Neptunium

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H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
Radioaktivität
Radioaktives Element
Radioaktives Element

Neptunium ist ein chemisches Element mit dem Elementsymbol Np und der Ordnungszahl 93. Im Periodensystem steht es in der Gruppe der Actinoide (7. Periode, f-Block). Neptunium ist das erste der sogenannten Transurane, die auf der Erde, bis auf Spuren von Neptunium und Plutonium, nicht mehr natürlich vorkommen. Neptunium ist ein giftiges und radioaktives Schwermetall. Es wurde benannt nach dem Planeten Neptun, der auf den Planeten Uranus folgt. Neptunium folgt im Periodensystem auf Uran, dann folgt Plutonium, das auf der Erde natürlich vorkommende Element mit der höchsten Ordnungszahl.

Geschichte

Neptunium ist das erste der sogenannten Transurane, deren Existenz und Eigenschaften unter Physikern lange Zeit umstritten waren.

Möglichkeit von Transuranen

Mendelejews Periodensystem von 1871 mit einer Lücke für Neptunium am unteren Rand, hinter Uran (U = 240)

Schon in Mendelejews Periodensystem der Elemente von 1871 fand sich hinter Uran, dem damals schwersten bekannten Element, eine Lücke.

Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Neptunium, Np, 93
Elementkategorie Actinoide
Gruppe, Periode, Block Ac, 7, f
Aussehen silbrig
CAS-Nummer 7439-99-8
Massenanteil an der Erdhülle 4 · 10−14 ppm
Physikalisch
Aggregatzustand fest
Modifikationen 3
Kristallstruktur orthorhombisch
Dichte 20,45 g/cm3
Schmelzpunkt 912 K (639 °C)
Siedepunkt 4175 K (3902 °C)
Molares Volumen 11,59 · 10−6 m3·mol−1
Verdampfungswärme 1420 kJ/mol
Schmelzwärme 39,91 kJ·mol−1
Elektrische Leitfähigkeit 0,82 A·V−1·m−1 bei 293 K
Wärmeleitfähigkeit 6,30 W·m−1·K−1 bei 300 K
Chemisch
Oxidationszustände +3, +4, +5, +6, +7
Normalpotential −1,79 V
(Np3+ + 3 e → Np)
Elektronegativität 1,36 (Pauling-Skala)

Über sechzig Jahre später äußerte sich Ida Noddack im Mai 1934 zu den damals bestehenden Lücken in Mendelejews Periodensystem und stellte am Ende ihrer Arbeit Überlegungen über die Möglichkeit von Transuranen an. Wenige Wochen später veröffentlichte Enrico Fermi drei Arbeiten zu diesem Thema. Noddack setzte sich im September 1934 kritisch mit der vermeintlichen Entdeckung des Elements 93 durch Fermi auseinander. In ihren Ausführungen nahm sie u.a. die Entdeckung der neutroneninduzierten Kernspaltung vorweg: „Es wäre denkbar, daß bei der Beschießung schwerer Kerne mit Neutronen diese Kerne in mehrere größere Bruchstücke zerfallen, die zwar Isotope bekannter Elemente, aber nicht Nachbarn der bestrahlten Elemente sind.“ Ungeachtet Noddacks Einwendungen verfolgten damals alle Arbeitsgruppen die Hypothese, dass bei der Bestrahlung von Uran mit Neutronen stets schwerere Elemente als Uran entstehen.

Am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin machten sich Otto Hahn, Fritz Straßmann und Lise Meitner in dieser Zeit ebenfalls auf die Suche nach Transuranen. In jahrelanger Arbeit versuchten sie, die bei Fermis Versuchen beobachteten Vorgänge aufzuklären. Auf der Suche nach schwereren Elementen fanden sie einige Substanzen, die sie als Nachweise von Transuranen beschrieben.

