Konservative Kraft
Konservative Kräfte sind in der Physik Kräfte, die längs eines beliebigen geschlossenen Weges (Rundweg) keine Arbeit verrichten. An Teilstrecken aufgewendete Energie wird an anderen Strecken wieder zurückgewonnen. Das heißt, die kinetische Energie eines Probekörpers bleibt ihm am Ende erhalten.
Beispiele konservativer Kräfte sind zum einen solche, die wie die Gravitationskraft oder Coulombkraft des elektrischen Feldes durch konservative Kraftfelder (s. u.) vermittelt werden, zum anderen aber auch Kräfte wie z. B. Federkräfte, die nicht durch Kraftfelder im eigentlichen Sinn vermittelt werden. Da einer konservativen Kraft ein Potential zugeordnet werden kann, kann die Kraft nur vom Ort abhängen und nicht wie zum Beispiel dissipative Kräfte von der Geschwindigkeit.
Bekanntestes Beispiel einer durch ein Kraftfeld vermittelten konservativen 
Kraft ist die Erdanziehungskraft. Die Kraft  
ist gerade die negative Ableitung der potentiellen Energie z. B. als Näherung 
nahe der Erdoberfläche 
 
nach der Höhe h. Egal auf welchem Weg man von einem Punkt auf Höhe 
 
zu einem Punkt auf Höhe 
 
gelangt, ist dabei immer dieselbe Arbeit 
 
aufzubringen. Die potentielle Energie bezieht sich dabei allerdings immer noch 
auf eine Probemasse m (oder Probeladung q im Fall des elektrischen 
Feldes), während das von der Probe unabhängige Skalarfeld 
 
(bzw. 
 
im Fall des elektrischen Feldes) das physikalische Potential an der 
betreffenden Stelle genannt wird und als solches eine äquivalente Darstellung 
des zugrundeliegenden Vektorfelds ist. 
Das Gegenteil konservativer Kräfte sind nicht-konservative Kräfte, also solche, die längs eines in sich geschlossenen Weges Arbeit verrichten, und zwar umso mehr, je länger der dabei zurückgelegte Weg ist. Beispiele derartiger nicht-konservativer Kräfte sind zum einen Kräfte in nicht-konservativen Kraftfeldern wie etwa (magnetischen) Wirbelfeldern, zum anderen sogenannte dissipative Kräfte (von lateinisch dissipare = zerstreuen), z. B. Reibungskräfte.
Die meisten physikalischen Systeme sind, da ihnen stets Energie durch Reibung und/oder nicht-konservative Kraftfelder (z. B. Wirbelfelder) verloren geht, nicht-konservativ. Erweitert man dagegen die Perspektive, indem man beispielsweise bei Betrachtung der Energieverluste durch Reibung auch die Energieinhalte angekoppelter Wärmereservoirs mit berücksichtigt, bleibt die Energie am Ende doch immer in irgendeiner Form erhalten.
Konservative Kraftfelder
Konservative Kraftfelder sind dem zuvor Gesagten folgend solche, in denen ein Probekörper beim Durchlaufen eines in sich geschlossenen Weges weder Energie gewinnt noch verliert.
Es lässt sich zeigen, dass die nachstehenden vier Charakteristika eines 
konservativen Kraftfelds  
einander äquivalent sind: 
- 1. Die Arbeit entlang jeder beliebigen geschlossenen Kurve 
  
innerhalb des Feldes ist gleich Null, also
.
 - 2. Die Arbeit 
entlang eines beliebigen Weges
durch das Kraftfeld ist nur vom Anfangs- und Endpunkt des Weges, nicht aber von seinem Verlauf abhängig.
 - 3. Es existiert ein 
, welches das zugehörige Potential des Kraftfelds genannt wird, so dass sich die Kraft
auch in der Form
beschreiben lässt, d. h. als Gradientenfeld, mit
als dem Nabla-Operator,
als dem Gradienten des Potentials und der Ladung oder Kopplungsstärke
, die im Fall des elektrischen Felds die elektrische Ladung q des Probekörpers, im Fall des Gravitationsfelds seine Masse m ist.
 - 4. Das Feld ist auf einem einfach 
  zusammenhängenden Gebiet definiert und erfüllt dort die Integrabilitätsbedingung 
  
. Dies bedeutet, dass die Rotation verschwindet, also
bzw.
ist.
 
Analog zum eben Gesagten werden in der Mathematik ganz allgemein Vektorfelder, die sich als Gradienten skalarer Felder beschreiben lassen, als konservativ bezeichnet, zusammengesetzt aus Potentialvektoren, denen auf Seiten der skalaren Ausgangsfelder die zugehörigen Potentiale gegenüberstehen.
Potentiale und Potentialfelder
Der Begriff des Potentials wird in der Physik und Mathematik zum Teil unterschiedlich gebraucht.
So bezeichnet das Potential 
in der Mathematik ganz allgemein eine Klasse skalarer Ortsfunktionen bzw. Skalarfelder mit bestimmten 
mathematischen Eigenschaften, während es in der Physik nur den Quotienten der potentiellen 
Energie  
eines Körpers an der Stelle 
 
und seiner elektrischen Ladung q bzw. Masse m definiert: 
Ein Potential 
im physikalischen Sinn  
ist dabei stets auch eines im mathematischen Sinn, jedoch nicht umgekehrt: So 
sind sowohl das Gravitations- 
 
