Nabla-Operator
Der Nabla-Operator ist ein Symbol, das in der Vektor- und Tensoranalysis benutzt
wird, um kontextabhängig einen der drei Differentialoperatoren
Gradient,
Divergenz
oder Rotation
zu notieren. Das Formelzeichen des Operators
ist das Nabla-Symbol
(auch
oder
,
um die formale Ähnlichkeit zu üblichen vektoriellen Größen zu betonen).
Der Name „Nabla“ leitet sich ab von einem harfenähnlichen phönizischen Saiteninstrument, das in etwa die Form dieses Zeichens hatte. Eingeführt wurde die Schreibweise vom Mathematiker Peter Guthrie Tait (1831–1901). Im Englischen wird der Operator als „del“ bezeichnet.
Definition
Formal ist der Nabla-Operator ein Vektor, dessen Komponenten die partiellen
Ableitungsoperatoren
sind:
Er kann dabei sowohl als Spalten-Vektor (zum Beispiel grad) als auch als Zeilen-Vektor (zum Beispiel div) auftreten. [1] Im dreidimensionalen kartesischen Koordinatensystem schreibt man auch:
Dabei sind ,
und
die Einheitsvektoren
des Koordinatensystems. In allgemein krummlinigen
Koordinaten
sind die Einheitsvektoren durch die kontravarianten Basisvektoren zu ersetzen:
Darin ist grad der Gradientenoperator. Bei der Anwendung dieses
Nabla-Operators auf ein Vektorfeld ist zu beachten, dass die Basisvektoren in
krummlinigen Koordinatensystemen im Allgemeinen von den Koordinaten
abhängen und ebenfalls zu differenzieren sind.
Gerechnet wird mit dem Nabla-Operator wie mit einem Vektor, wobei das
„Produkt“ von beispielsweise
mit einer rechts davon stehenden Funktion
als partielle Ableitung
interpretiert wird.
Darstellung anderer Differentialoperatoren
Im n-dimensionalen Raum
Sei
eine offene Teilmenge,
eine differenzierbare Funktion und
ein differenzierbares Vektorfeld.
Das hochgestellte ┬ bezeichnet die Transposition.
Das (formale) Produkt von
mit der Funktion
ergibt deren Gradienten:
Das transponierte (formale) dyadische
Produkt „“
von
mit dem Vektorfeld
ergibt dessen Gradienten oder Jacobi-Matrix:
Das (formale) Skalarprodukt
mit dem Vektorfeld
ergibt dessen Divergenz:
Sie ist die Spur des Gradienten.
Das (formale) Skalarprodukt
von
mit sich selbst ergibt den Laplace-Operator
,
denn es gilt
Bei einem gegebenen Vektor
kann mit dem Operator
die Richtungsableitung
von differenzierbaren Funktionen
in Richtung des Vektors
berechnet werden:
siehe den Zusammenhang
zwischen Gradient und Richtungsableitung. Ist die Funktion ein Vektorfeld
,
dann berechnet sich das Produkt aus der Jacobi-Matrix des Feldes und dem Vektor:
siehe Vektorgradient und die Anwendung in der Kontinuumsmechanik unten.
Im dreidimensionalen Raum
Sei
nun eine offene Teilmenge,
eine differenzierbare Funktion und
ein differenzierbares Vektorfeld. Die Indizes ...x,y,z bezeichnen
hier die Vektorkomponenten und keine Ableitungen. Im dreidimensionalen Raum
mit den kartesischen Koordinaten
,
,
stellen sich die obigen Formeln wie folgt dar:
Der Nabla-Operator angewandt auf das Skalarfeld
ergibt den Gradienten des Skalarfeldes
Das Ergebnis ist ein Vektorfeld. Hierbei sind
die Einheitsvektoren
des
.
Der Nabla-Operator angewandt auf das Vektorfeld
ergibt die Divergenz des Vektorfeldes als formales Skalarprodukt mit dem
Vektorfeld zu
also ein Skalarfeld.
Eine Besonderheit des dreidimensionalen Raums ist die Rotation eines Vektorfelds. Sie ergibt sich durch (rechtsseitige) Verknüpfung über das formale Kreuzprodukt als
also wieder ein Vektorfeld.
Zylinderkoordinaten (ρ,φ,z) und Kugelkoordinaten (r,θ,φ) sind Beispiele für krummlinige Koordinaten. Die Formeln für den Gradient in Zylinder- und Kugelkoordinaten ergeben sich aus den Nabla-Operatoren
Bei der Anwendung auf ein Vektorfeld ist wie oben erwähnt zu beachten, dass
die Basisvektoren in krummlinigen Koordinatensystemen im Allgemeinen wie auch
hier von den Koordinaten abhängen und ebenfalls zu differenzieren sind.