Unabhängig hiervon widmeten sich von 1937 an auch Irène Joliot-Curie und Paul Savitch in Paris der Suche nach Transuranen. 1937/1938 führte ihre Arbeitsgruppe Versuche durch, bei dem ein dem Lanthan ähnliches Element freigesetzt wurde, dessen chemische Identifizierung sich als außerordentlich schwierig erwies und das sie aufgrund der damaligen Annahmen über chemische Verwandtschaften als einen möglichen Nachweis des Elements 93 deuteten. Sie hielten es für möglich, dass die entdeckte Substanz „die Kernladungszahl 93 hat und es sich bei den von Hahn, Meitner und Straßmann bisher gefundenen Transuranen um die Elemente 94 bis 97 handelt.

Tatsächlich handelte es sich bei den von Hahn, Straßmann, Meitner, Joliot-Curie und Savitch gemachten Beobachtungen nicht um Nachweise der gesuchten Transurane, sondern um die damals noch unerkannte Kernspaltung des Urans. Zum Wissen über das später "Neptunium" genannte chemische Element trugen ihre Forschungen daher nur vergleichsweise wenig bei, da sie die zahlreichen bei der Kernspaltung von Uran entstehenden Spaltprodukte für Nachweise der gesuchten Transurane hielten und in ihren Publikationen auch als solche beschrieben.

Erforschung von Neptunium

Das radioaktive Element Neptunium synthetisierten Edwin M. McMillan und Philip H. Abelson erstmals 1940 durch Beschuss von Uran mit Neutronen.

{\mathrm  {^{{238}}_{{\ 92}}U\ +\ _{{0}}^{{1}}n\ \longrightarrow \ _{{\ 92}}^{{239}}U\ {\xrightarrow[ {23\ min}]{\beta ^{-}}}\ _{{\ 93}}^{{239}}Np\ {\xrightarrow[ {2,355\ d}]{\beta ^{-}}}\ _{{\ 94}}^{{239}}Pu}}
Die angegebenen Zeiten sind Halbwertszeiten.

Arthur C. Wahl und Glenn T. Seaborg entdeckten 1942 das Neptuniumisotop 237Np. Es entsteht aus 237U, das ein β-Strahler mit rund 7 Tagen Halbwertszeit ist, oder durch einen (n, 2n)-Prozess aus 238U. 237Np ist ein α-Strahler mit einer Halbwertszeit von 2,144 · 106 Jahren.

{\mathrm  {^{{238}}_{{\ 92}}U\ {\xrightarrow[ {}]{(n,\ 2n)}}\ _{{\ 92}}^{{237}}U\ {\xrightarrow[ {7\ d}]{\beta ^{-}}}\ _{{\ 93}}^{{237}}Np\ {\xrightarrow[ {2,144\ x\ 10^{6}\ a}]{\alpha }}\ _{{\ 91}}^{{233}}Pa}}

Im Jahr 1950 wurden aus 233U, 235U und 238U durch Beschuss mit Deuteronen die Neptuniumisotope 231Np, 232Np und 233Np erzeugt. Im Jahr 1958 wurden aus hochangereichertem 235U durch Beschuss mit Deuteronen die Neptuniumisotope 234Np, 235Np und 236Np erzeugt. Die 1-Stunden Neptunium-Aktivität, die zuvor dem 241Np zugewiesen worden ist, gehört hingegen zum Isotop 240Np.

Gewinnung und Darstellung

Gewinnung von Neptuniumisotopen

Neptunium entsteht als Nebenprodukt der Energiegewinnung in Kernreaktoren. Eine Tonne abgebrannter Kernbrennstoff kann etwa 500 g Neptunium enthalten. So entstandenes Neptunium besteht fast ausschließlich aus dem Isotop 237Np. Es entsteht aus dem Uranisotop 235U durch zweifachen Neutroneneinfang und anschließenden β-Zerfall.

