Teilbare Gruppe

In der Mathematik heißt eine Gruppe G teilbar oder dividierbar, falls man jedes Gruppenelement durch jede natürliche Zahl teilen kann. Gemeint ist damit: Zu jedem Gruppenelement g und zu jeder natürlichen Zahl n gibt es ein Gruppenelement x, so dass

g=\underbrace {x\ast \ldots \ast x}_{{n{\text{-mal}}}}

gilt. Hierbei wurde die Gruppenverknüpfung mit einem Stern \ast geschrieben.

Wird (wie bei abelschen Gruppen üblich) die Verknüpfung in der Gruppe als Addition geschrieben, so bedeutet die definierende Bedingung: Zu jedem g\in G und zu jeder natürlichen Zahl n gibt es ein x\in G mit

g=x+\ldots +x=n\cdot x.

Jedes Gruppenelement g ist also durch n teilbar.

Schreibt man die Verknüpfung wie bei allgemeinen Gruppen üblich als Multiplikation, so bedeutet die Bedingung: Zu jedem g\in G und zu jeder natürlichen Zahl n gibt es ein x\in G mit

g=x\cdot \ldots \cdot x=x^{n}.

Es existiert also eine n-te Wurzel aus g.

Hintergrund ist die naheliegende Frage: Wann ist eine Zahl y durch eine natürliche Zahl n teilbar oder dividierbar? Dies wird auf Gruppen verallgemeinert. Schon Euklid beschrieb das Problem: Für welche Zahlen y ist die Gleichung y=x+x=2\cdot x lösbar. Welche Zahlen sind Vielfache einer gegebenen natürlichen Zahl.

y=n\cdot x=\underbrace {x+\ldots +x}_{{n{\text{-mal}}}}.

Ein auf den ersten Blick anderes Thema behandelt Euklid im 10. Buch und beweist: Es gibt keinen Bruch, welcher die Gleichung x^{2}=2 löst. Für welche Zahlen y ist die Gleichung

y=\underbrace {x\cdot \ldots \cdot x}_{{n{\text{-mal}}}}=x^{n}.

lösbar? Drückt man diese beiden Fragen mit Hilfe von Abbildungen aus, so leuchtet der gemeinsame Hintergrund auf.

f\colon \mathbb{Z } \ni z\mapsto n\cdot z\in \mathbb{Z } nicht surjektiv. Aber die Abbildung f\colon \mathbb{Q} \ni q\mapsto n\cdot q\in \mathbb{Q} ist surjektiv.

Diese Beobachtung legt es nahe, von den ganzen Zahlen und den Brüchen zu abstrahieren.

Definition der teilbaren Gruppe

Für eine Gruppe  G und eine natürliche Zahl n sind folgende Aussagen äquivalent:

  1. Für jedes y\in G gibt es ein x\in G mit y=x^{n}.
  2. Für jeden Homomorphismus {\displaystyle f\colon n\cdot \mathbb {Z} \rightarrow G} gibt es einen Homomorphismus f^{*}\colon \mathbb{Z } \rightarrow G mit f^{*}\circ \iota =f. Dabei ist {\displaystyle \iota \colon n\cdot \mathbb {Z} \hookrightarrow \mathbb {Z} } die Inklusionsabbildung.

Trifft eine der Aussagen und damit beide auf die Gruppe  G zu, so heißt die Gruppe durch n teilbar. Die Gruppe heißt teilbar, wenn sie durch jede natürliche Zahl teilbar ist. In der englischen Literatur nennt man solche Gruppen divisible. Manchmal nennt man eine solche Gruppe auch dividierbar. Ist die Gruppe additiv geschrieben, so lautet die Bedingung 1.: {\displaystyle y=n\cdot x}.

Beispiele

Teilbare Abelsche Gruppen

Für eine abelsche Gruppe {\displaystyle (Q,+)} sind die folgenden Aussagen äquivalent.

  1.  Q ist teilbar.
  2. Für alle Untergruppen n\mathbb{Z } {\overset  {\iota }{\hookrightarrow }}\mathbb{Z } und alle Homomorphismen {\displaystyle f\colon n\mathbb {Z} \rightarrow Q} gibt es einen Homomorphismus f^{*}\colon \mathbb{Z } \rightarrow Q, so dass f^{*}\circ \iota =f ist. Dabei ist \iota \colon n\mathbb{Z } \to \mathbb{Z } ,\ x\mapsto x die Inklusionsabbildung. Das heißt, folgendes Diagramm ist kommutativ.
    {\displaystyle {\begin{array}{ccc}n\mathbb {Z} &{\overset {\iota }{\hookrightarrow }}&\mathbb {Z} \\\downarrow f&\swarrow &f^{*}\\Q&&\end{array}}}
  3. Zu jedem Monomorphismus \alpha \colon A\rightarrow B und jedem {\displaystyle f\colon A\rightarrow Q} gibt es ein f^{*}\colon B\rightarrow Q so dass {\displaystyle f=f^{*}\circ \alpha }.
  4. Für alle Monomorphismen \alpha \colon A\rightarrow B ist die Abbildung \operatorname {Hom}(\alpha ,Q)\colon \operatorname {Hom}(B,Q)\to \operatorname {Hom}(A,Q),\ f^{*}\mapsto f^{*}\circ \alpha ein Epimorphismus. Dabei ist \operatorname {Hom}(A,Q) die Menge der Homomorphismen A\rightarrow Q.

