Distanzfunktion
Distanzfunktionen sind bestimmte reellwertige Abbildung metrischer Räume, die die Eigenschaften der unterliegenden Metrik auf einstellige Funktionen übertragen. Das Konzept von Distanzfunktionen wurde 2011 von Chazal, Cohen-Steiner und Mérigot eingeführt und besitzt unter anderem Anwendungsmöglichkeiten in der geometrischen und der stochastischen Maßtheorie sowie im Data-Mining.
Definition
Sei
ein nicht-leerer metrischer Raum, dessen Metrik ohne Beschränkung der
Allgemeinheit durch eine Norm
induziert sei.
Eine Distanzfunktion auf
ist nun eine Abbildung
(die also keine negativen Werte annimmt), mit den folgenden drei Eigenschaften:
- Die Funktion selbst ist 1-Lipschitz-stetig:
Für je zwei Punkte
gilt also
- Das Quadrat der Funktion ist 1-semikonkav: Dies ist äquivalent dazu, dass
eine konkave Funktion ist.
- Die Funktion divergiert, wann immer die Norm es tut: Für jedes Netz
in
mit
gilt auch
.
Pseudo-Distanzfunktion
Streng genommen genügt es bereits die zweite und dritte Eigenschaft der
obigen Definition zu fordern, da aus der 1-Semikonkavität des Quadrates einer
Funktion bereits die 1-Lipschitz-Stetigkeit der ursprünglichen Abbildung
folgt.
Allerdings ist die erste Eigenschaft anschaulich genau das, was eine Funktion
distanzartig macht: Es lässt sich leicht nachrechnen, dass
genau dann 1-Lipschitz-stetig ist, wenn sie mit der Metrik
verträglich ist, wenn also für je zwei Elemente
stets
gilt.
In abschwächender Sprechweise wird eine Funktion
daher auch Pseudo-Distanzfunktion genannt, wenn sie 1-Lipschitz-stetig
ist und mit der Norm divergiert.
Distanzfunktion zu einer Menge
Der Prototyp einer Distanzfunktion ist der Abstand zu einer kompakten Teilmenge
,
der durch
erklärt wird.
Die Kompaktheit bewirkt hier, dass das Infimum stets für mindestens
einem Punkt aus
tatsächlich angenommen wird. Die 1-Lipschitz-Stetigkeit folgt dann aus der
Dreiecksungleichung.
Distanzfunktion zu einem Maß
Sei nun
zusätzlich mit einem Maß
versehen und
eine reelle Zahl, so lässt sich zeigen, dass durch
eine Pseudo-Distanzfunktion erklärt ist, wobei
die abgeschlossene
Kugel um
mit Radius
bezeichne.
Für jede reelle Zahl
heiße nun die Abbildung
die Distanzfunktion zum Maß
mit Parameter
.
Differenzierbarkeit
Nach dem Satz von Rademacher sind (Pseudo-)Distanzfunktionen fast überall metrisch differenzierbar, da sie Lipschitz-stetig sind.
Ist speziell
euklidisch,
dann folgt aus dem Satz von Alexandrow
mit der Semikonkavität des Quadrates auch die zweifache (totale)
Differenzierbarkeit von Distanzfunktionen fast überall.
Dies ermöglicht eine eingehende Untersuchung von Distanzfunktionen und den zugrunde liegenden Räumen durch die Betrachtung des Gradienten vergleichbar mit der Morsetheorie in der Differentialtopologie.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 20.06. 2021