetzt werden,
- Stoffe und Gemische, die die Kriterien für eine Einstufung nicht erfüllen, aber auf Grund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können,
- alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert zugewiesen worden ist.
Als gefährlicher Stoff oder als gefährliches Gemisch eingestufte Chemikalien werden beim Inverkehrbringen mit einer Kennzeichnung versehen. Entsprechenden Regelungen enthält die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP). Anhand der in der nachstehenden Übersicht dargestellten Gefahrenpiktogramme können Gefahrstoffe identifiziert werden.
Übersicht
GHS-Kennzeichnung / CLP-Verordnung | ||||
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Piktogramm | Beschreibung | Kodierung | Signalwort | Beispiele für gefährliche Eigenschaften |
Explodierende Bombe | GHS01 | Gefahr | instabile explosive Stoffe, Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff(en), selbstzersetzliche Stoffe und Gemische, organische Peroxide | |
Flamme | GHS02 | Gefahr / Achtung | entzündbar, selbsterhitzungsfähig, selbstzersetzlich, pyrophor, wasserreaktiv, organische Peroxide | |
Flamme über einem Kreis | GHS03 | Gefahr | entzündend (oxidierend) wirkend | |
Gasflasche | GHS04 | Achtung | Gase unter Druck, verdichtete, verflüssigte, tiefgekühlt verflüssigt, gelöste Gase | |
Ätzwirkung | GHS05 | Gefahr / Achtung | Auf Metalle korrosiv wirkend, hautätzend, schwere Augenschädigung | |
Totenkopf mit gekreuzten Knochen | GHS06 | Gefahr | akute Toxizität | |
dickes Ausrufe- zeichensymbol |
GHS07 | Achtung | hautreizend, augenreizend | |
Gesundheitsgefahr | GHS08 | Gefahr / Achtung | diverse Gesundheitsgefahren | |
Umwelt | GHS09 | Achtung | gewässergefährdend |
Wenn Gefahrstoffe auf öffentlichen Verkehrswegen transportiert werden, spricht man von Gefahrgut – die beiden Begriffe Gefahrstoff und Gefahrgut sind nicht identisch: Die Gefahrstoffkennzeichnung soll über Gefahren bei Tätigkeiten mit den eingestuften Gefahrstoffen informieren, die Gefahrgutkennzeichnung ist auf die Transportgefahren abgestellt (z.B. mit Informationen für die Feuerwehr). So unterliegen auch nicht alle Stoffe jeweils beiden Bestimmungen. Die Kriterien für die Einstufung von Gefahrstoffen bzw. der Klassifizierung von Gefahrgütern basieren teilweise auf dem weltweit gültigen GHS. Details sind in separaten Verordnungen geregelt. Darüber hinaus umfasst der Begriff Gefahrgut neben Chemikalien auch Biostoffe und Produkte (z. B. Batterien, Geräte, Bauteile).
CMR-Stoffe
Die Kennzeichnung krebserzeugender, mutagener oder reproduktionstoxischer Stoffe, die CMR-Stoffe (von Carcinogenic, Mutagenic and toxic to Reproduction), hängt von der Einstufung dieser Substanzen ab. Es gibt hierbei 2 Kategorien, wobei das Wissen über die Gefährlichkeit von 1 nach 2 abnimmt:
- Kategorie 1A: aus Erfahrung beim Menschen nachgewiesen
- Kategorie 1B: bei Tieren nachgewiesen, wird beim Menschen vermutet
- Kategorie 2: es wird angenommen, dass es beim Menschen so ist
Eine Einstufung in die Kategorien 1A, 1B oder 2 sagt nicht unbedingt etwas über die Potenz der CMR-Wirkung aus, da das EU-Einstufungssystem hierzu keinerlei Aussagen bereithält. So könnte es durchaus sein, dass ein CMR-Verdachtsstoff (Kategorie 2) eine hochpotente Wirkung besitzt, mangels ausreichend valider Daten ist aber eine Einstufung in Kategorie 1 oder 2 nicht möglich. In der Regel handelt es sich bei CMR-Verdachtsstoffen um Substanzen, deren Wirkung sich in Studien bisher nicht mit der statistisch erforderlichen Genauigkeit belegen lässt.
