Oszillation (Topologie)
In der Mathematik kommt der Begriff der Oszillation in der Topologie vor, einem der Teilgebiete der Mathematik. Er tritt ebenfalls in der Analysis und hier insbesondere in Integralrechnung auf. Statt von der Oszillation spricht man auch von der Schwankung oder der Schwankungsbreite. Die Oszillation dient bei der Untersuchung von Stetigkeitsfragen zu Abbildungen von topologischen Räumen in metrische Räume dazu, in einem gewissen Sinne die Unstetigkeit einer Abbildung zu messen. Mit dem Begriff der Oszillation verwandt ist der des Stetigkeitsmoduls von Abbildungen metrischer Räume.
Oszillation einer Folge
Sei eine Folge reeller Zahlen. Die Oszillation ist definiert als Differenz zwischen dem Limes superior und Limes inferior von :
- .
Die Oszillation einer Folge ist genau dann null, wenn die Folge konvergiert. Die Oszillation ist nicht definiert, wenn Limes Superior und Limes Inferior beide gleichzeitig gleich oder gleich sind, wenn also die Folge bestimmt divergiert.
Definitionen, Sprech- und Schreibweisen
Gegeben sei ein topologischer Raum , ein metrischer Raum sowie eine Abbildung .
Oszillation auf einer Teilmenge
Für eine beliebige nicht-leere Teilmenge versteht man unter der Oszillation von auf bzw. unter der Schwankung von auf den Durchmesser der Bildmenge bezüglich der Metrik , also diejenige Größe , welche folgendermaßen definiert ist:
Es wird im Allgemeinen auch die Oszillation nicht ausgeschlossen, wenn – wie im Falle unbeschränkter Funktionen möglich – kein endliches Supremum existiert.
Ein häufig betrachteter Fall ist der, dass ist, wobei die Betragsmetrik, also die durch die Betragsfunktion gegebene darstellt, während zugleich auf beschränkt ist. Unter diesen Gegebenheiten ist
Hinsichtlich der Bezeichnung findet man statt auch oder ; manchmal auch, jedoch eher in englischsprachigen Quellen, .
Oszillation in einem Punkt
Für einen Punkt definiert man:
Man nennt diese Größe die Oszillation von im Punkte oder die Oszillation von in (bei) oder auch die Punktschwankung von in (bei) . Das obige Infimum wird dabei definitionsgemäß über alle -Umgebungen im Umgebungsfilters gebildet. Es genügt jedoch für dessen Bestimmung auch schon, allein die offenen Umgebungen innerhalb oder gar nur die -Umgebungen einer beliebigen in enthaltenen Umgebungsbasis zu betrachten.
Statt gibt es auch die Schreibung bzw. . Daneben ist, sofern aus dem Kontext heraus die Abhängigkeit von keiner Hervorhebung bedarf, die einfache Schreibung bzw. zu finden.
Wird die topologische Struktur von ebenfalls durch eine Metrik erzeugt, so hat der Umgebungsfilter des Punktes die -Umgebungen () als Umgebungsbasis und es gilt:
Untersuchungen zur Oszillation treten oft – etwa in der Integralrechnung – für den Fall auf, dass die betrachteten Funktionen auf reellen Intervallen leben, also ist und zugleich eine beschränkte Funktion ist.
Da für einen Punkt die offenen Intervalle der Form und auch die abgeschlossenen Intervalle der Form eine Umgebungsbasis bilden, hat man:
- .
Beispiel
Für die Funktion
ist für und .
Resultate
- Die Funktion ist eine oberhalb stetige Funktion.
- Für eine Abbildung von einem topologischen in einen metrischen Raum ist Stetigkeit in einem Punkte gleichbedeutend damit, dass in diesem Punkt die Oszillation gleich Null ist. Mit anderen Worten heißt das für ist in stetig genau dann, wenn ist. Eine Abbildung von einem topologischen in einen metrischen Raum ist folglich stetig genau dann, wenn sie in keinem Punkte eine Oszillation größer Null aufweist.
- Bezeichnet man mit
die Menge der Unstetigkeitsstellen
von
und setzt man
mit ,
so gilt
- .
- Die sind allesamt abgeschlossene Mengen und damit ist stets eine Fσ-Menge.
- Ist ein abgeschlossenes n-dimensionales Intervall und eine beschränkte reelle Funktion, so ist dann und nur dann Riemann-Darboux-integrierbar, wenn die allesamt Jordan-Nullmengen sind.
Zum Stetigkeitsmodul
Der mit der Oszillation verwandte Begriff des Stetigkeitsmoduls wurde von Henri Léon Lebesgue im Jahre 1910 eingeführt. Das Stetigkeitsmodul zu einer Abbildung zwischen zwei metrischen Räume und und einer gegebenen reellen Zahl ist dabei die folgende Größe :
Der Stetigkeitsmodul hat folgende Eigenschaften:
- .
- ist monoton steigend.
- ist subadditiv.
- ist gleichbedeutend damit, dass gleichmäßig stetig ist.
Siehe auch
Literatur
- Hermann Athen, Jörn Bruhn (Hrsg.): Lexikon der Schulmathematik und angrenzender Gebiete. Band 4: S–Z. Aulis Verlag, Köln 1978, ISBN 3-7614-0242-2.
- Nicolas Bourbaki: Elements of Mathematics. General Topology. Part 2 (= ADIWES International Series in Mathematics). Addison-Wesley Publishing Company, Reading MA 1966.
- Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis. Teil 1 (= Mathematische Leitfäden). 16., durchgesehene Auflage. B. G. Teubner Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-8351-0131-9.
- Serge Lang: Analysis. Hrsg.: Willi Jäger. Inter European Editions, Amsterdam 1977, ISBN 0-201-04152-9 (Deutsche Übersetzung von Bernd Wollring).
Anmerkungen
- ↑ Stellenweise wird sogar eine noch allgemeinere Situation zugrundegelegt. Dann betrachtet man in eine nicht-leere Teilmenge sowie eine Abbildung und definiert dann . Aus Vereinfachungsgründen wird dann bei gesetzt. Vgl. hierzu S. Willard: General Topology. 1970, S. 177.
- ↑ Bei N. Bourbaki: Elements of Mathematics. 1966, S. 151. wird diese Größe auch allgemeiner für , und definiert.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 02.11. 2021