Beispielsweise ergibt sich für die Divergenz eines Vektorfeldes in
Zylinderkoordinaten, wo die Basisvektoren
und
vom Winkel φ abhängen und
gilt:
Notation mit Subskript
Wirkt der Nablaoperator nur auf bestimmte Komponenten einer Funktion mit
einem mehrdimensionalen Argument, so wird dies durch ein Subskript
angedeutet. Für eine Funktion
mit
beispielsweise ist
im Gegensatz zu
Diese Bezeichnung ist üblich, wenn mit dem Nabla-Symbol das einfache Differential (d.h. die einzeilige Jacobi-Matrix) bzw. ein Teil davon bezeichnet wird.
Gelegentlich tritt alternativ für die Schreibweise mit dem Nabla-Symbol
die Schreibweise
auf.
Darstellung als Quaternion
Sir William Rowan Hamilton definierte den Nabla-Operator als reine Quaternion
mit den komplex-imaginären Einheiten ,
und
,
die durch die Hamilton-Regeln
nichtkommutativ
verknüpft sind. Beispielsweise gilt
.
Anwendung auf eine reellwertige Funktion
(formale Multiplikation) liefert die quaternionische Entsprechung für deren
Gradient und Laplace-Ableitung:
Anwendung auf eine reine Quaternion
(formale Multiplikation) liefert:
Die hier benutzten Definitionen des Skalarprodukts und Kreuzprodukts von Quaternionen sind im Hauptartikel nachzuschlagen.
Rechenregeln
Rechenregeln für den Nabla-Operator lassen sich formal aus den Rechenregeln für Skalar- und Kreuzprodukt zusammen mit den Ableitungsregeln herleiten. Dabei muss man die Produktregel anwenden, wenn der Nabla-Operator links von einem Produkt steht.
Sind
und
differenzierbare Skalarfelder (Funktionen) und
sowie
differenzierbare Vektorfelder, so gilt:
(Kettenregel für Gradient)
(Produktregel für Gradient)
(siehe auch Laplace-Operator)
(siehe auch vektorieller Laplace-Operator)
Weitere Rechenregeln siehe unter Gradient, Divergenz und Rotation.
Anwendung in der Kontinuumsmechanik
In der Kontinuumsmechanik wird der Nabla-Operator dazu verwendet, zusätzlich zu den oben genannten Operatoren den Gradient eines Vektorfeldes und die Divergenz sowie Rotation eines Tensorfeldes zu definieren. Hier kann der Nabla-Operator gelegentlich auch nach links wirken.
Die Darstellung erfolgt wegen der Wichtigkeit der Rotation für die
Kontinuumsmechanik in drei Dimensionen. Sei also
eine offene Teilmenge,
ein differenzierbares Vektorfeld
mit Komponenten Vx,y,z, die wie üblich nach dem Schema x→1, y→2 und
z→3 durchnummeriert werden, und
ein differenzierbares Tensorfeld
zweiter Stufe mit Komponenten
bezüglich eines kartesischen Koordinatensystems.
Das transponierte dyadische Produkt des Nabla-Operators mit einem Vektorfeld
ergibt – wie oben dargelegt – dessen Gradient
also ein Tensorfeld zweiter Stufe. Der so definierte Gradient stimmt mit der Fréchet-Ableitung überein:
Das linksseitige Skalarprodukt des Nabla-Operators mit einem Tensorfeld zweiter Stufe ergibt formal die Divergenz des Tensorfeldes:
also ein Vektorfeld.
Das Kreuzprodukt des Nabla-Operators mit einem Tensor zweiter Stufe liefert dessen Rotation:
also ein Tensorfeld zweiter Stufe. Darin ist
das Permutationssymbol.
Diese Operatoren sind in der Literatur nicht einheitlich definiert. Gelegentlich kommen transponierte Versionen vor:
Gradient | |
---|---|
Divergenz | |
Rotation |
In den Formeln der Wikipedia sind dann die transponierten Tensoren einzusetzen, um sie mit den Formeln der Literatur zu vergleichen.
Siehe auch
Anmerkungen
- ↑ Zeilen- und Spaltenvektoren werden in der Differentialgeometrie und im mathematischen Formalismus der Relativitätstheorie auch als kovariant beziehungsweise kontravariant bezeichnet. Der Ableitungsoperator nach den kovarianten Koordinaten bildet dabei einen kontravarianten Vektor und umgekehrt.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 27.08. 2020