{\mathrm  {^{{235}}_{{\ 92}}U\ +\ _{{0}}^{{1}}n\ \longrightarrow \ _{{\ 92}}^{{236}}U_{m}\ {\xrightarrow[ {120\ ns}]{}}\ _{{\ 92}}^{{236}}U\ +\ \gamma }}
{\mathrm  {^{{236}}_{{\ 92}}U\ +\ _{{0}}^{{1}}n\ \longrightarrow \ _{{\ 92}}^{{237}}U\ {\xrightarrow[ {6,75\ d}]{\beta ^{-}}}\ _{{\ 93}}^{{237}}Np}}

Darstellung elementaren Neptuniums

Metallisches Neptunium kann durch Reduktion aus seinen Verbindungen erhalten werden. Zuerst wurde Neptunium(III)-fluorid mit elementarem Barium oder Lithium bei 1200 °C zur Reaktion gebracht.

{\displaystyle {\ce {2 NpF3 + 3 Ba -> 2 Np + 3 BaF2}}}

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Neptuniummetall hat ein silbernes Aussehen, ist chemisch reaktiv und existiert in mindestens drei verschiedenen Modifikationen:

Modifikationen bei Atmosphärendruck
Phasenbezeichnung stabiler Temperaturbereich Dichte (Temperatur) Kristallsystem
α-Np   20,25 g/cm3 (20 °C) orthorhombisch
β-Np über 280 °C 19,36 g/cm3 (313 °C) tetragonal
γ-Np über 577 °C 18,0 g/cm3 (600 °C) kubisch

Neptunium besitzt eine der höchsten Dichten aller Elemente. Neben Rhenium, Osmium, Iridium und Platin ist es eines der wenigen Elemente, die eine höhere Dichte als 20 g/cm3 besitzen.

Chemische Eigenschaften

Neptunium bildet eine Reihe von Verbindungen, in denen es in den Oxidationsstufen +3 bis +7 vorliegen kann. Damit besitzt Neptunium zusammen mit Plutonium die höchste mögliche Oxidationsstufe aller Actinoiden. In wässriger Lösung haben die Neptuniumionen charakteristische Farben, so ist das Np3+-Ion purpurviolett, Np4+ gelbgrün, NpVO2+ grün, NpVIO22+ rosarot und NpVIIO23+ tiefgrün.

Biologische Aspekte

Eine biologische Funktion des Neptuniums ist nicht bekannt. Anaerobe Mikroorganismen können mittels Mn(II/III)- und Fe(II)-Spezies Np(V) zu Np(IV) reduzieren. Ferner wurden die Faktoren untersucht, die die Biosorption und Bioakkumulation des Neptuniums durch Bakterien beeinflussen.

Isotope

Von Neptunium sind insgesamt 20 Isotope und 5 Kernisomere bekannt. Die langlebigsten Isotope sind 237Np mit 2,144 Mio. Jahren, 236Np mit 154.000 Jahren und 235Np mit 396,1 Tagen Halbwertszeit. Die restlichen Isotope und Kernisomere besitzen Halbwertszeiten zwischen 45 Nanosekunden (237m1Np) und 4,4 Tagen (234Np).

Spaltbarkeit

Eine Probe von Neptunium-Metall (237Np), umhüllt von einer dicken Wolfram- und Nickelschicht (glänzend) in Schalen aus angereichertem Uran (schwarz angelaufen).

Wie bei allen Transuran-Nukliden ist auch bei den Np-Isotopen die neutroneninduzierte Kernspaltung möglich. Die Isotope mit ungerader Neutronenanzahl im Kern – von den langlebigen also 236Np – haben große Wirkungsquerschnitte für die Spaltung durch thermische Neutronen; beim 236Np beträgt er 2600 Barn, es ist also "leicht spaltbar".