Gesetzliche Regelungen
Das Gefahrstoffrecht regelt Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Eine Tätigkeit ist jede Arbeit mit Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen, einschließlich Herstellung, Mischung, Ge- und Verbrauch, Lagerung, Aufbewahrung, Be- und Verarbeitung, Ab- und Umfüllung, Entfernung, Entsorgung und Vernichtung. Zu den Tätigkeiten zählen auch das innerbetriebliche Befördern sowie Bedien- und Überwachungsarbeiten.
In Deutschland ist die Gefahrstoffverordnung die gesetzliche Grundlage. Sie regelt umfassend die Schutzmaßnahmen für Beschäftigte bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Als Hilfestellung für die Umsetzung der Gefahrstoffverordnung in Klein- und Mittelbetrieben wurden modellhafte Schutzleitfäden für die Gestaltung von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen entwickelt.
Innerhalb der EU-Mitgliedstaaten gibt es europäische Gefahrstoffrichtlinien, die von den Mitgliedern in nationales Recht umgesetzt werden.
In Österreich ist das österreichische Chemikaliengesetz (ChemG) maßgeblich. Daneben gibt es weitere Gesetze und Verordnungen etwa im Umfeld von Immissionsschutzrecht, Naturschutzrecht und Abfallrecht.
Tätigkeiten mit Gefahrstoffen
Der Gesetzgeber fasst alle Arbeiten mit Gefahrstoffen unter dem Begriff Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zusammen. Informationen für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen und anderen chemischen Stoffen am Arbeitsplatz gibt die GESTIS-Stoffdatenbank. Als Hilfestellung für die Umsetzung der Gefahrstoffverordnung in Klein- und Mittelunternehmen wurden modellhafte Schutzleitfäden für die Gestaltung von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen entwickelt. Für diese Unternehmen bietet auch der GESTIS-Stoffenmanager Unterstützung bei der Prioritätensetzung zur Verminderung der Gefährdungen.
Allgemein gilt
- Vermeiden (Substitutionsgebot)
- Gefährdungen durch organisatorische oder technische Maßnahmen minimieren.
- ggf. durch persönliche Schutzausrüstung schützen
Möglichst auf ungefährliche Stoffe umsteigen (Substitutionsprinzip). Gefahrstoffe so wenig wie möglich verwenden, gegebenenfalls Arbeitsbereiche abtrennen und/oder spezielle Filter in den Absauganlagen verwenden. Wenn das nicht reicht, muss den Mitarbeitern persönliche Schutzausrüstung kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.
Für den Arbeitgeber gilt
- Der Arbeitgeber hat anhand der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, ob Gefahrstoffe am Arbeitsplatz vorhanden sind und ob eine Gefährdung besteht.
- Bei eingestuften Gefahrstoffen besteht Kennzeichnungspflicht.
- Das entsprechende Sicherheitsdatenblatt muss vorhanden sein.
- Warnzeichen müssen angebracht werden.
- Beschäftigte, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben, müssen anhand von Betriebsanweisungen unterwiesen werden.
- Je nach Tätigkeit und Exposition ist regelmäßige Vorsorge gemäß Verordnung über arbeitsmedizinische Vorsorge erforderlich.
- Der Arbeitgeber kann die kostenlose Zentrale Expositionsdatenbank (ZED) nutzen, um Daten zur Exposition von Beschäftigten gegenüber krebserzeugenden Stoffen dauerhaft zu speichern und zu verwalten.
- Für den Umgang oder den Handel mit einigen Gefahrstoffen ist der Nachweis der Sachkunde (Sachkundeprüfung Gefahrstoffe, früher „Giftprüfung“) erforderlich. Näheres ist in der „Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens und über die Abgabe bestimmter Stoffe, Gemische und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz“ (Chemikalien-Verbotsverordnung – ChemVerbotsV) geregelt.
Siehe auch
Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de Seite zurück© biancahoegel.de
Datum der letzten Änderung: Jena, den: 28.04. 2023