Abelsche Kategorie
Im mathematischen Teilgebiet der Algebra und angrenzenden Gebieten versteht man unter einer abelschen Kategorie eine Kategorie, die sich in einigen wesentlichen Aspekten wie die Kategorie der abelschen Gruppen verhält. In geringerem Umfang gilt dies auch für additive Kategorien.
Definition
Es sei
eine Kategorie
zusammen mit der Struktur einer abelschen
Gruppe auf jeder Morphismenmenge
für Objekte
.
ist eine präadditive Kategorie, wenn zusätzlich folgende Bedingungen
erfüllt sind:
- Die Komposition von Morphismen ist biadditiv, das heißt für Morphismen
und
gilt
bzw.
, wobei die Additionen in den Morphismengruppen jeweils mit demselben Symbol
bezeichnet sind.
ist eine additive Kategorie, wenn sie präadditiv ist und zusätzlich die
folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- Es gibt ein Nullobjekt.
- Es gibt endliche Produkte.
ist eine abelsche Kategorie, wenn sie präadditiv ist und zusätzlich die
folgenden (stärkeren) Bedingungen erfüllt sind:
- Es gibt ein Nullobjekt.
- Es gibt (endliche) Biprodukte, d.h. zu je zwei Objekten
gibt es ein Objekt
zusammen mit Morphismen
und
für
, so dass
-
und
- gilt und dass
mit
ein Produkt bildet und mit
ein Koprodukt.
- Es gibt Kerne und Kokerne.
- Jeder Monomorphismus ist ein Kern, jeder Epimorphismus ein Kokern.
Bedeutung
Abelsche Kategorien sind ein wichtiges Werkzeug, um Aussagen über abelsche Gruppen zu verallgemeinern; so gelten beispielsweise das Fünferlemma oder das Schlangenlemma in jeder abelschen Kategorie. Abelsche Kategorien sind auch der natürliche Kontext für die homologische Algebra.
Eigenschaften
Für abelsche Kategorien gilt:
- Die Kategorie ist ausgeglichen: Ein Morphismus ist genau dann ein Isomorphismus, wenn er ein Monomorphismus und ein Epimorphismus, also ein Bimorphismus, ist.
- Jeder Morphismus besitzt eine im Wesentlichen eindeutige Faktorisierung
in einen Epimorphismus
und einen Monomorphismus
.
- Die Homomorphie- und Isomorphiesätze gelten.
Beispiele
- Jeder unitäre Ring ist die Morphismenmenge einer präadditiven Kategorie mit einem einzigen Objekt.
Additiv ist:
- Die Kategorie Div der teilbaren
Gruppen: Der Kern eines Homomorphismus
ist stets das Nullobjekt (mit Nullhomomorphismus), selbst dann, wenn
nicht injektiv ist. Daher ist die kanonische Projektion
kein Kern, obwohl es sich andererseits um einen Monomorphismus handelt.
Abelsch sind beispielsweise:
- Die Kategorie Ab der abelschen Gruppen.
- Die Kategorie der
-Vektorräume für einen Körper
.
- Die Kategorie der
-Moduln für einen Ring
.
- Die Kategorie der Garben abelscher Gruppen auf einem topologischen Raum.
- Die Kategorie der endlichen abelschen Gruppen, die Kategorie der endlich erzeugten abelschen Gruppen, allgemeiner die Kategorie der endlich erzeugten Moduln über einem noetherschen Ring.
Einbettungssätze
Die enge Verwandtschaft zu den abelschen Gruppen geht so weit, dass man Objekte einer abelschen Kategorie mithilfe eines geeigneten Funktors als spezielle abelsche Gruppen auffassen kann (Einbettungssatz von Mitchell):
- Für jede kleine abelsche Kategorie
gibt es einen exakten treuen Funktor
.
- Für jede kleine abelsche Kategorie
gibt es einen Ring
und einen volltreuen exakten Funktor von
in die Kategorie der
-Moduln.
Geschichte
Erste Ansätze zur Definition des Begriffes "abelsche Kategorie" stammen von Samuel Eilenberg und Saunders Mac Lane aus den frühen 1950er. Der Durchbruch gelang jedoch erst mit Alexander Grothendieck epochemachendem Artikel Sur quelques points d'algèbre homologique aus dem Jahre 1957.
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 08.11. 2020