Bei dem im Kernreaktorbrennstoff anfallenden 237Np beträgt dieser Wirkungsquerschnitt nur 20 Millibarn. Dieses Isotop ist jedoch aufgrund anderer kernphysikalischer Eigenschaften geeignet, mit der Spaltung durch schnelle Neutronen im reinen Material eine Kettenreaktion aufrechtzuerhalten. Im Los Alamos National Laboratory wurde seine kritische Masse experimentell zu etwa 60 kg bestimmt. Daher ist 237Np ein mögliches Material für Kernwaffen.

Verwendung

Das in Kernreaktoren aus 235U erbrütete 237Np kann zur Gewinnung von 238Pu zur Verwendung in Radionuklidbatterien genutzt werden. Dazu wird es (zusammen mit unwesentlichen Mengen anderer Neptuniumisotope) vom abgebrannten Reaktorbrennstoff abgetrennt und in Brennstäbe gefüllt, die nur Neptunium enthalten. Diese werden wieder in den Kernreaktor eingesetzt, wo sie erneut mit Neutronen bestrahlt werden; aus dem 237Np wird 238Pu erbrütet.

{\mathrm  {^{{237}}_{{\ 93}}Np\ +\ _{{0}}^{{1}}n\ \longrightarrow \ _{{\ 93}}^{{238}}Np\ {\xrightarrow[ {2,117\ d}]{\beta ^{-}}}\ _{{\ 94}}^{{238}}Pu}}
Die angegebenen Zeiten sind Halbwertszeiten.

Verbindungen

Neptunium in den Oxidationsstufen +3 bis +7 in wässriger Lösung.

Oxide

Bekannt sind Oxide in den Stufen +4 bis +6: Neptunium(IV)-oxid (NpO2), Neptunium(V)-oxid (Np2O5) und Neptunium(VI)-oxid (NpO3 · H2O). Neptuniumdioxid (NpO2) ist das chemisch stabilste Oxid des Neptuniums und findet Verwendung in Kernbrennstäben.

Halogenide

Für Neptunium sind Halogenide in den Oxidationsstufen +3 bis +6 bekannt.

Für die Stufe +3 sind sämtliche Verbindungen der vier Halogene Fluor, Chlor, Brom und Iod bekannt. Darüber hinaus bildet es Halogenide in den Stufen +4 bis +6.

In der Oxidationsstufe +6 ist das Neptuniumhexafluorid (NpF6) von besonderer Bedeutung. Es ist ein orangefarbener Feststoff mit sehr hoher Flüchtigkeit, der schon bei 56 °C in den gasförmigen Zustand übergeht. In dieser Eigenschaft ähnelt es sehr dem Uranhexafluorid und Plutoniumhexafluorid, daher kann es genauso in der Anreicherung und Isotopentrennung verwendet werden.

Oxidationszahl F Cl Br I
+6 Neptunium(VI)-fluorid
NpF6
orange
     
+5 Neptunium(V)-fluorid
NpF5
hellblau
     
+4 Neptunium(IV)-fluorid
NpF4
grün
Neptunium(IV)-chlorid
NpCl4
rotbraun
Neptunium(IV)-bromid
NpBr4
dunkelrot
 
+3 Neptunium(III)-fluorid
NpF3
violett
Neptunium(III)-chlorid
NpCl3
grün
Neptunium(III)-bromid
NpBr3
grün
Neptunium(III)-iodid
NpI3
violett

Metallorganische Verbindungen

Analog zu Uranocen, einer Organometallverbindung in der Uran von zwei Cyclooctatetraen-Liganden komplexiert ist, wurden die entsprechenden Komplexe von Thorium, Protactinium, Plutonium, Americium und auch des Neptuniums, (η8-C8H8)2Np, dargestellt.

Sicherheitshinweise

Einstufungen nach der CLP-Verordnung liegen nicht vor, weil diese nur die chemische Gefährlichkeit umfassen und eine völlig untergeordnete Rolle gegenüber den auf der Radioaktivität beruhenden Gefahren spielen.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung:  Jena, den: 22.11. 2023