Darstellung (Algebra)
Die Darstellungstheorie von Algebren ist ein Teilgebiet der Mathematik, das sich mit der Darstellung von Algebren auf Vektorräumen beschäftigt. Auf diese Weise werden beliebige assoziative Algebren mittels Homomorphismen mit Algebren von Operatoren in Zusammenhang gebracht. Untersuchungsgegenstand sind die Struktur solcher Homomorphismen und deren Klassifikation. Die Darstellungstheorie einer Algebra ist zur Theorie ihrer Moduln äquivalent. Speziellere Darstellungstheorien behandeln Gruppen, Lie-Algebren oder C*-Algebren.
Wir betrachten im Folgenden der Einfachheit halber Algebren mit Einselement 1. Hat man eine Algebra ohne Einselement, so adjungiere man eines.
Definitionen
Es seien
ein Körper
und
eine
-Algebra.
Eine Darstellung von
ist ein Algebrenhomomorphismus
,
wobei
ein
-Vektorraum
und
die Algebra aller linearen
Operatoren auf
ist, genauer spricht man von einer Darstellung von
auf
.
Die Vektorraumdimension
von
wird als Dimension von
bezeichnet. Endlichdimensionale Darstellungen nennt man auch
Matrix-Darstellungen, denn durch Wahl einer Vektorraumbasis lässt
sich jedes Element aus
als Matrix schreiben. Injektive Darstellungen heißen treu.
Zwei Darstellungen
und
heißen äquivalent, wenn es einen Vektorraum-Isomorphismus
gibt mit
für alle
.
Dafür schreibt man abkürzend auch
.
Die so definierte Äquivalenz ist eine Äquivalenzrelation auf der Klasse aller Darstellungen. Die Begriffsbildungen in der Darstellungstheorie sind so angelegt, dass sie beim Übergang zu einer äquivalenten Darstellung erhalten bleiben, Dimension und Treue sind erste Beispiele.
Beispiele
- Der Nullhomomorphismus
, der jedes Algebrenelement auf den Nulloperator abbildet, heißt Nulldarstellung oder triviale Darstellung.
- Die identische Abbildung
ist eine treue Darstellung von
auf
.
- Es sei
die
-Algebra der reellwertigen (stetigen) Funktionen
. Dann ist
- eine zweidimensionale, nicht-treue Darstellung von C[0,1].
- Ist
eine
-Algebra, so ist
, wobei
durch
definiert sei, eine Darstellung von
. Diese spezielle Darstellung nennt man auch die linksreguläre Darstellung, da sie
auf die Menge aller Linksmultiplikationen mit Elementen aus
abbildet. Die Formel
zeigt die Treue der linksregulären Darstellung, insbesondere besitzt jede Algebra eine treue Darstellung.
Die Multiplikativität der linksregulären Darstellung bedeutet
für alle
und das heißt
für alle
und das ist nichts anderes als
für alle
.
Diese Überlegung macht die Rolle des Assoziativgesetzes
deutlich.
Direkte Summen
Sind
und
zwei Darstellungen, so definiert
offenbar wieder eine Darstellung von ,
wobei
komponentenweise auf der direkten
Summe
operiert, das heißt
für alle
.
Diese Darstellung nennt man die direkte Summe aus
und
und bezeichnet sie mit
.
Diese Konstruktion lässt sich offenbar für direkte Summen beliebig vieler
Summanden verallgemeinern. Ist
eine Familie von Darstellungen, so auch
.
Teildarstellungen
Sei
eine Darstellung. Ein Untervektorraum
heißt invariant (genauer
-invariant),
falls
für alle
.
Offenbar ist
wieder eine Darstellung von ,
die man die Einschränkung von
auf
nennt und mit
bezeichnet.
Ist
ein zu
komplementärer
Unterraum, der ebenfalls invariant ist, so gilt offenbar
,
wobei die Äquivalenz durch den Isomorphismus
vermittelt wird.
Die invarianten Unterräume der linksregulären Darstellung einer Algebra sind genau die Linksideale der Algebra.
Weitere Darstellungen
Ein wichtiger Untersuchungsgegenstand der Darstellungstheorie ist Zerlegung von Darstellungen als Summe von Teildarstellungen. Dabei interessiert man sich natürlich für Darstellungen, die sich nicht weiter zerlegen lassen. Das führt zwanglos auf den folgenden Begriff:
Irreduzible Darstellungen
Eine Darstellung
heißt irreduzibel, wenn es außer
und
keine weiteren invarianten Unterräume von
gibt. Für eine äquivalente Charakterisierung siehe Lemma von Schur. Eine
Darstellung heißt vollständig reduzibel, wenn sie zu einer direkten Summe
irreduzibler Darstellungen äquivalent ist.