und Coulomb-Potential 
 
wie auch die potentielle Energie 
 
in einem konservativen Kraftfeld ihrer mathematischen Natur nach Potentiale, im 
physikalischen Sinn jedoch nur die beiden erstgenannten. 
Ähnlich verhält es sich mit der Terminologie bei den Gradienten von 
Potentialen, also den aus den jeweiligen Skalarfeldern  
abgeleiteten Vektorfeldern 
also Beschleunigungsfeldern 
 
bzw 
: 
Dennoch werden häufig auch die Kraftfelder 
 
bzw 
 
als „Potentialfelder“ 
bezeichnet. 
Beispiel
Der Gradient der potentiellen 
Energie  
an der Stelle 
 
liefert die an dieser Stelle wirkende und dem Prinzip des 
kleinsten Zwanges folgend stets in Richtung abnehmender potentieller Energie 
zeigende „rücktreibende“ Kraft 
: 
In der Nähe der Erdoberfläche ist die potentielle Energie  
einer Masse 
 
in Höhe 
 
über dem Boden unter Annahme einer für kleinen Höhenänderungen annähernd 
konstanten Erdbeschleunigung 
 
gleich 
. 
Ersetzt man, da es sich beim Gravitationsfeld der Erde um ein zumindest lokal 
radiales Feld handelt, den Ortsvektor 
 
durch die Höhe 
 
und den Gradienten durch die Ableitung nach 
, 
ergibt sich damit für die Schwerkraft die Formel: 
Wie dem Vorzeichen 
des Resultats anzusehen, ist die Kraft  
der Richtung zunehmender Höhe entgegengesetzt. 
Lokale Konservativität
  
Beim letzten der obengenannten vier Charakteristika konservativer Kraftfelder 
ist insbesondere auf das Kriterium des „einfach zusammenhängenden Gebiets“, also 
darauf zu achten, dass das Gebiet, anschaulich gesprochen, keine „Löcher“ oder 
ähnliche Definitionslücken enthält. Nicht „einfach zusammenhängend“ in diesem 
Sinn ist beispielsweise das Gebiet um einen stromdurchflossenen Leiter, dessen 
Magnetfeld zwar außerhalb des Leiters wie nachstehend definiert ist, für 
die z-Achse (0|0|z) selbst jedoch weder  
noch seine Ableitung existieren: 
So gilt zwar außerhalb des Leiters . 
Dennoch verschwindet ein Ringintegral um die z-Achse nicht. Integriert 
man zum Beispiel entlang des Einheitskreises, der durch 
mit
parametrisiert wird, so erhält man als Wegintegral
Obwohl die Rotation  
mit Ausnahme der Definitionslücke 
an der z-Achse überall verschwindet, ist das B-Feld dadurch nicht 
durchgehend konservativ. Da die Energie dennoch auf allen Pfaden erhalten 
bleibt, die die z-Achse nicht umschließen, spricht man hier einschränkend 
von lokaler Konservativität. 
Beweis der Äquivalenz der Kriterien
Wie anfangs bereits festgestellt, sind die vier Definitionen für ein konservatives Kraftfeld miteinander gleichbedeutend. Das erste Kriterium ist gerade die Definition einer konservativen Kraft aus der Einleitung, die anderen folgen daraus.
  
1. Davon ausgehend, dass die Arbeit entlang eines geschlossenen Pfades 
verschwindet, kann zunächst die Korrektheit des zweiten Kriteriums gezeigt 
werden. Man betrachte dazu zwei Wege  
und 
 
zwischen den Punkten 1 und 2 in einem konservativen Kraftfeld wie im Bild 
rechts: 
Verläuft  
von Punkt 1 über Weg 
 
zum Punkt 2, dann über den Weg 
 
zurück zum Punkt 1, so ergibt sich das Ringintegral über diesen 
Weg damit zu 
Mit
ist das dann und genau dann null, wenn
was gerade der Wegunabhängigkeit und damit der zweiten Definition für ein konservatives Kraftfeld entspricht.
2. Wenn , 
so ist 
, unabhängig vom Weg S.
3. Wenn , 
so gilt für die Rotation 
,
wobei der letzte Schritt wegen der Vertauschbarkeit der partiellen Ableitungen gemäß dem Satz von Schwarz zustande kam.
4. Nach dem Satz von Stokes gilt für eine Fläche A, die von einer geschlossenen Kurve C umschlossen wird
.
Dieses Integral verschwindet für alle Kurven C dann und genau dann, 
wenn  
ist. 
Energieerhaltung
In der klassischen Mechanik gilt für die kinetische Energie
,
wobei  
die Geschwindigkeit 
ist. 
Mit dem zweiten Newtonschen Axiom
für konstante Massen  
kann die Energie geschrieben werden. 
.
Dann gilt für den Weg von Punkt 1 zum Punkt 2 das Wegintegral
.
Für die rechte Seite dieser Gleichung gilt
.
Das bedeutet, dass die gesamte Arbeit, die bei der Bewegung aufgebracht wird, der Änderung der kinetischen Energie entspricht. Für die linke Seite gilt hingegen unter Verwendung der Eigenschaften konservativer Kräfte
und damit
bzw.
was gerade dem Energieerhaltungssatz entspricht. Die Eigenschaft der Energieerhaltung ist auch der Grund, weshalb konservative Kraftfelder ihren Namen erhielten – die Energie ist konserviert.


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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 13.09. 2021