Die Eigenschaft 2 oder 3 besagen, dass  Q in der Kategorie der abelschen Gruppen ein injektives Objekt ist.

Direkte Produkte von teilbaren – also injektiven – abelschen Gruppen sind teilbar. Dies gilt in jeder Modulkategorie. Die direkte Summe teilbarer Gruppen ist teilbar. Im Allgemeinen ist die direkte Summe von injektiven Moduln nicht injektiv. Das epimorphe Bild einer teilbaren Gruppe ist teilbar. Also ist mit \mathbb{Q} auch  \Q/\Z teilbar. Dies ist eine besonders wichtige teilbare abelsche Gruppe.

Injektive Hülle

Es gibt genügend viele injektive Gruppen

 \Z ist eine Untergruppe der abelschen Gruppe  \Q . Jede abelsche Gruppe kann monomorph in eine teilbare abelsche Gruppe eingebettet werden. In der Kategorie der abelschen Gruppen gibt es genügend viele injektive. Daraus ergibt sich:

Für eine abelsche Gruppe sind folgende Aussagen äquivalent:

Insbesondere ist eine teilbare Gruppe in jeder Obergruppe direkter Summand.

Injektive Hülle

 \Z ist in besonderer Weise in der injektiven Gruppe  \Q enthalten. Ist \alpha \colon \mathbb{Z } \rightarrow D ein Monomorphismus in eine beliebige teilbare Gruppe, so gibt es ein {\displaystyle \alpha ^{*}\colon \mathbb {Q} \rightarrow D\quad {\textrm {mit}}\quad \alpha =\alpha ^{*}\circ \iota }. Es ist \operatorname {Kern}(\alpha ^{*})\cap \mathbb{Z } =\{0\} und daher \operatorname {Kern}(\alpha ^{*})=\{0\}. Daher ist {\displaystyle \alpha ^{*}} ein Monomorphismus.  \Q ist also bis auf Isomorphie in jeder teilbaren Gruppe enthalten, welche  \Z enthält.  \Q ist die injektive Hülle von  \Z . Die gibt es zu jeder abelschen Gruppe G. Um dies zu klären wird die große Untergruppe definiert.

Große Untergruppe

Eine Untergruppe U\hookrightarrow G heißt groß in G, wenn \{0\} die einzige Untergruppe von G ist, welche mit U den Schnitt \{0\} hat. Damit sind die folgenden Aussagen äquivalent:

Ein Monomorphismus \alpha \colon G\rightarrow H heißt wesentlich, wenn \alpha (G) groß in H ist.

Existenz injektiver Hülle

Es gilt der folgende Satz:

Zu jeder abelschen Gruppe G gibt es eine teilbare Gruppe D und einen wesentlichen Monomorphismus {\displaystyle \alpha \colon G\rightarrow D}. Dieses D ist bis auf Isomorphie eindeutig. Es heißt injektive Hülle von G und wird manchmal mit {\displaystyle D(G)} bezeichnet.

Diese Aussage gilt in allen Modulkategorien. Jeder Modul  M über einem unitären Ring R hat eine injektive Hülle.  \Q ist die injektive Hülle von  \Z . Die Prüfergruppe zur Primzahl p ist injektive Hülle jeder Gruppe der Art {\displaystyle \mathbb {Z} /p^{n}\mathbb {Z} }.

Struktursatz teilbarer Abelscher Gruppen

Jede teilbare abelsche Gruppe ist isomorph zu einer (möglicherweise unendlichen) direkten Summe von {\mathbb  {Q}}-Vektorräumen und Prüfergruppen.

Die abelsche Gruppe  \Q/\Z

Eine besondere abelsche Gruppe ist  \Q/\Z . Sie ist ein starker Helfer beim Aufbau der Theorie abelscher Gruppen.

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Basierend auf einem Artikel in: Wikipedia.de
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Datum der letzten Änderung: Jena, den: 22.12. 2020