Das obige Beispiel einer zweidimensionalen Darstellung von
ist offenbar äquivalent zur direkten Summe zweier eindimensionaler und damit
irreduzibler Darstellungen. Die identische Darstellung
der Matrizenalgebra auf
ist eine
-dimensionale
irreduzible Darstellung, von der man zeigen kann, dass sie bis auf Äquivalenz
die einzige ist. Ein häufiges Ziel der Darstellungstheorie ist die
Klassifizierung aller Äquivalenzklassen irreduzibler Darstellungen einer
gegebenen Algebra.
Nicht-degenerierte Darstellungen
Eine Darstellung
einer Algebra
auf dem Vektorraum
heißt nicht-degeneriert, wenn aus
für alle
stets
folgt.
Ist
eine beliebige Darstellung, so sind
und
offenbar invariante Teilräume,
heißt auch Nullraum der Darstellung. Es ist
die Projektion
auf
und
der zugehörige Komplementärraum. Da
die Nulldarstellung und
nicht-degeneriert ist, haben wir das Ergebnis, dass jede Darstellung die Summe
aus einer nicht-degenierten und einer Nulldarstellung ist. Häufig betrachtet man
daher nur nicht-degenerierte Darstellungen und nimmt ohne Einschränkung
an.
Zyklische Darstellungen
Eine Darstellung
heißt zyklisch, wenn es ein
gibt mit
,
der Vektor
heißt zyklischer Vektor. Ist
eine beliebige Darstellung und
,
so ist
offenbar ein invarianter Unterraum und
ist eine zyklische Darstellung mit
als einem zyklischen Vektor. Oft fordert man noch, dass
nicht im Nullraum liegt, um Triviales zu vermeiden.
Zusammenhang mit Moduln
Ist
eine nicht-degenerierte Darstellung, so wird
durch die Festlegung
zu einem
-Modul.
Die Nicht-Degeneriertheit benötigt man für
für alle
,
die anderen Modulaxiome führt man leicht auf die Homomorphieeigenschaften von
zurück.
Ist umgekehrt
ein
-Modul,
so ist
mit der durch
erklärten Skalarmultiplikation
ein
-Vektorraum.
Definiert man für
einen Endomorphismus
durch die Formel
,
so erhält man offenbar eine Darstellung
.
Bei dieser Konstruktion sind zwei Darstellungen genau dann äquivalent, wenn
die zugehörigen -Moduln
isomorph sind. Die Darstellungstheorie der
-Algebra
ist daher gleichwertig zur Theorie der
-Moduln.
Die Teildarstellungen entsprechen den Untermoduln, eine irreduzible Darstellung
entspricht einem einfachen-Modul,
eine vollständig reduzible Darstellung einem halbeinfachen
Modul. Zyklische Darstellungen korrespondieren zu von einem Element
erzeugten Moduln. Der zur linksregulären Darstellung gehörige
-Modul
ist nichts anderes als
selbst.
Hat man nur einen Ring
ohne die Operation eines Körpers, so kann man nur über -Moduln
reden. Die Theorie der Moduln über einem Ring ist in diesem Sinne eine
Verallgemeinerung der Darstellungstheorie von Algebren auf Ringe.
Gruppendarstellungen
Ist
eine Gruppe, so ist die Gruppenalgebra
eine
-Algebra,
die in der Gruppe der invertierbaren Elemente mit
eine zu
isomorphe Untergruppe enthält, die man mit
identifiziert. Jede nicht-degenerierte Darstellung der Gruppenalgebra liefert
daher durch Einschränkung auf
eine Darstellung
der Gruppe. Ist umgekehrt
eine Gruppendarstellung, so ist durch
eine Darstellung der Gruppenalgebra gegeben. In diesem Sinne ordnet sich die
Darstellungstheorie der Gruppen der hier behandelten Darstellungstheorie von
Algebren unter.
Darstellungen von Lie-Algebren
Lie-Algebren
sind zwar nicht assoziativ, aber dennoch ist man an Homomorphismen
auf Unteralgebren von
interessiert, wobei die Lie-Klammer
auf den Kommutator
abgebildet wird, das heißt wobei
für alle
gilt. Eine zugehörige universelle Konstruktion führt zur universellen
einhüllenden Algebra, womit die Darstellungen von Lie-Algebren in Beziehung
zu den hier behandelten Darstellungen assoziativer Algebren gesetzt sind.
Hilbertraumdarstellungen
Zur Untersuchung von Banach-*-Algebren,
insbesondere von C*-Algebren
und Gruppenalgebren
lokalkompakter
Gruppen,
sucht man nach Darstellungen, die auch die topologischen Verhältnisse sowie die
Involution
widerspiegeln. Das führt zwanglos zur Untersuchung von Darstellungen auf Hilberträumen, was
umgekehrt wieder zu Klassen solcher Algebren führt, so zum Beispiel zum
wichtigen Begriff der Typ-I-C*-Algebra,
der durch die Darstellungstheorie der C*-Algebra definiert werden kann. Die
Tatsache, dass C*-Algebren treue Hilbertraumdarstellungen besitzen, ist als Satz
von Gelfand-Neumark bekannt.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 01.10. 2020